6599. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

[Januar 1755].17-2

Ich zweifele nicht, dass Euch Mein unter dem 5. dieses Monats an Euch mit einem expressen Feldjäger übersandtes Schreiben, den Capitän von Schmidtseck betreffend,17-3 richtig überbracht sein werde,<18> und finde nunmehro nöthig, Euch ferner deshalb aufzutragen und dahin zu instruiren, dass, wenn gedachter p. von Schmidtseck arretiret und befohlener Maassen zum sicheren und wohlbewahrlichen Arrest in der Friederichsburg gebracht sein wird, Ihr sodann Euch mit dem Generallieutenant Graf von Dohna, an welchen Ihr zuforderst die Einlage abzugeben habet, ganz alleine und ohne jemanden sonsten deshalb mit Euch zu nehmen, zu dem Arrestanten Schmidtseck verfügen, und nachdem Ihr vorhin die Disposition wegen der Schildwachten so gemachet habet, dass weder selbige, noch sonsten jemand von allem, so Ihr mit ihm sprechen werdet, das geringste hören noch vernehmen können, über nachfolgende Punkte vernehmen sollet. Dabei Euch zur Direction dienet, dass, weil Mein und des Staats Interesse das aller genaueste Geheimniss von dieser Sache erfordert, so dass auch nicht das geringste davon eclatiren, noch zu jemandes Wissenschaft gelangen könne, Ihr keinen Auditeur, noch sonsten jemanden mit zu dem Arrestanten nehmen sollet, der etwa die Feder dabei führe, vielmehr hoffe Ich, dass der Generallieutenant Graf von Dohna in dem gegenwärtigen Fall und wegen des zu haltenden grossen Secrets selber sich nicht entgegen sein lassen wird, sowohl die Fragen als des Schmidtseck Antworten eigenhändig zu notiren und die Feder dabei zu führen, auch dergestalt mit Euch den Bericht darüber an Mich zu erstatten.

Zuforderst sollet Ihr also den Schmidtseck wohl erinnern, über alles, worüber er gefraget werden wird, reine Wahrheit ohne Umzüge zu sagen, dass alles schon offenbar, [Leugnen] vergebens und noch mehr Strafe zuziehen würde.

Ob er nicht gestehen müsse, dass er aus freiem und eigenem Willen den österreichischen Dienst, worin er vorhin gewesen, quittiret und, um in Sr. Königl. Majestät Dienste zu kommen, selbst angesuchet habe?

1. Ob er nicht in letzterem Monat November bei Sr. Königl. Majestät um Permission gebeten und solche erhalten, um auf vier Tage zu Berichtigung seiner Angelegenheiten nach Berlin zu gehen, und was er damals zu Berlin zu verrichten gehabt?

2. Warum er dermalen in Berlin des Morgens früh zwischen 6 und 7 Uhr in das Haus des österreichischen Ministers, Grafen von Puebla, in einen blauen Roquelaure eingehüllet, gegangen sei?

3. Worum und in was Absichten er solches gethan? Was er mit demselben gesprochen?

4. Was es vor Plans und Desseins von Manœuvres wären, davon ei gegen solchen erwähnet, die er aber dem Kaiser selbst einhändigen wolle?

5. Von wem er solche Plans bekommen?

6. Was er von einer Art der Attaque derer Preussen gesprochen, wodurch eine feindliche Armee allemal geschlagen werden müsste, und welche er zu decouvriren versprochen?

<19>

7. Was es eigentlich vor ein Buch sei, welches er bei einem gewissen Obristlieutenant in Potsdam gesehen und solches bei der Gelegenheit, da dieser Officier krank gewesen, ohnvermerkt gelesen, um sich daraus Excerpte zu machen?

8. Was es vor ein Buch sei, davon seine Frau ihm unter dem 22. December geschrieben, dass er Wartenbergen darum gebeten und das ebendas wie Bülow seines wäre, welches ersterer ihr völlig mit allen Zeichnungen verschaffet und davor sie ihm 10 Thaler 16 Groschen bezahlen müssen?

9. Was es vor ein Buch sei, warum sie einen Lieutenant so sehr bitten lassen, und welches er ihr schon halb und halb versprochen habe?

10. Was er mit einem Namens Rehnitz19-1 zu Potsdam gesprochen und was vor Umgang er mit solchem gehabt und aus was Ursachen er mit solchem Bekanntschaft gemacht?

11. Was dieser ihm bei seinen verschiedenen mit ihm gehabten Unterredungen gesaget habe?

12. Warum er gesaget, dass des Königs Majestät alle Chiffres derer zu Berlin befindlichen auswärtigen Minister in Händen habe, wie er zu dergleichen Vorgeben gekommen sei, und von wem er dergleichen gehöret habe?

13. Was solches seiner Meinung nach vor Chiffres wären?

14. Worum er vorgegeben, dass Se. Königl. Majestät ihm 2000 Thaler geschenket und von ihm verlanget hätten, dass er ein und anders bei denen Oesterreichern auskundschaften sollen?

Friderich.

Nach dem Concept.



17-2 Das Protokoll des in diesem Erlass vom Könige befohlenen Verhörs datirt Königsberg 21. Januar. Die Eilboten nach Königsberg pflegten fünf Tage unterwegs zu sein.

17-3 Das Schreiben, d. d. Berlin 5. Januar, enthält den Befehl, den nach Königsberg gesandten preussischen Hauptmann von Schmidtseck zu verhaften, sowie detaillirte Anordnungen über den strengen Gewahrsam, in welchem derselbe zu halten sei.

19-1 Vergl. Bd. IX, 469.