6636. AN DEN GEHEIMEN RATH VON FÜRST IN WIEN.
Fürst berichtet, Wien 1. Februar, dass der wiener Hof folgende Punkte als Grundlage des zu schliessenden Handelsvertrages47-1 in Aussicht nehme: „,1) Dass eine gewisse Zeit festgestellt werde, wie lange der Commercienlractat dauern solle. 2) Dass Ew. Königl. Majestät sämmtliche Provinzien und nicht bloss Schlesien und Glatz in den Tractat mit sämmtlichen hiesigen Provinzien eingeschlossen werden. 3) Dass eine vollständige réciproque Gleichheit in der Aus-, Durch- und Einfuhr beobachtet werde. 4) Dass jedem Theil freistehe, seine eigene Unterthanen nach Willkür zu begünstigen, ohne dass solches des anderen Unterthanen ganz oder zum Theil angedeihe. 5) Dass in Ansehung eines Generalverbots dieser oder jener Waare beiden Theilen gleich freie Hand bleibe, und diese Freiheit nicht mehr als man schon gegenseitig zugestanden, eingeschränket werde. 6) Dass über das Münzwesen zugleich conveniret werde, und wenigstens der Commercientractat nicht eher seine Gültigkeit erreiche, bis denen gegenseitigen Beschwerden über das Münzwesen47-2 abgeholfen sei.“ | Potsdam, 10. Februar 1755. Fester, besonders Lieber und Getreuer. Den von Euch an Mich immediate erstatteten Bericht vom 1. dieses occasione der Euch von dem wienerschen Hofe zugestelleten weitläuftigen Antwort habe Ich allhier wohl erhalten. Obschon Mir wegen dessen, so Ihr desfalls den Ministres vom Departement derer auswärtigen Affairen sowohl, als dem Etatsminister von Massow umständlicher angezeiget habet, noch nichts zugekommen ist, so hat Mich dennoch solches nicht behindern mögen, Euch auf die in oberwähnetem Eurem Berichte angeführeten, von dem wiener Hof verlangeten sechs Punkte hierdurch zur Resolution zu ertheilen, dass Ad 1, Ihr dem wiener Hofe die festzustellende Zeit, wie lange der Commercientractat dauren solle, auf ewige Zeiten anbieten, oder aber, wenn er solchen auf gewisse limitirte Jahre haben will, auf 20 Jahre determiniren könnet. Ad 2 habt Ihr gedachtem Hofe zu remonstriren, dass in dem Breslauer und respective Berliner Friedenstractat und dem dahin rapportirenden Articul nicht ein Wort von Meinen sämmtlichen Provinzien dieserwegen enthalten wäre, vielmehr die Rede dermalen nur pur und allein von Schlesien sei, dass aber dem ohnerachtet Ich lediglich und alleine aus Complaisance den Tractat auf alle Meine Provinzien richten lassen wollte, jedoch Meine clevische Lande und Provinzien davon per expressum ausgenommen.47-3 Wogegen dortigerseits Brabant und die österreichischen Niederlande eximiret werden können. |
Der 3. Punkt hat nach dem litterlichen Verstände, wie solcher von Euch gesetzet worden, gar keine Schwierigkeit, wofeme man sonst dabei aufrichtig zu Werke gehen und keine besondere Absichten dabei verbergen will. Ad 4 kann jeder von beiden Theilen, der seine Unterthanen begünstigen will, solches jetzo gleich und vor dem Schluss der Convention willkürlich thun; wenn aber der Tractat erst einmal geschlossen worden, alsdenn muss dessen Einhalt ohnverändert bleiben und in keinem Stücke unter dem Vorwande einer Begünstigung davon abgewichen werden. Ad 5 ist wohl nichts billiger und rechtens, als dass beiden Theilen die freie Hand bleibe, ein generales Verbot dieser oder jener Waaren, es sei zur Consumtion oder transita, zu thun, insoweit solches Verbot nicht diejenigen Waaren, so denen Unterthanen beiderseits paciscirender Theile zustehen und welcherwegen der Tractat geschlossen wird, [angehet], maassen diese von dergleichen vorangeführtem Generalverbote eximiret bleiben müssen und nach geschlossenem Tractat weder eingeschränket noch verboten werden können. Die im 6. Punkte enthaltene Prätension ist ganz was neues und gar ungebräuchliches. Bekanntermaassen ist das Münzwesen ein Regale, so jeder Souverän vor sich in seinem Lande nach seiner Convenienz exerciret. So hat man auch noch kein Exempel, dass bei Commercienconventionen und -tractaten die Münzsachen mit ein Object von solchen gewesen wären; und wie Ich Mich nicht in das Münzwesen des wienerschen Hofes melire, so wird solcher sich hoffentlich gleicher Bescheidenheit gegen Mich bedienen. Vor Euch selbst und als Euren eigenen Gedanken aber könnet Ihr denen dortigen Deputatis oder Commissariis wohl sagen, dass ihre Münzen eben ein so grosses Correctiv erforderten, als vielleicht einige von den Meinigen, und dass die verschiedentlich gemachte Proben von denen Münzen des wiener Hofes gnugsam dargethan hätten, wie inegal die Ausmünzung solcher in denen verschiedenen Stücken von einerlei Gepräge geschehen sei. Welches Ihr jedoch nur vor Euch gleichsam hinwerfen sollet. Noch könnet Ihr bei ereignender guter Gelegenheit denen vom wiener Hofe auf eine geschickte Art und nur lediglich als vor Euch sonder Aigreur noch Menace die Insinuation thun, wie nach expresser Disposition des oberwähnten Friedensschlusses die Sachen wegen der Commercienangelegenheiten und Imposten so lange im vorigen Stande bleiben sollten, bis man sich über einen Tractat deshalb verstanden haben würde, dass aber ihrerseits solches nicht observiret, sondern vielmehr alles geändert worden, ohne sich wegen eines andern verstanden zu haben, und dass mithin ihrerseits der Friedensschluss sehr alteriret worden. Alles Vorstehende sollet Ihr Euch demnach pflichtmässig zur Direction dienen lassen. Friderich. |
Nach dem Concept.
<49>47-1 Vergl. S. 44.
47-2 Vergl. Bd. IX, 114.
47-3 Vergl. Bd. IX, 213.