7312. AN DEN OBERST VON DER GOLTZ IN HALLE.
Potsdam, 29. Februar 1756.
Mein lieber Obrister von Goltz. Nachdem Ich nunmehro die in Conformität Meines letztem Schreibens an Euch154-4 zur Regulirung und<155> Decidirung verschiedener Punkte, so bei Euren Conferenzien mit denen sächsischen Commissarien abgethan und reguliret werden müssen, nöthig gehabte Nachrichten erhalten habe, als instruire Ich Euch deshalb dahin, dass
1. Von allen zur magdeburgschen Niederlage kommenden oder sonst das Magdeburgsche, Halberstädtsche, die Chur- und Neumark und Pommern passirenden fremden Transitogütern 1 Procent, und zwar landwärts vom Centner, à 25 Thaler gerechnet, 6 gute Groschen, indistincte an Durchgangsaccise erleget werde, ausgenommen die äusserlich kenntbaren Waaren, welche nach denen von Mir bereits approbirten Specialsätzen sowohl zu Wasser als zu Lande vergeben werden, und dass auf eine Pferdesladung sechs Centner gerechnet werden.
2. Dass, wann die Sachsen sich indistincte, ratione der Handlung Meiner Unterthanen, alles Strassenzwanges begeben, der Transitoimpost, à 15 gute Groschen pro Pferd, sodann dagegen als ein verfügtes Represaüle cessiren kann; der Parificationszoll im Magdeburgschen und Halberstädtschen aber wird verbleiben müssen.
3. Dass die bisher überdem in Leipzig erhobene ¾ Procent künftig cessiren, auch von denen in Sachsen zum Handel oder Consumtion gebliebenen, aus brandenburgschen Landen kommenden Waaren keine Durchgangsaccise weiter erhoben werden müsse, gleichwie solches in Meinen Landen ebenso gehalten wird. Und da auch von denen aus dem Reich kommenden und dahin gehenden Gütern in Meinen Landen keine Durchgangsaccise erhoben wird, so habt Ihr zu stipuliren, dass in Sachsen ein Gleiches observiret werde.
4. Muss im fürstenberger Zoll155-1 nicht die geringste Aenderung oder Erhöhung auf irgend eine Weise fürgenommen oder neue Abgaben gefordert, sondern vielmehr alles, wie es jetzo ist, gelassen werden, bis hiernächst einmal die Sache wegen dieser Zollstätte zwischen Meinem und dem dresdenschen Hofe völlig reguliret und abgemachet sein wird.
5. Da Schlesien gar nicht zu denen Provinzien, welche der Commercienconvention unterworfen werden, gehöret, so muss solche sowohl wegen des Transito-, Essito- und Consumozolles ganz frei und ungebunden bleiben, welches um so mehr ohnumgänglich nöthig, da bei denen Commerciendifferenzien mit Oesterreich155-2 sonst alle gegen den wiener Hof par représaille bereits genommene und noch ferner zu nehmende Arrangements zernichtet und annulliret würden, wann Oesterreich durch Sachsen alles was es nöthig hat, aus Schlesien ziehen oder auch dahin debitiren könnte: worüber der dresdensche Hof um so weniger sich beschweren kann, als er sich allen in den österreichischen Landen gemachten neuen Commercienverfassungen155-3 submittiren müsste, gesetztenfalls dass Schlesien noch eine österreichische Provinz wie vorhin wäre.
<156>Es wäre vielmehr zu wünschen, dass der dresdener Hof dieselbe Représailles gegen Oesterreich gebrauchte, so Ich verfügen müssen,156-1 und besonders keine Wolle, Flachs und dergleichen zu ihren Fabriken erforderliche Materialien ihnen zukommen liesse, durch welches Mittel Oesterreich selbst in Egard von Sachsen um so eher zu einem billigen Tarif eingeleitet werden würde.
6. Was die Schifffahrt von Magdeburg nach Dresden und die weitere Spedition nach Böhmen p. betrifft, da wird solche denen Magdeburgern dergestalt freistehen müssen, als solche denen Dresdenern nach und von Magdeburg zugelassen wird.
7. Die schlesische Leinewand angehend, so wird es wegen deren Handels in Meinen Landen ohnumgänglich erforderlich sein, dass die sächsischen Leinenwaaren bei deren Entrée mit 10 Procent zu Erhaltung des schlesischen Débit impostiret werden, und wann die Sachsen dagegen, wie Ihr vermuthet, einige brandenburgsche wollene Fabrikenwaaren ebenso hoch belegen wollten, werden sie leichtlich dadurch hiervon zu detourniren sein, wann Ihr ihnen declariren werdet, dass solchenfalls in Schlesien, wo ihr Verkehr mit wollenen Waaren sehr important, ein gleiches geschehen würde.
8. Durch die vorgeschlagene Durchgangsaccise à 6 gute Groschen pro Centner von wollenen oder andern Manufacturwaaren würde der Débit Meiner durch Sachsen handelnden Kaufleute und Fabrikanten eher extendiret als eingeschränket werden, da sie bisher in Leipzig nach dem Werth höher impostiret gewesen und also noch erleichtert werden.
Dir habt Euch also nach diesem allen zu achten und nebst der Commission allen Fleiss anzuwenden, damit die Sachen hiernach mit den sächsischen Commissarien reguliret werden können, maassen Ich nicht davon abgehen werde. Ich bin Euer wohlaffectionirter König
Friderich.
P. S.
Was auch sonsten noch die Passage derer Frachtwagens auf der neuen Harzstrasse anlanget,156-2 da brauchet Ihr deshalb eben so sehr nicht in grosser Verlegenheit zu sein, allermaassen es zwar an dem ist, dass viele Wagens und Karrens solche zeither passiret seind, es hat sich aber auch zugleich dabei gezeiget, dass die Landgespann und Fuhrleute den grössten Schaden dabei gehabt und ihrem Banqueroute sehr nahe sein. Es kann auch zwar der leipziger Rath solchen Schadenfuhren auf eine Zeitlang abhelfen, dagegen die armen Fuhrleute auf dieser schweren Strasse bei einem schlechten Frachtlohn und hohen Futterpreise ihren völligen Untergang finden müssen.
Sollte es übrigens auch mit der eingegangenen Nachricht seine Richtigkeit haben, dass herzoglich braunschweigscher Seits man von der<157> weitem Reparatur solches Weges gänzlich desistiren wollte, so würde sodann die Continuation solches Schleifweges von Selbsten aufhören.
Nach der Ausfertigung.
154-4 Schreiben des Königs vom 21. Februar über einige specielle Punkte der Zollverhandlung.
155-1 Vergl. Bd. V, 15; Art. VII des dresdener Friedens. Wenck cod. juris gentium II, 212.
155-2 Vergl. Bd. X, 533; XI, 482.
155-3 Vergl. Bd. X, 333.
156-1 Vergl. Bd. X, 346. 347.
156-2 Vergl. S. 41.