7413. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Potsdam, 10. April 1756.

Mein lieber Geheimer Etatsminister Graf von Podewils. Ich mache Euch hierdurch bekannt, wie dass, nachdem des regierenden Landgrafen von Hessen-Cassel Durchlaucht bei Mir sondiren lassen,252-2 ob Ich Dero Erbprinzen nach dessen selbsteigenem Wunsch und Begehren gestatten wolle, dass derselbe sich eine Zeit lang zu Berlin aufhalten möge, Ich darunter dem Verlangen des Landgrafen Durchlaucht aus besonderem Égard vor Dieselbe ganz gerne deferiren wollen. Da nun gedachter Erbprinz, wie Ihr aus der abschriftlichen Anlage252-3 ersehen werdet, welche Ich Euch jedoch nur zu Eurer alleinigen Direction communicire, entschlossen sein soll, seine Abreise nach Berlin fordersamst anzutreten, des Herrn Vaters Durchlaucht auch solches bekannter Ursachen halber ganz gerne sehen werden, so finde Ich nöthig, Euch davon zu avertiren, damit, falls etwa ermeldeter Erbprinz nächstens zu Berlin eintreffe, Ihr davon nicht surpreniret werden und wissen möget, wie Meine Intention ist, dass mit demselben, im Fall er auf den Discours seiner Religionsveränderung halber kommen möchte, gesprochen werden solle. Weshalb Ihr Euch dann auch mit den Etatsministem Graf von Finckenstein, von Borcke und anderen, auch dem Generalfeldmarschall von Kalckstein und sonsten von der berlinschen Generalität gleichsam das Wort geben müsset, um allerseits aus gleichem Ton deshalb zu sprechen, dass nämlich, wann gedachter Erbprinz auf erwähnte Sache zu sprechen kommet, alsdenn man ihm zuforderst modestement darüber nichts antworten noch sagen solle; dafeme er aber darauf weiter pres<253>siret, alsdenn ihm in den ohngefährlichen Terminis auf eine ganz geziemende Art geantwortet werden kann, wie man urtheilen müsse, dass er bei der getroffenen Veränderung die Umstände vielleicht nicht gnugsam dermalen in Erwägung genommen, noch die wahre Beschaffenheit derjenigen Religion, zu welcher er getreten, und dabei vorwaltenden Missbräuche und Inconvenienzien, auch daher erfolgen könnenden Suiten eingesehen haben müsse, da nach denen Principiis solcher Religion, die nicht gerne jemand neben sich dulde, Persecution und Unterdrückung anderer eine gemeine Folge sei, welches dann nothwendig seinen künftigen Unterthanen einige Furcht und Beisorge erregen müsste. Wobei es dann auch verbleiben und ein weiteres Detail vermieden, im übrigen aber man sich ganz modester Ausdrücke darunter bedienen, auch nicht das Wort Hass, sondern nur Furcht seiner Unterthanen gebrauchen muss, um ihn darunter nicht zu irritiren, sondern vielmehr zu adouciren; vor das übrige aber soll dem Prinzen alle Politesse und Höflichkeit währenden seines dortigen Sejours erwiesen werden. Welches alles Ihr, wo es nöthig sein dürfte, bestens mit guter Art zu besorgen habet.

Uebrigens remittire Ich an Euch, was Mir des Landgrafen Durchlaucht von dem jetzigen Aufenthalt des österreichischen General von Pretlack zu Cassel confidemment geschrieben hat,253-1 worauf Ihr dann eine sehr verbindliche Antwort veranlassen sollet.253-2 In bin Euer wohl affectionirter König

Friderich.

Nach der Ausfertigung.



252-2 Vergl. S. 212 Anm. i.

252-3 Abschrift des Schreibens des Landgrafen an den König, d. d. Cassel 6. April. Vergl. Nr. 7412.

253-1 Schreiben des Landgrafen an den König, d. d. Cassel 5. April, über die erste Audienz Pretlack's, in welcher dieser sein Creditiv und ein „Nebenschreiben“ des Kaisers (d. d. Wien 20. Februar) an den Landgrafen übergeben und in allgemeinen Ausdrücken die Theünahme des Kaisers für die Misshelligkeiten in der landgräflichen Familie versichert hat. Der Landgraf hat dem Kaiser unter dem 2. April geantwortet. Der Landgraf setzt den König weiter von einem Gerücht in Kenntniss, dem zufolge Pretlack ein österreichisches Generalspatent für den Erbprinzen mitgebracht haben soll.

253-2 Demgemäss deutsches Kanzleischreiben, d. d. Berlin 13. April.