8161. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Lobositz, 6. October 1756.
Ich soll auf Sr. Königl. Majestät allergnädigsten Specialbefehl Ew. Excellenz die in Original anliegende Pièce1 zusenden und dabei vermelden, wie Dieselbe zuforderst solche mit dem Marquis d'Argens, nachdem Dieselbe von solchem vorher das grösseste Secret auf Ehre, Reputation und Gewissen genommen hätten, durchgehen, auch von solchem hier oder da corrigiren lassen möchten.
Alsdann möchten Ew. Excellenz von solcher Pièce en forme eines Pamphlet 500 bis 600 Exemplaria mit aller Précaution eines grössesten Geheimnisses zu Berlin drucken lassen, so dass nicht ein einiges Exemplar davon detourniret, noch abhanden kommen könne, und darauf solche insgesammt durch einen Expressen von Bielefeld oder der Orten aus an den von Hellen nach dem Haag schicken, mit der Instruction, dass solcher das grösseste Secret davon halten, die sämmtlichen Exemplaria aber nach einer ihm zugleich zuzusendenden Liste couvertiren und überschreiben und sodann in Holland ohnvermerkt auf die Post nach Frankreich geben und abgehen lassen möchte. Die Adressen müssen an allerhand Leute in Frankreich de la robe et de l'épée gerichtet werden, wovon der Marquis d'Argens, da er solche Leute in Frankreich, bei welchen es convenable ist, die Minister davon ausgenommen, am besten kennete und zu specificiren wüsste, die Specification zu geben hätte, damit also diese Pamphlete in Frankreich, ohne zu wissen, woher sie kämen, herumgebracht und bekannt würden.
Da auch sonsten zeither nach des von Knyphausen2 und des von Hellen letzteren Berichten vieles Geschrei von Sr. Königl. Majestät Expedition in Sachsen gemachet worden, die Dauphine darüber nach denen ihr zugekommenen Nachrichten deshalb au désespoir zu sein marquiret und den ganzen französischen Hof darüber gegen Se. Königl. Majestät revoltiret, auch dieser gegen seine auswärtigen Minister, nach des von Hellen Anzeige,3 sich sehr harter Ausdrücke von traitement
1 Eichel übersendet in der eigenhändigen Niederschrift des Königs die Schrift „Lettre du cardinal de Richelieu au roi de Prusse; des champs Elysées, le 15 octobre 1756.“ Gedruckt: Œuvres de Frédéric le Grand, tom. 15, p. 81—83.
2 Vergl. Nr. 8091. 8162.
3 Hellen hatte, Haag 24. September, das Précis eines von Rouillé an den Marquis Bonnac gerichteten Erlasses eingereicht, in weichem das Verfahren des Königs von Preussen in der schärfsten Weise angeklagt wird. Hellen fügte diesem Précis die Abschrift eines von dem österreichischen Gesandten, Baron Reischach, den Generalstaaten übergebenen Briefes aus Struppen vom 8. September bei. In diesem Schreiben heisst es nach Aufzählung einer Reihe angeblicher Räubereien des Königs von Preussen in Sachsen: „On passe sous silence un nombre infini d'autres excès qui fourniraient assez de matière pour faire un livre, et dont l'un est plus barbare que l'autre. Les livraisons et exactions augmentèrent de plus en plus, de sorte que la Saxe est entièrement épuisée et se trouve dans l'impuissance de rien plus contribuer. La pauvreté des sujets est si grande qu'ils abandonnent leurs maisons, pour demander, les larmes aux yeux, un morceau de pain. Son invasion est sans exemple, son procédé inouï, plus que païen et mahométan, sans pitié et sans miséricorde … On ne touchera point ici les menaces qui ont été faites, de mettre le feu à la résidence et de désoler tout, aussitôt que nous serions entrés en Bohême, menaces d'un Prince si barbare qui envahit, sous titre d'ami, les pays d'un Electeur et Etat neutre de l'Empire, qui enlève tout, ruine tout et pille tous les revenus pour faire mourir de faim Sa Majesté le Roi avec sa famille royale, sa cour et son armée. La postérité ne pourra jamais croire une pareille cruauté.“