7702. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

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Plotho berichtet, Regensburg S.Juli, nach Erwähnung der Reise des Baron Teuffel nach Wien:71-3 „Ich habe zuverlässig erfahren, dass der Baron von Lilien der Sollicitator am wienerschen Hofe in denen Werbungsdifferenzien vor den Herzog von Mecklenburg gewesen und also nicht zu wundern ist, wenn derselbe nach seiner bekannten sehr intriganten Art und grossen Entrée alldort diese Sache so, wie geschehen, poussiret hat, um so mehr, als auch der wienersche Hof hiedurch gewisse besondre Absichten ausführen zu können sich Hoffnung gemachet und sich hiermit annoch schmeichelt, jedoch darin verfehlen möchte.“

Hellen berichtet, Haag 9. Juli, über die von den Engländern als Prisen genommenen holländischen Kauffahrer: ..Il serait à souhaiter que l'Angleterre

Potsdam, 14. Juli 1756.

Des Königs Majestät, welche einliegenden Bericht des Herrn von Plotho Selbst durchgelesen, haben mir befohlen, solchen insbesondere an Ew. Excellenz zu adressiren und dabei zu vermelden, wie Dieselbe Dero guten Gebrauch davon machen möchten, so viel vor Sich aber daraus ersehen hätten, dass die Oesterreicher einen Weg wie den andern beständig fortführen, alles was sie nur könnten, gegen Se. Königl. Majestät zu remuiren und dadurch Dero übele gegen Dieselbe habende Intention genug-

pût être persuadée que son intérêt ne veut absolument pas qu'elle pousse ces gens-ci à bout à cet égard, surtout dans le moment présent.“

Knyphausen berichtet, Paris 4. Juli, über die Fortführung der Unterhandlungen zwischen den französischen Ministern und dem Grafen Starhemberg einerseits und dem spanischen Gesandten in Paris andererseits,72-1 Es handle sich bei diesen Verhandlungen nicht bloss um den Beitritt Spaniens zu dem versailler Vertrage, sondern auch um eine Allianz zwischen Frankreich und Spanien, in Folge deren Spanien mit seiner gesammten Macht Frankreich in dem Kriege gegen England unterstützen und als Entgelt alle im Mittelmeer zu machenden Eroberungen erhalten solle. Man erwarte ferner in Paris den Beitritt des Königs von Sicilien zu dem versailler Vertrage.

Knyphausen giebt weiter Mittheilungen aus vom 14. bis 21. Juni eingegangenen Schreiben über den Gang der Belagerung des Forts St. Philipp. 72-2

sam am Tage zu legen, mithin dergleichen Nachrichten alle Attention verdieneten.

Ich bedaure sonsten vor meine Particulier von Herzen die vive Resolution,72-3 so des Königs Majestät bei einem Moment von übeler Humeur auf die letztere Anfrage aus dem Departement wegen der mecklenburgischen Sachen [ertheilet], beigesetzet zu haben, zweifele aber nicht, dass solche bei der Exécution werde etwas temperiret worden seind, da ich wohl allemal nichts sehnlicheres gewünschet habe und noch wünsche, dass diese Sache bei modo hätte beigeleget werden können und noch auf die von dem Herzog vorhin angenommene Conditions beigeleget werden könnte, um die übele Intentions, so der wiener Hof darunter hat, vereiteln zu können. Ich kann aber meine Beisorge deshalb nicht cachiren, da der Herzog bei der besten Gesinnung, so er vor sich darunter haben mag, als ein junger Herr, dem die Affaires noch ohnbekannt sein, allemal in die Hände des so sehr übelgesinneten Ditmar72-4 zurückfallen und sich, wohin dieser will, lenken lassen muss, ohne die Suiten davon einzusehen. Mein grosser Wunsch wäre deshalb wohl gewesen, dass nach Sr. Königl. Majestät ehemaligen Resolution ein wohlgesinneter mecklenburgischer von Adel, als der ältere Herr von Voss, unter dem Vorwand dem Herzog bei Antritt seiner Regierung die Cour zu machen, des Herrn von Forstner Ankunft zu Berlin ohnerachtet, dahin gegangen wäre, als der sodann, ohne dass des Königs Majestät im geringsten dabei committiret worden wären, den Herzog in seinen vorhin bezeigten guten Sentiments hätte erhalten und die contraire und heimtücksche Insinuations des Ditmar und seiner Clique contrariiren, auch dem Herzog darüber die Augen öffnen, mithin das Accommodement auf einen guten Fuss, ohne der Clique die Zeit zu lassen, ihre Absichten auszuführen, beschleunigen können.

Dass die Sachen mit dem schwedischen Hof einigermaassen wieder auf einen bessern Fuss gekommen, solches hat des Königs Majestät viel Vergnügen gemachet72-5 und würde es noch mehr gemachet haben,

 

wenn nicht andere tagtäglich jetzo einlaufende übele Nachrichten wegen derer Hauptaffairen solches verhinderten. Die göttliche Vorsicht lenke noch alles zum Besten! Es ist aber nicht ohne, dass die jetzigen Aspecten überall die fürchterlichsten und epineusesten seind, worüber Ew. Excellenz Sich des Königs Majestät Beunruhigung gar leichte vorstellen werden.

Da sonsten des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz währender Ew. Excellenz Abwesenheit dem englischen Minister Herrn Mitchell ein Mémoire raisonné über die jetzigen Affairen zustellen müssen,73-1 um solches, wie es ist, an seinen Hof zu schicken, von welchem ich dermalen gedachter Sr. Excellenz eine Abschrift zu senden versprochen, welche aber wegen anderer vielen Verhinderungen nicht eher wie jetzo fertig werden können, so nehme mir die Freiheit, solche Ew. Excellenz hierbei zu adressiren, nicht im geringsten zweifelnd, Dieselbe werden diese Pièce wegen des dabei erforderlichen sehr grossen Secrets in Dero eigenen Beschluss zu nehmen geruhen. Sehr zu wünschen wäre es wohl, dass solches dem englischen Ministerio Impression machen und aufwecken möchte, die ihnen so angenehm noch scheinende Idee, noch immer das alte System retabliren zu können, zu abandonniren, um die Sachen so zu nehmen, wie solche jetzo wirklich liegen, wozu aber nach dem letzteren Bericht des Michell noch nicht allerdings Hoffnung ist73-2 und nachher alles zu späte sein dörfte. Des Lord Stormont bisheriges Betragen gegen den Herrn von Maltzahn zu Dresden sollte einem überdem fast noch mehr besorgliche Gedanken machen.73-3

Eichel.

P. S.

Wegen der Sicherheit dieses Schreibens und derer beigefügten Piecen habe mich unterstanden solches mit dem Königlichen Petschaft zu siegeln. Wie es mit der gestrigen Audience des bekannten Émissaire abgelaufen,73-4 davon habe noch nichts erfahren.

P. S. II.

Nachdem ich mein Schreiben an Ew. Excellenz schon geendiget und im Begriff war, solches noch heute Vormittag durch einen Feldjäger abzusenden, daran aber behindert worden bin, weil ich zu des Königs Majestät wegen des starken Posttages früher wie gewöhnlich gerufen worden bin, als melde nunmehro noch zufolge Sr. Königl. Majestät mir ertheileten Befehl, dass Ew. Excellenz dem englischen Minister Herrn Mitchell aus dem Originalbericht des Chargé d'affaires [Hellen] die Passage wegen derer Prisen, so die englischen Armateurs über die holländischen Schiffe macheten, und den übelen Effect davon vorlesen möchten.

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Ferner möchten Ew. Excellenz gedachten Minister Mitchell die ganze Dépêche des Herrn von Knyphausen vom 4. dieses74-1 210 numeriret, vom Anfange bis Ende selbst aus dem Original lesen lassen, auch endlich die beiliegende fidele Abschrift eines mit heutiger Post an Se. Königl. Majestät gleichfalls gekommenen chiffrirten Handschreibens von erwähntem Herrn von Knyphausen durchlesen und ihm dabei alle Freiheit lassen, daraus, was er nöthig fände, zu excerpiren und zu notiren, um seinem Hofe davon getreuliche Communication zu thun.

Wegen des übrigen, so Ew. Excellenz heutige Berichte an des Königs Majestät angehet, beziehe mich auf die Einlagen und dabei gesetzte mündliche allergnädigste Résolutions.74-2

Compiègne, 7 juillet 1756.

Je crois ne point devoir laisser ignorer à Votre Majesté qu'on poursuit ici avec la plus grande attention la négociation qu'on a entamée avec la Russie,74-3 et que cette dernière paraît se prêter avec beaucoup de complaisance et d'empressement aux avances que lui fait la cour de France. Je viens non seulement d'apprendre qu'on a fait partir pour la cour de Pétersbourg un parent du sieur Tercier, commis de M. Rouillé, qui a travaillé en sous-ordre dans le bureau des affaires étrangères et qu'on dit être chargé de présents considérables pour le ministère de Russie; mais je sais aussi de bon lieu qu'un négociant de Pétersbourg, nommé Michell,74-4 qui est ici depuis quelque temps, sous prétexte de faire des emplettes, a fait depuis peu différents voyages à Versailles, où il s'est arrêté plusieurs jours et s'est entretenu avec M. Rouillé. Je n'ai point pu pénétrer encore quel est l'objet des entrevues secrètes qu'il a eues avec ce ministre; mais je ne doute point qu'elles ne soient relatives à la mission du sieur Douglas et qu'il ne soit, ainsi que lui, un émissaire secret pour porter des paroles, jusqu'à ce que les deux cours soient convenus de renouveler formellement. Au reste, toutes les notions que j'ai eu occasion de recueillir à ce sujet, me confirment dans l'opinion qu'il est uniquement question de déterminer la Russie à rompre le traité de subsides qu'elle a fait avec l'Angleterre, afin d'accélérer le rétablissement de la paix, par l'appréhension qu'un pareil évènement inspirerait au roi d'Angleterre relativement à l'électorat d'Hanovre.

Knyphausen.

Nach der Ausfertigungen.



71-3 Vergl. S. 36.

72-1 Vergl. S. 62.

72-2 Vergl. S. 71.

72-3 Vergl. Nr. 7672.

72-4 Vergl. S. 2. 44.

72-5 Vergl. Nr. 769S.

73-1 Vergl. Bd. XII, 472.

73-2 Vergl. Nr. 7695.

73-3 Vergl. S. 47. 68.

73-4 Vergl. S. 57. 70.

74-1 Vergl. S. 72.

74-2 Vergl. Nr. 7701.

74-3 Vergl. Bd. XII, 513.

74-4 Vergl. S. 40.