7767. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.
Lehwaldt berichtet, Königsberg 23. Juli: „Die Absichten der Feinde mögen wohl gross und ambitieuse sein, es können aber die Russen mit 120,000 Mann hier nicht subsistiren, am wenigsten, wenn durch eine englische Flotte136-1 ihnen die See nicht frei bliebe. Diesemnach und da die Oesterreicher nur 80,000 Mann destiniren, so glaube, dass Ew. Königl. Majestät einen guten Theil der Russen durch Polen nach Schlesien hin bekommen könnten. Sie mögen indessen machen, was sie wollen, so werde bereit sein und, will's Gott, so handeln, dass Ew. Königl. Majestät zufrieden sein werden. Nur werden Ew. Königl. Majestät nicht ungnädig deuten, dass, wenn ich bishero alle grossen Kosten zu treiben Anstand genommen, ich nunmehro starke Summen Geldes angreifen und alles nöthige besorgen lassen werde; doch werde ich's noch drei Tage anstehen lassen, auch noch keine Equipagegelder auszahlen und nähere Nachricht von Ew. Königl. Majestät erwarten … Vor die aus Pommern kommende Regimenter ist das nöthige zum Marsch diesseits der Weichsel und auf 14 Tage Rations und Portions in Bereitschaft, so dass, wenn drei Tage vorher durch des Generallieutenant Prinzen von Darmstadt Durchlaucht avertiret bin, es ihnen an nichts mangeln wird … Es wird mir an nichts fehlen, wenn Ew. Königl. Majestät nur das zur Bäckerei, besonders die Ofens, und das zum Mehlfuhrwesen nöthige allergnädigst accordiren, wie letzthin Ew. Königl. Majestät der Major von Goltz allerunterthänigst vorgestellet hat.“ | [Berlin, 27. Juli 1756.]136-2 Plan von Oesterreicher und Russen wäre gewiss richtig, glaube aber nicht, dass so stark kommen werden. Wird an Geld, an allem fehlen. Dies Jahr man auch wohl nicht im Stande, Diversionen zu machen; also seine Anstalten nur so machen, dass er mit allen seinen Arrangements gegen künftig Frühjahr fertig. Weil dort Subsistance fehlt, habe Retzow informirt, dass Ordre gegeben auf G[etreide] M[agazine] anzuschaffen; welches vor Herbst geschehen muss, p. M[onat] Juli, August, September, October, so dass sie Campagne haben können, und dann doch einige Monat drüber, damit an allem nicht fehle. Das eigentliche Corps, so zu geben schuldig, sind 30,000 Mann, das eigentliche Auxiliarcorps.136-3 Ich glaubte nicht, dass mehr wie 45,000 Mann werden haben; denn, wenn zum Klappen kommt, sie erst sehen werden, was ihnen alles fehlen wird; indess dass Meinerseits nichts versäumen wollte von den Mitteln, so in Meiner Gewalt stehen. Um alles in gutem Stande, [habe] resolviret, die zwei Garnison]regimenter von Sydow und Manteuffel auf zwei Bataillons zu augmentiren, und müssen die Regimenter aus Preussen dazu liefern und aus ganz Preussen dazu genommen werden drei-, vierzollichte Leute. Die Compagnien müssen alle getheilet werden; Goltz k[ann] sagen, wie hier …jede die Hälfte vom alten Fuss behält. Gewehre und Patrontaschen habe |
vor sechs Bataillons geschickt, da können vier vor die neuen angenommen werden. Mundirung und Feldequipage durch Massow besorgt; der wird ihm schreiben, was sie dort können machen lassen und was er ihnen schickt. Tractement auf ein ganz Jahr vorausschicken, an die Generalkriegskasse dort, hat Koppen Ordre, und also nichts weiter zu thun, als die Mannschaft den 1. September zusammenschaffen. Eiserne Ofens bei Retzow besorget. Die übrigen Wagens, Proviantfuhrwesen ist schon alles bestellet. Man muss benachrichtigen, dass diesseit die Sachen mit Oesterreich sich sehr embrouilliren, und Ich nicht glaube, dass auseinandergehen können; au contraire, aller Anschein, dass Ende August zur Ruptur kommen kann. Das Corps in Pommern werde zu seiner Disposition stehen lassen, so dass, es nach Empfang seiner ersten Ordre marschiren kann, und bin Ich der Meinung, dass, wenn er dies Jahr nicht zu risquiren, er bis Frühjahr Ende Martii da liesse, damit dorten nicht Desseins gegen mache und um so eher subsistiren könne. | |
Lehwaldt übersendet, Königsberg 23. Juli, den „Extract eines Schreibens aus Mitau vom 19. Juli 1756“ , in welchem unter anderen gemeldet wird: „So fürchterlich es im Anfange vor unser Ländchen durch den Anmarsch der vielen Völker aussähe, so ist die Furcht alljetzt ganz verschwunden, weilen man täglich Nachricht hat, dass der grosste Theil dieser Völker wieder in ihre vorige Quartiere zurückmarschiren.137-1 Wichtige Sachen müssen in Sanct-Petersburg vorgehen, laut particulärer Nachrichten. Lord Douglas arbeitet und thut sein möglichstes, dass er den russischen Hof von der englischen Alliance abbringen möge; so lange aber der Grosskanzler Bestushew am Ruder sitzet, ist nichts zu befürchten, weniger zu vermuthen. NB. Sobald die russischen Völker von der Dwina abmarschiret sind, ist der Beschlag, der kurz vorhero geschehen, wegen Ausfuhr des Getreides und Korns als auch Holzes und anderer Waaren in Riga137-2 gänzlich wieder aufgehoben und freie Schifffahrt allda offen.“ | Sei wohl gut, aber weiss, dass bei …137-3 wohl noch … da stehen Hessen. |
Für die Antworten ertheilte Weisungen. Nach Notizen des Cabinetssecretärs in margine der Lehwaldt'schen Berichte.
<138>136-1 Vergl. S. 98. 102.
136-2 Das Datum ergiebt die Antwort Lehwaldt's, Königsberg 1. August.
136-3 Russland hatte sich im Petersburger Vertrage (22. Mai s. v. 1746) im 3. Artikel verpflichtet, für den Fall eines Angriffes gegen Oesterreich der Kaiserin-Königin 30,000 Mann Hülfstruppen zu stellen.
137-1 Vergl. S. 15. 41.
137-2 Vergl. S. 59.
137-3 Der Name des Ortes fehlt.