8643. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Dresden, 22. Februar 1757.

Auf Sr. Königl. Majestät allergnädigsten Befehl soll ich einliegende bei der Post zu Berlin copirte Briefe303-3 an Ew. Excellenz sowie zugleich an des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz adressiren und dabei von des Königs Majestät wegen vermelden, wie Dieselbe auf dasjenige wegen derer sehr groben Rescripte, so darin angeführet und zugleich beigefüget würden, dergleichen vorhin unter gesitteten Nationen vielleicht noch nie gesehen worden noch ein Exempel davon vorhanden, und die überdem wegen ihres Einhaltes voller grober Lügen und Calomnien wären, dergleichen [durch] die Oesterreicher und Sachsen denen russischen Ministem indossiret worden wären, Attention haben und Dero Minister an auswärtigen Höfen darüber instruiren, auch, wenn etwas davon am Tage käme, darauf solidement und mit Energie antworten und die Méchanceté und Malice darin darthun und der Welt zeigen möchten, damit die Leute nicht zu grob und zu dreiste würden, noch glaubeten, dass man durch Stillschweigen und Modestie dero Férocité und Grobheit einräumete oder aus Furcht vor sie zuliesse, da ohnedem alles Ménagement mit denenselben vergebens und sie noch mehr unsinniger machte.303-4

<304>

Was letzthin mit einem Commando vom Prinz Heinrich'schen Regiment in der Lausnitz vorgefallen und den kleinen Échec, den solches gehabt, da es sich durch einen sehr superieuren Feind surpreniren lassen, obgleich der Feind demohnerachtet sich dessen Posten nicht bemeistern können, sondern mit gleichem Verlust zurückgehen müssen, deshalb haben des Königs Majestät beiliegendes, um solches denen Zeitungen [zu] inseriren, aufsetzen lassen, sowie es der puren Wahrheit gemäss, als Die dem Publico darunter nichts deguisiren, sondern Selbige, statt der Lügen, womit andere Zeitungen das Publicum trompiren, allemal die reine Wahrheit bekannt machen lassen wollen.304-1

Eichel. Zittau, vom 20. Februarii.304-2

Die Nacht vom 19. zum 20. wurde das in Hirschfeld unter Commando des Major von Goetze aus Zittau detachirte erste Bataillon Prinz Heinrich'schen Regiments durch ein Corps von 4000 Mann, so Canons bei sich führete, attaquirt. Es hatte selbiges zwischen 4 und 5 Uhr des Morgens Bretter über die Neisse geworfen und griff diesen durch zwei, jede mit 50 Mann besetzte, Redouten bedeckten, übrigens aber ganz offenen Ort von zweien Seiten an. Anfänglich wurde beider-, seits stark, sowohl aus kleinem Gewehr als mit Kanonen, gefeuert; da aber die Macht des Feindes zu überlegen und selbiger wirklich in die Redoute rechter Hand eindrung, musste die darinnen befindliche Mannschaft sich herausziehen und nach der Stadt retiriren. Es ist bei dieser Gelegenheit der commandirende Major von Goetze nebst 20 Mann geblieben, der Lieutenant Friesen und 19 Mann blessiret und der Major von Knobeisdorff, Hauptmann von Geuder, Adjutant von Röder und Lieutenant von Brietzke gefangen worden. Die in der Redoute befindliche zwei Feldstücken sind in des Feindes Hände gerathen. Feindlicherseits hat man 28 Todte gefunden, ihre Blessirte aber haben sie gewöhnlicher Maassen in grosser Anzahl auf Schlitten und Pferden mitgeführt, bis auf zwei, so wir gefangen bekommen.

In eben dieser Nacht ist ein Commando von 100 Pferden, so wir in Herwigsdorf gehabt, attaquirt worden; es hat sich aber der Feind, so bald er den Succurs Infanterie und Husaren, so von der Zittauschen Garnison dorthin detachirt worden, wahrgenommen, zurückgezogen und bei seiner Retirade noch durch unsere Canons etwas gelitten. Wir haben bei dieser Gelegenheit einen Husaren vom Spleny'schen Regimente und einen Croaten gefangen bekommen, und wir vermissen unsererseits den Cornet Berger nebst einem Husaren.

Das Hauptschreiben nach der Ausfertigung. Die Eeilage nach dem Concept.

<305>

303-3 Zwei Berichte Swart's, d. d. Petersburg 5. Februar, der eine an die Generalstaaten (vergl. S. 297. 298), der andere an Fagel. Dem zweiten sind zwei Circularrescripte an die russischen Gesandten im Auslande beigefügt, beide vom 21. Januar; das eine vergl. S. 301, das andere S. 322 Anm. 2.

303-4 Demgemäss Circularrescript an die preussischen Gesandten, d. d. Berlin 26. Februar.

304-1 Vergl. Bd. XIII, 539.

304-2 Das Bulletin erschien mit einigen Aenderungen unter Anderem in den „Berlinischen Nachrichten“ vom 26. Februar 1757, Nr. 25.