8810. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL GRAF SCHWERIN IN NEISSE.

Lockwitz, 3. April 1757.457-1

Nachdem der Generalmajor von Goltz heute allhier bei Mir angekommen ist und Mir seinen umständlichen Rapport von allem gethan hat,457-2 so bin Ich auch nunmehro ganz und gar accord mit Eurem Project, und werden wir hier unserer Orten alle unsere Anstalten so machen, dass solches mit Gottes Hülfe wird glücklich executiret werden; nur muss Ich Euch sagen, wie noch einige Umstände seind, so Ich noch dabei zu erinnern habe, die Ihr aber ganz leichte arrangiren könnet.

Erstlich. In Glatz müsset Ihr 1500 Mann Garnison lassen; Ich gedenke hergegen aber doch gegen die Zeit Euch 3 bis 4 Bataillons neu errichteter sächsischer Truppen zu verschaffen,457-3 welche, sobald die Verwechselung mit denen Leuten aus denen alten Regimentern geschehen sein wird, Ihr in die dortige Garnisons, als Breslau, Brieg, Glogau p., distribuiren könnt, nur in Glatz und in Neisse wollte Ich nicht gerne, dass was davon kommen sollte.

Der Generalmajor Kalkreuth kommet zum Feldetat, so bisher vergessen, er gehöret zur Ordre de bataille, und Ihr werdet solchen gut gebrauchen können.

Was die wirkliche Operationes angehet, so glaube Ich, dass Euer vornehmstes Objet sein werde, Euch zuvorderst und sobald Ihr könnet, des Magazins von Jung-Bunzlau gleich zu bemeistern. Kommet Ihr dahin, so ist es ausser allem Zweifel, dass die feindliche Truppen, so gegen Zittau stehen, dahin zurücklaufen werden.

Der Herzog, von Bevern, der doch dorten457-4 das Kommando behalten muss,457-5 wird sofort, wie er Luft bekommt, nach denen Arrangements, so Ich mit Ihm nehmen werde, über Reichenberg oder wie er kann, durchbrechen, und glaube Ich, dass er sich ohngefähr Dürchel oder Duhan oder Weisswasser mit Euch wird conjungiren können.

Ich schicke dem Herzog von Bevern denselben teutschen Chiffre, welchen Ich mit Euch habe; vermittelst dessen könnet Ihr ihm in Chiffres schreiben, wo Ihr meinet, dass Ihr Euch mit ihm combiniren wollet.

Wann Ihr Euch mit einander conjungiret habet, so glaube Ich, dass nichts besseres zu thun sein wird, als dass Ihr gerade auf Leit<458>meritz marschiret. Tetschen und die ganze Gegend wird von selbst fallen, und woferne das Schloss Tetschen nicht von selbst fallen wollte, so seind 2 Bataillons und 500 Husaren nebst 2 Mortiers genug, das Ding zu nehmen, die der Herzog von Bevern alle bei sich hat.

Was Mich anlanget, so habe Ich vorerst Browne zu amusiren und ihn abzuhalten, damit er nichts auf Zittau tentiret. Ich werde also zwischen hier und 2 Tage Detachements über Meine Brücke bei Pirna nach der Gegend von der Herrschaft Hainspach und nach Neustadt marschiren lassen,458-1 um Browne von der Seite Alarm zu geben und um ihn zu amusiren, [um], wenn er etwa ein Dessein auf Zittau hätte,458-2 ihn wieder auf die Defensive zu bringen.

Meine fernere Operationes anlangend, da werde Ich ohngefähr den 16. oder 17. dieses mit 36 Bataillons, denn mehr habe Ich nicht, bis Nollendorf vorrücken, um des Feindes Attention auf Mich zu ziehen; sehe Ich, dass Ich das Magazin in Aussig nehmen kann, so werde Ich es gewiss thun. Bei Teplitz hat der Feind ein Lager vor 30,000 Mann ausgestochen; dessen ohnerachtet glaube Ich das bald von dem Halse zu kriegen, indem Ich den Prinz Moritz mit 15 Bataillons und 30 Escadrons über Kommotau nach Saatz marschiren lassen werde.458-3

So wie Ihr mit dem Prinz Bevern combiniret nach Leitmeritz rücket, so werde Ich nach Lobositz vorrücken, und glaube Ich, dass wir das Magazin von Bilin kriegen werden. Bei Lobositz können wir Brücken schlagen, desgleichen gehet es bei Leitmeritz an, aber bei Aussig und bei Tetschen gehet es nicht an. Ich habe es versuchet, aber man hat keine Communication. Kommt der Feind auf Euch, so seid Ihr en force ihn zu schlagen; kommet solcher auf Mich, so dörfet Ihr Euch keine Sorgen machen. Bleibt der Feind bei Budin stehen, so werdet auch Ihr in dem Lager bei Leitmeritz stehen bleiben müssen, und werde Ich zwischen Laun und Postelberg über die Eger gehen und ihn dadurch zwingen, sich mit uns zu schlagen oder aber sich nach Prag zu retiriren. Gehet er nach Prag, so folge Ich ihm auf den Fuss nach und werde ihn, je eher je lieber, attaquiren, und auf solche Art, glaube Ich, können wir uns versprechen, dass das Dessein ganz gut von Statten gehen wird.

Könnet Ihr eher als den 15. dieses zur Execution der Sache schreiten, so braucht Ihr nur Mich und den Prinzen von Bevern davon zu avertiren, so wollen wir gleich parat sein, und könnet Ihr gewiss glauben, dass, so viel das mögliche der Dinge anlanget, nach denen Umständen von unserer Seite nichts versäumet werden soll.

Ich erinnere noch, dass Ihr gewiss glauben sollet, wie dasjenige, so Ich Euch wegen unserer Märsche geschrieben, nicht anders möglich<459> sei, und Ihr also nicht auf eine Communication auf Aussig, Tetschen p. denken müsset, denn das gehet nicht an, so dass es bei vorstehendem bleibet.

Dem Etatsminister Schlabrendorff habe Ich befohlen, an Euch 100,000 Thaler sogleich auszuzahlen.459-1 Was Ich Euch aber hierbei und um Gottes Willen bitte, ist, dass Ihr Euch bei der vorseienden Entreprise mit gar keinen Contributionen aufhalten, noch einmal solche zu ziehen gedenken sollet; denn wir erst suchen wollen den Feind zu schlagen, inzwischen und bis dahin aber nicht einmalen an Contributions denken wollen.

Den Obristlieutenant von Oelsnitz459-2 lasse Ich bei dortigem Corps, bis Ich in Böhmen eingerücket sein werde, alsdenn Ich solchen nothwendig auf einige Zeit bei Mir haben muss.

Wenn Ihr Euch in Bewegung setzet und an den Herzog von Bevern schreiben werdet, so habt Ihr zu observiren, dass in solcher importanten Gelegenheit 1) solches durch und durch in Chiffres, 2) alles ohne Titel, Curialien und nur pur unter Eures Namens Unterschrift sein, auch keine Adresse auf das Couvert gesetzet und allemal ein Duplicat davon mit einem aparten Jäger geschicket werden muss, auf dass, wenn auch einer verloren ginge, der andere doch an Ort und Stelle käme. Auf dem Briefe muss auch aus eben dieser Ursache keine Ueberschrift sein, auf dass der Feind nicht wisse, an wem der Brief gerichtet, und glaube, er sei an Mich.

Je suis charmé d'apprendre que vous vous portez bien;459-3 je souhaite de tout mon cœur que cela continue. Pour moi, je me trouve en état de fournir une bonne campagne. Adieu, mon cher ami.

Federic.

Das Hauptschreiben nach dem Concept. Der Zusatz eigenhändig auf der — im übrigen chiffrirten — Ausfertigung.



457-1 In der Ausfertigung verändert in „2. April“ . Aus einem Schreiben an Winterfeldt vom 3. April, in welchem der König den Empfang der schlesischen Verpflegungsetats durch Goltz bestätigt, geht hervor, dass Goltz erst am 3. beim Könige eingetroffen.

457-2 Goltz überbrachte dem Könige die Resultate der in Frankenstein zwischen Schwerin, Winterfeldt und Goltz stattgefundenen Berathungen (vergl. Nr. 8795). Das obige Schreiben des Königs und diejenigen vom 8., 9. und 11. April (Nr. 8834. 8837. 8846) ergeben, dass Goltz dem Könige noch eine weitere Denkschrift übergeben hat. Dieselbe liegt nicht mehr vor.

457-3 Vergl. S. 450. 465.

457-4 In der Lausitz.

457-5 Vergl. S. 439.

458-1 Vergl. S. 423. 430. 473.

458-2 Vergl. S. 455.

458-3 Durch ein Schreiben vom 1. April befiehlt der König dem Prinzen Moritz, sich in Bereitschaft zu setzen für den Ueberfall eines der österreichischen Quartiere. Vergl. auch S. 472. 483. 513.

459-1 Vergl. S. 439.

459-2 Vergl. S. 415.

459-3 Vergl. S. 424.