8910. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Weleslawin bei Prag, 7. Mai 1757.
Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 3. dieses erhalte hier soeben des Morgens um 6 Uhr. Da der Herr Hauptmann von Forcade ausser allem Zweifel schon zu Berlin sein und seinen Bericht von der herrlichen und glorieusen Victoire, so der Allerhöchste gestern des Königs Majestät, obschon nach grossen und fast ohnübersteiglich geschienenen Schwierigkeiten, geschenket hat, erstattet haben wird, so viel nämlich er davon auf dem champ de bataille, und da noch alles zwischen Siegenden und Besiegten in der in dergleichen grossen Évènements gewöhnlichen affreusen Confusion gewesen, wissen können, als muss mich darauf beziehen, und [habe] nur noch hinzusetzen wollen, wie mir soeben ein von des Königs Armee hiehergekommener Ordonnanzofficier versichert, dass von 400 Canons, deren sich die Oesterreicher in der gestrigen Bataille bedienet, jetzo bereits 233 Stück genommen und zusammengebracht worden. Das ganze Lager und alle Bagage derer Oesterreicher, welche sowohl die sich von ihnen in Prag geworfen, [gehabt haben], als das übrige Corps von ihnen, welches sich jenseits der Moldau, auf der Seite von Königsaal und gegen die Sazawa herauf gezogen, ist genommen worden, so dass selbige mehristentheils nichts weiter als was sie auf dem Leibe tragen, mit sich haben sollen; eine Art von Empfindung, so sie in allen vorigen Kriegen nicht gehabt, da sie allemal die grösseste Sorgfalt, auch bei verlorenen Bataillen, vor die Sauvirung ihrer Bagage getragen. Was an Gefangenen von ihnen bekommen worden, solches kann noch nicht zuverlässig gesaget werden, da des Königs Majestät solche noch beständig verfolgen lassen. Man hat solche gestern Abend schon zwischen 6 à 7000 angeben wollen, ich kann aber nichts gewisses davon sagen; diejenigen, so sich davon in Prag geworfen, will man so gut als Gefangene ansehen, da bei jetzigen Umständen dieser Ort von selbst fallen müsse, auch des Königs Majestät im Voraus schon die Précaution genommen habe, eine Belagerungsartillerie von Magdeburg aus auf der Elbe kommen zu lassen, die auch schon zu Leitmeritz, wo nicht bereits angekommen, doch ehister Tagen ankommen wird.
Nach Aussage einiger hier gestern angekommenen österreichischen Deserteurs oder Flüchtlinge aus der Bataille ist von ihnen auch der Feldmarschall Browne und Fürst Liechtenstein geblieben,1 ersterer soll ihrer Angabe nach, nachdem er gesehen, dass auch nicht die von ihm vor unübersteiglich gehaltene Schwierigkeiten denen Efforts derer preussischen Truppen resistiren können, nach dem Ziskaberg geritten und allda en désespoir bei denen darauf gestandenen österreichischen Canons halten geblieben sein, bis er seinen Coup de grâce erhalten
1 Diese Angaben erwiesen sich später als unrichtig. Vergl. S. 16.