9251. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Dresden, 3. August 1757.
Ich habe die Ehre, Ew. Excellenz zwei höchsteigenhändige Pieces,1 so des Königs Majestät mir mit einem eigenhändigen Schreiben heute früh hieher zugeschicket, zu übersenden, und schreiben Se. Königl. Majestät unter dem 2. dieses deshalb: „Diese beide Piecen an den Graf Finck in Berlin.“ 2 Wovon mich dann also noch heute acquittiren und nur noch mit wenigem melden wollen, wie, so viel mir der Jäger, der mir das Schreiben überbracht, gesaget hat, des Königs Majestät wohl gestern noch oder heute früh3 von Weissenberg, wo Sie zeither drei Tage gestanden, aufgebrochen und näher an den Feind, so noch der Gegend Zittau stehet, marschiret sein dörften.
Der Herr Obriste Lentulus4 schreibet mir: „Wir stehen hier seit drei Tage bei Weissenberg ganz ruhig, der Feind hat mit der Hauptarmee seine Position geändert und stehet gegen die Strasse von Görlitz. Wir poussiren unsere Patrouillen auf zwei Meilen herum, und haben selbige heute Nacht 5 Gefangene eingebracht; dem Feinde fehlet es auch an Lebensmitteln, hoffe, dass noch alles kann redressiret werden, wenn nur die andern vom Halse bleiben wollten. Mit Generallieutenant von Winterfeldt ist der Friede gemachet.“ 5
Dieses ist alles, was Ew. Excellenz von hier aus melden kann. Allhier zu Dresden leben sonsten des Prinzen von Preussen Hoheit ganz eingezogen und stille; so wie man mir gesaget hat, dörften Dieselbe wohl die Resolution fassen, nach Berlin zu gehen.6
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
1 Es sind die „Raisons de ma conduite militaire“ und die „Apologie de ma conduite politique.“ Gedruckt: Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 27, Theil III, S. 269 ff. u. S. 279 ff.
2 Das Schreiben des Königs an Eichel liegt nicht vor. Am 5. August schreibt Eichel an Finckenstein: „Ich kann nicht in Abrede sein, dass die beiden ... an Ew. Excellenz schon übersandte Originalpièces mir ganz betrübte Impressiones gemachet haben ratione der Absicht und dabei concurrirenden Umständen, warum solche geschrieben worden seind,“ dabei übrigens des Königs Majestät nur nicht das geringste weiter befohlen haben wegen des Gebrauches, so Ew. Excellenz etwa weiter davon zu machen hätten.“ Am 17. August schreibt Eichel weiter an Finckenstein: „Indess glaube ich, dass es [Sr. Majestät] Intention gar nicht entgegen, vielmehr conform sein dörfte, wann Ew. Excellenz [die beide höchsteigenhändige Pièces] auch des Herrn Grafen von Podewils Excellenz zum Durchlesen communicireten, weil beide Pièces doch eigentlich zur Information dienen sollen, in welchen ich doch wohl gewünschet hätte, dass einige Ausdrücke menagiret und einige Termes temperiret worden wären, da solche doch, wie ich fast urtheile, eine Apologie vor die Postérité sein sollen. Gott wende es aber alles so, dass sie weder dieser nöthig, noch überhaupt wegen glücklich veränderter und verbesserter Umstände niemalen zu einigem Gebrauch nöthig sein mögen.“
3 Diese Angabe ist nicht zutreffend. Der König brach erst am 15. August von Weissenberg auf. Vergl. S. 300. 321.
4 Der dienstthuende Adjutant des Königs.
5 Vergl. S. 281. Anm. 2.
6 Zum Schluss übersendet Eichel einen Chiffre und berichtet über seinen Gesundheitszustand.