8987. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN IM LAGER BEI KOLIN.
Im Lager vor Prag, 24. Mai 1757.
Durchlauchtiger Fürst, freundlich lieber Vetter. Ich habe Ew. Liebden Schreiben vom 23. dieses erhalten und danke Ihnen für die Nachrichten, so Sie Mir darin communiciret haben. So viel Ich aus allen denen bishero von Ihnen eingelaufenen Briefen ersehe, so kann der p. Daun nicht stärker sein als ohngefähr 30,000 Mann reguläre und 8 bis 10,000 Mann irreguläre Truppen.
Allhier haben die Oesterreicher verwichene Nacht probiret, auf der Seite des Feldmarschalls Keith einen Ausfall zu thun,78-1 und zwar mit 18,000 Mann; sie sind aber von 4 Bataillons repoussiret worden, worunter 1 Bataillon von Alt-Braunschweig, 1 von Panwitz,78-2 1 von Prinz Ferdinand von Preussen und das Grenadierbataillon von Billerbeck gewesen. Die Piquets von Meinem Regiment, imgleichen Mein erstes Bataillon sind auch dabei gewesen.
Der Feind hat ohngefähr 1500 Mann verloren, und so viel Ich aus denen bis dato erhaltenen Rapports wahrnehmen kann, so wird der Verlust auf unserer Seite an 200 Mann Todte und Blessirte sein. Es sind keine Officiers dabei geblieben, ausser dem Capitän von Mach von Panwitz, dem der Fuss abgeschossen ist. Ich glaube, dass wenn Ich erst anfangen werde, die Stadt zu bombardiren, alsdann die Desperation den Feind obligiren wird, dergleichen Unternehmungen noch öfters zu probiren; Ich bin aber dabei wohl versichert, dass je öfter sie solches wagen werden, je schlechter es ablaufen werde.
<79>Was übrigens die von Ew. Liebden vorzunehmende Mouvements betrifft, so werden Sie gut thun, wenn Sie erst das Münchow'sche Regiment abwarten und suchen mit der Bäckerei in Ordnung zu kommen.
Der Obristlieutenant Mayr hat in Baiern solche Progressen gemachet, dass der Churfürst Mir die Neutralité angetragen hat.79-1
Was die Prahlerei des General Nadasdy anbelanget,79-2 so ist man dergleichen schon von ihm gewohnet. Seine Thaten stimmen aber mit seinen Reden und grossen Worten selten überein, und glaube Ich, dass er nach der Tafel mehr Courage hat als des Morgens beim Aufstehen. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter
Friderich.
Nach der Ausfertigung.
78-1 Vergl. Nr. 8982—8985.
78-2 So die eigenhändige Unterschrift.
79-1 Vergl.Nr. 8986 und S. 92.
79-2 Der Bericht Bevers über diese Sache liegt nicht vor.