9052. AN DEN MAGISTRAT DER FREIEN REICHSSTADT NÜRNBERG.

Im Lager vor Prag, 5. Juni 1757.

Sr. Königl, Majestät in Preussen p. p. ist allerunterthänigst vorgetragen worden, was Ein Edler Magistrat der Freien Reichsstadt Nürnberg, vermittelst dessen Schreiben vom 31. des letztverwichenen Monats Mai, an Höchstdieselbe occasione Dero in dortiger Gegend befindlichen Obristlieutenant und Adjutanten von Mayr gelangen lassen wollen.

Da weltkündig und der ohnparteischen Welt zur Gnüge dargeleget worden, durch was vor üble Procédés und offenbare Zunöthigungen des wienerschen Hofes Se. Königl. Majestät, ohnerachtet aller Bemühungen, so Sie angewandt haben, den Frieden und die Ruhe in dem werthen Vaterlande zu erhalten, zu dem jetzigen Kriege gezwungen worden, und was vor höchst illegale und niemalen zu justificirende Proceduren Dero Feinde gebrauchet haben, um die Stände des Heiligen Römischen Reichs wider alle deren Prärogativen und Freiheiten und wider alle Reichsconstitutiones und Verfassungen in solchen das Haus Oesterreich einig allein angehenden und von solchem allein verursachten Krieg mit einzuflechten, so fehlet es wohl sehr weit an dem, dass gedachter Magistrat, wie er in seinem Schreiben anführen wollen, durch Beobachtung einer exacten Neutralität währendem diesen das Reich in nichts concernirenden Krieg seinen Huldigungs- und Lehnspflichten entgegen handeln würde. Mit des Kaisers Majestät als Kaiser haben Se. Königl. Majestät nichts zu demeliren; niemalen aber ist es bisher, gottlob, dahin gekommen, dass das Teutsche Reich in einer solchen Dépendance des wienerschen Hofes gestanden, dass solches und dessen Stände den despotischen Willen des wienerschen Ministerii als Reichsgesetze erkennen und annehmen; die göttliche Providence wird auch hoffentlich nicht zulassen, dass erwähntes Ministerium in solchen seinen, obschon von vielen Zeiten her geführten Absichten jemalen reussiren werde. Jeder redlich und patriotisch gesinnter Reichsstand wird es vermöge der dem Reiche und sich selbst schuldigen Pflicht detestiren müssen, wenn es als eine gegen die Huldigungs- und Lehnspflicht anlaufende Sache angesehen werden wollte, daferne solcher sich aus denen dem Reiche gar nichts interessirenden noch angehenden Privatquerelles des wienerschen Hofes heraushalten und darunter eine exacte Neutralität beobachten wolle. Die Reichsverfassungen nebst der von des Kaisers Majestät heilig beschworenen Wahl-Capitulation determiniren die Schranken zwischen dem Haupte und denen Gliedern des Reichs; will ein Oberhaupt solchen<133> zuwider das Reich in fremden Krieg einflechten, so kann keine Autorität, noch weniger aber die denen Absichten des wienerschen Hofes gemäss gefasste höchst illegale und mit ohnerlaubten Drohungen abgefasste Reichshofrathsschlüsse das Reich und dessen Stände dazu obligiren, es wäre dann, dass die ganze Reichsverfassung in ihren völligen Umsturz gesetzet und ein völliger Despotismus des Hofes zu Wien auch über die respectablesten Stände eingeführet werden sollte, wozu kein redlich patriotisch gesinnter Stand die Hand bieten wird; wohl aber geben die gegen Se. Königl. Majestät bisher geschehene höchst illegale und unerhörte Procedes Deroselben die in allen Natur- und Völkerrechten gegründete Befugniss, dass Sie die gegen Dieselbe geschmiedete Complots nach aller Möglichkeit zu dissipiren und diejenigen, welche intentioniret seind, Ihro durch ohnrechtmässigen Beistand ungerechter Waffen Uebles zu thun, zu präveniren [suchen.]

Dieses [seind]133-1 die Motive, warum obgedachter Obristlieutenant von Mayr mit denen bei sich habenden Truppen sich der Orten eingefunden und von Einem Edlen Magistrat die zu seinem eignen und des Reichs wahrem Besten abzweckende Declaration gefordert hat. Wollte auch Ein Edler Magistrat nur erwähnte Truppen als zu wenig ansehen, dergleichen billige Forderung zu appuyiren, so finden Se. Königl. Majestät Sich, gottlob, im Stande, wenn Sie es nöthig erachten werden, durch mehrere zu souteniren und Dero recht- und billigem Verlangen den gehörigen Nachdruck zu geben. Und da endlich gedachter Magistrat sich selbst in seinem Schreiben als einen kleinen Stand zu qualificiren beliebet, so wird er auch hoffentlich einsehen, dass er nie eine bessere und der Stadt erspriesslichere Partie ergreifen könne, als wenn er sich aus dergleichen Querelles, die ihm und der Stadt auf keine Weise angehen, heraushalten, mithin um so mehr eine exacte Neutralität observiren wird, als sonsten es gar leicht vor ihn und vor die gute Stadt Nürnberg zum Ruin und Verderb ausschlagen kann.

Was die von Einem Edlen Magistrat an Se. Königl. Majestät zu Abkaufung der Neutralität ultro offerirte 80,000 Florins anbetrifft, da müssen Höchstdieselbe erwähntem Magistrat darauf zu erkennen geben, dass wie Dieselbe allzeit sehr weit davon entfernet, gewesen, Geldes halber Krieg zu führen, und hätte ermeldeter Magistrat billig anstehen sollen, auf eine dergleichen indigne Art von Sr. Königl. Majestät zu denken. Sie wollen keinen Dero Mitständen im Reich Vexus machen, wohl aber Sich bei Dero Gerechtsame mainteniren und wider alles ohnrechtmässiges Zudringen Dero Feinde durch die Ihro von Gott verliehene Mittel schützen, auch, so viel an Deroselben ist, Dero Mitstände im Reiche bei ihren rechtmässigen Freiheiten und Prärogativen wider illegale Gewalt und Oppressiones schützen. Nach diesen Umständen müssen Sie auch nunmehro gedachtem Magistrat überlassen, ob der<134>selbe zum wahren Besten der seiner Vorsorge anvertrauten guten Stadt Nürnberg die verlangte exacte Neutralität bei jetzigem Kriege annehmen und observiren oder aber durch das Gegentheil sich exponiren wolle, in Verfolg der Zeit und vielleicht im Kurzen seinen darunter anlaufenden Entschluss sehr zu bereuen.

Friderich.

Nach Abschrift der Cabinetskanzlei.



133-1 In der Vorlage: „ist“ .