9209. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT.252-3
Leitmeritz, 17. Juli 1757.
Es ist mir Euer Schreiben vom 7. dieses Monats richtig zu Händen gekommen. Ich beziehe Mich zuvorderst auf dasjenige, was Ich Euch durch den Lieutenant von Humboldt geantwortet habe,252-4 und gebe Euch demnächst nochmalen in Antwort, wie Ich Euch ganz freie Hände lasse und lassen muss, wegen der dortigen Operationen alles dasjenige zu thun, was Ihr nur könnet und was Ihr vor gut finden werdet, da Ich Euch ohnmöglich darunter dirigiren kann, weil es in dergleichen Vorfallen öfters auf einen Tag, wo nicht auf eine Stunde ankommet, da ein favorables Moment, das nachher nicht wiederkommet, versäumet werden kann; zu dem Ende Ich Euch auch aus gnädigst und vollkommen in Euch und Eure in allen Angelegenheiten mir bewiesene<253> Treue, Bravour und Kriegeserfahrenheit gesetztem Vertrauen deshalb mit völligem Pleinpouvoir und nur allein generale Instruction versehen,253-1 alles übrige Detail aber Eurer Execution nach Zeit und Umständen überlassen habe. Dieses alleine nur bitte Ich Euch, dass Ihr durch die und sonderlich im Anfange vorkommende Schwierigkeit und anscheinende Gefahr [Euch] nicht aus der Contenance bringen lassen, zugleich auch wohl darauf Acht haben sollet, damit die unter Eurem Commando stehende Generalität und Stabesofficiers nicht die Tramontane verlieren, sondern bei Muth und Hoffnung bleiben, da Ich dann versichert bin, dass, so gross auch die Schwierigkeiten im Anfange scheinen, dennoch alles gut gehen werde, zumalen wenn Ihr nur, wie Ich hoffe, erst ein feindliches Corps geschlagen und dadurch dem Feinde Furcht und Respect imprimiret haben werdet.253-2
Das Land dorten angehend, so ist Euch bekannt, wie nahe es Mir gehen müsste, wenn dasselbe leidet; Ihr wisset aber auch, dass in solchen wichtigen und besonderen Umständen es anfänglich nicht ohne Inconvenienzien abgehen kann und ein Theil davon etwas leiden muss, um das Ganze zu conserviren, darbei nur vorerst die militärische Operationes hauptsächlich zum Augenmerk zu nehmen seind, da, wenn diese glücklich gehen, das andere leicht wieder geholfen und redressiret werden kann. Sollten auch Eure Cassen- und Magazinarrangements durch die zur Defension des Landes gemachte Veranstaltungen etwas leiden, so habt Ihr zu erwägen, dass gegen Ende des Monats Octobris dorten alles schon decidiret sein muss.
Ich habe sonsten aus Engelland heute die gewisse Nachricht unter dem 28. voriges erhalten,253-3 dass, nachdem endlich nunmehro das neue Ministerium fixiret worden und die bisherige Dissensiones cassiret haben, solches einmüthig resolviret habe, nunmehro alle Efforts anzuwenden, um Mich gegen Meine mächtige Feinde auf das efficaceste zu souteniren, wovon man Mir mit nächster Post das Detail von allem, so man sich vorgesetzet vor Mich zu thun, zuschicken werde. Inzwischen der König von Engelland bereits Ordre gestellet habe, dass man darauf denken und bis zum ohnmöglichen thun solle, um auf das schleunigste eine Escadre in die Ostsee zu senden, wie dann auch zugleich resolviret sein solle, auswärtig an allen nur möglichen Orten zu arbeiten, um das Système der gemeinschaftlichen Sache zu souteniren und sich Freunde zuzuziehen. Was der Effect von allem diesen sein wird, muss Ich erwarten.
Friderich.
Nach dem Concept.
<254>252-3 Lehwaldt's Bericht vom 11. Juli datirt noch aus dem „Lager bei Insterburg“ ; der nächste Bericht vom 28., sowie ein Schreiben an die berliner Minister vom 21. datiren aus dem „Lager bei Wehlau.“
252-4 Nr. 9189.
253-1 Vergl. Bd. XII, 448 — 457.
253-2 Vergl. S. 223.
253-3 Bericht Michell's, d. d. London 28. Juni.