9339. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN.348-1
Quartier Kerspleben, bei Erfurt, 17. September 1757.
Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ich habe aus Particulierbriefen, so von Görlitz aus über Berlin gekommen, von der zwischen dem Winterfeldt'schen Corps und dem Nadasdy den 7. dieses vorgefallenen Affaire, auch von dem Tode des würdigen Winterfeldt348-2 Nachricht bekommen, von Ew. Liebden aber keine Relation noch Bericht deshalb erhalten, weil Ich weiss, dass der damit abgesandte Jäger unterwegens aufgehoben worden, und ist Mir also gar kein Detail von der Affaire bekannt.
Auch sind die Nachrichten davon so confus, dass Ich nicht klug daraus werden kann. Ich habe also Ew. Liebden solches hiemit bekannt machen wollen, auf dass Sie Mir einen ganz umständlichen und detaillirten Bericht erstatten,348-3 welcher aber mehrerer Sicherheit halber, wie dieses, über Glogau und Berlin wird gehen müssen. Da Ich weder Ew. Liebden jetzige Position, noch die von der feindlichen Armee weiss, so werden Dieselbe mich zugleich davon instruiren; bis dahin Ich nicht im Stande bin, Ihnen einigen Rath mitzutheilen. Wenn der Generallieutenant von Fouqué besser ist,348-4 so können Ew. Liebden ihm das Winterfeldt'sche Corps zu commandiren geben; wo er aber dazu nicht im Stande ist, so bin Ich sehr embarrassiret, und wird der Generallieutenant von Zieten der beste sein, den Sie dazu nehmen können, wenn Sie ihm noch einen Generallieutenant darzu geben, so unter demselben stehet.
Meine Situation ist jetzo etwas unangenehm. Bei Meiner Annäherung allhier haben die hieherum und in denen Weimar- und Gothaischen Landen gestandene französische und Reichstruppen sich in aller Eil nach dem Eisenachschen retiriret und in die dortige Gebirge geworfen, so dass deren nächste Posten fünf Meilen von hier stehen, wohin Ich aber solchen nicht folgen kann noch werde. Die Franzosen haben das Halberstädtsche mit einigen Regimentern passiret, wohin Ich<349> den Prinz Ferdinand von Braunschweig detachiret,349-1 um sie zurückzuhalten und das Magdeburgsche zu decken. Den Prinz Moritz habe Ich detachiret, um Torgau zu decken,349-2 so dass es etwas kraus aussiehet, und Ich Mich, so gut Ich kann, aus der Affaire zu ziehen suchen muss.
Indem Ich dieses geschrieben, so habe Ich das Vergnügen, Ew. Liebden Schreiben vom 13. nebst dem Duplicat des erstern verloren gegangenen Berichtes vom 8. dieses zu erhalten, woraus Ich ersehe, dass bei der Affaire genug Todte gewesen; die Resolution aber, die Ew. Liebden genommen,349-3 approbire Ich ganz und gar, auch dass Dieselbe dem Generallieutenant von Fouqué das Commando des Winterfeldt'schen Corps gegeben haben.
Ich bedaure sehr den Zufall am Fuss und wünsche von Herzen, dass es sich damit bald völlig bessern möge. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter
Friderich.
Nach der Ausfertigung.
348-1 Der Herzog datirt seinen Bericht vom 13. September (vergl. unten) aus dem Lager bei Bunzlau. Am 23. meldet er aus dem Lager bei Liegnitz, dass er am 18. von Bunzlau aufgebrochen sei, am 19. das neue Lager bei Liegnitz bezogen habe.
348-2 Vergl. S. 343. 345.
348-3 Das gleiche Verlangen stellt der König noch in zwei weiteren Erlassen an Bevern, d. d. Kerspleben 19. und 22. September; er wünsche zu wissen, „warum bei solcher Affaire keine Cavallerie agiret hat.“ Bevern sendet, Lager bei Pöpelwitz 6. September, eine Relation und einen Plan des Gefechts, von dem Ingenieurlieutenant Freund verfasst, welcher in dem Gefecht dem General Winterfeldt beständig zur Seite gewesen.
348-4 Fouqué litt an der bei Prag erhaltenen Wunde. Vergl. S. 21.
349-1 Vergl. Nr. 9332.
349-2 Vergl. Nr. 9333.
349-3 Der Herzog von Bevern meldet, Lager bei Bautzen 13. September: „Der Feind ziehet sich der Gegend Greifenberg und Löwenberg nach unser linken Hand herum; ich werde also, sobald das von Glogau angekommene Mehl verbacken sein wird, mich zwischen Schweidnitz und Liegnitz setzen müssen, um à portée zu sein und den Feind, wann er einigermaassen aus dem Gebirge debouchiret, auf den Hals zu gehen und unter göttlichem Beistand zu attaquiren.“