9656. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL PRINZ MORITZ VON ANHALT-DESSAU.

Breslau, 31. December 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden habe durch gegenwärtiges Schreiben bekannt machen wollen, wie Mein Wille ist, dass Dieselbe sogleich an den östreichschen Feldmarschall Leopold Daun schreiben und Sich gegen denselben zwar in höflichen, jedoch aber auch ganz energiquen Terminis beschweren sollen, wie dass östreichscher Seits man bishero gar üble Procédés gegen königliche Civilbediente, als Landräthe, Bürgermeister, Einnehmer und dergleichen ganz unschuldigen und mit dem Kriege gar nichts zu thun habenden Leuten, gehalten; solche nicht nur auf eine, deutlich zu sagen, barbarische und ganz unanständige Art tractiret, weggeschleppet und zurückgehalten habe, sondern auch viele davon, ohnerachtet diese Leute zum Kriege weder etwas geben, noch nehmen könnten, in Arrest behalten. Wie nun dergleichen üble Procédés nicht nur wider alles, was sonst in honneten Kriegen Gebrauch ist, und allen gesitteten Völkerrechten schlechterdings zuwider laufet, so hoffete man, dass man östreichscher Seits dergleichen nicht nur alsofort abstellen, sondern auch diejenige von solchen Leuten, so bishero noch auf eine höchst injuste Art zurückbehalten, wiederum zurück und zu den ihrigen schicken<144> würde, widrigenfalls wir uns nicht länger würden entbrechen können, ganz nachdrücklichere Représailles deshalb zu exerciren. Worüber Ew. Liebden dann mit dem fordersamsten eine positive Erklärung gewärtigen wollten.

Im übrigen, und da Ich in Erfahrung kommen müssen, dass man östreichscher Seits sich in diesem Stücke auch sogar so weit vergangen, dass man zu Hof im Baireuthschen den dortigen Geheimen Rath Osten144-1 mit Gewalt in seinem Hause aufgehoben und, ohnerachtet die Stadt Hof ein freier reichsständiger Ort, denselben nicht nur spoliiret, ganz übel tractiret und unter gar nichtigen Prätexten geschlossen nach Eger transportiret habe, so sollten Ew. Liebden gedachtem Feldmarschall Daun von Meinetwegen gar nicht verhalten, dass, wofern er es bei der östreichschen Generalität und bei seinem Hofe nicht vermitteln könnte, dass gedachter Geheime Rath von Osten sofort wiederum seines höchst injusten Arrestes relachiret, nach Hof zurück erlassen und daselbst in aller ihm gebührender Freiheit bleiben würde, Ich hiesiger Seits die ganz gerechte Représailles dagegen exerciren und einen von denen östreichschen kriegesgefangenen Stabsofficiers, der mit mehrgedachtem Geheimen Rath Osten etwa von gleicher Qualität wäre, arretiren und, in Ketten geschlossen, sowie mehrermeldetem Geheimen Rath Osten geschehen, nach einer Festung abführen, ihn auch dasselbe par représaille empfinden lassen würde, was mehrgedachtem von Osten gewaltsamer Weise arriviren könnte oder wollte. Dahero Ew. Liebden auch über diesen Punkt positive Antwort haben müssten. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst.



144-1 Vergl.Bd. XIV, 327, 541.