10446. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Dresden, 19. October 1758.
Eichel meldet, dass „heute früh“ von des Königs Majestät ein expresser Feldjäger eingetroffen sei.
Von Höchstderoselben habe durch den erwähnten Expressen die Nachricht erhalten, dass dorten noch alles in statu quo ist, ausser dass die feindliche Armee sich wegen ihres rechten Flügels einige Mouvements gemachet und solcher sich von denen Anhöhen, worauf er gestanden, herunter mehr nach der Plaine gegen die Seite von Bautzen zu gezogen haben soll. Es kann sein, dass der Feind dadurch einige Fierté wegen seiner vermeintlich erhaltenen letzteren Avantage marquiren will. Beide Armeen stehen also noch gar nahe gegen einander. Und da der Feldmarschall Daun letzthin einige Corps von der Kreiserarmee an sich gezogen haben soll, so seind heute noch gegen anbrechenden Tag des Prinz Heinrich Hoheit mit einem Corps von verschiedenen Bataillons und einem Train d'artillerie von hier aufgebrochen, um zu des Königs Majestät zu stossen, und muss es mithin sich in<321> wenigen Tagen ausweisen, ob es noch zwischen vorgedachten beiden Armeen zu einer decisiven Action kommen wird oder nicht.
Die Beschaffenheit der letzteren Affaire vom 14. dieses werden Ew. Excellenz aus dem Deroselben durch den Feldjäger Feller, so den 17.321-1 dieses hier abgegangen, zugekommenen königlichen Handschreiben und der solchem beigefügten Relation ersehen haben.321-2 Es ist allemal übel genug, dass der rechte Flügel von des Königs Armee von dem Feinde surpreniret werden können; ich erfahre aber immer mehr und mehr, dass gottlob! der Verlust unsererseits bei weitem nicht so gewesen, als solcher in der ersten Désordre geachtet werden wollen und auch bei der Consternation in denen Horreurs der Nacht auch bei einer Surprise sein können, da sich vieles wieder von denen, so sich bei dem erstem Ueberfall theils verlaufen, theils verirret, wieder eingefunden hat.321-3
Dahergegen dem Feind seine Entreprise gar theuer zu stehen gekommen und er, wie man mir gesaget, alleine an Todten gegen 8000 Mann gehabt, exclusive der Blessirten, und seinen Verlust selbst auf bis 7000 angeben soll. Wie dann unsere Kavallerie und Husaren eine gar entsetzliche Massacre unter ihrer besten Infanterie ausgeübet haben soll. Ich erwarte noch alle Stunde ein mehreres Detail von allem, so alsdenn sogleich zu communiciren nicht ermangeln werde.
Die Prinz Heinrich'sche Armee stehet indess, ausser denen Bataillons, so, wie gedacht, der Prinz mit sich genommen, noch auf ihrem bisherigen Posten. Höchst zu wünschen wäre es aber wohl überall, dass des abscheulichen Vergiessens von Menschenblut durch einen redlichen Frieden ein Ende gemachet würde.
Eichel übersendet dem Minister verschiedenartige Briefschaften.
Eichel.
P. S.
Der Todesfall der Frau Markgräfin von Baireuth Hoheit embarrassiret mich in Egard Sr. Königl. Majestät mehr wie, so zu sagen, alle Kriegesoperationes, da ich urtheile, wie höchst sensible und accablant solcher Deroselben sein müsse. Der Herr Kriegesrath Coeper schreibet mir gestern, dass, obgleich alles beobachtet worden, um des Königs Majestät nach und nach dazu zu präpariren, dennoch diese betrübte Zeitung einen unbeschreiblich grossen Eindruck auf Höchstdieselbe gemachet habe, und er nicht glaube, dass die Wehmuth weiter gehen könne.
Nach der Ausfertigung.
<322>321-1 Vergl. jedoch S. 318.
321-2 Nr. 10428 und 10429.
321-3 Zu dem Druck der Relation in der Berliner Zeitung und in den Danziger „Beyträgen“ (vergl. S. 309. Anm. 1) ist ein Zusatz gefugt, der auf obige Mittheilungen Eichel's zurückzuführen ist.