10839. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE MARKGRAF KARL.

Bolkenhain, 4. April 1759.

Ew. Liebden haben aus der abschriftlichen Anlage151-2 zu ersehen, was Mir der p. von Pawlowsky von der aufgehobenen Commission zu Jägerndorf wegen Auswechselung derer Kriegesgefangenen151-3 gemeldet hat. Ich mache Ew. Liebden solches nur zu Dero Information bekannt, weil Meine Intention ist, dass Dieselbe vor Sich und unter Dero Namen an den östreichschen Feldmarschall Graf von Daun, und zwar in ohngefähr nachstehenden, dabei auch etwas energiquen und fieren Terminis, fordersamst schreiben sollen:

Wie dass wir unsererseits bisher das getroffene Kartell exacte gehalten und observiret hätten; da man aber ihrerseits auf einmal und auf eine ganz ungewöhnliche Art ihre Commissarien von der Auswechselungscommission zu Jägerndorf retiriret habe und es dadurch schiene, als ob man das Kartell auf einmal aufheben wolle, so müsse uns der gleichen ungewöhnliche Procédés151-4 um so mehr befremden, da man ihrerseits nicht nur noch so beträchtliche restirende Summen herauszubezahlen schuldig geblieben, sondern auch noch ganz considérable Rechnungen, die noch nicht gänzlich liquidiret wären, rückständig wären. Ich hätte dannenhero Ew. Liebden befohlen und aufgetragen, dass Dieselbe an ihn eine Abschrift von denen sowohl liquiden Posten als noch nicht liquidirten Rechnungen (worunter Ich diejenige verstehe, so hierbei lieget,151-5 und wovon Ew. Liebden eine Abschrift151-6 mitzuschicken haben)<152> [sendeten], um den Feldmarschall Daun zu fragen, ob man ihrerseits solche bezahlen wolle oder nicht. Nicht weniger wäre Ew. Liebden von Mir aufgetragen worden, von gedachtem Feldmarschall eine positive Erklärung zu fordern, ob man ihrerseits wegen des getroffenen Kartells ihre gegebene Parole und gemachte Conventiones, wie es in allen Kriegen unter gesitteten Nationen üblich und wie es alles Völkerrecht erforderte, weiterhin de bonne foi halten und observiren, oder ob man dorten von den Gedanken wäre, davon abzugehen und es zu brechen. Ueber welches alles Ew. Liebden des Feldmarschalls positive und zuverlässige Antwort erwarteten.152-1

Diesen Brief haben Ew. Liebden dem Feldmarschall Daun nach Münchengrätz zu adressiren.

Friderich.

Nach Abschrift der Cabinetskanzlei.



151-2 D. d. Jägerndorf 27. März 1759.

151-3 Vergl. S. 96. An den Feldmarschall Prinz Moritz von Anhalt-Dessau schreibt der König, Landshut 13. April, des Prinzen Auswechselung aus der Gefangenschaft (vergl. S. 96) sei dadurch hinausgezogen worden, dass die Oesterreicher plötzlich ihre Commissarien aus Jägerndorf abberufen und erklärt hätten, „wie sie des Postens von Jägerndorf ohnumgänglich nöthig hätten“ . Der König habe darauf durch den Markgrafen Karl an den Feldmarschall Daun schreiben lassen. „Worauf letzterer dann ganz positive declariret, dass man das Kartell auch fernerhin genau observiren, zur weiteren Conferenz auch nächstens einen andern Ort in Vorschlag bringen wurde, worüber er nur noch seines Hofes Sentiments einziehen werde.“ Der König verheisst, es an nichts fehlen zu lassen, um des Prinzen „Auswechselung zu befördern und zu betreiben, sobald nur noch die Finalantwort des Feldmarschalls Daun erfolgen wird“ . [Ausfertigung im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst.]

151-4 So.

151-5 Nicht vorhanden.

151-6 D. h. eine zweite neue Abschrift.

152-1 Die Antwort Daun's, d. d. Hauptquartier Münchengrätz 7. April, ergiebt, dass das Schreiben des Markgrafen vom 4. April datirt war.