10860. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.
Hauptquartier zu Bolkenhain, 10. April 1759.
Il est arrivé que dans le mois de mars passé un de nos partis de hussards ont enlevé un courrier russien, le capitaine de Werden, adjudant du maréchal Fermor, que la cour de Pétersbourg avait dépêché à celle de Vienne, et qui, à son retour, fut pris aux frontières d'Autriche avec tout ce qu'il portait de dépêches et de lettres.162-1 En voici une qui avait été écrite d'un nommé Paul Lewaszow au grand-chancelier comte de Woronzow en langue russienne, et dont après une fidèle traduction en langue allemande voici le contenu mot à mot :
„In diesen Tagen ist ein Albanier, gebürtig aus der Stadt Skutari, bei mir gewesen, der mit der Nachricht als ein Expresser hiehergekommen ist, dass der Name Ihro Kaiserl. Majestät unsrer allerdurchlauchtigsten Monarchin in den dasigen Gegenden einen solchen Ruhm erlangt hat, dass die ganze albanische Nation, sowohl Christen als Mahometaner, wie auch Bosnien, Epirus und die Bardianer,162-2 einmüthig verlangen, sich dem gnädigen Scepter dieser Monarchin zu unterwerfen.
„Wenn dieses wirklich so ist, wie er es entdeckt hat und wie ich von vielen andern eben dergleichen gehört habe, so kann Russland mit leichter Mühe einen nicht kleinen Vortheil aus der Neigung dieser erwähnten Nationen erhalten; wenn es sich zutrüge, dass es mit den Türken in Krieg verwickelt würde, so würde es leicht ohne alle Hilfe seiner Alliirten zurecht kommen, weil diese Nationen Vor sich selbst im Stande sind, das ganze ottomanische Reich zu erschüttern, welches aus den Thaten des berühmten Skanderbeg162-3 zu sehen sehr leicht ist, der doch nur einige Theile Albaniens und Epirus beherrscht hat und sich doch der ganzen türkischen Macht entgegensetzen konnte, und von welchem alle Historien einstimmig sagen, dass, wenn er von den christlichen Fürsten nur eine kleine Hilfe bekommen hätte, er im Stande gewesen wäre, den Türken damals aus ganz Europa zu jagen.
„In dieser Absicht würde es nicht ohne Nutzen sein, eine besondre gewisse Person zu bestimmen, die in Affairen treu ist, ihr das erforderliche dazu zu geben, welche von hier gute Empfehlungsschreiben bekommen könnte in diese benannte Länder, die in eine genaue Verbindung treten möchte mit allen diesen Nationen, die unter der Türken Botmässigkeit stehen, und einigen andern Herren, die mit uns eines Glaubens und einer Sprache sind und gegen Russland eine unbeschreibliche Ergebenheit haben.
<163>„Hiermit habe ich Ew. Hochgräfl. Excellenz ausführlich und unterthänigst berichtet, was vor ein grosser Vortheil vor Russland aus der Connexion mit diesen überaus tapferen Nationen entstehen könnte.
„Der Ruhm, der dem Namen Ew. Excellenz dadurch zuwachsen wird, wird auf die spätsten Nachkommen von Kind zu Kindeskindern unvergesslich bleiben. Ich bitte um gnädige Vergebung und wünsche alles hohe Wohlergehn, der ich die Ehre habe, mit der tiefsten Hochachtung zu verbleiben, gnädigster Herr, Ew. Hochgräflichen Excellenz unterthänigster und allergehorsamster Diener
Wien, 16./27. Februar 1759.
Paul Lewaszow.“
Das Original von diesem Briefe ist in unsern Händen.
Ich habe zwar von Euch nunmehro in vielen Monaten nicht die allergeringste Nachricht von Euch gehabt, Ich kann auch nicht wissen, ob Euch die verschiedene Briefe, Duplicata und Nachrichten, so Ich unter guten Couverten theils über Amsterdam, theils über Venedig nach der gewöhnlichen Aufschrift gehen lassen, Euch zugekommen seind, noch weniger habe Ich einige Nachrichten, mit was vor Success Eure Negociation gehet und ob Ihr Hoffnung habet, was auszurichten oder nicht. So habe Ich auch nicht die geringste Nachricht, ob der von Dresden aus um Weihnachten an Euch abgegangene Euch schon bekannte Expresse163-1 angekommen sei oder nicht. Um Euch vorstehendes alles aber zu schreiben, so lasse Ich dieses durch den engelschen163-2 Gesandten über Engelland gehen und hoffe, Ihr werdet solches aus den Händen von M. Porter empfangen.
Bei Erhaltung dieses Meines Schreibens werdet Ihr am besten urtheilen können, ob nach Situation derer Affairen Ihr von dem Briefe des Lewaszow zu Wien einigen Gebrauch bei der Pforte werdet machen können. Woferne Eure Actien noch einigermaassen bei derselben gut stehen, so sollte man glauben, Ihr würdet Euch durch Communication des Lewaszow'schen Briefes, mithin durch Entdeckung des darin enthaltenen Complots eine Mérite machen, die Pforte auch zugleich sehen können, was die beiden kaiserlichen Höfe vor Absichten gegen dieselbe führen, und dass, woferne sie nur erst in Teutschland freie Hände bekommen sollten, alsdenn es gewiss an die Pforte kommen und man solche zu demüthigen, wo nicht gar aus Europa zu verdrängen wird suchen und sie deshalb wird angreifen wollen.
Alles dieses aber muss Ich Eurer Einsicht und Ueberlegung überlassen.
Friderich.
Ihr werdet erachten, wie sehr Mich einmal wieder nach Berichten von Euch verlanget, und dass Ich wisse, woran Ich der dortigen Sachen wegen bin, und was Ich erwarten kann oder nicht.
Nach dem Concept.
<164>162-1 Vergl. S. 105. 112.
162-2 In der Vorlage beigefügt am Rande: „Bardia ist ein District in Bosnien, am Saustrom, grenzt an Senden und Sclavonien.“
162-3 Georg Kastriota Eskenderbeg, † 1467.
163-1 Vergl, Nr. 10660, S. 26.
163-2 So. Es ist Mitchell.