<406> durch Espions, durch Patrouillen und durch sonst alle ersinnliche Mittel zu erfahren, auf welcher Seite der Elbe der Feind seine Forces ziehen wird. Denn sollte der Feind gegen alles Mein Vermuthen sich diesseits der Elbe herüberziehen, so kann Ich ihn, den General Hülsen, allhier nicht alleine exponiren und stehen lassen, so nicht möglich ist, sondern werde gezwungen sein, andere Maassregeln nach des Feindes Mouvement zu nehmen. Sollte es aber auch sein, dass der Feind sich bornirete, die Stadt Dresden alleine stark besetzet zu lassen und mit dem ganzen Ueberrest seiner Forces über die Elbe zu gehen, so wird der General Hülsen in diesem Lager den Obristen von Linden mit 5 Bataillons und das Freibataillon, auch 300 Husaren lassen, womit die Stadt und das Retranchement gegen eine feindliche schwache Garnison genug kann besetzet bleiben. Er, der General von Hülsen, aber muss mit dem Ueberrest seines Corps über die zwei Brücken zu Mir stossen. Es muss aber kein Mouvement geschehen, ehe und bevor man nicht recht gewiss weiss, was wirklich der Feind machet; vielmehr ist dieses eine Gelegenheit, da man sich nicht übereilen, sondern mit einer zuverlässigen Gewissheit agiren muss.
Friderich.
Nach dem Concept.
12152. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE BARON DE LA MOTTE-FOUQUÉ.
Im Lager bei Meissen, 10, Juni11760.
Ich habe Eure beide Schreiben vom 5. und 6. dieses nebst allen deren Beilagen heute früh richtig erhalten.2 Ich kann darauf nicht umhin, Euch in Antwort zu geben, wie Ich aus allen darin angeführten Umständen dennoch noch nicht begreife, warum Ihr auf einmal ganz gegen Breslau zurückgelaufen seid,3 da doch nach anliegendem Originalbericht der Feind sich bei Weidenau und der Orten verschanzen und also nicht so sehr pressiren muss.
Alle drei Commandanten zu Glatz, Schweidnitz und Neisse bilden sich ein, dass nach ihren Nachrichten an Euch jeder von ihnen belagert werden wird, welches jedoch nichts ist, und will Ich allemal darauf wetten, dass es Glatz oder aber Neisse ist, so der Feind zu belagern intendiret. Ich glaube aber noch beständig, dass es auf Neisse gemünzet ist; daher Ihr Meine deshalb Euch vorhin geschriebene Präcautiones wegen des Generalmajors Le Grant4 bei Leibe nicht versäumen müsset.
Hätte der Feind eine andere Absicht als auf Neisse, wozu hätte er den grossen Convoi, so nach des Obristlieutenants d'O Nachricht über Tribau5 durch Mähren über Jägerndorf gehen soll, nöthig? Dass
1 Vom 10. Juni ein Schreiben an d'Argens in den Œuvres, Bd. 19, S. 176.
2 Die Beilagen liegen nicht mehr vor.
3 Vergl. S. 402.
4 Vergl. S. 400.
5 Böhmisch-Tribau, südostsüdl. von Wildenschwert in Böhmen.