12158. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.
Lager bei Meissen, 11. Juni 1760.
[Eichel übersendet dem Minister ein Packet mit dem Rest seiner „bisherigen Papiere, so nur von einiger Importance sein“ .]
Mich von allen diesen Papieren zu befreien, habe um so nöthiger zu sein geglaubet, als des Königs Majestät mir bereits gesaget haben, dass, wenn Dieselbe Sich im Marsch setzen würden, um dasjenige zu executiren, was Sie unter dem 6. dieses an Ew. Excellenz geschrieben haben,1 ich hier bei dem Corps von Hülsen bleiben und Dero Dépêches an mich nehmen, Deroselben aber daraus nur pur extractweise das höchst interessante und so keinen Aufschub litte, nachsenden sollte, inzwischen Sie den Kriegesrath Cöper zu den ordinären Sachen mitnehmen würden. Ich gestehe, que,2 quand le Roi aura passé l'Elbe et s'éloignera tant soit peu, et que Daun n'enverra pas de gros détachements contre le Roi, nous serons ici fortement à l'air, malgré notre camp retranché, et si les troupes de l'Empire entrent en Saxe, davon ich Ew. Excellenz morgen mehrere Nachricht schicken werde. Ich zweifele auch sehr, dass es mit der sicheren Correspondance von langer Dauer sein wird, dès que le Roi nous aura quittés.
Die Periode ist nun wohl auf das höchste gekommen, wo es biegen oder brechen muss. Laudon ist in Schlesien bei Frankenstein eingerückt und menaciret Schweidnitz, Neisse, Glatz oder Breslau. Des Prinz Heinrich Hoheit seind obligiret, Sich gegen die Russen im Marsch zu setzen. Der General Fouqué hat den Posten von Landeshut verlassen und sich übereilet gegen Breslau gezogen, also, dass die Oesterreicher Meister von dem ganzen Gebirge in Schlesien und bis an die Lausnitz [seind]. In Pommern gehet es schlecht ; die Köpfe so da seind, seind zu dergleichen nicht bastant.3 Ich gestehe, dass meine mich sonst noch nie verlassene Fermeté zuweilen zu wanken anfanget. Es äussert [sich] und kommt nichts von da, woher uns die grösseste Hülfe geschehen könnte. Die Apparence diminuiret von Tage zu Tage, und der Feind wird dreister und suchet sein Projet, so sehr gefährlich, von allen Seiten zugleich mit Vivacité auszuführen. Wenn die Nachrichten von R[exin], so mir im höchsten Vertrauen beizufügen [erlaube], gegründet wären, so wäre meine Hoffnung noch schlechter; ich muss aber dabei sagen, dass die von dem A[rnstädt]4 von einem seiner capitalen Feinde [seind], der wenig oder nichts verstehet und ein Branntweinsaufer ist.
Wenn es sich klar zeiget, dass von dortigen Orten nichts zu hoffen und keine Ruptur dieses Jahr geschiehet, alsdenn haben des Königs Majestät schon befohlen, dass gewisse durch Herr Schickler auf sichere Wechselplätze gestellete Summen nur sogleich wieder retiriret und eingezogen werden sollen. Ich schreibe dieses nur deshalb, weil ich nicht wissen kann, ob ich zu der Zeit, wenn dergleichen Nachricht einläufet, auch in der Situation sein werde, solches sogleich besorgen zu können, welches Ew. Excellenz sodann wohl übernehmen würden.
Sogleich bringt mir der Courier Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 10. dieses. Ich lasse das Postscriptum sogleich [de]chiffriren. Es ist nicht möglich gewesen, dass der König die Évènements abwarten können; der Hasard ist zu gross, die considerablesten Plätze zu verlieren und en suite alle Forces zusammen gegen sich reuniret zu sehen. Das Portrait betreffend, so wird Ew. Excellenz Sentiment wegen der Krone und wegzulassendem Hut ohnfehlbar das beste sein. Ich wünsche nur, dass es nicht vergebene Arbeit sein möge. Alles übrige muss auf morgen reserviren, weil meine Dragoner marschiren möchten, und mich nur noch ganz gehorsamst zu gnädigem Andenken empfehlen.
Eichel.
Auszug aus der Ausfertigung.
1 Vergl. Nr. 12138.
2 Die französischen Stellen waren chiffrirt. Vergl. S. 366. Anm. 1.
3 Vergl. S. 404. 405.
4 Vergl. S. 216.