12090. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

Lager bei Meissen, 19. Mai 1760.

Nachdem Ich noch erwogen, wie dass, wenn auch der Tractat zwischen Mir und der Pforte gezeichnet worden, es alsdann nach der Neigung des Grossvezier, so Ihr in Eurem letztern Schreiben354-2 berühret habet, leicht geschehen könnte, dass die Türken alsdenn die Reise nach Adrianopel und ihre Operationes wirklich anzufangen von neuem daran accrochireten, dass sie zuvorderst Meine Ratification des Tractats abwarten müssten, und dann dieser Prätext so plausibel ist, dass, wenn er gebrauchet würde, man alsdenn mit Grunde nichts dagegen sagen könnte, worüber aber und ehe Euer Courier herkäme und mit dem Ratificationsinstrument wieder zurück sein könnte, zum wenigsten eine Zeit von dritthalb Monat verstrichen sein würde, so habe Ich die Resolution gefasset, Euch nur sogleich mit diesem Courier auch das in gewöhnlicher Form ausgefertigte Ratificationsinstrument mit angehängetem grossen Siegel, wie es alles sein muss, hierbei mit zuzufertigen.

Sobald also der Tractat gezeichnet und die Auswechselung derer beiden Exemplare desselben geschehen sein wird, Ihr auch von denen<355> Türken die Uebersetzung davon erhalten haben werdet, so ist in dem Original des Ratificationsinstrument so viel Platz in blanco gelassen worden, dass Ihr dorten gleich die Uebersetzung des Tractats in solchem hereinschreiben lassen könnet, und zwar so, dass es ohngefähr das ledige Spatium dadurch ausfüllet. Deshalb Ihr Euch nur gleich bemühen müsset, jemanden in Konstantinopel aufzufinden, der eine gute lateinische, französische oder italienische Hand schreibet, so derjenigen, die das Ratificationsinstrument geschrieben, ziemlich gleich kommet, um selbigen nach gezeichnetem Tractat gleich bei der Hand zu haben; dabei Ihr dahin selbst das Auge haben müsset, dass alles mit der allergrössesten Accuratesse geschrieben, nichts ausgelassen, noch ein Wort verstümmelt oder etwas darin radiret, noch verschrieben oder drüber geschrieben werde, als welches alles essentielle Stücke sein, so wohl zu beobachten. Ihr findet in dem Ratificationsinstrument selbst ein teutsches Promemoria, so Euch alle Anleitung giebet, was bei Inserirung des Tractats in dem Originalratificationsinstrument wohl zu beobachten ist, so Ihr Euch zur Instruction deshalb dienen lassen und genau beobachten müsset. Wenn also das originale Ratificationsinstrument dergestalt ganz fertig ist, alsdenn habt Ihr dem Grossvezier zu melden, dass Ihr bereits solches in Händen hättet und bereit wäret, sobald das Ratificationsinstrument türkischerseits fertig, solches mit der Ratification der Pforte auszuwechseln, wozu Ihr dann einen Tag und Ort zu determiniren bitten müsset und die Auswechselung alsdenn gleich geschehen kann, wenn gewöhnlicher Maassen beide Exemplaria gegen einander collationiret worden. Dieses wird um so füglicher geschehen können, weil in den Tractat ordinaire die Worte gesetzet zu werden [pflegen] : Die Ratification soll in so viel Tagen, nota bene, oder wo möglich noch eher geschehen. Es kann auch solches nicht hindern, wenn man Euch das Dubium machen wollte, dass Ihr die Ratification dergestalt eher hättet, als Ich den Tractat selbst sehen können, auf welchen Fall Ihr solches mit der grossen Étendue Eurer habenden Pleinspouvoirs und Instructionen ablehnen könnet. Treibet also sehr darauf, dass die Sache auf das allerbestmöglichste berichtiget werde und dass alsdenn die Operationes derer Türken gleich darauf frisch geschehen, und sparet zu dem Ende weder Mühe noch Geld. Sobald die Auswechselung der Ratification geschehen, so müsset Ihr Mir, wo nicht das Originalratificationsinstrument selbst, doch eine accurate Abschrift von allem mit einem sicheren Courier cito schicken und solches mit Eurem Bericht begleiten.

Friderich.355-1

Nach dem Concept.

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354-2 Vergl. Nr. 12088.

355-1 Gleichzeitig wird an Rexin ein Duplicat des königlichen Schreibens vom 10. Mai (Nr. 12072) übersandt.