12227. AN DEN ETATSMINISTER FREIHERRN VON SCHLABRENDORFF IN BRESLAU.

Gross-Dobritz, 29. Juni 1760.

Soli et secret. Den Einhalt Eures Berichtes vom 25. dieses habe Ich ersehen und bin Ich, was Eure Sachen daraus angehet, von solchem sehr zufrieden gewesen. In jetzigen Umständen dorten neuerliche Arrangements zu machen, wird die Zeit dazu wegen der Umstände wohl nicht vergönnen, sondern ein jeder ehrlicher, rechtschaffener Mann recht die Ohren steif halten und sich den Kopf nicht umdrehen lassen müssen. Indessen ist der erste Punkt vorerst, dass, wie Ich in Meinen vorigen Schreiben schon befohlen,469-2 dass der Generalmajor von Tauentzien den Generalmajor von Ziethen mit allem, was dieser nur von Truppen,469-3 auch Husaren bei sich hat, nach Breslau ziehe, da dann doch 8 Bataillons da seind, mit welchen es schon angehet. Die zweite Hauptmesure, so ohnverzüglich zu nehmen, ist, dass die 1000 Mann, so von dem Fouquéschen Corps übrig geblieben und mit dem Major Augustin vom Wernerschen Husarenregiment nach Schweidnitz zurückgekommen, sogleich und ohnverzüglich nach Glogau geschicket werden, um die Garnison zu verstärken, wo sie höchst nöthig seind, indem dorten vorerst zu wenig Garnison ist und wenigstens noch gleich ein bis zwo Bataillons hin müssen, wozu gedachte 1000 Mann am füglichsten zu employiren.469-4 Das übrige, auch die Husaren bleiben zu Breslau. Der<470> Generalmajor von Tauentzien, auf dessen Fermeté und Bravour, auch Intelligence Ich Mich besonders in dieser Gelegenheit verlasse, muss dieses alles wohl disponiren, dem Ihr auch diesen Brief lesen lassen sollet, weil Ich jetzt in Ermangelung eines Chiffre mit ihm an denselben nicht Selbst schreiben kann. Was dort von neugegossenen Kanonen fertig ist, müsset Ihr nur gleich mit allem equipiren lassen und so parat halten, dass, wenn Ich es fordere, Ich sie sogleich bekommen kann; welches Tauentzien auch mit besorgen muss.

Was die Kassengelder anbetrifft, da wird es schwer sein, was davon baar, ohne Risico zu transportiren. Wenn Ihr 300 000 Rthlr. baar dorten behaltet, so ist [dieses] alles, was Ihr nöthig habet; alles übrige sollet Ihr suchen durch die Münzjudens oder auch durch Kaufleute durch Wechsel an den Geheimen Rath Koppen nach Berlin zu übermachen. Ich habe vorlängst schon aus Besorgung der Umstände, so arriviren können, nicht gewollt, dass Ihr viel baares Geld dort behalten sollet, und hättet Ihr solches gleich besser befolgen sollen. Nun müsset Ihr sehen, wie Ihr es noch durch Wechsel an Köppen zwingen könnet.

Wenn zwischen heute und dem 2. Julius nicht eine grosse Veränderung in denen Sachen vorgehet, so werde Ich denselben Tag von hier aufbrechen. Ich weiss, dass Daun Mir folgen wird; also werde Ich alles anwenden, um, wo es einigermaassen möglich ist, es unterwegens mit ihm zu einer Action zu bringen. Wann keine Verhinderung darzwischen kommt, so kann Ich in acht Tagen dort in Schlesien sein; weil aber es hier auf einer Bataille ankommt, so wird es wohl langsamer gehen. Ich kann Euch bei diesen Umständen nichts positives schreiben, inzwischen bin Ich hier mit allem nöthigen auf drei Wochen versehen. Treffe Ich Daun auf dem Marsch an und bringe [es] zu einer Bataille, so werde Ich, wenn es glücklich gehet, diesen so weit verfolgen, als es die Umstände und die Möglichkeit nur immer werden zulassen wollen ; bin Ich aber unglücklich, da Gott vor sei, werde Ich nicht vom Fleck gehen, sondern ohngefähr gleiches Sort wie Fouqué haben. Gehet es aber gut, so werde Ich, wenn Ich mit dem Daun fertig, und alles gethan, was wird geschehen können, Mich gegen Schlesien wenden. Den Ort, wohin Ich alsdann eigentlich kommen werde, kann Ich Euch nicht positiv sagen; Ich muss Mich auf die Umstände richten, welche Ich vor Mich habe. Woferne Ich Mich mit Daun nicht schlagen kann und Ich sehe, dass er Mich doch folget, so werde Ich Mich mit Meiner Armee in der Gegend von Schweidnitz hinziehen. Weil Ich Euch keine Route vorschreiben kann, welche Ich nehmen werde, so habt Ihr ohngefähr von der Gegend Sagan und so herunter bis über Löwenberg gewisse vertraute Leute verkleidet, auch nur schlechte Leute zu bestellen, die Mir, nur jedoch auch zuverlässig, sagen können, was der Feind thut und machet; zum Exempel: Laudon belagert Glatz, er stehet da und da, man schätzt ihm so und so stark, er hat [da] und da Posten, [und] was dergleichen mehr, damit Ich weiss, wornach Ich Mich richten<471> kann. Ich habe vor Meine Armee die baare Verpflegung bis inclusive den Monat November bei Mir, also dürfet Ihr davor gar nicht sorgen. Sollten Briefe aus der Türkei kommen, so könnet Ihr Mir solche durch verkleidete und verstellte Personen cito gegen die Grenze und dahin, wo Ich etwa sein werde, schicken.

Woferne Ich den Daun gar nicht ankommen kann, so werde Ich den 9. Julius auf den schlesischen Grenzen sein; den Ort dazu kann Ich nicht eigentlich nennen: zwischen Naumburg am Queiss, zwischen Naumburg und Sagan und vielleicht gar zwischen Schmottseifen. Komme Ich nach Schlesien, so werde Ich die Bataillons, so noch unter Ziethen vom Fouqué übrig geblieben, auch vielleicht was aus Glogau oder sonst, nachdem die Umstände sein werden, an Mich ziehen; alsdann obgedachte neue Kanonen von Tauentzien besorgt und ganz fertig und völlig equipiret [und] parat sein müssen.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin.



469-2 Vergl. Nr. 12214.

469-3 D. h. Infanterie.

469-4 Dem Major von Lichnowsky in Glogau wird, Gross-Dobritz 28. Juni, für seinen Bericht vom 25. gedankt. Eigenhändig fügt der König hinzu: „Auf meine Order schreibe Er an Tauentzien, dass er von Fouqueten sein Corps so bald als möglich 1 Bataillon nach Glogau schicken soll.“ [Berlin. Generalstabsarchiv.]