12271. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Hauptquartier Gruna, 20. Juli 1760.

... Die in meinem gestrigen Schreiben an Ew. Excellenz gemeldete Incendie der Stadt Dresden hat seit gestern und noch bis diesen Moment dergestalt zu- und überhand genommen, dass auch die Landleute und diejenigen, so diese unglückliche Stadt besser als wie ich kennen, gewiss versichern, dass solche einmüthig versichern, wie ausser dem Rest des Kreuzkirchenthurms, des Schlosses und der Liebfrauenkirchen alles im Feuer stehe und zu einem Steinhaufen werde, mithin diese schöne Stadt ein gleiches Sort wie Küstrin507-3 habe. Da des Königs Majestät die Attaque auf der Seite der Neustadt jenseits der Elbe aufgehoben und des dort commandirenden Generallieutenant Herzog von Holstein-Gottorp Durchlaucht an Sich gezogen haben, so gehen die unglücklichen Einwohner der Stadt Dresden durch die auch sehr beschädigte Neustadt beständighin in grosser Menge zu Fuss, zu Pferde und in Wagens, so gut sie können, auf das Land, um sich daselbst zu soulagiren. Die Hitze von der an allen Orten sich zeigenden Feuersbrunst soll so heftig sein, dass auch die Garnison mit allem Herausschiessen aufgehöret hat und man noch nicht weiss, was solche vor eine Partie nehmen wird. Von der Stadt ist wenig wie Feuer und Rauch, und ausser obigen Thürmen einige noch stehende Häuser am Seethore zu sehen. Sollte die Stadt, wie Kunstverständige versichern wollen, in ein paar Tage, daferne nicht etwa der Feind eine generale Affaire engagiret, übergehen müssen, so besorge ich, dass man nichts als Décombres darin finden werde, denn die mehristen Einwohner solche, wie gedacht, verlassen und die Garnison alsdenn ein gleiches thun dörfte, woran sie jetzo nicht wohl zu behindern stehet. Ein Te Deum darin würde alsdenn eine traurige Contraste geben.

Heute früh um 3 Uhr hatten wir in dem Hauptquartiere einen Allarm, indem ein Vorpost von ohngefähr 400 Husaren, der aber auch nicht viel über eine Viertel<508>meile vom feindlichen Lager gestanden haben soll, auf einmal von einem sehr starken Trupp von Huhlanen, Husaren und Dragoner aus dem feindlichen Lager attaquiret und bis an die grosse Wacht wegen der sehr grossen Ueberlegenheit poussiret ward. Bei gedachter grossen Wacht und durch ein paar Escadrons des Piquets aber ward gedachter Trupp vom Feinde gleich wieder mit Verlust zurückgejaget, und da obgedachte Husaren sich gleich wieder setzten, von solchen wieder bis gegen feindliches Lager verfolget. Das beste hierbei ist, dass die Husaren unsererseits bei dieser Sache nicht mehr als ohngefähr 6 Todten und Blessirten zusammen hatten.

Bald nachher schiene es, als ob der Feind eine generale Affaire engagiren wollte; des Königs Majestät setzten dahero Dero Armee en ordre de bataille und erwarteten des Feindes nähere Mouvements. Es verzog sich über alles wieder und gegen 11 Uhr campirete solche wie vorhin.

Man sagt, dass Daun heute über die Elbe diesseits gehe; wenn es an dem, so wäre es eine Marque, dass er morgen auf des Königs Majestät etwas tentiren wolle, welches dann abzuwarten stehet. Einige sonst capable Husarenofficiers, die den Feind recognosciren, wollen versichern, dass Daun wenigstens bis dato noch gar nicht da wäre, sondern noch in Schlesien bei Löwenberg stehe. Ich bin nicht capabel von diesem Paradoxo zu urtheilen.

Ew. Excellenz pardonniren vor dieses Mal meiner Gazette. Die so verschiedene vor mich und meine Jahre vorfallende Unruhe [und] Fatiguen fallen mir nunmehro fast zu schwer und zu accablant, dass ich solche schwerlich mehr souteniren können, sondern ohnerachtet alles meines guten Willens werde succombiren müssen. Dero gracieuses Andenken und Wohlwollen ist noch meine besondere Consolation, zu welchen mich noch weiter respectueusest empfehle.

Eichel

Die gestern gegebene Nachricht von einem Trompeter, so der Generallieutenant von Wedell an den feindlichen Commandanten in Dresden geschicket haben solle, ist prämaturiret gewesen.

Nach der Ausfertigung.



507-3 Vergl. Schäfer a. a. O. Bd. II Thl. 1. S. 83. 84.