12379. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON TRESKOW, COMMANDANTEN VON NEISSE.

Hauptquartier Dittmannsdorf, 24. September 1760.

Was Ich Euch nachstehend in diesem Meinem Schreiben bekannt mache, ist von solcher Importance und erfordert in Égard Meiner eigentlichen und wahren Absicht ein solches impenetrables Secret, dass Ich Euch zuvorderst, ob Ich Euch schon vor einen Mir treu und rechtschaffen dienenden Mann ästimire, Euch dennoch auf Pflicht, Ehre und Reputation aufgeben muss, Mir davon das reineste und ohnverbrüchlichste Geheimniss zu halten, so lieb Euch Eure Ehre und Gewissen ist; wie Ihr dann auch wegen desjenigen, so Ihr zum Dechiffriren dieses Meines Briefes gebrauchet, solche Mesures und Précautions nehmen müsset, dass Ihr von dessen Discretion und dem exactesten Geheimniss versichert sein und Mir davor responsable bleiben könnet.

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Ich schicke nämlich ein Detachement, so an sich nicht stark ist, von hier ab, welches aber vor stark, als nämlich vor 14 Bataillons und 30 Escadrons, ausgegeben werden muss. Ich werde solches zwei Märsche thun lassen, als den einen gegen Nimptsch, den andern gegen Münsterberg, als wann solches Detachement bei Ottmachau über die Neisse [gehen] und den geraden Weg nach Mähren nehmen sollte. Damit dieses um so mehr Wahrscheinlichkeit bekomme und das Ansehen habe, als ob man was rechtes unternehmen wolle, so sollet Ihr, jedoch mit einem affectirten grossen Geheimniss, zu Neisse einen Train d'artillerie von 10 bis 15 zwölfpfündigen Canons und 6 Mortiers präpariren lassen, als wann solche zu einer geheimen Expedition gebraucht werden sollten. In gleicher Absicht sollet Ihr auch ein paar Bataillons und die dortige Escadron Dragoner aus der dortigen Garnison so parat halten, als wann solche zu dem Detachement mit stossen sollten; auch bei der Bäckerei dorten solche Anstalten machen, als ob bei solcher ein starker Vorrath von Brod gebacken werden sollte, und was noch andere dergleichen wahrscheinliche Ostentationes mehr seind.

Indess müsset Ihr das alles mit dem grossesten Geheimniss und mit solcher Discretion tractiren, auf dass es alles sehr wahrscheinlich aussiehet, damit die dortige römisch-katholische denen Oesterreichern ergebene Leute um so eher denen Oesterreichern davon Nachricht geben. Ich gedenke, als welches das wahre und grösseste Secret vor Euch in dieser Sache ist, dass dieses die Oesterreicher obligiren wird, vielleicht ein grosses Detachement nach Mähren zu machen, um da[s] zu decken, und Ich also hier Luft bekommen werde, um an einem oder andern Ort mehr Terrain im Gebirge zu gewinnen. Ihr müsset aber alles Eures Ortes sehr geheim tractiren und Euch darunter überall so discret dirigiren, dass alles ein Ansehen von der grössesten Wahrscheinlichkeit äusserlich habe und Ich mithin meinen Endzweck erreiche und dem Feind dadurch imponiren könne.

Ich habe das Vertrauen zu Euch, als einem rechtschaffnen treuen Officier, Ihr werdet Euch alles bestens recommandirt sein lassen, von Meiner wahren Absicht und Vorhaben aber ein absolut impenetrables Geheimniss halten.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin.