957. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Von dem Cabinetssecretär.

Potsdam, 15. August 1742.

Ueber die von dem russischen Gesandten geforderte Abberufung Mardefelds aus Moskau252-1 sind „Se. Königl. Majestät nicht wenig betreten gewesen und in besondere Verlegenheit gesetzet worden. Sie glauben vollenkommen, dass dieses von Chétardie tramiret worden, welcher nach seiner Abreise von Moskau nicht gern einen preussischen Minister am russischen Hofe sehen will, dessen Penetration und Geschicklichkeit ihm nicht ohnbekannt sein könne. Se. Königl. Majestät sehen hierbei wohl ab, dass es nicht thunlich sei, einen Minister daselbst zu lassen, welcher dem Hofe nicht angenehm; Sie können Sich aber zugleich noch nicht entschliessen, denselben zu rapelliren, ohne einen Versuch gethan zu haben, ob die Sache nicht zu redressiren sei. Sie haben mir dahero <253>befohlen, Ew. Excellenz zu melden, dass Dieselbe mit der Antwort an den Graf Tschernyschew so lange als es möglich wäre trainiren möchten, unter dem Vorwande, des Königs Majestät wären nunmehro im Begriff, Sich zu der vorhabenden Brunnenkur zu präpariren, und hätten daher befohlen, Deroselben von keinen Affairen weiter zu sprechen oder zu schreiben, bis Sie solche Kur absolviret, und zurückgekommen sein würden, inzwischen man die von Ew. Excellenz vorgeschlagene Tentative253-1 thun möchte .... Ich habe auch . . . mit dem Herrn Geheimen Rath von Vockerodt sprechen müssen, dass derselbe an den in Königlichen Diensten nunmehro stehenden Oberstlieutenant Lestocq schreiben möchte, um durch solchen den russischen Geheimen Rath Lestocq auf andere Gedanken zu bringen; gedachter Herr Geheimer Rath Vockerodt haben solches von keinem sonderlichen Nutzen, sondern vielmehr vor convenabler gefunden, selbst an letztgedachten Geheimen Rath Lestocq zu schreiben;“ der König ist damit zufrieden. Falls es nicht möglich, Mardefeld auf seinem Posten zu lassen, „so gehet Sr. Königl. Majestät Absicht dahin, gedachten Herrn von Mardefeld wiederum an dem wienerschen Hof zu employiren, dahergegen den Herrn Geheimen Rath Vockerodt etwa zu baronisiren und solchen wiederum nach Russland zu schicken, wovon ich mich aber gegen ermeldeten Herrn Geheimen Rath von Vockerodt, als denselben gestern gesprochen, nicht das allergeringste geäussert noch merken lassen“ ....

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.



252-1 Podewils hatte am 13. August berichtet: „Le comte de Tschernyschew vint cette après-midi chez moi, et après avoir parlé des nouvelles du temps, il me dit que, connue ci-devant Votre Majesté avait insisté, sur le rappel de feu baron de Brackel (vergl. Bd. I S. 401), l'Impératrice se flattait qu'Elle ne trouverait pas mauvais, si elle Lui faisait la même demande à présent, pour vouloir bien envoyer à la place du baron de Mardefeld un autre ministre à sa cour.“

253-1 Der Versuch einer Einwirkung auf den russischen Hof durch Lestocq.