12644. AN DEN GENERALLIEUTENANT FREIHERRN VON DER GOLTZ.
Leipzig, 26. Januar198-1 1761.
Ich bediene Mich der Gelegenheit, um Euch nachstehende Meine Gedanken und was Ich jetzt von denen Operationen des Feindes präsumire, ganz im Vertrauen zu eröffnen. Und zwar seind die Oesterreicher jetzt beschäftiget, ihren Operationsplan zu machen. Ihr werdet sehr wohl begreifen, dass Ich Euch bis dato ohnmöglich sagen kann, was Ich thun will, weilen Ich noch nicht weiss, was der Feind wird thun wollen. Demohnerachtet aber man letzteres noch nicht ganz zuverlässig und klar weiss, so kann man doch vorläufig wohl sehen, dass des Feindes grösseste Attention auf Schlesien gerichtet sein und derselbe seine Stärkeste Forces dahin wenden werde. Ich glaube, dass die Russen entweder auf Colberg oder Breslau gehen, und dass das Dessein von Laudon sein werde Cosel zu belagern, und dass mithin man alsdenn nothwendig eine Armee gegen die Russen wird haben müssen. Daun aber dürfte sich alsdenn dorten in das schlesische Gebirge an einem oder andern Orte setzen, um uns dadurch zu verhindern, dem Laudon zu Halse zu gehen und von Cosel wegzujagen.
Es würde sehr schwer sein, jetzo schon alles das zu sagen, was man alles bei solcher Gelegenheit zu thun habe; dann es darunter wieder vornehmlich und alles darauf ankommen würde, zu wissen, ob Ich zeitig genug oder nicht würde nach Schlesien kommen können, ehe und bevor die Russen schon in der Nähe von Breslau sein dörften. Inzwischen sehe Ich so viel vor gewiss ein, dass die erste und vernehmlichste Sache vor Euch sein werde — weil Ich es vor gar ohnmöglich von Euch ansehe, das Gebirge zu souteniren —, dass, woferne Ihr nicht forciret werdet, wegen der Russen nach Breslau zu gehen, Ihr nur den schönen Posten beim Zobtenberg nehmet. Wenn es möglich wäre, dass wir zusammenstossen, und alsdann zusammen agiren könnten,<199> so würde uns solches das allervortheilhafteste sein; Ich sehe aber wohl ein, wie solches wegen der Menge des Feindes ohnmöglich sein werde, dann gar zu sehr viel in Schlesien, als Breslau und dergleichen mehr, zu decken, als dass es uns nicht an ein- oder andern Orten an Truppen fehlen sollte, welche dem Feind nur einigermaassen resistiren könnten.
Alles dasjenige, was Ich Euch vor jetzo darüber schreiben kann, seind noch confuse und creuse Gedanken, da Ich noch zur Zeit noch nichts von des Feindes Plan weiss, noch einiges Fundament deshalb habe, mithin alles bei Mir noch unreife Gedanken seind. Das einzige also, so Ich Euch positive schreiben kann, ist dieses, dass Ihr die Armee menagiren und en entier conserviren müsset, damit solche nicht etwa einen Échec gelitten habe, wenn Ich Selbst hinkomme.
Dieses ist das vornehmste, so Ich Euch jetzo sagen kann. Wenn Euch der Generalmajor von Grant dieses Mein Schreiben einhändigen wird, so wird er Euch mündlich sagen können, was Ich darüber noch mehr gesprochen. Indessen ist bis dato nichts anderes zu thun, als dass Ihr allen ersinnlichen Fleiss anwendet und mit aller Gewalt darauf arbeitet, um die sämmtlichen Regimenter dort zu completiren, so viel es nur immer in der Welt möglich sein wird.
Friderich.
Nach der Ausfertigung.
198-1 Am 25. Januar wird dem General Goltz geschrieben, „dass, so viel die obstinaten und rebellischen Unterthanen in Oberschlesien, es sei sowohl von dasiger Noblesse als Landvolk, anbetrifft, so dem Obristen von Thadden (vergl. S. 181), ohnerachtet der ihnen eingelegten Execution, aus Malice und Bosheit weder an Contribution noch Fourage das geringste abliefern wollen, Ihr solche recht rigoureus strafen lassen und die obstinateste davon nach Breslau an die dortige Oberamtsregierung schicken sollet, damit ihnen daselbst ein rigoureuser Procès gemachet und solche nach aller rechtlichen Schärfe bestrafet werden müssen; welche Meine Willensmeinung Ihr dann auch von Meinetwegen und in Meinem Namen gedachter Oberamtsregierung, dass diese Processe gut und kurz abgethan werden müssen, schriftlich bekannt machen sollet.“ Der General erhält ferner Weisungen für den Ersatz einzelner Regimenter. „Wegen derer dem Grenadierbataillon von Koschenbahr gänzlich fehlenden Officiers“ habe der König seinem Generaladjutanten Krusemarck aufgetragen, „so viel Officiers als nur möglich, auch von auswärtigen Diensten, so gut sie sein können, zusammen[zu]bringen“ , „denn von denen hiesigen Regimentern Officiers zu solchem dorthin zu schicken, ist ganz ohnmöglich, weil uns alles dazu fehlet“ .