12874. INSTRUCTION FÜR DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FRIEDRICH EUGEN VON WÜRTTEMBERG.380-1
Hauptquartier Thiemendorf in Schlesien, 10. Mai 1761.
Se. Königl. Majestät beziehen Sich zuvorderst auf Dero des Generallieutenant Prinz von Württemberg Liebden vorhin schon gegebene Ordres, nach welchen Dieselbe mit Dero Generallieutenant von Werner eine beständige Correspondance wegen der Unternehmungen derer Russen zu unterhalten haben, auch auf das erstere Avertissement nurgedachten Generallieutenant von Werner von einer vorseinden Entreprise derer Russen gegen Hinterpommern, Sich mit Dero unterhabendem Corps dahin ziehen sollen, um die Russen bei ihrer etwa vorhabenden Unternehmung auf Colberg zu präveniren.
Es müssen dannenhero und solchenfalls gedachte Se. Liebden Sich alsdenn in das bei Colberg retranchirte Lager, welches der Generallieutenant von Werner auszusuchen und wohl retranchiren zu lassen die Ordre hat, setzen, um die Russen dadurch zu verhindern, dass sie die Belagerung von Colberg weder unternehmen, noch sonsten dorten etwas ausrichten können.
Se. Königl. Majestät werden auch Dero Generallieutenant von Goltz mit einem besondern Corps nach der Gegend von Glogau oder sonst der Orten weiter hin detachiren, welcher sich nach denen Bewegungen der russischen Armee zu richten bereits instruiret ist,380-2 so dass, es sei nun, dass sich die grösseste Force derer Russen nach Colberg oder aber nach Glogau wenden wollte, er sich allemal dahin wenden soll, wohin die Gefahr am grössesten und die Hülfe am nöthigsten ist.
Es können die Russen bei Eröffnung ihrer Campagne vier differente Projects haben: nämlich entweder mit ihrer grössesten Force gegen Colberg zu gehen, um eine Belagerung dieses Ortes unternehmen zu wollen; auf welchen Fall der Generallieutenant von Goltz seine Instruction hat, sogleich mit seinem Corps nach Hinterpommern zu marschiren und sich mit des Prinzen Eugen Liebden zu conjungiren, um nebst Deroselben in das retranchirte Lager bei Colberg und sonsten den Feind abzuhalten gegen diesen Ort eine Belagerung vorzunehmen, noch auch überall dort etwas ausrichten zu können. Dieses ist der erste Cas, so arriviren kann, und deshalb Ew. Liebden, so wie der Generallieutenant von Werner die nöthige Correspondance und erforderlichen Falls en chiffres mit dem Generallieutenant von Goltz zu unterhalten haben.
<381>Der zweite Cas kann sein, dass die Russen sich mit ihrer grossesten Force nach Schlesien gegen Glogau ziehen, und wegen Colberg nur eine Demonstration machen, nämlich, dass sie mit einem Corps gegen Colberg, mit dem andern und Stärkesten aber gegen Schlesien und gegen Glogau gehen. Es ist dieses apparentlich, da die Russen von Dirschau an bis nach Posen Magazins formiren. Auf solchen Fall werden des Prinzen von Württemberg Liebden Colberg decken, der Generallieutenant von Goltz aber ist bereits beordert, wegen Glogau alsdenn das gehörige in Conformité seiner Instruction zu beobachten.
Das dritte Project derer Russen kann sein, in Schlesien noch weiter als auf Glogau vordringen zu wollen. Auch auf solchen Fall ist gedachter Generallieutenant von Goltz auch schon wegen seines Verhaltens instruirt.
Man hat währendem diesem Kriege aus der Erfahrung gesehen, dass die Russen niemals was unternommen, wo sie nicht von denen Oesterreichern unterstützet worden seind; Se. Königl. Majestät halten also davor, dass das Signal derer Operationen von denen Russen sein dürfte, wenn der österreichische Feldmarschall Daun aus Sachsen nach denen schlesischen Grenzen marschiren wird. Auf welchen Fall des Prinzen Heinrich Liebden ihn, nach Dero von Sr. Königl. Majestät habenden Instruction,381-1 cotoyiren werden.
Sollte also alsdenn das Project derer Russen sein, gegen Colberg und gegen Glogau nur Demonstrationes zu machen, dagegen aber mit ihrer grossesten Force in die Mark eindringen zu wollen, so seind gedachtes Prinz Heinrich Liebden beordert, Sich dem Feinde alsdenn zu opponiren, und zu dem Ende sowohl des Prinzen Eugen von Württemberg Liebden mit Dero Corps, als auch den General von Goltz mit dem seinigen an Sich zu ziehen, sich mit solchen zu conjungiren, um Sich nach Erforderniss derer Umstände und Vorfalle dem Feinde um so nachdrücklicher zu widersetzen.
Auf diesen Fall seind also des Prinzen Heinrich Liebden von Sr. Königl. Majestät autorisiret, des Generallieutenant Prinzen von Württemberg Liebden sowohl als den Generallieutenant von Goltz mit ihren unterhabenden Corps an Sich zu ziehen, dannenhero auch nurgedachtes Prinzen Eugen Liebden Sich Dero Ortes nach denen Briefen gedachtes Prinz Heinrich Hoheit zu achten und Sich Deroselben Ordres zu conformiren haben, so dass Erstere auf Dero Verlangen alsofort zu Deroselben stossen werden, wie solches alsdenn auch von dem Goltzischen Corps geschehen wird.
Mehrgedachtes Generallieutenant des Prinz Eugen von Württemberg Liebden werden Sich also nach vorstehender Sr. Königl. Majestät Instruction in allen Stücken zu achten, und solche nach Dero Eifer und Dextérité vor Höchstderoselben Dienst auf das beste zu befolgen haben.
Friderich.
Nach der Ausfertigung im Königl. Haus- und Staatsarchiv zu Stuttgart.
<382>380-1 Die Berichte des Prinzen von Württemberg sind im Mai datirt vom 5. bis 15. aus Rostock, am 20. „Lager bei Ivenack“ , am 23. aus Friedland, am 25. aus Pasewalk, am 26. aus Löckenitz (südöstl. von Pasewalk), am 28. aus Stettin. — Obige Instruction wurde dem Prinzen mit einem Begleitschreiben vom 10. Mai übersandt. [Stuttgart. Haus- und Staatsarchiv.]
380-2 Die Instruction für Goltz (Nr. 12881) ist erst vom 13. Mai datirt.
381-1 Vergl. Nr. 12835. 12869.