12929. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.
Kunzendorf, 1. Juni 1761.
[Eichel bezieht sich auf die Aeusserungen des Königs an den Minister über die nach der Türkei zu sendenden Geschenke, vergl. Nr. 12928.]
Ich habe gleich anfänglich den Embarras begriffen, worin Ew. Excellenz Sich wegen gewisser Sachen befinden müssen, als deshalb weder eine Summe noch sonsten etwas determiniret worden. Der König ist mit Rexin darunter in Sentiments ganz different. Letzterer fordert noch reichere als die dänischen433-5 zu haben. Der König, der sich durch den jetzigen Tractat nicht nach Erforderniss derer Umstände geholfen<434> siehet, urtheilet, dass es genug sei, vor kupfern Geld kupferne Seelmessen zu halten. Nachdem aber nunmehro der König sich wenigstens wegen der Summe expliciret hat, so erachte ich fast, dass solche ziemlich suffisante sein dürfte.
#. . . Denen letzteren Nachrichten nach ist Tottleben den 30. Mai aus Hinterpommern aufgebrochen, um zu der grossen russischen Armee zu stossen und die Avantgarde davon zu machen und mit solcher nach der Warthe und Netze, der Gegend von Landsberg, zu marschiren. Die Jäger sowohl als Couriers, so hieher gehen, werden anfangen müssen, sich sehr nach der Sicherheit derer Wege zwischen Frankfurt und Glogau zu erkundigen, vorsichtig zu reiten und allenfalls durch besondere Wege sich durchzuschleichen. Ich adressire alle, so ich von hier abschicke, an den Major Lichnowsky. Da dem König zum höchsten daran gelegen, sobald als es möglich, informiret zu sein, was die Negociation mit dem Bussy in London für einen Train nimmt, um sich in seinen Operationen darnach dirigiren zu können, es aber geschehen möchte, dass binnen der Zeit die Wege gedachter Orten sehr unsicher würden, so dürfte es gut sein, wenn Ew. Excellenz Sich bemühen würden, zwei oder vier gute treue Leute, etwa durch den Postmeister Schmidt zu Frankfurt, zu bekommen, die derer Wege und Stege bis Glogau sehr kundig wären. [Eichel giebt weitere Rathschläge für die Sendung der Boten.]
Ich würde mich nicht unterstanden haben, Ew. Excellenz mit denen zwei Warschauer Zeitungsblättern434-1 zu incommodiren, daferne mir nicht der Einhalt davon zum höchsten übertrieben und in Égard des Prinzen Eugène von Württemberg Durchlaucht calomnieux scheinet, obschon ich weiss, dass Dieselbe hier und dar Rigueur brauchen müssen,434-2 welches aber ohnmöglich mit solchen Procédés, wie der Verfasser des Briefes anführet und wie M. Champeaux auszustreuen sich alle Mühe gegeben, geschehen sein kann. So viel kann ich wenigstens Ew. Excellenz versichern, dass die angeführete, prätendirete königliche Ordre, ni fallor, vom 24. Februar, so man noch dazu eigenhändig qualificiret, grundfalsch und fingiret ist, auch nie existirel hat, aus welchem malicieusen Umstände ich auf das übrige urtheile. Und da auch der Herr von Plotho in seinem letzteren Bericht etwas von Schrift gleiches Gelichters, wie ich ohngefähr urtheile, anführet, so von Wien nach Regensburg zum Verkauf geschicket sein soll, so weiss ich nicht, ob es nicht meritire, auf solche Lästerschriften in jetzigen Umständen, wodurch man das Publicum so grob und freventlich imponiren will, einige Attention zu haben, allenfalls solche zu Berlin öffentlich durch Büttelshände zerreissen und verbrennen zu lassen.
Der König ist in der festen Persuasion, dass die ernstliche Operationes nicht vor dem 15., 20. oder Ende dieses Monats angehen werden. Gott wolle, dass in der Zeit die Rage von denen Feinden des Königs durch ein glückliches évènement in Engelland unterbrochen werde! Das Remuement bei denen Feinden ist überall gross, und es müssen horrible Complots unter ihnen geschmiedet sein, die vermuthlich auf einmal ausbrechen sollen. Die Providenz wird solche confondiren. Ich wiederhole alle meine devoteste Wünsche vor Ew. Excellenz Wohlergehen. Ich habe gestern das 37. Jahr meiner Dienste erlebet; meine mehr und mehr in Verfall und Abnahme gehende Kräfte und Gesundheit ominiren mir, dass ich es schwerlich darin höher bringen werde. Ew. Excellenz gnädiges Andenken und Wohlwollen wird mir inzwischen allemal eine grosse Consolation sein, zu dem mich beständig empfehle.
Eichel.
Auszug aus der Ausfertigung.
<435>433-5 Beim Abschluss des dänisch-türkischen Freundschaftstractats i. J. 1756.
434-1 Liegen nicht bei.
434-2 Jedenfalls in Mecklenburg.