1717. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.
Potsdam, 8. Februar 1745.
Der König befiehlt, dem Grafen Podewils im Haag „womöglichst mit nächstabgehender Post“ zu schreiben, „dass er sehr höflich mit dem Lord Chesterfield37-2 umgehen und ihm confidemment Namens Sr. Königl. Majestät insinuiren sollte, Höchstdieselbe wären gewiss, dass er, Lord Chesterfield, sehr gute Principia hätte, weshalb des Königs Majestät nichts mehr wünscheten, als dass solchen nur allemal gefolget werden möchte; er, der Graf Podewils, sollte sehen, ob er es dadurch adroitement nicht dahin bringen könnte, dass mehrgedachter Lord sich gegen ihn völlig ouvrirte.“
Dem Grafen Beess soll geschrieben werden, „dass, wenn das sächsische Ministerium sérieux wünschte, den König, ihren Herrn, zur Kaiserwürde zu bringen, es ein préalable wäre, dass es Se. Königl. Majestät wegen Dero Stimme gewinne; daher er, der Graf Beess, gleich aus dem Betragen des Ministerii würde urtheilen können, was desselben Vues hierunter wären. Denn dächte es mit Emst daran, so würde das Ministère anfangen, ihn, den Grafen von Beess, zu cajoliren und sich ganz<38> höflich gegen ihn zu betragen etc., daher er denn nur darauf Acht haben müsste. Im übrigen sollte er de bonne gráce continuiren, mit den Ministres von der Kaiserwahl zu sprechen und ihnen mit guter Manier beständighin insinuiren, ob man sich darüber mit Mir verstehen wollte; durch dergleichen à propos zu thuende Insinuationes er vermuthlich hinter die wahren Absichten des sächsischen Hofes, wo nicht auf einmal, doch nach und nach kommen würde.
Dem Herrn Andrié haben Se. Königl. Majestät auf einliegende Relationes zu antworten befohlen, dass gleichwie er schon vorhin über alles ausführlich instruiret worden sei, also Se. Königl. Majestät nur noch dieses zufügen wollten, dass, was die Liaisons anbetreffe, welche Höchstdieselbe jetzo mit Frankreich haben, solche keine andere Engagements involvirten, als nur allein die den Kaiser und die teutschen Sachen angingen; dieses wäre die einzige Base der mit Frankreich bisher gehabten Liaisons; wegen aller übrigen Sachen hätten Se. Königl. Majestät keine Engagements mit dieser Krone, sondern hielten Sich darunter ganz passive, als über Sachen, die Höchstderoselben nichts weiter angingen und welche einem Renouement mit Engelland, wenn solches mit Sicherheit und mit Avantage vor Se. Königl. Majestät geschehen könnte, ganz nicht im Wege stehen würden; den Krieg aber an Frankreich von Seiten Sr. Königl. Majestät zu declariren, dazu fanden Höchstdieselbe keine Ursache.
Sonsten sollte der p. Andrié bei allen convenablen Gelegenheiten die ganze Schuld der bisherigen Mésentendus zwischen Engelland und Sr. Königl. Majestät auf den Lord Carteret und dessen gefährliche und weitaussehende, auch wider das wahre Interesse von Grossbritannien diamétralement anlaufende Principes werfen, als wodurch Se. Königl. Majestät gleichsam l'épée aux reins gezwungen worden wären, um Sich nicht ganz unterdrücken und Dero Feinden poings et pieds liés liefern zu lassen, Sich in die Arme von Frankreich zu werfen und Sich mit solchem Dero und der Reichssachen wegen zu verbinden. Nachdem nunmehro aber viel richtigere und gesundere Principien bei dem jetzigen wohlgesinnten Ministerio von Engelland wären, so könnte das bisherige Malentendu ganz leichtlich gehoben und eine gute Harmonie hergestellet werden; dabei es aber auf zwei Sachen ankäme:
1) Dass Se. Königl. Majestät Sich nicht von dem bairischen Hause dergestalt detachiren könnten, dass Sie solches gänzlich seinen Feinden abandonnirten, sondern dass dahero solches Haus nebst Dero andere Alliirte in Teutschland, als Pfalz, Hessen etc., mit in den zu treffenden Frieden eingeschlossen werden müsste.
2) Dass durch solchen Frieden und den Renouement mit Engelland Se. Königl. Majestät nicht ganz ohne Avantage und Dédommagement blieben, sondern Dero Interesse dabei fänden. Wegen der Sr. Königl. Majestät zu machenden Convenances nun müsste der p. Andrié sehen, nach Einhalt seiner vorigen Instruction den Bogen so hoch, als es möglich<39> wäre und es die dortigen Umstände litten, zu spannen, jedoch mit aller Prudence und dergestalt, dass der Bogen dadurch nicht bräche. Die Confidence, so Se. Königl. Majestät dem Lord Harrington gemacht hätte, dass Se. Königl. Majestät nämlich Sich mit der Kron Engelland über die Kaiserwahl zu concertiren bereit sei, würde denselben hoffentlich überzeugen, wie wohl intentionniret Sie darunter wären, nur müssten Sie auch Dero Interesse und Convenance dabei finden.
Uebrigsns sollte der p. Andrié erwägen und berichten, ob es nicht angehe, dass, wenn Se. Königl. Majestät Sich mit dem König von Engelland rapatriirten, alsdenn wie eine Nebencondition mit reguliret werden könnte, dass der König von Engelland Sr. Königl. Majestät holländische Güter kaufete. Worüber Andrié seine Sentiments und ob solches faisable oder eine chimérique Idee wäre, melden sollte.“
Eichel.
Auszug aus der Ausfertigung.
37-2 Dessen am 1. Februar erfolgte Ankunft im Haag Graf O. Podewils am 2. Februar gemeldet hatte.