2068. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU [IN DESSAU].

Hauptquartier Ober-Mittlau, 21. November 1745.

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Da Ich vernommen habe, dass Ew. Liebden noch einige präcisere Instruction über den Punkt zu haben wünschen, wie Dieselbe Sich zu verhalten hätten, daferne die sächsische Armee, durch das Corps des Generals Grünne verstärket, bei Leipzig und auf den Grenzen Meines Landes zusammen stehen bliebe, so habe Ich Deroselben darauf in Antwort zu ertheilen nicht ermangeln wollen, dass

1° Ich es zuvörderst bei allen denen Instructiones bewenden lasse, welche Ich Ew. Liebden so mündlich als schriftlich vor Meiner Abreise von Berlin ertheilet habe.

2° Bleibet es bei dem Principio, dass so lange hier und in der Lausnitz noch alles stille bleibet und die Oesterreicher nicht in die Lausnitz einmarschiren, Ew. Liebden Sich auch Dero Ortes stille halten, es wäre denn, dass die Sachsen dort bald etwas feindliches gegen Meine Lande unternehmen wollten.

3° Sobald aber die Oesterreicher in der Lausnitz einmarschiret seind, so ist nichts anderes zu thun, und erfordern es Meine Umstände und Mein Dienst absolument, dass Ew. Liebden die feindliche Armee bei Leipzig ohne weiteren Anstand attaquiren und zu schlagen suchen, wann schon der General Grünne mit seinem Corps zu den Sachsen gestossen wäre. Die Superiorität an Truppen, welche die feindliche Armee auf letzteren Fall über die Armee, so Ew. Liebden commandiren, haben kann, wird tout au plus in ohngefähr 6 Bataillons und 3 Escadrons bestehen, welche aber, wie Ich persuadiret bin, durch Bravoure Meiner Truppen und durch die gute Dispositions, so Ew. Liebden nach Dero grossen Kriegsexpérience machen werden, vollenkommen balancirt werden wird, da wir gottlob die Exempel vor uns haben, dass wir einen superieuren Feind mit einer weit geringeren Anzahl unserer Truppen geschlagen haben.

4° Weil auch verlauten will, als sollte des Feindes Project sein, dass der österreichische General Grünne mit seinem Corps einen Marsch nach der Lausnitz und so weiter nach der Churmark thun sollte, um in solche einzudringen, so zweifele Ich zwar noch an der Realität dieses Projects; sollte dieser Cas dem ohnerachtet doch geschehen, so ist Meine Intention alsdann, dass wenn der General Grünne mit seinem Corps<343> entweder nach Wittenberg oder der Gegend, oder auch nach der Lausnitz marschiren sollte, Ew. Liebden alsdann der sächsischen Armee auf den Hals gehen und solche attaquiren und schlagen sollen. Ich bin persuadiret, dass sowie Ew. Liebden deshalb ein Mouvement thun werden, die Sachsen den General Grünne bald wieder zurückkommen lassen werden; sollte aber solches auch nicht geschehen und der General Grünne separiret agiren, so sollen Ew. Liebden, sobald Sie die Sachsen bei Leipzig geschlagen, dem General Grünne sogleich folgen und attaquiren lassen. Dieses ist, was Ew. Liebden noch auf alle Fälle melden und zur Instruction geben kann. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Hier ist heute morgen noch kein Oesterreicher in der Lausnitz, die Sachsen aber stehen bei Zittau und Marklissa, bei Hirschberg seind Husaren.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.