3761. AN DEN GENERAL VON DER INFANTERIE VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

Potsdam, 19. Juli 1749.

Mein lieber General von der Infanterie von Lehwaldt. Ich finde nöthig, Euch hierdurch bekannt zu machen, dass nach Meinen heutigen Briefen aus Russland der russische Hof ohngefähr den 9. vorigen Monates einen Courier nach Stockholm gesandt haben soll, welcher dem russischen Minister allda eine Declaration des ohngefährlichen Inhalts überbringen müssen, dass nämlich die russische Kaiserin in Erwägung der critiquen und gefährlichen Umstände, worinnen Schweden sich gegenwärtig befände, und kraft derer Bündnisse, so sie mit dieser Krone hätte, hauptsächlich aber wegen der instehenden Gefahr, wovon Schweden bedrohet wäre, und auf Requisition eines Theiles der schwedischen Nation, die Resolution gefasset habe, ein Corps ihrer Truppen in Schwedisch-Finnland einrücken zu lassen, so wie sie dem Königreich Schweden in anno 1743 zu Hülfe gekommen wäre, als es dermalen von allerhand Troubles beunruhiget worden; wobei sie jedoch protestirete, dass ihre Truppen nicht als Feinde, sondern als Freunde kämen und vor ihr baares Geld leben, die allerexacteste Disciplin beobachten und niemanden molestiren sollten, und dass endlich diese Truppen aus dem schwedischen Territoire zurückgezogen werden würden, sobald die Conjoncturen eine andere Gestalt genommen haben würden.

Dieses Corps russischer Truppen soll man an 30,000 Mann ausgeben, auch intentioniret sein, einen guten Theil dererselben mit Galeeren dahin transportiren zu lassen. Ich habe um so nöthiger gefunden, Euch von diesen Umständen, jedoch ganz im Vertrauen und sonder Euch davon etwas entfallen zu lassen, zu avertiren, da, wenn diese russische Démarche, wie fast nicht zu zweifeien, realisiret werden sollte, sodann der Krieg fast ohnvermeidlich sein dörfte. Inzwischen, da wir aller Apparence nach in diesem Jahre nicht daran Theil nehmen dörften, so finde Ich auch vor der Hand noch nicht nöthig, dass Ihr, wie Euch sonsten in der Euch ertheileten geheimen Instruction22-1 aufgegeben worden, die junge Mannschaft vom Lande einziehen, noch das königsbergische Garnisonregiment zum Ablösen in denen Festungen zusammenkommen lasset oder aber sonsten einige Veränderungen mit denen dortigen Regimentern machet; vielmehr sollet Ihr noch alles in statu quo bleiben lassen und nur allein sehr vigilant sein auf alles, so in Kurland oder Livland und sonsten auf den Grenzen vorgehet, davon fleissig sichere Nachrichten einziehen und Mir solche communiciren. Was Ich sonsten weiter erfahre, werde Euch sogleich communiciren; sollte Ich auch finden, dass es weiter gehen wollte, so werde Ich Euch sofort den Capitain und Flügeladjutanten von Goltz22-2 zusenden, um Euch in allem benöthigten an die Hand zu gehen.

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Im Uebrigen danke Ich Euch vor die in Eurem Schreiben vom 15. dieses gebotene Nachrichten wegen der zu Danzig liegenden russischen Flotte; da aber das Ungewitter in diesem Jahre nicht der Orten entstehen dörfte, so habt Ihr Euch durch Kaufleute oder auch durch Leute aus Kurland, oder durch welche Ihr es sonst faisable findet, fleissig zu erkundigen, was in Finnland passiren möchte.

Friderich.

Nach dem Concept.



22-1 Vergl. Bd. VI, 407. 481.

22-2 Vergl. Bd. VI, 485.