4761. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.
Potsdam, 2. Februar 1751.
Sr. Königl. Majestät allergnädigstem Befehl zufolge habe Ew. Excellenz hierbei diejenige Copie derer Dépêches, so Mylord Tyrconnell jüngsthin erhalten und des Königs Majestät communiciret hat, übersenden sollen, mit dem Vermelden, nach davon gemachtem Gebrauch solche Höchstderoselben wenigstens so lange wieder zu remittiren, bis Sich Dieselbe über die darin enthaltene differente Sujets gegen Mylord Tyrconnell expliciret haben.
Ich soll ferner desfalls an Ew. Excellenz vermelden, wie der Hauptumstand darin, worüber Se. Königl. Majestät jetzo am mehresten zu reflectiren hätten, die von Frankreich wiederum auf das Tapis gebrachte Unionssache wäre, in der Art, wie solches Ew. Excellenz aus der Pièce selbst mit mehrerem ersehen würden. Höchstdieselbe glaubten, dass die Sache an sich selbst gut und dabei mehr zu gewinnen als zu verlieren sei; Sie vermeinen aber, dass man sich damit nicht zu übereilen, sondern wenigstens die Zeit abzuwarten habe, bis die Subsidestractats mit denen teutschen Prinzen, welchen Frankreich die Subsides fourniren wollte, zu Stande gekommen wären, indem sonsten, wenn man ersteren zugleich von einem Unionswerke sprechen wollte, solches ein oder anderen derselben stutzig machen und ihnen Soupçons geben dörfte, mithin, dass wenn dieses Werk nicht gut und entweder zu früh oder zu spät angegriffen würde, solches von schlechtem Erfolg sein möchte. Wenn aber die Sachen wegen der zu contractirenden Subsidestractats erst zu ihrer gänzlichen Consistance gekommen wären und man dann sähe, dass der wienersche Hof und dessen Anhänger das Wahlgeschäfte poussiren wollten, ohne auf Frankreich und auf Se. Königl. Majestät Attention zu machen, so glaubten Höchstdieselbe, dass es alsdenn Zeit wäre, zu der Union quaestionis zu schreiten, welcher beizutreten diejenigen Fürsten, so alsdenn bereits in Subsides ständen, sich nicht würden entziehen können; worauf gar leicht erfolgen möchte, dass noch andere teutsche Fürsten mehr, welche von dem wienerschen Hofe missvergnügt wären, als ex. gr. Köln, Cassel, Würzburg, Ansbach pp., solcher Union accedireten, so dass solche auf dergleichen Unionswerk auslaufen könnte, als es ehedem zu Zeiten der Religionsmotuum und sonst in andern Gelegenheiten mehr gewesen, obschon mit dem Unterschiede, dass jetzo Frankreich und Se. Königl. Majestät solche mit Nachdruck souteniren könnten. Weilen aber Höchstdieselbe derer Reichssachen und dahin gehörigen Umstände so sehr kundig nicht wären, hergegen Ew. Excellenz die grosse Erfahrung und Routine davon hätten, als verlangten Sie von Deroselben, dass Dieselbe diese Sachen in gründliche Erwägung nehmen und Sr. Königl. Majestät Dero Sentiment melden möchten:
1) Was vor ein Plan zu machen, um die Sache zu fassen und mit Succès daran zu arbeiten;
<246>2) Was vor Avantages davon zu hoffen und was vor Inconvenances hergegen daher zu besorgen? und endlich
3) Was der wienersche Hof und dessen Adhärenten vor Tours dagegen machen könnten, um entweder die Sache zu hintertreiben oder inutile zu machen.
Dergleichen detaillirtes Sentiment des Königs Majestät von Ew. Excellenz erwarten wollten, um darüber reflectiren und Sich endlich deshalb decidiren zu können.246-1
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
246-1 Vergl. Bd. VII, 347.