Januar 1752.
A.
1. Januar 1752
Der König in Berlin.
4. Januar 1752
Nimmt die Gegend vor dem Rosenthaler Thore und das Invalidenhaus in Augenschein.
15. Januar 1752
Der König, der Herzog von Braunschweig etc. in Charlottenburg, und Abends nach Berlin.
26. Januar 1752
Der König nach Potsdam, die Braunschweigischen Herrschaften nach Wolfenbüttel. Voltaire folgte dem König nicht nach Potsdam, sondern blieb, wie die Zeitung, meldete, wegen<226> Unpäßlichkeit in Berlin zurück. Dagegen folgte der General Stille dem König nach Potsdam.
B.
24. Januar 1752
Darget liest in der Akademie die Lobrede des Königs auf la Mettrie vor.
28. Januar 1752
Verlegung des Festes Maria Verkündigung auf einen Sonntag.
Februar.
A.
Februar 1752
Der König in Potsdam.
5. Februar 1752
Der Feldmarschall Keith zum König nach Potsdam.
9. Februar 1752
Bei der Taufe des Sohnes des Geh. Raths von Voß (welcher die Namen Friedrich Wilhelm Heinrich Ferdinand erhielt) waren der König, seine Gemalin, welche das Kind über die Taufe hielt, und die Königin Mutter Taufzeugen. Der König ließ sich durch den General von Hacke vertreten.
24. Februar 1752
Der König schreibt an Voltaire:
"Mit Vergnügen habe ich Sie bei mir aufgenommen, ich schätzte Ihren Verstand, Ihre Talente, Ihre Kenntnisse, und mußte glauben, daß ein Mann von Ihren Jahren des Federgefechts gegen Schriftsteller und drohender Stürme überdrüßig, hierher käme, gleichsam in einem sichern Hafen Zuflucht zu suchen. Aber Sie foderten gleich Anfangs auf eine ziemlich sonderbare Art, daß ich Freron nicht zu meinem litterarischen Korrespondenten annehmen sollte. Ich war so schwach oder so gefällig, es Ihnen zu bewilligen, ob es Ihnen gleich nicht zustand über die Leute zu entscheiden, die ich in meinem Dienste brauchen wollte. D'Arnaud hat sich gegen Sie etwas vergangen, ein großmüthiger Mann hätte es ihm vergeben; ein rachsüchtiger verfolgt die Leute, die er haßt. Mit einem Wort, d'Arnaud, der mir nichts gethan, ist um Ihretwillen von mir gegangen.
Sie sind zu dem Russischen Gesandten gegangen, und ha<227>ben mit ihm von Dingen gesprochen, in die Sie Sich gar nicht zu mengen hatten, und die Leute glaubten, ich hätte Ihnen Aufträge dazu gegeben. Sie haben Sich in die Angelegenheiten der Frau von Bentink gemischt, die gewiß nicht zu Ihrem Departement gehören.
Mit dem Juden haben Sie Sich den übelsten Handel von der Welt auf den Hals gezogen und in der ganzen Stadt ein abscheuliches Aufsehn gemacht. Ihre Geschichte mit den Sächsischen Steuerscheinen ist in Sachsen so bekannt 227-+, daß man darüber bittere Klagen bei mir geführt hat. Ich meinestheils habe bis zu Ihrer Ankunft in meinem Hause Frieden erhalten, und ich muß Ihnen gestehen, daß Sie Sich bei mir an den Unrechten gewendet haben, wenn Intriguen und Kabaliren Ihre Leidenschaft ist. Ich liebe sanfte friedliche Leute, die in ihrem Betragen keine von den heftigen Tragödien-Leidenschaften blicken lassen. Wenn Sie Sich entschließen können wie ein Philosoph zu leben, so soll es mir lieb sein Sie bei mir zu sehen, wenn Sie Sich aber allen Stürmen Ihrer Leidenschaften überlassen und mit aller Welt Händel anfangen wollen, so thun Sie mir gar keinen Gefallen, hierher zu kommen, und Sie können eben so gut in Berlin bleiben."
Der Prozeß Voltaire's mit dem etc. Hirsch war so eben entschieden worden, jedoch nur in einigen Stücken zu Gunsten Voltaire's. Im Übrigen ward er durch einen Vergleich beendigt, welchen Voltaire am 26.<228> Febr. mit dem Hirsch abschloß. Er eilte den König davon in Kenntniß zu setzen etc., worauf
28. Februar 1752
der König an Voltaire schreibt:
"Es hängt von Ihnen ab, ob Sie hierher kommen wollen. Hier höre ich von keinem Prozesse sprechen, nicht einmal von dem Ihrigen. Da Sie ihn gewonnen haben, so wünsche ich Ihnen Glück dazu, und bin sehr froh, daß diese garstige Geschichte beendigt ist. Ich hoffe, daß Sie weiter keine Händel, weder mit dem alten, noch mit dem neuen Testamente haben werden. Dergleichen Streitigkeiten sind entehrend und mit allen Talenten des witzigsten Kopfes von ganz Frankreich können Sie nie die Flecken zudecken, womit diese Aufführung in die Länge Ihren Ruhm beschmutzen würde. Ein Buchhändler Gosse, ein Opernviolinist, ein Hebräischer Juwelier, das sind doch wahrhaftig Leute, deren Namen in gar keiner Art von Geschäften sich neben dem Ihrigen finden sollten. Ich schreibe diesen Brief mit dem groben schlichten Menschenverstand eines Deutschen, der so spricht, wie er denkt, ohne auf Schrauben gestellte Ausdrücke zu gebrauchen und durch entkräftende Milderungen die Wahrheit zu entstellen. Es ist nun Ihre Sache Nutzen daraus zu ziehen."
29. Februar 1752
War Voltaire wieder in Potsdam, und scheint die Gnade des Königs wieder erlangt zu haben. (Spenersche Verl. Nachr. 1752. Nr. 26. v. 29. Febr. sagt: dieser Tage haben sich etc. und Herr v. Voltaire nach Potsdam begeben).
In diesem Monat ward die neue Münze in der Münzstraße in Berlin eingerichtet.
März.
A.
2. März 1752
Der König aus Potsdam in Berlin ertheilt Audienz.
3. März 1752
Zurück nach Potsdam.
Den 3., 10., 11., 14., 16. war Voltaire in Potsdam, wie aus seiner Korrespondenz hervorgeht, den 18. in Berlin<229> und den 20. Abends wieder nach Potsdam zurück. Schon unter dem 14. rühmt er die Gnade des Königs und die Bequemlichkeit, die er in dem Pallast des Königs genieße.
3. März 1752
Ein Brief des Königs ohne Datum an Voltaire scheint um die Mitte dieses Monats geschrieben zu sein. (Hinterl. Werke etc. Ausgabe von 1789. IX. 163).
"Ich glaubte von einem Tag zum andern Sie hier ankommen zu sehen. Das hat mich abgehalten Ihnen eher für die Geschichte Ludwig XIV. zu danken, die ich nunmehr vierfach besitze etc. Ich bin seit acht Tagen an einem Rheumatismus und an Wallungen im Blute krank, aber das Übel ist bald vorbei. Jetzt lese ich nur und schreibe nicht mehr. Wenn man ein so schlechtes Gedächtniß hat wie ich, so muß man seine Lektüre von Zeit zu Zeit wiederholen, um sie sich wieder gegenwärtig zu machen, und um das, was der Mühe werth ist, gut zu wissen. Nachher werde ich wieder anfangen meine Aufmerksamkeit zu verbessern. Ihr Feuer ist dem im Tempel der Vesta gleich, es erlischt nicht, aber das wenige, was ich zugetheilt bekommen habe, muß häufig angeschürt werden, und doch fehlt oft nicht viel, daß es von der Asche erstickt wird. Leben Sie wohl. Glauben Sie nicht, daß es mehr Eichen als Schilf in der Welt giebt. Sie werden viele Personen neben sich sterben sehen, und noch mehrere durch Ihren Namen überleben, der niemals untergehen wird."
24. März 1752
Der König aus Potsdam in Berlin.
27. März 1752
Geburtstagsfeier der Königin Mutter, bei der regierenden Königin. Abends Oper Orpheus.
28. März 1752
Der König mit dem Oberst Valbi 1) nach Potsdam.
29. März 1752
Der Minister v. Cocceji zum König nach Potsdam.
Der König befiehlt, daß vom 1. April an beständig zwei Passagier--Chaluppen von Emden nach London ab und zu segeln sollen.
B.
12. März 1752
Stirbt Franz Talbot Graf von Tyrkonel, Pair von Ir<230>land, französischer Gesandter am Berliner Hofe in seinem 42. Jahre. (Spenersche Zeitung Nr. 32. 33. 36).
Die verwittwete Gräfin Tyrkonel, welche nach Frankreich zurückkehrt, erhält vom König sein reich mit Brillanten verziertes Portrait zum Geschenk.
14. März 1752
Darget verläßt Potsdam und geht nach Frankreich.
April.
A.
7. April 1752
Der König in Potsdam - Intermezzo: i Birbi.
12. April 1752
Wiederholung.
25. April 1752
Der König aus Potsdam in Berlin - Parade im Thiergarten.
26. April 1752
Nach Potsdam.
27. April 1752
Keith, Fouqué, Kiau und Pöllnitz nach Potsdam.
?? April 1752
Der König an Darget:
- etc. "Voltaire hat sich hier als ein schlechter Mensch und ein ausgemachter Gauner aufgeführt; ich habe ihm die Wahrheit gesagt, wie er es verdiente. Es ist ein Elender, und ich schäme mich für die Menschheit, daß ein Mann, der so vielen Geist hat, so voll Bosheit sein kann."
B.
7. April 1752
Die Solotänzerin Signora Therese Sempelina aus Wien zeigt in dem Intermezzo i Birbi vor dem König in Potsdam ihre Geschicklichkeit. Sie, und die Solotänzerin Reggiana treten in Königl. Dienste.
Der Sänger Carestini geht auf 6 Monat nach Italien.
10. April 1752
War Voltaire in Potsdam, sein Sekretair Collini langt bei ihm an.
11. April 1752
Algarotti in Potsdam.
14. April 1752
Fliegt das Kernhaus bei der Pulvermühle vor dem Oranienburger Thore in die Luft, 4 Menschen verloren dabei ihr Leben.
<231>Mai.
A.
24. Mai 1752
Der König aus Potsdam in Berlin zur Revue. Der älteste Prinz Borghese und der sardinische Aide-Major von Marinou werden dem Könige vorgestellt.
29. Mai 1752
Der König nach Potsdam zurück.
Juni.
A.
1. Juni 1752
Der König von Potsdam nach Pitzpuhl bei Magdeburg zur Musterung.
2. Juni 1752
Ankunft im Lager.
7. Juni 1752
Von Magdeburg in Potsdam angekommen.
8. Juni 1752
Maupertuis zum König nach Potsdam.
10. Juni 1752
Der König nach Berlin.
12. Juni 1752
Früh um 4 Uhr über Chorin nach Stettin zur Musterung.
17. Juni 1752 bis 18. Juni 1752
Nachts in Königsberg in der Neumark.
18. Juni 1752
Über Freienwalde, wo er den Kanal besieht, in Berlin angekommen.
19. Juni 1752
Nach Potsdam.
24. Juni 1752
Aus Potsdam nach Charlottenburg, dahin sich auch beide Königinnen aus Berlin, zum Empfang der Braut des Prinzen Heinrich, begeben.
25. Juni 1752
In Charlottenburg. Vermählung des Prinzen Heinrich mit der Prinzessin Wilhelmine von Hessen-Cassel - Feste bis zum 28. Oper: das Urtheil des Paris etc. Zu diesen Festen hatte der König seiner Gemalin einen prächtigen Brillantschmuck geschenkt.
26. Juni 1752
Der König bei dem Artillerie-Manöver bei Reinikendorf und nach Charlottenburg zurück.
28. Juni 1752
Nach Potsdam.
29. Juni 1752
Der Feldmarschall Keith zum König nach Potsdam.
<232>B.
3. Juni 1752
Starb in Berlin die Gräfin v. Finkenstein, Oberhofmeisterin der Königin Mutter.
17. Juni 1752
Geschah in Cassel die Vermählung des Prinzen Heinrich mit der Prinzessin Wilhelmine durch Procuration, wobei der Landgraf die Stelle des Prinzen vertrat.
21. Juni 1752
Stirbt Fräulein von Montbail, gewesene Gouvernante des gesamten König. Hauses, 71 Jahr alt. (S. 1. Abth. S. 56).
In diesem Monat kamen wieder mehrere protestantische Franzosen aus Nimes, die der Religion wegen geflüchtet waren, in Berlin an.
Das vor dem Hamburger Thor befindliche Hochgericht wird abgebrochen und weiter hinaus in die Gegend des Werders gesetzt. Die dabei beobachteten Ceremonien beschreibt die Berliner Spenersche Zeitung Nr. 59.
Juli.
A.
Juli 1752
Der König in Potsdam.
5. Juli 1752
Prinz Moritz von Dessau in Potsdam.
?? Juli 1752
Der König an Darget:
"Ich habe Ihren Brief erhalten und bitte Sie, Ihren Geist vor aller Melancholie zu bewahren. Sie sollen hier eben so aufgenommen werden, wie Sie bei Ihrer Abreise entlassen wurden, ja ich werde gutmüthig genug sein, um Sie anstatt auszulachen, zu beklagen, daß Sie Ihr Geld in Frankreich so unnützerweise verschwendet haben etc." (Darget war zur Herstellung seiner Gesundheit nach Frankreich zurückgegangen, sah sich aber in seiner Erwartung getäuscht).
23. Juli 1752
Der Prinz von Preußen (Bruder des Königs), Prinz Heinrich, Graf Hacke, Minister v. Katt und General v. Itzenplitz nach Potsdam.
28. Juli 1752
Der König giebt dem französischen bevollmächtigten Minister<233> am hiesigen Hofe, Marechal de Camp. Chevalier de la Touche die erste Private Audienz.
31. Juli 1752
Der König an Darget:
"Das sind wieder hypochondrische Visionen, mein guter Darget etc. Verbannen Sie alle die Chimären, die Ihnen das Leben verbittern, und lernen Sie von Ihren Landsleuten froh und zufrieden sein - etc. Sie nennen mir zwei Leute, von denen ich nur den einen, den Verfasser der Moeurs (Toussaint) 2) kenne. Ich lasse Ihnen die Wahl. Nehmen Sie den, der am sanftesten, am heitersten ist, und dessen gute Laune sich am meisten gleich bleibt; bieten Sie ihm dann La Mettrie's Stelle mit dem Gehalte an, das Sie wohl wissen. - Suchen Sie mit d'Alembert 3) in Bekanntschaft zu kommen, um zu sehen, ob er an unserer Angel anbeißen will etc."
B.
9. Juli 1752
Stirbt der Königl. Hofpoet Leopold von Villati.
Der König giebt dem Major von Dieskau den Orden pour les mérites und eine prächtige Tabatiere. Dem Captain von Holzendorf schenkt er ebenfalls eine Tabatiere, dem Lieutenant von Holzendorf und dem Lieutenant von Wenzel jedem 4 Medaillen von hohem Werthe. Diese Militärs waren sämtlich von der Artillerie.
Der Capitain von Müller erhielt vom König ein goldenes Reißzeug.
Der Dr. Ludolf und Professor Sulzer stellen merkwürdige Versuche über die Elektricität der Gewitterwolken, welche Franklin in Pensilvanien zuerst angegeben hat, an.
August.
A.
1. August 1752
Der König aus Potsdam in Berlin, speist in Monbijou bei der Königin Mutter, besucht den Prinzen Heinrich im<234> Schwerinschen Palais in der Wilhelmsstraße (es hat jetzt die No. 73).
2. August 1752
Nach Potsdam.
7. August 1752
Die Königin Mutter, der Prinz und die Prinzessin Heinrich, der Prinz von Preußen, Prinz Ferdinand, der Prinz Louis von Würtemberg, die Prinzessin Amalie nach Potsdam. Die regierende Königin war nicht dabei. Die Königin Mutter und die Prinzessin Amalie logirten in Sanssouci, die übrigen Herrschaften auf dem Schlosse in der Stadt.
8. August 1752
In Sanssouci Intermezzo: der Weltweise.
9. August 1752
Ball. Der König eröffnet ihn mit der Prinzeß Heinrich. Bis den 10. fanden mehrere Festlichkeiten Statt, wobei Sanssouci illuminirt war.
10. August 1752
Sämtliche Herrschaften - ohne den König - kehren nach Berlin zurück.
14. August 1752
Die Generale Hacke, Itzenplitz, Forcade, Zieten und Pfuhl nach Potsdam.
20. August 1752
Intermezzo in Potsdam, bei welchem die neuerdings aus Rom angekommenen und in Königl. Dienst getretenen Tänzerinnen Santinina und Oliviera zum ersten Male vor dem König tanzen.
21. August 1752
Der König aus Potsdam in Berlin, über Spandau, wo er bei dem Prinzen von Preußen speist.
In Berlin besieht der König die neu gebauten Häuser vor dem Hamburger und Rosenthaler Thore (im Voigtland), die er den Bewohnern schenkt.
22. August 1752
Nach Potsdam.
29. August 1752
Aus Potsdam in Berlin, wohnt den Kriegsübungen der Truppen vor dem Hamburger Thore bei, bei der Rückkehr über den Weidendamm nimmt er die in der Gegend des Arsenals und der Chaussee erbauten Häuser in Augenschein, alsdann ertheilt er auf dem Schlosse Audienz, und speist bei der Königin Mutter.
?? August 1752
In den ersten Tagen dieses Monats schreibt der König an Darget:
<235>"Ich habe einen Vorleser gefunden, mein lieber Darget - der Abbé de Prades 4) hat eine Brust, die mir, ehe ich sie abnutze, die Ohren abnutzen wird etc. La Touche (der neue französische Gesandte) ist angekommen, er gefällt uns bei weitem besser als der Lord (Tyrkonel). Gott verzeihe es mir, ich habe einen wahren Abscheu vor dem Englischen Volke, und kann mich gar nicht davon befreien. Das unbillige Verfahren des Monarchen fällt auf sein Volk zurück."
Um diese Zeit überreichte "der Königl. Schwedische General-Major Graf von Liven, im Namen Sr. Maj. des Königs von Schweden, dem Könige den Seraphinen-Orden, welchen Hochdieselben Sich Selbst anzulegen und den ganzen Tag über zu tragen geruhten."
Der König schenkt den Erben des Hof-Lieferanten Blume, wegen ihres bisher in der Sammt-Manufaktur bewiesenen besondern Fleißes ein, in der Wilhelmsstraße belegenes Haus.
Die Prinzessin Heinrich und Amalie erhalten vom Könige prächtige Geschenke an Porzellan.
September.
A.
1. September 1752
Der König früh um 4 Uhr nach Cüstrin. In seinem Gefolge befanden sich der Prinz Ferdinand, Bruder des Königs, Prinz Ferdinand von Braunschweig, Prinz Moritz von Dessau, Prinz Ludwig von Würtemberg, die Generale v. Winterfeld, v. Schmettau, v. Buddenbrock etc.
3. September 1752
Ankunft in Glogau früh um 10 Uhr, der König besieht die Festung und die neu angelegten Minen.
4. September 1752
Musterung, und ins Lager bei Schalckau bis den 7.
7. September 1752
Ankunft in Breslau, logirt in seinem alten Palais.
8. September 1752
Beschenkt der König die Breslauer Truppen, besieht die Stadt, das Zeughaus etc., ertheilt alsdann Audienz nachher große Tafel. Er besuchte auch den Fürst Bischof Schafgotsch im Garten vor dem Ohlauer Thore.
<236>9. September 1752
Abreise von Breslau über Brieg und Kosel.
11. September 1752
Nach Neisse.
15. September 1752
Von Neisse nach Glatz.
16. September 1752
In Schweidnitz, wo er sich den 17. mit den Kaufmannsältesten Unverricht und Schmelz unterredet.
18. September 1752
Von Schweidnitz über Liegnitz und Glogau nach Frankfurt a. d. O.
19. September 1752
Von Frankfurt, wo er bei dem Feldmarschall Schwerin im Hause des Hofraths Steinwehr speist, nach Berlin.
19. September 1752
Ankunft in Berlin, Abends 11 Uhr.
20. September 1752
Nach Potsdam.
26. September 1752
Prinz Heinrich nach Potsdam, bis den 28.
Von des Königs kleinen Aufsätzen (fliegenden Blättern) erschienen die "Briefe an das Publikum" (deutsche Suppl. Bd. III. 196).
B.
10. September 1752
Kommt Fredersdorf aus dem Aachener Bade zurück.
12. September 1752
Stirbt der General-Lieutenant v. Bonin, Chef eines Dragoner, Regiments in Landsberg a. d. W.
12. September 1752
Stirbt der General-Feldmarschall von Jeetz, 81 Jahr alt, in Berlin.
Der König schenkt dem General Hautcharmoi das Gut Allerheiligen im Fürstenthum Öls.
Der neue Hofpoet Tagliazuchi kommt in Berlin an.
Der Sänger Ricichiarelli tritt in Königl. Dienste.
Oktober.
A.
4. Oktober 1752
Der König aus Potsdam in Berlin.
5. Oktober 1752
Wohnt den Kriegsübungen der Truppen vor dem Rosenthaler Thore bei.
6. Oktober 1752
Nach Potsdam zurück.
26. Oktober 1752
Wohnt der König einer Probe des Singspiels Didone abandonnata, welches zum diesjährigen Carneval gegeben wer<237>den soll, bei. Die Königl. Kapelle, der Schauspiel-Direktor Baron v. Sweerts und Kapellmeister Graun waren dazu nach Potsdam gegangen.
B.
19. Oktober 1752
Stirbt der General Stille, 56 Jahr alt.
24. Oktober 1752
Starb in Berlin der Tagelöhner Abraham Roich, 104 Jahr alt.
26. Oktober 1752
Der Königl. Sänger Sign. Carestini kommt aus Italien zurück.
November.
A.
2. November 1752
Der König aus Potsdam in Berlin, giebt Audienz, und besucht den kranken Maupertuis.
3. November 1752
Nach Potsdam.
6. November 1752
Die Königl. Kapelle etc. geht nach Potsdam, um nochmals vor dem König die Oper Dido zu probiren.
?? November 1752
Der König an Voltaire:
"Ich erstaune über Ihre Unverschämtheit. Nach allem, was Sie gethan haben, und was so klar ist wie die Sonne, läugnen Sie noch, anstatt zu gestehen, daß Sie strafbar sind! Bilden Sie Sich nicht ein, die Leute würden sich von Ihnen überreden lassen: schwarz sei weiß. Man sieht nicht immer, weil man nicht immer sehen will. Aber wenn Sie die Sache auf das Äußerste treiben, so lasse ich Alles drucken, und es wird sich zeigen, daß Sie, wenn Sie für Ihre Werke Statuen verdienten, für Ihr Betragen Ketten werth sind. Der Verleger ist befragt. Er hat Alles gestanden." (Die Veranlassung zu diesem harten Schreiben, siehe in den Anmerkungen zu diesem Jahre ad 5).
27. November 1752
Der König aus Potsdam in Berlin, giebt Audienz - läßt Voltaire Folgendes zur Unterschrift vorlegen. "Ich verspreche Sr. Majestät, daß ich, so lange Dieselben die Gnade haben, mir Wohnung im Schlosse zu geben, gegen Niemand<238> schreiben will, weder gegen die französische Regierung und die Minister, noch gegen andere Souveräne oder gegen angesehene Gelehrte, sondern daß ich diesen immer die Achtung erweisen werde, die ihnen gebührt. Ich werde Sr. Majestät Briefe nicht mißbrauchen, und mich so betragen, wie es sich für einen Gelehrten schickt, der die Ehre hat Sr. Majestät Kammerherr zu sein und der mit rechtlichen Leuten lebt.
Potsdam, den 27. Novbr. 1752." (S. Anmerk. 5).
28. November 1752
Der König nach Potsdam mit den Prinzen Heinrich und Ferdinand. Ihnen folgen auch der Feldmarschall v. Keith und der Generalquartiermeister Graf v. Schmettau.
30. November 1752
Der General Fouque aus Schlesien von Berlin nach Potsdam.
B.
6. November 1752
Starb in Tegel bei Berlin Anna Jost, 107 Jahr alt.
Dezember.
A.
1. Dezember 1752
Der General Fouqué aus Berlin nach Potsdam zum König.
2. Dezember 1752
Der König aus Potsdam nach Berlin.
3. Dezember 1752
Nach Potsdam zurück.
5. Dezember 1752
Voltaire aus Potsdam nach Berlin.
8. Dezember 1752
Der König aus Potsdam nach Berlin.
20. Dezember 1752
Besucht das Cadettenhaus.
23. Dezember 1752
Besieht die Bauten an der Neuen Grünstraßen-Brücke und den Bau der Sebastianskirche.
25. Dezember 1752
Nach Potsdam.
29. Dezember 1752
Aus Potsdam nach Berlin.
Die Stabskapitains des Forcadeschen Regiments v. Dizelsky, v. Mitschlaf, und die Premier-Lieutenants v. Zastrow und v. Emminga, erhalten vom Könige ansehnliche Geldgeschenke.
Gegen Ende dieses Jahres ließ der König eine Anzahl neuer Thaler von feinem Silber prägen, und machte sie am<239> Hofe zum Geschenk. Die eine Seite zeigte sein Brustbild in römischer Art, auf der andern den preußischen Adler, auf Armaturen ruhend.
In diesem Jahre hatte der König sein Testamentt politique aufgesetzt, welches im Geh. Archiv aufbewahrt wird.
B.
24. Dezember 1752
Nachmittags wurde auf Befehl des Königs, Voltaire's gegen den Präsidenten Maupertuis gerichtete Spottschrift: Akakia, auf den, Gensd'armesmarkt durch den Henker verbrannt, (Formey Souvenirs d'un Citoyen I. 271). Voltaire wohnte damals bei seinem Sekretair Francheville in der Taubenstraße (das Haus hat jetzt die No. 20) und konnte von da aus die Verbrennung sehen 239-+.
Der diesjährige Carneval begann den 8. Dezbr. in folgender Art: Sonntag Vormittag die gewöhnliche Cour bei dem König, nachher bei der regierenden Königin. Montag Oper; Dienstag Redoute; Mittwoch französische Komödie; Donnerstag Cour bei der Königin Mutter; Freitag Oper; Sonnabend Ruhe. Die beiden Opern waren: Orpheus und Dido.
Auch zu diesem Carneval war, wie schon in frühern, der Baron Warkotsch aus Schlesien in Berlin und bei Hofe.
Anmerkungen zum Jahre 1752.
Balbi (Johann Friedrich von) stammte aus einem berühmten Geschlechte Genua's, wo der 1730 daselbst regierende Doge Maria<240> Balbi sein Groß-Oheim war. Eine Hauptstraße der Stadt führt den Namen dieses alten berühmten Geschlechts. Unser Balbi trat bereits in seinem 16. Jahre in preußische Kriegsdienste. 1734 befand er sich als Volontair bei der Belagerung von Philippsburg und Kehl, und von 1746 bis 1748 bei der französischen Armee in den Niederlanden, 1755 (nicht 1752, wie von Einigen angegeben wird) begleitete er Friedrich d. G. bei seiner Reise nach Holland, 1757 und 1758 dirigirte er die Belagerungen von Breslau, Schweidnitz und Olmütz. 1757 war er vom König zum Obersten ernannt worden. Er starb in Berlin am 19. Januar 1779 in einem Alter von 79 Jahren. Während seiner Dienstzeit hat er 9 Schlachten und 23 Belagerungen beigewohnt.
2) Toussaint (François Vincent) war zu Paris 1715 geboren. Das von ihm verfaßte Buch: les Moeurs (die Sitten), wodurch er sich zuerst bekannt machte, ward auf Befehl des Parlaments verbrannt, und er sah sich genöthigt, nach Flandern zu flüchten, von wo er nach Berlin berufen wurde. Hier ward er bei der damaligen Ecole militaire als Professor der Beredsamkeit angestellt. Er hat mehrere Schriften verfaßt, und auch die Gellertschen Fabeln ins Französische übersetzt. Er starb in Berlin am 25. Juni 1772.
D'Alembert (Jean Lerond), geboren zu Paris am 16. November 1717, war der uneheliche Sohn der Madame Tincin, einer Stiftsdame und des Provinzial-Commissairs der Artillerie, Herrn Destouches 240-+, welcher den 11. März 1726 starb. Das Kind ward gleich nach seiner Geburt auf den Markt oder Platz der Kirche St. Jean le Rond, nahe bei Notre Dame ausgesetzt. Von diesem Platz legte man ihm den Vornamen bei. Der Polizeicommissair, welcher das Kind fand, gab es einer armen Glaserfrau in Pflege, welche von den Eltern, die sich jedoch nie öffentlich zu erkennen ga<241>ben, unterstützt wurde. Als er ungefähr vier Jahr alt war, kam er in eine Pensionsanstalt, wo er bis zu seinem zehnten oder zwölften Jahre blieb, und in dieser Zeit Beweise ausgezeichneter Fähigkeiten gegeben hatte. Hierauf trat er in das Collegium de quatre Nations, und als er dieses nach Vollendung seiner Studien verließ, befand er sich ohne alle Verbindung und wie allein in der Welt. Er begab sich daher in das Haus seiner ersten Erzieherin, und beabsichtigte mit seinem geringen Vermögen, das in einer Rente von 1200 Livres, die ihm sein Vater ausgesetzt hatte, bestand, die Glücksumstände dieser armen Familie, welche die einzige war, die er in der Welt als die seinige ansehen konnte, etwas zu verbessern. In dem Hause dieser guten Leute widmete er sich ganz dem Studium der Geometrie, und führte hier 40 Jahre lang die einfachste Lebensart. Er verwandte den Zuwachs seiner Einkünfte 241-+ nur auf Werke der Wohlthätigkeit, verbarg seine steigende Berühmtheit vor diesen guten Leuten und machte ihre einfältigen rohen Sitten zuweilen zum Gegenstand seiner gutmüthigen Scherze und philosophischen Beobachtungen. Seine gute Amme sah seine große Thätigkeit und hörte von ihm, daß er der Verfasser vieler Bücher sei, aber sie ließ es sich nicht einfallen, daß er ein großer Mann sei, sondern sah ihn vielmehr mit einer Art von Mitleiden an. Einst sagte sie: "Sie wollen immer nur ein großer Philosoph sein, - und was ist denn ein Philosoph? - Ein Narr, der Tag und Nacht arbeitet, und sich lebenslang quält, damit die Leute von ihm reden mögen, wenn er nicht mehr ist."
Seine zahlreichen mathematischen, philosophischen und andern Schriften, die man in Querard's La france litteraire verzeichnet findet, haben ihm großen Ruhm erworben. Im Jahr 1746 gewann seine Abhandlung über die Theorie der Winde den von der Berliner Akademie ausgesetzten Preis, die ihn zugleich zu ihrem Mitglieds ernannte. Der König gab sich viel Mühe ihn zu bewegen, sich in Berlin niederzulassen, und trug ihm auch die Präsidentenstelle seiner Akademie an, allein d'Alemberts Neigung zur Unabhängigkeit und<242> einer stillen und einfachen Lebensweise war so groß, daß er sie ablehnte, eben so nahm er auch die Stelle, welche die russische Kaiserin Katharina ihm bei ihrem Sohn als Erzieher antrug, nicht an. Im Juni des Jahres 1763 kam er auf des Königs wiederholte Einladung nach Berlin, und hielt sich bis Anfangs September des folgenden Jahres hier auf, begleitete in dieser Zeit auch den König auf dessen Reisen nach Magdeburg etc. D'Alembert war nicht verheirathet, eine heftige Neigung fesselte ihn an die, wegen ihrer Liebenswürdigkeit und glänzenden Geistesgaben berühmte Frau Espinasse (Julie Jeanne Eleonore de l'), - (wie er, ein Kind der Liebe). Er fand jedoch keine Gegenliebe, sondern nur Wohlwollen, innige Freundschaft und hohe Achtung, die sie auch bewog, seinem Wunsche, Eine Wohnung mit ihr beziehen zu dürfen, nachzugeben. Ihr Tod im Jahre 1776 erschütterte d'Alembert sehr, der König tröstete ihn in einem Schreiben voll inniger Theilnahme. d'Alembert starb am 29. Oktbr. 1783. Sein Briefwechsel mit dem König umfaßt eine Zeit von 29 Jahren, er befindet sich in den hinterlassenen Werken des Königs und gewährt eine höchst anziehende Lektüre.
de Prades (Jean Martin), geboren um das Jahr 1720 zu Castel-Sarazin im Departement Languedoc. Er hatte sich der Theologie gewidmet, und lebte als Baccalaureus in Paris, als solcher hielt und vertheidigte er im Jahr 1751 eine Disputation, die ihm viel Verfolgung zuzog. Die Sarbonne verdammte 10 Sätze, die darin vorkamen, als ketzerisch, strich ihn aus der Liste der Baccalaureen, der Erzbischof von Paris entzog ihm seine Gerechtsame und trug seinem Promotor auf, ihn zu verfolgen, und das Parlament gab Befehl zu seiner Einziehung etc. (Querelles litteraires. Paris 1762). de Prades sah sich hierdurch genöthigt, von Paris sich zu entfernen. Voltaire und der Marquis d'Argens, denen er nur durch die Verfolgung, unter der er litt, bekannt geworden war, beschlossen, sich seiner anzunehmen, und schlugen dem Könige vor, den de Prades in seine Dienste zu nehmen, das ihnen auch um so leichter gelang, da der König, wie bekannt, immer bereit war, verfolgten Philosophen seinen Schutz und Beistand angedeihen zu lassen. So kam de Prades<243> im August d. J. nach Potsdam und trat als Vorleser und Sekretair des Königs an Dargets Stelle. (Oeuv. de Voltaire. Edit. Basle. Tom 84. p. 6). Voltaire und d'Argens fanden jedoch sehr bald, daß sie sich in ihrem Schützling sehr getäuscht hatten, und daß er nur in der Theologie und Kirchengeschichte einige Kenntnisse besaß, im Übrigen ihm aber Alles abging, wodurch er ihrer Empfehlung beim Könige hätte Ehre machen können. Sie gaben ihm in der altern Geschichte etc. Unterricht, und er mußte ihnen täglich, ehe er zum Könige ging, seine Lection wiederholen, da jedoch seine Schwäche dem Könige nicht verborgen bleiben konnte, so bereitete Voltaire selbst den König nach und nach vor, und belustigte ihn durch die Erzählung von den komischen Details der Lektion, die er und d'Argens dem Abbé gaben. Dieser ward aber endlich gewahr, daß man ihn zum Besten hatte, und rächte sich dadurch, daß er überall gegen den Monarchen und seine Lehrer deklamirte, und sich auf die Seite derer schlug, die mit der Regierung unzufrieden waren. Dem Könige blieb dies nicht unbekannt, dennoch behielt er ihn, und sah ihm, wie wir weiterhin sehen werden, Viel nach, vielleicht aus Mitleiden, oder aus Freundschaft für Voltaire und d'Argens. Die Bosheit und der Undank des Abbe's ging so weit, daß er während des siebenjährigen Krieges den König verrieth. Unter dem 15. November 1757 schreibt der König aus Torgau an d'Argens: "Den Abbé habe ich müssen in Verhaft nehmen lassen; er hat den Spion gespielt, wie ich aus vielen augenscheinlichen Beweisen sehe. Das ist sehr schändlich und undankbar!" Denina in seinem Essai sur la vie et le regne de Frederic II. p. 213, und Voltaire in seinen Briefen vom 25. Februar 1758 und 25. April 1760 an d'Alembert wollen zwar seine Unschuld behaupten, allein aus einem Briefe des Abbé's aus Potsdam (1756) an Valori, den französischen Gesandten, in welchem er diesem auf sein Verlangen Mitteilungen macht, die zwar eben noch nicht wichtig, aber in seinen Verhältnissen doch höchst tadelnswerth sind, sieht man wohl, daß er gar keinen Anstand nehmen würde, ihm auch die wichtigsten Nachrichten mitzutheilen; er sagt auch in diesem Briefe: "J'ose me flatter que vous serez toujours<244> persuadé de mon attachement sincère. Si j'ai à présent un défaut ici, c'est d'avoir le coeur exessivement français." Der König schickte ihn nach Magdeburg auf die Festung. An Voltaire schrieb der König am 18. Mai 1759 aus Landshut: "Sie wollen die Abenteuer des Abbé's de Prades wissen? Da müßte ich ein dickes Buch schreiben. Zur Befriedigung Ihrer Neugierde wird es genug sein, wenn ich Ihnen sage, daß der Abbé schwach genug war, sich während meines Aufenthalts zu Dresden von einem Sekretair Broglio's verführen zu lassen, den Broglio bei seiner Abreise dort gelassen hatte, de Prades rapportirte Neuigkeiten von der Armee, und da dies Handwerk im Kriege nicht einem Jeden behagt, so hat man ihn bis zum Frieden an einen stillen Ort geschickt, wo es gar keine Neuigkeiten zu schreiben giebt. Es sind noch mehr Dinge dabei vorgefallen, die zum Schreiben zu weitläuftig sind. Diesen saubern Streich spielte er mir gerade zu der Zeit, da ich ihm eine fette Präbende am Breslauer Dom ertheilt hatte." Bereits im April 1758 scheint es, daß er seine Freiheit wieder erhalten hatte 244-+, doch wurde ihm die Stadt Glogau, wo ihm der König eine Pfründe anwies, zum beständigen Aufenthaltsort, den er nicht verlassen durfte, angewiesen. Daselbst starb er im Jahr 1782. Hiernach ist zu berichtigen, was Bachaumont in seinen Mémoires T. I. p. 1777 (Juni 1763) von dem Abbé anführt. Man hat den Abbé lange für den Verfasser der Schrift: Gedanken über die Religion, die man anfänglich Friedrich dem Großen zuschrieb, gehalten, und nach Querard La France littraire soll er auch die, bisher Voltaire zugeschriebene Schrift: Le Tombeau de la Sorbonne, traduit du latin. 1752. 8. und 1753. 12. verfaßt haben. Von ersterer ist er es jedoch zuverlässig nicht, sondern ein Lieutenant de la Serre.
Der Präsident der Berliner Akademie, Maupertuis, hatte einen neuen Grundsatz in der Mechanik: "von der kleinsten Kraft in den Wirkungen der Körper" aufgestellt, deren Erfinder er war, oder<245> es zu sein glaubte. Der Professor an der Kriegsakademie im Haag, Samuel König, bestritt nicht allein den Grundsatz an sich, sondern auch dessen Neuheit, indem er behauptete, daß schon Leibnitz denselben in einem Briefe an Jakob Hermann angeführt habe. Maupertuis, eifersüchtig auf die Ehre der Erfindung, bezweifelte dies, und bewirkte, daß der Professor von der Berliner Akademie aufgefodert wurde, den Brief Leibnitzens, aus welchem er die bezügliche Stelle öffentlich bekannt gemacht hatte, vorzulegen. Da der Professor König hierauf erwiederte, daß er nur eine Abschrift davon besitze, und da auch bei weiterem Nachforschen das Original sich nicht auffand, so schloß die Berliner Akademie den Professor König, der ihr Mitglied gewesen war, von sich aus. Voltaire war ein Freund des Professors König, dagegen hegte er schon längst gegen Maupertuis, welcher die Gnade Friedrichs in Hohem Grade genoß, Neid und Scheelsucht. Er ergriff nun diese Gelegenheit, Maupertuis einen bösen Streich zu spielen, und ließ zuerst unter dem Namen: "eines Mitgliedes der Akademie zu Berlin" einen Brief an einen Akademiker drucken, in welchem er den Professor König vertheidigt und Maupertuis tadelt 245-+; in einer zweiten Schrift,<246> die unter dem Titel Diatribe du Docteur Akakia etc. erschien, macht er ihn aufs Höchste lächerlich. (S. Beiträge Th. II. S. 537 246-+.<247> Die Erlaubniß, welche Voltaire zum Druck einer andern Schrift vom Könige erhalten hatte, benutzte er, auch den Akakia drucken zu lassen. In des Marquis von Condorcet's Leben Voltaire's wird mit manchen entstellten Umständen erzählt, daß Voltaire dem Könige die Schrift gezeigt habe, und Beide hätten darüber gelacht, jedoch habe Voltaire dem Könige versprechen müssen, diese Schrift zu unterdrücken und nicht bekannt werden zu lassen, Voltaire versprach es, hielt aber nicht Wort, sondern ließ die Schrift auswärts drucken 247-+, oder schickte die Exemplare der ersten in Berlin (wahrscheinlich mit falscher Angabe des Orts) gedruckten Auflage nach außerhalb, von wo bald wieder Exemplare nach Berlin kamen, und die Schrift überall bekannt, und an verschiedenen Orten nachgedruckt wurde, überhaupt ein sehr großes Aufsehn machte. In Paris wurden, wie Voltaire selbst unter dem 17. Januar 1753 aus Potsdam an Formey in Berlin schrieb, an einem Tage 6000 Exemplare vom Akakia verkauft, dennoch läugnete er gegen den König, Antheil an dem neuen Druck und der Bekanntwerdung der Schrift zu haben. Dies war die Veranlassung zu jenem harten Schreiben des Königs.
Auf die Schrift, welche der König am 27. November Voltaire zur Unterschrift vorlegte, antwortet er auf demselben Blatte Folgendes: "Ich werde, Sire, alle Befehle Ew. Majestät befolgen, und es wird meinem Herzen nicht schwer werden, Ihr zu gehorsamen. Ich bitte Ew. Majestät nochmals, zu erwägen, daß ich gegen keine Regierung geschrieben habe, noch weniger gegen die, unter der ich geboren bin, und welche ich nur verlassen habe, meine Tage zu den Füßen Ew. Majestät zu enden. Ich bin Historiograph von Frankreich gewesen, und in dieser Eigenschaft habe ich die Geschichte Ludwigs XIV. und die Feldzüge Ludwigs XV., welche ich an Herrn d'Argenson geschickt habe, geschrieben. Meine Stimme und meine Feder sind meinem Vaterlande gewidmet gewesen, wie Ew. Majestät Befehlen.<248> Ich beschwöre Sie, die Güte zu haben und den Grund der Zänkerei Maupertuis zu untersuchen, ich beschwöre Sie, zu glauben, daß ich diesen Streit vergessen werde, weil Sie es befehlen, ich unterwerfe mich ganz gewiß allen Ihren Wünschen. Wenn Ew. Majestät mir befohlen hätten, mich nicht zu vertheidigen, und mich nicht in diese litterarische Fehde zu mischen, würde ich mit der nämlichen Unterwerfung Ew. Majestät gehorsamt haben. Ich bitte Sie, einen mit Krankheit und Schmerzen beladenen Greis zu schonen, und zu glauben, daß ich mit derselben Anhängigkeit an Ew. Majestät sterben werde, wie ich sie an dem Tage hatte, als ich an Ihren Hof kam."
Kurz vor, oder vielleicht auch erst nach diesem Schreiben, schrieb Voltatre noch äußerst demüthig an den König, um seine Gnade wieder zu erhalten, worauf alsdann wahrscheinlich die Aussöhnung erfolgt ist. Wir theilen dieses merkwürdige Schreiben hier nach dem Original mit. Es lautet wie folgt:
Sire. Ce n'est sans doute, que dans la crainte de ne pouvoir plus me montrer devant Votre Majesté, que j'ai remis à Vos pieds de bienfaits qui n'étient les liens dont j'étois attaché à Votre personne, Vous devez juger de ma situation affreus de celle de toute ma famille, il ne me restoit qu'à m'aller cacher pour jamais, et deplorer mon malheur en silence. Monsieur Fredersdorf, qui vient me consoler dans ma disgrace me fait esperer que Votre Majesté daignerait écouter envers moi la bonté de son caractère et qu'elle pouroit reparer par la bienvaillance (s'il est possible) l'opprobre dont elle m'a comblé. Il est bien sur que le malheur de Vous avoir deplu n'est par le moindre que j'éprouve, mais comment paroitre comment vivre? je n'en sais rien. Je devrais être mort de douleur dans cet état horrible, c'est à Votre humanité d'avoir pitié de moi que voulez vous que je devienne, et que je fasse! je n'en sais rien, je sais seulement que Vous m'avez attaché a Vous depuis seize années, ordonnez d'une vie que je vous ai consacrée, et dont Vous avez rendu la fin si<249> amère. Vous êtes bon, Vous êtes indulgent, je suis le plus malheureux homme qui sort dans vos état, ordonnez de mon sort.
Voltaire.
227-+ Es war nämlich im Dresdner Frieden bestimmt worden, daß die Preußischen Unterthanen etc. die in ihren Händen befindlichen Sächsischen Steuerscheine, die damals viel verloren, nach einiger Zeit ohne Abzug oder Verlust bezahlt erhalten sollten. Damit aber kein wucherisches Gewerbe mit diesen Scheinen getrieben würde, so wurde durch Edicte vom 30. Apr. 1748 und 13. Novbr. 1751 den Preuß. Unterthanen, Vasallen u. s. w. verboten, dergleichen Steuerscheine auf wucherische Art an sich zu bringen, dennoch aber hatte Voltaire dies gethan.
239-+ Voltaire fühlte sich dadurch so gekränkt, daß er dem König den Orden pour les mérites und den Kammerherrn-Schlüssel zurückschickte, und auf das Packet folgende Zeilen schrieb: Je les reçus avec tendresse Je vous les rends avec douleur C'est ainsi qu'un amant, dans son extrème ardeur, Rend le portrait de sa maitresse.
240-+ Wekhrlin (s. graues Ungeheuer T. X. p. 234) nennt einen ganz Andern als Vater, und sagt, das Kind sei von einem Officier Namens Destouches Canon der Glaserfrau, unter dem Namen: "Alembert," mit einer Anweisung auf 1200 Livres jährl. Rente in Kost gegeben worden.
241-+ Friedrich d. Gr. gab ihm seit 1754 eine Pension von 1200 Livres.
244-+ S. des Königs Brief an d'Argens. In der Königsberger Ausgabe der Corresp. de F. II. et d'Argens etc. T. I. No. 31.
245-+ Gegen diese Schrift erschien: Lettre d'un Academicien de Berlin à un Academicien de Paris (sie ist von Friedrich). Dies ist die Brochüre, von welcher Voltaire in seinem Brief vom 15. Okt. 1762 an Madame Denis sagt, sie sei auf dem Titel mit dem Preuß. Adler, mit Krone und Scepter geziert. (In Preuß Friedrich d. G. als Schriftsteller etc. S. 154 ad 2 werden dafür irrig die Lettre au Public genannt, wie eben so falsch in der Basler Ausgabe von Volt. Oeuv. unter dem angeführten Brief in einer Note angegeben wird. Diese Lettres aber haben keinen Adler etc. auf dem Titel etc.). Wir haben ein Expl. von der Auflage von 1753 von der Schrift: Lettre d'un Academicien etc., die so wie Voltaire angiebt, auf dem Titel verziert ist, vor uns. Der vollständige Titel ist: Lettre d'un Academicien de Berlin à un Academicien de Paris. Avec la traduction Allemande. (Dann steht hier der Preuß. Adler, und unter diesem): Cuique Suum. A Berlin. Chez Etienne de Bourdeaux. Libraire du Roi et la Cour MDCCLIII. Die dabei befindliche Deutsche Übersetzung hat eine Vorrede, welche wir bei andern Deutschen Übersetzungen nicht finden. Eine handschriftliche Bemerkung des ehemaligen Besitzers dieser jetzt seltenen Brochüre sagt, daß sie (die Übersetzung) von dem Prinzen von Preußen, dem Bruder des Königs sei. Sie lautet wie folgt: "Vorbericht des Übersetzers. Ich sehe mit Betrübniß, daß man in die Streitigkeiten des Herrn von Maupertuis mit dem Herrn König viel Anzüglichkeiten mischte, welche auf nichts weniger abzielten, als den Namen eines großen Mannes zu verkleinern. Ich hatte Mühe, der Begierde, die Unschuld, die Tugend und die Wahrheit zu vertheidigen, zu widerstehen. Die Regungen der zärtlichsten Freundschaft trieben mich an, dem unüberwindlichen Widerwillen, etwas drucken zu lassen, ein Mal Gewalt anzuthun. Ein günstiger Zufall kam mir zu statten. Es kam ein Französischer Brief eines Mitgliedes der Akademie der Wissenschaften in Berlin zum Vorschein, welcher einen andern von einem Mitgliede wider den Herrn von Maupertuis geschriebenen Brief beantwortete. Ich habe denselben übersetzt. Alles was ich selbst zu schreiben im Stande war, würde von weniger Wirkung gewesen sein. Ich richtete wenig oder nichts aus, wenn ich alles that, was meine Kräfte vermochten. Meine timme war zu schwach, man hätte sie nicht gehört. Ich glaube etwas Wichtiges gethan zu haben, da ich das Werkzeug sein kann, daß diejenige, welche sich in diesem Briefe mit so vielem Nachdruck und so vieler Stärke ausdrückt, sich meinen Landsleuten in ihrer Muttersprache hören läßt. Wie angenehm, wie ruhmwürdig ist es, einen solchen Vertheidiger zu finden, und wie würdig ist derjenige, welcher alle Tugenden in seiner Person vereinigt, der Beschützer derselben zu sein."
246-+ Le Tombeau de la Sorbonne ist nicht gegen Maupertuis gerichtet (wie es bei Preuß etc. I. 245 heißt), obgleich es auch in: La Vie de Voltaire par M. a Geneve 1786 und in der neuen Auflage dieser Schrift par. T. J. D. V... à 1797 gesagt wird, sondern gegen die Sorbonne in Paris, wegen ihres Verfahrens gegen den Abbé de Prades, der, wie Einige wollen, auch Verfasser davon sein soll. (Siehe oben S. 244). Dagegen wird Voltaire eine andere Spottschrift gegen Maupertuis, welche den Titel Seance memorable hat, zugeschrieben.
247-+ So wird die Sache allgemein erzählt, allein es scheint richtiger, daß Voltaire dem König die Schrift nur im Manuscript zu lesen gegeben, und dann erst die Erlaubnis, die Voltaire zum Druck einer andern Schrift hatte, auch zum Druck des Akakia benutzte.