November.

A.

1. November 1762

Der König in Löwenberg. Hier erhielt der König die Nachricht von dem Siege des Prinzen Heinrich bei Freiberg.

5. November 1762

In Lauban, von wo der König nach Meissen abreist.

6. November 1762

Ankunft des Königs in Meissen 189-+.

<190>

7. November 1762

Der König in Torgau schreibt an d'Argens :

"Ich sehe wohl, mein lieber Marquis, daß Sie einen recht herzlichen Nntheil daran nehmen, wenn es uns gut geht. Was unsere militärischen Verrichtungen von diesem Jahre betrifft, so muß ich gestehen, wir haben uns nicht über Unglück zu beklagen. Ich wünsche, dasselbe in politischer Hinsicht sagen zu können. Die beiden Krücken, die mich in meinem Gang untestützen sollten, sind immerfort ungleich, daß ich bald nach dieser, bald nach jener Seite sinke. Wissen Sie ein Mittel, dem Uebel abzuhelfen, so erzeigen Sie mir durch Mittheilung desselben einen Gefallen. Morgen gehe ich nach Meissen. Ist es möglich, Dresden zu nehmen, ohne dabei viel aufs Spiel zu setzen, so nehmen wir es, geht dies aber nicht, so ziehen wir uns allmälig in die Winterquartiere und treffen Anstalten, näher nach Leipzig zu kommen, wo ich Sie, wie Sie mir versprochen, wieder zu sehen hoffe. Cassel ist über; das wäre herrlich, wenn ein gewisser Bube, der viel eher gerädert zu werden verdient, als Cartouche, nicht einen gewissen Posten auf einer gewissen Insel bekleidete. Unter gegenwärtigen Umständen aber ist Cassel bloß eine eroberte Stadt mehr, und weiter nichts.

Mein ganzes Verlangen, alle meine Wünsche gehen auf einen guten Frieden. Was dahin führt, mein lieber Marquis, erheitert mich; alle Nebenzweige kümmern mich nicht. Leben Sie wohl, mein Lieber, bleiben Sie gesund und sein Sie so lustig, als man es in unserm Alter sein darf, damit ich noch einige ruhige und harmlose Augenblicke mit Ihnen zubringen kann. Ich glaube, wir werden uns den 1. Dezember in Leipzig wieder sehen können; doch werde ich noch vorher schreiben, auch einen Jäger schicken, der Sie begleiten soll. Leben Sie wohl."

8. November 1762

Der König in Meissen.

9. November 1762

Von Meissen über Nossen in Freiberg, von wo der Prinz Heinrich mit dem General-Lieutenant von Seidlitz, dem<191> Grafen von Anhalt und dem Major von Kalkreuth dem König bis Ober-Gruna entgegen gegangen war.

10. November 1762

Der König besieht das Schlachtfeld bei Freiberg und kehrt nach Meisten zurück.

23. November 1762

Der König in Meisten, schreibt an d'Argens :

"Ich habe, Mein lieber Marquis, die Geschichte der heiligen Betrüger geendigt, und nach herabgsschlucktem Gifte des Fanatismus sogleich meine Zuflucht zum Gegengifte der Philosophie und der gesunden Kritik genommen, die ich in Ihrem Timäus 191-+ gefunden. Um Ihnen zu beweisten, daß ich nur das dazu nöthige Zeug angeschafft, so müssem Sie wissen, daß ich das Wort "Bara" verstehe und ganz artig auslege; es heißt nicht schaffen, sondern ein prächtiges Werk hervorbringen. Die Kraft, welche Pythagoras den Zahlen beilegt, hat mich gewundert, und an den Dialog über die Buchstaben im Lucian erinnert. Das Demüthigende bei der Sache ist, zu sehen, wie Ihr Griechischer Philosoph, der meines Erachtens ein Erzgrieche ist, im ganzen Ernst von den Wundern der Zahlen spricht, und daß der Witzkopf über die Sylben Spaß treibt. Mit großer Erbauung habe ich den Aufsatz über den heiligen Esel gelesen, der Jesum nach Jerusalem trug, so wie das, was Sie von der Unzuverlässigkeit der alten Schriften anführen, über den Esdra, über die Bücher Mosis, und über die Nothwendigkeit einer Zuflucht zu einem Glaubensrichter, um nicht irre zu gehen. Ich ward sehr überrascht, als ich mich im Timäus von Locris mit meinen Brüdern zusammenfand, und statte Ihnen im Namen der ganzen Sippschaft meinen aufrichtigsten Dank dafür ab. Man sieht wohl, daß Ihre zu große Vorliebe für mich Sie verführt hat, mehr Gutes von uns zu sagen, als ich sammt<192> meinen Brüdern verdiene. Auch bewundere ich die Geschicklichkeit, mit der Sie den Pater Chefmaquer, den bündigen Verfechter des Socianismus, einführen; ferner Ihren Ausfall auf Voltaire, indem Sie ihn immer mit seinen eigenen Waffen schlagen; mit Einem Worte die ganze Kunst, die Sie anwenden, um Ihre Citationen so geschickt anzubringen, als ob Sie selbst mit diesen häckeligen Materien nichts zu thun hätten, so daß Sie gleichsam nur der Referent in diesem Prozesse sind, und Sich immer hinter dem Vorhange halten, Wie geriethen Sie aber auf den Einfall, diesen Timäus von Locris zu wählen, der doch in der That ein obscurer und platter Patron ist? Ich vergleiche Sie mit einer Biene, die selbst aus Dornen und Disteln einen kostbaren Honig zu ziehen versteht. Im Ernst, Ihr Werk ist gut, mit aller möglichen Kunst und Klugheit ausgeführt und voll der trefflichsten Gelehrsamkeit. Auch die Vertheidigung des Kaisers Julian und die Art, wie Sie die heiligen Väter der Lügen und des frommen Betruges überführen, hat sehr meinen Beifall. Ich würde Ihnen das ganze Werk abschreiben müssen, wenn ich Ihnen von Allem, worin ich Ihnen beipflichte, Rechenschaft geben wollte. Bloß bei Einem Artikel sind Sie, meiner Meinung nach, nicht behutsam genug gewesen, bei dem von der Verkäuflichkeit der Gerichts, stellen in Frankreich. Sie sind da auf eine delicate Materie gekommen, indem Sie das Kapitel von Maitressen und König, lichen Beichtvätern berühren.

Die Vertheidigung des Königs von Portugal aber ist ganz vortrefflich, und ich denke über dieses philosophische Jahrhundert wie Sie, daß es wahrhaftig eben so nichtswürdig und barbarisch ist, als es die vorigen waren. Erbitterung, Rachgier, Ehrsucht und Fanatismus werden zu aller Zeit Quellen von Verbrechen und Missethaten sein. Die, welche sich diesen traurigen Leidenschaften überlassen, kehren in der Welt das Unterste zu oberst, während daß einige arme Phi<193>losophen was weise und gut ist in der Stille anzubauen suchen. So ist es immer gewesen, und, ohne ein Prophet zu sein, glaube ich, daß es nach uns nicht viel anders sein wird. Ich will Sie nicht länger damit aufhalten, da der Augenblick herannaht, wo ich das Vergnügen haben werde, Sie wiederzusehen.

Wir haben mit dem Feinde den Winter über eine Convention geschlossen, die uns einige ruhige Monate verschaffen wird. Den 5. Dezember treffen Sie mich in Leipzig. Ihre Abreise und Ihre Einrichtung unterwegs können Sie nach Ihrer Bequemlichkeit treffen. Mir ist es ein wahres Fest, und ich freue mich eben so sehr darauf, Sie wieder zu sehen, als Medor auf seine Angelika. Bringen Sie die gute Babet nur mit, und machen Sie es Sich so bequem, wie möglich, damit ich Ihre Unterhaltung recht nach Herzenslust genießen kann. Leben Sie wohl etc."

Um diese Zeit und wahrscheinlich erst nach dem Tage, an welchem der König den vorstehenden Brief geschrieben, kam der Sächsische Geheime Rath von Fritsch nach Meissen zum König und brachte Friedensvorschläge. (H. W. IV. 340 — 345).

B.

1. November 1762

Cassel ergiebt sich dem Prinzen Friedrich August von Braunschweig. Die Besatzung erhielt freien Abzug.

3. November 1762

Zwischen England und Frankreich werden die Friedenspräliminarien zu Fontainebleau geschlossen.

7. November 1762

Der Oberst-Wachtmeister von Prittwitz vom Zietenschen Husaren-Regiment erobert den feindlichen Posten bei Landsberg und macht 600 Gefangene. Dies war die letzte blutige Begebenheit dieses Krieges in Sachsen.

15. November 1762

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig schließt mit den Französischen Marschällen, dem Herzog d'Etrées und Prinzen Soubise, einen Waffenstillstand.

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24. November 1762

Zwischen der Oestreichischen und Preußischen Armee in Sachsen wird zu Wilsdruf ein Waffenstillstand bis zum 1. März 1763 geschlossen. Desgleichen ward auch in Schlesien ans Befehl des Herzogs von Bevern und des Generals Laudon zu Neubielau durch dm Oberst d'Altan und den Major von Knobelsdorf ein Waffenstillstand auf 3 Monat geschlossen.

29. November 1762

Der Preuß. General-Major von Kleist rückt in Nürnberg ein. Er hatte schon vorher mehrere Städte in Franken in Contribution gesetzt, als : Bamberg, Windsheim, Rothenburg. In diesem Monat hatte der Preuß. Reichstagsgesandte, Freiherr von Plotho, zu Regensburg allen Reichstagsgesandten daselbst eine Erklärung abgegeben, daß die ins Deutsche Reich ausgesendeten Preußischen Völker gegen alle Stände, deren Länder sie berührten, so lange feindlich verfahren würden, bis sie ihre Truppen von dem Oestreichischen Heere zurückziehen und Sr. Maj. dem Könige wegen der bisher gegen Dieselben begangenen Feindseligkeiten völlige Genugthuung geben würden. etc. Worauf ein großer Theil der Reichsstände sich geneigt bezeigte, bei fortwährendem Kriege, nach Zurückberufung ihrer Völker, eine völlige Partheilosigkeit zu beobachten. etc.


189-+ Dies sagt nicht allein Tempelhof VI. 249, sondern es stimmt auch diese Angabe mit des Königs Werken IV. 338. Gleichwohl scheint aus nachstehendem Brief des Königs aus Torgau vom 7ten hervorzugehen, daß er erst von da ab nach Meissen gegangen ist. Vielleicht ging der König von Löwenberg und Lauban aus, über Meissen nach Torgau, ohne sich am erstern Ort lange aufzuhalten. Nach Oesfeld ist der König am 22. Oktober — soll aber wohl November heißen — in Meissen angelangt, was sich jedoch auch nicht mit des Königs Brief vereinigen läßt. Ohne Zweifel war der König schon den 8ten und 9ten in Meissen. (Spenersche Zeitung 1762 Rr. 140).

191-+ Timée de Locres en grec et en françois, avec des dissertations sur les principales question de la méthaphysiques. P. d'Argens. Berl. 1762.