Januar 1769.

A.

Januar 1769

Der König in Berlin.

6. Januar 1769

Er besucht die Prinzessin Amalie und den Prinzen Heinrich.

8. Januar 1769

An diesem Tage, einem Sonntag, unterschreibt der König sein Testament 313-+. Vormittags war bei ihm die gewöhnliche große Cour, Mittags speiste er mit den Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses bei seiner Gemalin.

Der Eingang des Testaments, dieser merkwürdigen Urkunde von der Denkart und von dem Charakter dieses großen Kö<314>nigs, dem wir noch einige der merkwürdigsten Artikel daraus beifügen, lautet wie folgt :

"Unser Leben ist ein flüchtiger Uebergang vom Augenblicke unserer Geburt bis zu dem unsers Todes. Es ist des Menschen Bestimmung, während dieses kurzen Lebenslaufes, für das Beste der Gesellschaft zu arbeiten, wovon er einen Theil ausmacht. Seitdem ich die Verwaltung der Regierung überkommen habe, verwandte ich alle Kräfte, die die Natur mir verliehen hat, und meine schwachen Einsichten dazu, um den Staat, den ich die Ehre hatte zu beherrschen, glücklich und blühend zu machen. Gesetze und Gerechtigkeit herrschten unter mir; ich brachte Ordnung und Bestimmtheit in die Finanzen, und erhielt die Armee in jener Kriegszucht, wodurch sie sich zur Ersten Europas emporgeschwungen hat. Da ich nun meine Pftichten gegen den Staat erfüllt habe, so würde ich mir einen immerwährenden Vorwurf zuziehen, wenn ich das, was ich meinem Hause schuldig bin, hintan setzte. Um also, die Streitigkeiten, die sich in Rücksicht meiner Hinterlassenschaft unter meinen Anverwandten erheben könnten, zu verhüten, erkläre ich durch diesen feierlichen Akt meinen letzten Willen.

1. Gutwillig und ohne Betrübniß gebe ich den Lebenshauch, der mich beseelt, der gütigen Natur, die ihn mir verliehen hat, zurück, und meinen Körper den Elementen, woraus er besteht. Ich lebte als Philosoph und will so begraben werden, ohne alles Aufsehn, ohne Pracht und Leichenzug. Weder eröffnen noch balsamiren soll man mich. Meine Ruhestätte sei zu Sanssouci, oben auf den Terassen in einem Grabe, das ich mir zurichten ließ 314-+. Ward doch<315> auch Prinz Moritz von Nassau in einem nahe bei Cleve gelegenen Holze begraben 315-+! Sterbe ich auf einem Feldzuge oder auf der Reise, so lege man mich nur an den nächsten besten Ort und bringe mich dann im Winter nach Sanssouci an den so eben bezeichneten Ort.

2. Meinem lieben Neffen Friedrich Wilhelm, dem ersten Thronfolger, hinterlasse ich das Königreich Preußen, die Länder, Staaten, Schlösser, die Festungen, alle Plätze, den ganzen Vorrath, die Zeughäuser, die von mir theils eroberten, theils ererbten Lande, alle Kleinodien der Krone, die goldenen und silbernen Geschirre, die in Berlin sind, meine Landhäuser, Bibliothek, Medaillenkabinet, Bildergallerie, Gärten etc. Außerdem überlasse ich ihm den Schatz, so wie er sich am Tage meines Todes befinden wird, als ein dem Staate zugehöriges Gut, das nur zur Verteidigung oder zu Unterstützungen der Unterthanen verwandt werden soll.

3. Sollte sich's nach meinem Tode zeigen, daß ich einige kleine Schulden hinterlasse, an deren Bezahlung mich der Tod gehindert, soll mein Neffe verpflichtet sein, sie zu berichtigen. Das ist mein Wille.

5. Nun zur Allodialverlassenschaft. Nie war ich geizig oder reich; und so habe ich nicht viel zu vermachen. Mir waren die Staatseinkünfte heilig wie die Bun<316>deslade, die nie eine profane Hand berühren durfte. Nie wurde etwas davon zu meinem Privatgebrauch verwendet. Die Ausgaben für mich stiegen für's ganze Jahr nicht über 220000 Thaler. Und so ist mein Gewissen in Rücksicht meiner Verwaltung ruhig, und ich könnte ohne Furcht öffentliche Rechnung darüber ablegen.

25. Ich empfehle mit aller Zuneigung, deren ich fähig bin, meinem Erben jene braven Officiere, welche den Krieg unter meiner Anführung mitgemacht haben. Ich bitte ihn, für diejenigen Officiere Sorge zu tragen, welche sich besonders zunächst um meine Person befunden haben, daß er keinen derselben verabschiede, daß keiner von ihnen, mit Hinfälligkeit beschwert, im Elend umkomme, er wird an ihnen geschickte Krieger und Personen finden, die Beweise von ihren Einsichten, ihrer Tapferkeit und ihrer Treue gegeben haben.

26. Ich empfehle ihm meine Geheimen Sekretäre, so wie alle Diejenigen, welche in meinem Kabinet gearbeitet haben; sie haben Gewandtheit in den Geschäften und können ihm beim Antritte seiner Regierung über viele Sachen Aufschluß geben, von denen selbst die Minister nichts wissen.

27. Auf gleiche Weise empfehle ich ihm Alle, die mich bedient haben, so wie meine Kammerdiener etc.

32. Ich empfehle meinem Nachfolger, sein Geblüt auch in den Personen seiner Oheime, Tanten und allen übrigen Verwandten zu achten. Das Ohngefähr, welches bei der Bestimmung der Menschen waltet, bestimmt auch die Erstgeburt, aber darum, daß man König ist, ist man nicht mehr werth, als die andern. Ich empfehle allen meinen Verwandten, in guter Einigkeit zu leben und eingedenk zu sein, wenn es sein muß, ihr persönliches Interesse dem Wohle des Vaterlandes und dem Besten des Staates aufzuopfern.

<317>

Meine letzten Wünsche im Augenblick, wo ich den letzten Hauch von mir geben werde, werden für das Glück dieses Reiches sein. Möchte es stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und Kraft regiert werden. Möchte es der glücklichste der Staaten sein durch die Milde der Gesetze, der bestverwaltetste in Hinsicht der Finanzen, und der am tapfersten vertheidigte durch eine Armee, die nur nach Ehre und edlem Ruhme strebt. Möchte er in höchster Blüthe dauern bis an das Ende der Zeit 317-+!"

9. Januar 1769

Der König an Fouqué :

"Werther Freund. Ich sende Ihnen alle Gehörwerkzeuge, die ich hier habe auftreiben können, samt dem Gebrauchzettel. Möchten sie Ihnen doch wieder zum Gehör verhelfen und die Beschwerlichkeiten des Alters lindern. etc."

16. Januar 1769

Der König an d'Alembert :

- etc. - "So alt ich auch bin, habe ich doch Voltaire's A. B. C. gelesen. Ich stehe Ihnen dafür, daß er des Grotius A. B. C. weder kennt, noch versteht, und wahrscheinlich den Hobbes eben so wenig je gelesen hat; denn dergleichen ist pedantisch, weil es tiefsinnig ist. Besser abgemessen als alles übrige ist sein Urtheil über Montesquieu, ich fürchte, er hat Recht. Das Uebrige des Werkes enthält Späße und Leichtfertigkeiten, nach seiner Weise hin und wieder angebracht. Die Welt hält er für ewig und<318> führt die schwächsten Gründe dafür an, er möchte gern an Gott zweifeln, allein er fürchtet den Scheiterhaufen. etc. — Seit einem Jahre habe ich nichts von Voltaire bekommen. etc."

17. Januar 1769

Besteht der König die Kasernenbauten.

17. Januar 1769

Der Landgraf von Hessen-Kassel kommt in Berlin an.

24. Januar 1769

Feier des Geburtstags des Königs, große Cour. Der König und der ganze Hof bei dem Prinzen Heinrich zur Mittagstafel. Nachmittag geht der König nach Potsdam.

B.

20. Januar 1769

Stirbt der Markgraf Friedrich Christian von Anspach-Baireuth.


313-+ Dieses Testament erschien zuerst im 64. Heft der Staatsanzeigen des Hofraths Schlözer, und zwar in der (Französischen) Ursprache. Nachher kam es 1792 in Berlin Französisch und Deutsch heraus. Der König hatte es bei dem Herzog Karl von Braunschweig, den er auch zum Vollstrecker desselben ernannt, niedergelegt, der es nach Friedrichs Tode durch seinen Minister, den Baron Karl August von Hardenberg (nachherigen Fürsten und Preuß. Staatskanzler), nach Berlin sandte.

314-+ Dieses Grab befindet sich in Sanssouci unter der Stelle, welche oben auf der Terrasse die schöne Marmor-Statue einer liegenden Flora einnimmt, die der König von seinem gewöhnlichen Arbeitszimmer aus stets vor Augen hatte. Daß der König hier nicht, wie er gewünscht hatte, beigesetzt worden, ist bekannt. Man glaubte damals, es der Würde dieses großen allgemein verehrten Monarchen schuldig zu sein, seiner Asche eine minder bescheidene Ruhestätte zu bereiten, und setzte ihn deshalb in der Garnisonskirche zu Potsdam in dem Gewölbe unter der Kanzel, neben seinem Vater, bei. Jetzt, wo Zeiten und Ansichten sich geändert, und des Königs Friedrich Wilhelm III Majestät mir seiner Gemalin ebenfalls in ihrem Garten zu Charlottenburg ihre letzte Ruhestätte sich gewählt und eingenommen haben, jetzt dürfte es wohl vielleicht noch geschehen, daß auch die Asche Friedrichs des Großen nach Sanssouci in die von ihm gewählte Gruft übergeführt würde.

315-+ S. oben unter Juni 1763.

317-+ Die hier übergangenen Artikel enthalten die einzelnen Bestimmungen der verschiedenen Vermächtnisse für die Königin, die Brüder, Schwestern und anderen Verwandten des Königs und einige seiner Diener, bestehend in Gold, Silber, Juwelen, baarem Gelde etc., Porzellan, Tokaier-Wein, Equipagen, Reitpferden mit Sattel und Zeug etc. Den Stabsofficieren von des Königs und von dem Lestowitzischen Regimente, so wie von der Leibgarde, war, einem jeden, eine goldene Denkmünze vermacht, die bei Gelegenheit einer großen Waffenthat der Preuß. Armee, unter des Königs Anführung, geprägt worden, und jedem Soldaten dieser 4 Bataillons und der Leibgarde 2 Thaler.