<172> die Sekte der Akataleptiker, so müssen wir zugeben, daß der größte Theil der Wahrheiten den. Blick der Menschen undurchdringlich ist, daß wir uns gleichsam in einem dicken Nebel von Irrthümern befinden, der uns das Licht ans immer entzieht. Wie kann denn ein Mensch - außer einigen mathematischen Wahrheiten - versichert sein, seines Gleichen nicht zu betrügen, da er selbst betrogen worden ist? Jeder Mensch, der mit Vorsatz das Publikum, um eigenes Vortheils willen, oder aus einer ihn selbst betreffenden Absicht, hintergehen will, ist unstreitig strafbar; aber ist es nicht erlaubt, die Menschen zu täuschen, wenn man es zu ihrem Besten thut? Z. B. eine Arzenei, die dem Kranken zuwider ist, zu verkleiden, damit er sie einnehme, weil sie das einzige Mittel ist, ihn gesund zu machen? oder den Verlust einer großen Schlacht geringer vorstellen, um nicht eine ganze Nation muthlos zu machen? oder endlich ein Unglück, eine Gefahr zu verhehlen, die Jemanden zu sehr rühren könnte, wenn man sie ihm geradezu ankündigte, um Zeit zu gewinnen, ihn darauf vorzubereiten? Ist die Rede von der Religion, so geben alle Nachrichten, die vom Alterthum auf uns gekommen sind, zu erkennen, daß sich der Ehrgeiz derselben bedient hat, um sich empor zu schwingen. Muhamed und so viele andere Secten bestätigen diese Wahrheit. Ohne Zweifel waren sie strafbar. Bedenken Sie aber auf der andern Seite, daß es wenige Menschen giebt, die nicht furchtsam und leichtgläubig sind, und die sich selbst eine Religion würden gemacht haben, wenn man ihnen keine gepredigt hätte. Daher fand und sah man beinahe auf der ganzen Erdkugel eingeführte positive Religionen. etc."
8. September 1777
Der König nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, ertheilt dem Oestreichischen Gesandten von Switen die Abschieds- und dem von Cobenzl die Antrittsaudienz. Dem erstern schenkt er eine Tabatiere von hohem Werth.