"<240> Viele, die Ihnen ähnlich wären; so läge mir der Stoff dazu ganz nahe, und ich versichere Sie, ich würde Allen Gerechtigkeit widerfahren lassen, und eben die Hochachtung für sie haben, wie für Ihre Person +."
+ Diese Schrift des Königs machte viel Aufsehen. Von den (wenigen ihm bekannten) Deutschen Schriftstellern hatten seinen Beifall - mehr oder weniger - unter den Dichtern: Gellert, Canitz, Geßner und Götz, dessen Gedicht: die Mädcheninsel, ihm vorzüglich gefallen hatte; so lobt er auch das Lustspiel: "der Postzug" von von Ayrenhoff, dagegen spricht er sich tadelnd über Göthe's "Götz von Berlichingen" aus. Beiläufig erwähnt er auch Shakspeare, und nennt seine Stücke abscheulich, entschuldigt jedoch seine "sonderbaren Ausschweifungen" (ce melange bizarre de bassesse, et de grandeur, de bouffonnerie et de tragique) mit der Zeit, in der dieser Dichter lebte. Von den Geschichtschreibern lobt er Mascow und Thomasius, von den Rednern Quandt. An den Lehrern der Geometrie findet er nichts zu tadeln. In Absicht der Theologen "will er ein ehrerbietiges Stillschweigen beobachten." Die Philosophen betreffend, so spricht der König hier eigentlich nur überhaupt von den Systemen, und sagt in Bezug auf Spinoza: "Nichts aber wird unserm Lehrer leichter sein, als dieses System von der Seite zu zerstören, da es die Existenz Gottes läugnet; er darf nur zeigen, wie jede Sache in der Welt zu einem gewissen Zweck bestimmt und auf das Vollkommenste so eingerichtet ist, diesen Zweck zu erfüllen. Alles, sogar das Wachsthum des geringsten Grashalmes, beweiset die Gottheit. Der Mensch besitzt einen Grad von Verstand, den er sich selbst nicht gegeben hat, hieraus folgt unwidersprechlich, daß das Wesen, von dem er Alles hat, noch einen viel tiefern und unermeßlichern Verstand besitzen müsse."
Am Schluß sagt der König: "Wenn wir Medicis haben, werden auch unsere Genies hervorkeimen, und die Auguste werden schon Virgile schaffen. Wir werden dann auch unsere klassischen Schriftsteller bekommen. Jeder wird sie lesen wollen; unsere Nachbarn werden Deutsch lernen, und die Höfe es mit Vergnügen hören. Und vielleicht bringen unsere guten Schriftsteller es dahin, daß unsere zur Vollkommenheit gebrachte und verfeinerte Sprache noch einst von einem Ende Europas bis zum andern geredet wird. Noch sind diese schönen Tage unserer Literatur nicht gekommen, aber sie nähern sich und er- scheinen gewiß. Ich kündige sie Ihnen an, obgleich mein Alter mir die Hoffnung nimmt, sie noch selbst zu sehen. Ich bin wie Moses, ich sehe das gelobte Land von fern, werde aber nicht selbst hineinkommen." Eine solche Schrift konnte nicht ohne Beurtheilungen bleiben, es erschienen deren bald mehrere, z. B. von dem Abt Jerusalem, von Gomperz, Assprung, Tralles, Meister, Rauquil-Lieutaud und einigen Anonymen.
Zu den Urtheilen des Königs über die Deutsche Litteratur gehört auch noch sein Schreiben an den Professor Myller. (S. unter d. 22. Febr. 1784).
von Ziegler's Asiatische Banise (Leipzig, 1688) scheint dem König theilweise gefallen zu haben. Wenigstens schreibt Grimm unter dem 23. Juni 1781 an den König: "Ich für mein Theil, Sire, werde mich immer sehr lebhaft erinnern, mit welchem Feuer Ew. Majestät mir einmal den ganzen Anfang der Asiatischen Banise vordeclamirten."
Dieser Anfang lautet: "Blitz, Donner und Hagel, als die rächenden Werkzeuge des gerechten Himmels, zerschmettere die Pracht deiner goldbedeckten Thürme, und die Rache der Götter verzehre alle Besitzer der Stadt, welche den Untergang des Königlichen Hauses befördert, oder nicht solchen nach äußerstem Vermögen, auch nicht mit Daransetzung ihres Blutes verhindert haben. Wollten die Götter, es könnten meine Augen zu donnerschwarzen Wolken und diese meine Thränen zu grausamen Sündfluthen werden. etc. etc."