<7>

"Ihre Schrift und den dabei befindlich gewesenen Brief habe ich erhalten. Ich sehe mit Vergnügen, daß Sie mit mir gemeinschaftliche Sache machen, und die Rechte und Vorzüge der Tugend stark und deutlich vertheidigen. Als ich die Selbstliebe zu einen, Grundsatz der Moral annahm, wollte ich die andern gar nicht verwerfen. Ich weiß nur zu gut, daß man nie Stützen und Bewegungsgründe genug haben kann, um die Moral aufrecht zu erhalten, und die Menschen zur Ausübung derselben anzutreiben, und daß ein Principium, welches auf Einige Wirkung thut, bei Andern gar keine äußert. Daher billige ich Ihre Methode und das Principium, das Sie zu dem meinigen hinzusetzen, um diesem letztern den Grad von Kraft zu geben, den Sie ihm wünschen.

Aber wenn, Ihrer Behauptung zufolge, die Gesetze des Gewissens eine stärkere Autorität nöthig haben, um die Menschen den willkührlichen Einschränkungen zu entziehen, welche der Verstand zu ersinnen sich bemühet, - weshalb erklären und beschränken denn diejenigen, welche diese Autorität in der Religion finden, die sie glauben und bekennen, die Verpflichtungen, welche die Rechtschaffenheit ihnen auflegt, nach ihrer Phantasie, und nach geringerem oder größerem anscheinenden Nutzen? Sehen Sie nur Ihren Seelsorger an; er ist ein calvinistischer, vielleicht auch lutherischer Christ, und macht sich in gewissen Umständen eine Moral, welche der, die er als göttlich ansieht, ganz entgegengesetzt ist.

Es wäre nützlich und sehr wichtig, diese Schwierigkeit gut zu heben, und die beste Art aufzusuchen, die Menschen so zu bilden, daß die Selbstliebe (wenn Sie wollen mit Unterstützung Ihres Principiums) in allen Umständen ihres Lebens den schnellsten, sichersten, allgemeinsten und dauerhaftesten Eindruck auf sie machte. etc."

Um diese Zeit hatte der König die kleine Schrift Dialogue de morale à l'usage de la jeune noblesse, Berlin 1770, verfaßt. (In einem Deutsch. Explr. dieser Schrift, welches