<70> bringen hoffen, so kann die unbesonnene Jugend, die nur die groben sinnlichen Vergnügungen kennt, die Künste nicht lieben, mit denen sie nicht genug bekannt ist, um darüber zu urtheilen, und es fällt ihr leichter, das, was sie nicht studirt hat, zu verachten, als ihre Unwissenheit zu bekennen. Denn welche Zeit bleibt einem Menschen, der in der großen Welt zu Paris lebt, übrig - ich will nicht sagen, zum Studiren, - sondern nur zum Denken? Des Morgens Besuche, dann ein Frühstück; hernach das Schauspiel, von da zum Spiel, zum Abendessen, noch einmal Spiel bis um zwei Uhr Morgens, alsdann Liebesglück und hierauf zu Bette, um eilf Uhr steht man wieder auf. Auf diese Art sind alle Augenblicke besetzt, und man ist sehr beschäftigt, ohne das Geringste zu thun. etc.
Was mir jetzt den kleinen gelehrten Briefwechsel, den ich sonst in Frankreich unterhalten habe, zuwider macht, sind nicht die Schriftsteller, sondern der ihnen fehlende Stoff. Als ein Fontenelle, ein Voltaire etc. schrieben, da war es ein Vergnügen, Nachrichten aus Frankreich zu erhalten; es waren Nachrichten vom Parnaß etc., allein heut zu Tage, wo nur Kompilationen erscheinen, sind die Journale gar nicht mehr zum Aushalten. etc. Wer z. B. wird Lust haben, sich von der "neuen Rasirkunst, Ludwig XV zugeeignet," belehren zu wollen, oder wer mag die Wörterbücher und die Encyclopädien aller Art? Alles das erregt mir Ekel, und da ich in Athen keinen Correspondenten mehr halte, seitdem es Setines geworden, so will ich auch ferner keinen in Paris haben, weil man daselbst die Waare nicht mehr antrifft, die ich schätze. Indessen kann ich deswegen recht gut schlafen. Bedenken Sie, daß der Schlaf und die Hoffnung die beiden Beruhigungsmittel sind, welche die Natur der Menschheit zugestand, um ihr die wahren Mühseligkeiten, welche sie erfährt, erträglich zu machen. Schlafen Sie und hoffen Sie, so wird alles gut gehen. etc."