<1>

Tagebuch
oder
Geschichtskalender
aus
Friedrichs des Großen Regentenleben.
Vierte Abtheilung,
enthaltend
die Jahre 1770 - 1779.

<2><3>

Januar 1770.

A.

Januar 1770

Der König in Berlin.

2. Januar 1770

Speist bei der Königin, desgl. den 7ten, 14ten und 21sten.

4. Januar 1770

Der König an Voltaire :

- etc. - "Jeder wird mit einem gewissen Talent geboren. Sie haben Alles von der Natur bekommen, aber diese gute Mutter ist nicht gegen jedermann eben so freigebig gewesen. Sie schreiben Ihre Werke für den Ruhm, ich zu meinem Zeitvertreibe. Es glückt uns Beiden, obgleich auf eine ganz verschiedene Art. Denn so lange die Sonne die Welt erleuchtet, so lange sich nur ein Anstrich von Wissenschaft, ein Funken von Geschmack erhält etc., so lange werden Ihre Werke dauern, und Ihr Name wird die weite Reihe von Jahrhunderten erfüllen, die zur Ewigkeit führt. Von den meinigen wird man sagen : "es ist viel, daß dieser König doch nicht ganz und gar ein Schwachkopf gewesen ist; das ist noch ganz erträglich; wenn er als Privatmann geboren worden wäre, so hätte er wenigstens mit Korrigiren in irgend einer Buchdruckerei sein Brodt verdienen können." Dann wirft man das Buch hin, dann macht man Papilloten daraus, und dann ist nicht mehr die Rede davon. etc. - Ich schicke Ihnen einen Aufsatz, den ich für die Akademie bestimmt habe 3-+. Der Gegenstand ist wichtig, die Materie<4> philosophisch, und ich schmeichle mir, Sie werden mit mir über das Princip einverstanden sein, das ich nach meinen besten Kräften darin zu entwickeln suche. etc." Der König läßt wieder mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

4. Januar 1770

Der König an d'Alembert :

"Der Norden, mein Herr Protagoras, ist jetzt ruhiger, als Sie glauben; im Osten aber, da herrschen Unruhe, Krieg und Verwirrung. Wir sogenannten Greise von Europa sind zu unbehülflich, um Händel anzufangen, wie eine gewisse südliche Nation thut, welche man die Welschen 4-+ nennt. Diese muntere Nation steckt ihr Näschen überall hin, oft auch da, wo sie nichts zu suchen hat, und verbreitet die Unruhe, welche sie selbst innerlich verzehrt, von einem Pol der Erdkugel zum andern 4-+. Sie glaubt wahrscheinlich, durch das Mittheilen den ihr zugefallenen Antheil zu vermindern und künftig nicht mehr so viel eigene Unruhe zu haben, allein man sagt, das Alles sei nur verlorne Mühe, und um sie ruhiger zu machen (vernünftiger erkühne ich mich nicht zu sagen), müsse man den Teufel, der sie besitzt, durch Exorcismus austreiben. etc." - Der König überschickt ihm zugleich seine Abhandlung über die Selbstliebe, und erbittet sich sein Urtheil.

6. Januar 1770

Der König speist mit dem General von Lentulus bei der Prinzessin Amalie.

11. Januar 1770

Die Abhandlung des Königs: "Ueber die Selbstliebe," wird in der Akademie vorgelesen. Feier des Geburtsfestes des Prinzen Heinrich. Große Mit<5>tagstafel bei der Königin wo auch der König gegenwärtig ist. Der Prinz erhält vom Könige eine Tabatiere von hohem Werth zum Geschenk.

23. Januar 1770

In Begleitung des Generals von Lentulus besieht der König das Zeughaus.

24. Januar 1770

Feier des Geburtstags des Königs, welcher mit der Königin und dem übrigen Königlichen Hause das Mittagsmahl bei em Prinzen Heinrich einnimmt, und dann mit dem General von Lentulus nach Potsdam geht.

Um diese Zeit schrieb der König das eben so merkwürdige als bittere Gedicht über die Regenten seiner Zeit, darin er auch sich selbst erwähnt. Es hat die Überschrift "Codicill" und steht in den H. W. VII. 178.

Februar.

A.

Februar 1770

Der König in Potsdam.

5. Februar 1770

Der König an den Minister von Münchhausen :

"Ohngeachtet Ich Euch bereits vor geraumer Zeit zu erkennen gegeben, wie wenig Ich den dermaligen Abt zu Klosterbergen bei Magdeburg geschickt halte, diesen dem Lande so ersprießlichen Anstalten mit Nutzen vorzustehen, und denselben ihr ehemaliges Lustre wieder zu geben, und wie nöthig es demnach sei, die Direction derselben einem andern dazu besser aufgelegten, und in Schulsachen berühmten Mann anzuvertrauen; so habe Ich doch bis diese Stunde von Euch weder einen Bericht noch sonstige Anzeige erhalten, ob und was für Maßregeln Ihr genommen habt oder zu nehmen gedenkt, um Meinen landesväterlichen Absichten hierunter ein Genüge zu leisten. Vielmehr muß Ich annehmen, daß gedachte Anstalten immer mehr sich verschlimmern, und wohl gar unter der Aussicht des jetzigen Abtes gänzlich zu Grunde gehen dürften. Wenn Ich aber demselben hierunter durchaus keine weitere Nachsicht gestattet<6> wissen will, er auch überhaupt zur Direktion dieser Anstalten keine Fähigkeit hat, als befehle Ich Euch hiermit nochmals und wiederholentlich, ohne den geringsten ferneren Anstand darauf bedacht zu sein, damit ein anderer berühmter, und mit den zu dergleichen Anstalten erforderlichen Fähigkeiten und Eigenschaften begabter, von allem pedantischen Wesen entfernter Mann an seine Stelle berufen, er aber mit einer convenablen Pfarre, wozu er sich vielleicht besser schicken wird, versorgt werden möge. Ihr habt Euch deshalb sofort alle mögliche Mühe zu geben. etc."

Der König beschenkt die Gemalin des Prinzen Heinrich an ihrem Geburtstage (den 23sten) mit einer Tabatiere und einem Ringe von hohem Werth.

Der Fürst von Anhalt-Dessau erhält vom König einen Phaeton und einen Zug Pferde mit prächtigem Geschirr.

30. Februar 1770

Der General von Krockow aus Schlesien zum König nach Potsdam.

B.

5. Februar 1770

Octroi der Getreide-Handels-Compagnie.

8. Februar 1770

Octroi der Berliner Feuer-Versicherungs-Gesellschaft.

8. Februar 1770

Edict, daß alle Verträge, deren Gegenstand über 50 Thaler beträgt, schriftlich sein sollen.

März.

A.

März 1770

Der König in Potsdam.

16. März 1770

Der König an den Prediger Steinbart 6-+

<7>

"Ihre Schrift und den dabei befindlich gewesenen Brief habe ich erhalten. Ich sehe mit Vergnügen, daß Sie mit mir gemeinschaftliche Sache machen, und die Rechte und Vorzüge der Tugend stark und deutlich vertheidigen. Als ich die Selbstliebe zu einen, Grundsatz der Moral annahm, wollte ich die andern gar nicht verwerfen. Ich weiß nur zu gut, daß man nie Stützen und Bewegungsgründe genug haben kann, um die Moral aufrecht zu erhalten, und die Menschen zur Ausübung derselben anzutreiben, und daß ein Principium, welches auf Einige Wirkung thut, bei Andern gar keine äußert. Daher billige ich Ihre Methode und das Principium, das Sie zu dem meinigen hinzusetzen, um diesem letztern den Grad von Kraft zu geben, den Sie ihm wünschen.

Aber wenn, Ihrer Behauptung zufolge, die Gesetze des Gewissens eine stärkere Autorität nöthig haben, um die Menschen den willkührlichen Einschränkungen zu entziehen, welche der Verstand zu ersinnen sich bemühet, - weshalb erklären und beschränken denn diejenigen, welche diese Autorität in der Religion finden, die sie glauben und bekennen, die Verpflichtungen, welche die Rechtschaffenheit ihnen auflegt, nach ihrer Phantasie, und nach geringerem oder größerem anscheinenden Nutzen? Sehen Sie nur Ihren Seelsorger an; er ist ein calvinistischer, vielleicht auch lutherischer Christ, und macht sich in gewissen Umständen eine Moral, welche der, die er als göttlich ansieht, ganz entgegengesetzt ist.

Es wäre nützlich und sehr wichtig, diese Schwierigkeit gut zu heben, und die beste Art aufzusuchen, die Menschen so zu bilden, daß die Selbstliebe (wenn Sie wollen mit Unterstützung Ihres Principiums) in allen Umständen ihres Lebens den schnellsten, sichersten, allgemeinsten und dauerhaftesten Eindruck auf sie machte. etc."

Um diese Zeit hatte der König die kleine Schrift Dialogue de morale à l'usage de la jeune noblesse, Berlin 1770, verfaßt. (In einem Deutsch. Explr. dieser Schrift, welches<8> der Herausgeber dieser Blätter besitzt, ist handschriftlich bemerkt: "Der Entwurf in Französischer Sprache ist von Sr. Majestät dem Könige, diese Übersetzung von Rammler und beide zum Druck befördert, auf Se. Majestät Befehl von Sr. Excellenz dem Herrn General-Lieutenant von Buddenbrock").

April.

A.

1. April 1770

Der König in Potsdam (Sanssouci); bei ihm der Fürst von Lobkowitz, Kaiserl. General-Feldmarschall.

3. April 1770

Schreibt der König die Epistel: "Ueber meine Genesung," an seine Schwester ***.

3. April 1770

Der König schreibt an d'Alembert, der in Bezug auf des Königs Schrift, über die Selbstliebe etc., einige Zweifel über die uneingeschränkte Anwendbarkeit dieses Princips der Moral geäußert hatte, und besonders den Einwurf macht, ob z. B. diejenigen, die nichts haben, die der bürgerlichen Gesellschaft Alles geben, und nicht so viel besitzen, ihre Familie zu ernähren, denen aber die Gesellschaft Alles versagt etc., ob diese Menschen einen andern moralischen Grundsatz haben können, als das Gesetz? etc. Hierauf bestreitet der König zuerst die Möglichkeit eines solchen Falles, und sagt dann: "Aber diesen unmöglichen Fall gesetzt, es fände sich eine Familie, die alles Beistandes beraubt und in der schrecklichen Lage wäre, in der Sie sie schildern, dann würde ich kein Bedenken tragen, mich in Rücksicht derselben für die Rechtmäßigkeit des Diebstahls zu erklären. Und das aus folgenden Gründen: 1) Weil man ihr Ansuchen abwies, anstatt ihr zu helfen. 2) Weil es ein viel größeres Verbrechen ist, sich selbst, sein Weib, seine Kinder umkommen zu lassen, als einem Andern etwas von seinem Ueberfluß zu entwenden. 3) Weil die Absicht dieses Diebstahls tugendhaft, und dessen Ausübung unumgänglich notwendig ist. Auch bin ich versichert, daß es keinen Ge<9>richtshof giebt, der nicht, wenn die Wahrheit des Factums richtig ausgemittelt worden, auf die Lossprechung eines solchen Diebes erkennen wurde. Die Bande der Gesellschaft gründen sich auf gegenseitige Dienstleistungen; besteht aber diese Gesellschaft aus unbarmherzigen Gemüthern, dann sind alle Verbindungen zerrissen, und man tritt in den bloßen Stand der Natur zurück, in welchem durchgehends das Recht des Stärkern entscheidet. etc.

Sie legen mir ferner die Frage vor: Ob es nützlich sei, das Volk zu täuschen? Wenn wir uns in die erste Zeit der Welt versetzen, so werde ich darauf Nein antworten, denn da Irrthum und Aberglaube noch unbekannt sind, so muß man sie nicht einführen, ja man muß sogar ihr Aufkeimen verhindern. Bei der Uebersicht der Geschichte finde ich zwei Arten des Betrugs; dem Aufkommen des einen diente der Aberglaube zum Fußschemmel; die andere Art aber konnte, vermittelst einiger Vorurtheile, dazu dienen, den Geist des Volks zu seinem eigenen Besten zu lenken. Zur ersten Klasse dieser Betrüger gehören die Bonzen, die Zoroaster, die Ruma, die Mahomed etc. Die zweite Klasse aber besteht aus den Staatsweisen, die zum größten Vortheil der Regierung ihre Zuflucht zum System des Wunderbaren nahmen, um die Menschen lenksam, um sie gelehrig zu machen. etc. Alle, die es mit einem großen vermischten Haufen von Menschen zu thun haben, um sie zu einerlei Zweck zu leiten, werden gezwungen sein, ihre Zuflucht bisweilen zu Täuschungen zu nehmen; und wenn sie das Publikum aus den Gründen, die ich eben angeführt habe, täuschen, so halte ich sie nicht für strafbar. Anders aber ist es mit dem groben Aberglauben, dieser ist eines von den schädlichen Kräutern, welche die Natur auf dieser Erde ausgesäet hat, und welcher sogar mit dem Charakter des Menschen innig verbunden ist. etc.

Ich glaube allerdings, daß es gut und sehr nützlich ist, die Menschen aufzuklären. etc. Aber ich glaube zugleich : es wäre<10> unklug und sehr gefährlich, wenn man jene Nahrungsmittel des Aberglaubens abschaffen wollte, die man öffentlich den Kindern austheilt, um sie dem Willen ihrer Väter gemäß damit zu nähren. etc. Der Mensch ist ein Thier, das nicht zu bessern steht, und das mehr nach Sinnlichkeit als nach Vernunft handelt. Indeß habe ich für dies Thier einen Katechismus 10-+ verfertigt, den ich Ihnen hier schicke. etc."

13. April 1770

Der König an die Prinzessin Amalie, seine Schwester: "Epistel, um sie über den Verlust des Fräuleins von Hertefeld zu trösten" ("in Potsdam und auf dem Weinberg").

- etc. - "Ein Mittel nur, o Schwester, hat der Mensch,
Das vor dem Eigensinn des Glücks ihn schützt:
Er sei auf ihn gefaßt, erwart' ihn dann,
Mit Muth, und widerstehe seinem Sturm. etc.
- - - etc. des Schicksals Macht
Bestimmt Dein Loos. Nur darum lebst Du hier,
Damit Du leiden sehn, und klagen, seufzen
Und sterben sollst. Verlorst Du Alles erst,
Was nur Dein Herz geliebt, dann trifft auch Dich
Die Reih', und Du wirst selbst vernichtet sein. etc."

17. April 1770

Der König schickt die von ihm selbst verfaßte kleine Schrift: "Ueber die Erziehung," an den Minister von Münchhausen, weil, wie er dabei bemerkt, "einige Reflectiones darin enthalten sind, von welchen bei den Universitäten Gebrauch zu machen nicht ohne Nutzen sein dürfte." (Bei Lebzeiten gedruckte Werke etc. II. 358. Deckersche Ausgabe).

18. April 1770

Der König schenkt seiner Gemalin ein sehr vollständiges Tafelservice und zwei Theeservice vom feinsten Porzellan. Um diese Zeit hatte der Verbrauch der gebrannten Cichorienwurzel, statt Caffee, auch im Preußischen Eingang gefun<11>den, und der König ertheilte dem Braunschweigschen Major von Heine und dem Christian Gottlieb Förster unter dem 29. April d. J. ein Privilegium zur privativen Fabrikation des Cichoriencaffees auf 6 Jahr, worauf die Entreprenneurs in Berlin, Breslau, Magdeburg den Anbau und die Fabrikation des Cichoriens einrichteten.

B.

5. April 1770

Stirbt der Baron von Bielfeld auf seinem Gute Treben im Altenburgschen.

Mai.

A.

Mai 1770

Der König in Potsdam (Sanssouci).

6. Mai 1770

Der König an Fouqué "am Tage der Prager Schlacht:" "Werthester Freund. Ich übersende Ihnen alten Ungarwein, um Sich damit an eben dem Tage zu laben, wo Sie vor dreizehn Jahren so grausam durch unsere Feinde verwundet wurden.

Ich habe die Gicht gehabt, diesmal hat sie mich durch alle drei Anfälle hintereinander an beiden Füßen sowohl als an den Knieen gar sehr gemißhandelt; doch das ist bereits vergessen.

Wir exerciren, daß es eine Lust ist, und ich gehe meinen alten Gang, so lange mich nur noch ein Hauch von Leben beseelt. etc."

11. Mai 1770

Der König nach Charlottenburg, von da nach dem Berliner Thiergarten, die Regimenter zu mustern, dann zurück.

12. Mai 1770

Desgleichen und nach Potsdam.

12. Mai 1770

Der Kaiserliche Oberstallmeister von Dietrichstein in Potsdam.

Um diese Zeit hatte der König die Schrift: "Prüfung des Versuchs über die Vorurtheile," verfaßt. Sie befindet sich<12> im zweiten Theile der Deckerschen Ausgabe der bei Lezeiten des Königs gedruckten Werke, und ist gegen die Schrift des Pariser Parlaments-Advocaten Du Marsais gerichtet, welche 1769 erschienen war. Der König übersandte sie an d'Alembert und auch an Voltaire.

17. Mai 1770

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Während meiner Genesung war das erste Buch, welches mir in die Hände fiel: "Der Versuch über die Vorurtheile." Es entriß mich der Unthätigkeit, in welcher mich der Verlust meiner Kräfte hielt; und da über viele Gegenstände meine Gedanken in umgekehrtem Verhältniß mit den Gedanken des seinwollenden Philosophen, der dieses Buch geschrieben hat, stehen; so habe ich die gesammte Kraft meiner Organisation angewandt, um dessen Fehler zu zeigen. Ich fühlte zurückstoßende Bewegungen bei den Meinungen des Verfassers, welcher behauptet, daß, da die Wahrheit für den Menschen gehöre, man sie ihm zu jeder Zeit sagen müsse. Auch so oft der Verfasser auf die Könige, auf die Feldherren, auf die Dichter schimpft, haben seine Ideen nicht identisch mit den meinigen werden können, weil ich die Ehre habe, ein ziemlich schlechter Poet (oder nach seinem Ausdruck, ein öffentlicher Giftmischer) zu sein; weil ich die Ehre gehabt habe, mich bisweilen als General (oder als gedungener Henker) herum zu schlagen, und weil ich endlich die Ehre habe, eine Art von König (oder von barbarischem Tyrannen) zu sein. etc. Doch welchen Endzweck hat dieser vermeinte Philosoph sich bei seinem Buche vorgesetzt? Die Religion umzukehren? Ich habe ihm bewiesen, daß dies unmöglich ist. Die Regierungen anders einzurichten? Nie werden Schimpfreden sie verbessern, aber wohl vielleicht erbittern. etc. Vorzüglich zeigt sich die Unvernunft des Verfassers in seinen Verläumdungen gegen die christliche Religion. Man muß wahrlich sehr wenig wissen, wenn man ihr Verbrechen zur Last legt. Im Evangelium heißt es: Thue Andern nicht, was Du nicht willst, das sie Dir thun<13> sollen! Nun enthält aber diese Lehre den Inbegriff der ganzen Moral. Es ist also lächerlich, und eine unvernünftige Übertreibung, wenn man behauptet : diese Religion erzeuge nichts als Bösewichter. Gesetz und Mißbrauch müssen nie vermengt werden, das Gesetz kann nützlich, und der Mißbrauch schädlich sein. etc."

19. Mai 1770

Der König von Potsdam über Spandau nach Charlottenburg.

20. Mai 1770 bis 23. Mai 1770

In Berlin, wo er vor dem Landsberger Thore und bei Weißensee Revue hält.

24. Mai 1770

In Charlottenburg; schreibt an Voltaire (und schickt ihm zugleich seine Abhandlung: "Prüfung des Versuchs über die Vorurtheile") :

- etc. - "Der heilige Vater hat Sie in Rom verbrennen lassen. Glauben Sie nicht, daß Sie diese Gunstbezeigung allein genossen haben. Der Auszug aus dem Fleury hat ein gleiches Schicksal gehabt. Unter uns Beiden findet, ich weiß selbst nicht was für eine Aehnlichkeit Statt; ich nehme die Jesuiten in Schutz, Sie die Kapuziner, Ihre Werke werden in Rom verbrannt, die meinigen auch. etc." Die Berliner Zeitung meldet, daß an diesem Tage die Gemalin des PrinzenFerdinand von einer Prinzessin von sieben Monat entbunden worden, welche desselben Tags Nachmittag die Taufe empfangen. Unter den Taufzeugen war auch der König. Die neugeborene Prinzessin erhielt die Namen: Friederike Louise Dorothee Philippine. (Sie ward 1796 vermält mit dem Fürsten Anton Radziwil und starb in Berlin als dessen Wittwe den 7. Dezbr. 1836). Der hohen Wöchnerin schenkte der König sein Portrait, reich in Brillanten gefaßt.

24. Mai 1770

Der König über Cüstrin nach Stargard zur Musterung.

26. Mai 1770

In Stargard bis den 28sten.

28. Mai 1770

In Freienwalde.

29. Mai 1770

In Alt-Landsberg (zum ersten Male). Hier unterhält sich der König mit dem Bürgermeister Mertens, und läßt sich eine<14> Nachweisung über den Nahrungszustand der Stadt vor legen.

29. Mai 1770

In Potsdam.

31. Mai 1770

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam zur gewöhnlichen, alle Jahr um diese Zeit Statt findenden Minister-Conferenz.

In diesem Monat besuchte der König, in Begleitung des regierenden Herzogs von Braunschweig, den kranken General von Zieten in Berlin, dem er bald nachher ein Geschenk von 10000 Thlr. macht, weil er durch den Oberst von Prittwiß erfahren, daß auf dem Gute des Generals von Zieten die Viehseuche viel Schaden gethan.

Der General von Ramin erhielt vom König ein sehr schönes Reitpferd.

Juni.

A.

1. Juni 1770

Der König ladet die sämmtlichen Minister zur Conferenz zu sich nach dem Neuen Palais in Sanssouci ein. Von den hierbei Statt gehabten merkwürdigen Unterredungen etc. des Königs, welche der Minister von Derschau dem Geh.-Rath von Brenkenhof in einem Briefe mittheilte, findet man einen sehr interessanten Auszug in der 13. Sammlung der Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben Friedrichs II, Seite 87, und in (de la Veaux) La vie de Fr. II, Strasb. 1788, V. 186.

2. Juni 1770

Der König nach Magdeburg zur Revue.

9. Juni 1770

Ueber Salzthal nach Potsdam zurückgekommen.

10. Juni 1770

Der König an den Minister von Münchhausen :

"Mein lieber Etats-Minister von Münchhausen. Die von Euch vor einiger Zeit zur Versetzung des Abts Hähn zu Klosterbergen bei Magdeburg verlangte Frist, dauert zu lange. Ich habe bei Meiner letzten Anwesenheit in Magdeburg nicht ohne Mißfallen vernehmen müssen, daß es mit<15> diesen Anstalten von Tage zu Tage schlechter wird, und wenn nicht bald ein neuer vernünftiger Mann denselben vorgesetzt wird, solche nothwendig durch die wunderlichen Grillen und Aufführung dieses Direktors ganz zu Grunde gehen müssen. Meine für dergleichen sonst so blühende Schule tragende landesväterliche Vorsorge, erlaubt Mir demnach keine längere Nachsicht, und Ich will vielmehr, daß Ihr diesen Mann ohne weitem Anstand, allenfalls mit einer Inspektion auf dem Lande, versorgen, und an seine Stelle einen andern guten Schulmann, welcher dem Pietismo nicht ergeben, sonst aber die Jugend zur Tugend und zu nützlichen Gliedern des Staats, ohne Kopfhängerei, zu bilden fähig ist, zum Director zu Klosterbergen aussuchen und annehmen sollt. etc."

Um diese Zeit langte die regierende Landgräfin von Hessen-Darmstadt 15-+ in Potsdam beim König an, und ging den 19ten über Berlin nach Schönhausen zur Königin. Bald nachher kehrt sie nach Potsdam zurück.

B.

9. Juni 1770

Es wird ein Ober-Bau-Collegium errichtet.

Es werden Anstalten getroffen, vor dem Potsdamer und Oranienburger Thore, in der Gegend des botanischen Gartens, des Invalidenhauses und des Weddings einige hundert Gärtnerfamilien zur Anlegung von Gärten etc. anzusetzen.

Juli.

A.

2. Juli 1770

Der König von Potsdam nach Charlottenburg.

3. Juli 1770

Nach dem Wedding zum Artillerie-Manövre, dann über Charlottenburg nach Potsdam (Sanssouci).

3. Juli 1770

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Kaum hatte ich Ihnen meine Bemerkungen über jenen Versuch über die Vorurtheile etc. geschickt, als<16> mir ein anderes Buch in die Hände gerieth; und da ich einmal im Zuge war, philosophische Werke zu prüfen und Bücher zu schreiben, so habe ich auch diese Anmerkungen aufs Papier geworfen, und schicke sie Ihnen. Ich meine nämlich das System der Natur 16-+. Ich habe bloß die handgreiflichsten Widersprüche, und die falschen Folgerungen, welche mir am auffallendsten waren, rügen wollen. Es wäre noch sehr viel darüber zu sagen, und man könnte sich noch vielmehr aufs Einzelne einlassen, welche mir die Zeit nicht gestattet, ich habe mich nur auf die vier Hauptpunkte eingeschränkt, die der Verfasser abhandelt.

In Rücksicht des ersten, wo er behauptet, daß eine verstandlose Natur, bloß mit Hülfe der Bewegung, alles hervorbringt, - glaube ich, daß es ihm unmöglich sein wird, diese Meinung gegen meine Einwürfe zu behaupten. Der zweite Punkt betrifft den Fatalismus; da bleiben ihm freilich noch Antworten übrig, und nach meiner Einsicht ist die Auflösung dieser Frage die schwerste in der ganzen Metaphysik. Ich schlage einen Mittelweg vor; eine Idee, die für mich etwas Reizendes hat, und die leicht wahr sein könnte. Ich nehme ein Mittelding zwischen der Freiheit und der Nothwendigkeit an: ich setze der Freiheit des Menschen sehr enge Grenzen; aber ich lasse ihm doch den Theil, welchen ich nach der gemeinen Erfahrung von den menschlichen Handlungen,

<17> ihm nicht versagen kann. Die beiden letzten Punkte beziehen sich auf die Religion und die Regierung. Außerdem sind in diesem Werke noch unzählige Stellen, wo der Verfasser Blößen zeigt. Er behauptet unter andern entscheidend: daß die Summe des Guten die Summe des Bösen überwiege. Hierin bin ich mit ihm nicht einerlei Meinung; und es möchte ihm unmöglich fallen, seinen Satz zu erweisen, etc. - etc. Es ist gut, daß die Menschen ein Ideal, ein Muster der Vollkommenheit vor Augen haben. etc. Aber mit allem Dem werden sie nie diese Vollkommenheit erreichen, die sich auch leider mit ihrer Natur nicht verträgt. Darauf komme ich immer wieder zurück, und schließe daraus, daß diejenigen, welche aufrichtig für das Wohl der Gesellschaft arbeiten, gut gemeinte Träume hervorbringen, so wie Ihr verstorbener Abbé de St. Pierre. Aber das hält mich nicht ab, in dem kleinen Kreise, worin mich der Zufall gesetzt hat, auch daran zu arbeiten, die Bewohner desselben glücklich zu machen; und die Erfahrungen, die mir täglich vorkommen, lehren mich, wie schwer dies ist. Glauben Sie mir, mein Bester, ein Mensch, der die Kunst besäße, Ihnen eine bessere Verdauung zu verschaffen, würde der Welt mehr nützen, als ein Philosoph, der alle Vorurtheile daraus verbannte. etc."

7. Juli 1770

Der König an Voltaire:

- etc. - "Loretto könnte dicht neben meinem Weinberge liegen, und ich würde es doch gewiß nicht anrühren. Die dortigen Schätze könnten einen Mandrin, Conflans, Turpin, Richelieu und ihres Gleichen verführen. Ich achte zwar die Geschenke nicht, die der Stumpfsinn geheiligt hat, aber man muß Schonung gegen Das haben, was das Publikum verehrt, und Niemand Aergerniß geben. Hält man sich auch für weiser, als andere Leute, so muß man doch aus Gefälligkeit, oder aus Mitleiden mit ihrer Schwäche, ihre Vorurtheile nicht antasten. Es wäre zu wünschen, daß<18> die seinwollenden Philosophen unserer Zeit eben so dächten. Mir ist wieder ein Werk von ihrer Fabrik in die Hände gefallen. Es schien mir so tolldreist, daß ich mich nicht enthalten konnte, einige Anmerkungen über das System der Natur zu machen etc. Ich theile sie Ihnen mit. etc."

18. Juli 1770

Der Prinz Heinrich in Potsdam, bis den 23sten.

26. Juli 1770

Im Neuen Schloß in Sanssouci wird die Oper L'avaro punito aufgeführt.

27. Juli 1770

Die Prinzessin Amalie zum König nach Potsdam.

28. Juli 1770

Auf d'Alembert's Bitte, daß der König zur Errichtung einer Bildsäule für Voltaire, etwas beitragen möchte, antwortet ihm der König : "Voltaire's schönstes Ehrendenkmal ist dasjenige, welches er sich selbst errichtet hat - : seine Schriften. Sie werden länger dauern, als die St. Peterskirche in Rom, als das Louvre, und als alle die Gebäude, welche die Eitelkeit der Menschen für die Ewigkeit aufführt. Man wird nicht mehr Französisch reden, wenn Voltaire noch in die auf das Französisch folgende Sprache wird übersetzt werden. Indessen könnte ich, - voll des Vergnügens, welches mir seine so mannichfaltigen Geisteswerke, deren jedes in seiner Art so vollkommen ist, verschafft haben, - könnte ich nur als ein Undankbarer mich Ihrem Antrage entziehen, etwas zu dem Denkmale beizutragen, welches die öffentliche Dankbarkeit ihm errichtet. Sie dürfen mich nur wissen lassen, was man von mir fodert; ich werde nichts zu dieser Statue verweigern, die den Gelehrten, welche sie ihm weihen, mehr zur Ehre gereichen wird, als Voltaire'n selbst. etc."

In den letzten Tagen dieses Monats kam die Gemalin des Prinzen Heinrich nach Potsdam, dem König einen Besuch abzustatten.

August.

A.

August 1770

Der König in Potsdam (Sanssouci).

<19>

3. August 1770

Der König stattet der Prinzessin von Preußen, welche (in Potsdam) des Morgens von einem Prinzen 19-+ war entbunden worden, Nachmittags um 3 Uhr einen Besuch ab.

8. August 1770

Wird der am 3ten geborne Sohn des Prinzen von Preußen, Nachmittags 3 Uhr, getauft, wobei der König, Taufzeuge ist,

Willkommen, holdes Kind! Nimm diesen frommen Wunsch
Von unsern Herzen an, die segnend Dich empfangen,
Wir sehen Friedrich's Bild auf Deinen jungen Wangen,
Nimm von Ihm Stern und Band, und Seinen ersten Kuß.
Sieh, Preußens Schutzgeist naht sich Deiner Purpurwiegen,
Sein heit'res Auge wacht für Dich, für uns're Ruh,
Wir seh'n des Weihrauchs Duft vom Altar aufwärts fliegen,
Weissagend ruft er Dir mit holden Lippen zu :
Prinz! aus dem Heldenstamm der Hessen und der Brennen,
Auch Dich wird man einst groß, gleich Deinem Ahn-
herrn, nennen.

<20>

und den jungen Prinzen selbst über die Taufe halt; er erhielt die Namen Friedrich Wilhelm. Der Hofprediger Cochins verrichtete den Taufactus. Die übrigen Taufzeugen waren: der Römische Kaiser Joseph II, die Kaiserin von Rußland Catharina II, der Prinz Heinrich, Bruder des Königs, die Prinzessin von Oranien, Schwester des Prinzen von Preußen, und der regierende Fürst von Pfalz-Zweibrücken.

Den 14. Oktbr. erhielt der junge Prinz von der Kaiserin von Rußland den St. Andreasorden, reich mit Brillanten besetzt.

Der König verehrte der hohen Wöchnerin einen ungemein kostbaren Haarschmuck von Brillanten, und der Mutter derselben, der regierenden Landgräfin von Hessen-Darmstadt, sein Portrait in Brillanten gefaßt.

12. August 1770

Die regierende Landgräfin von Hessen-Darmstadt geht über Berlin nach Darmstadt zurück.

13. August 1770

Prinz Friedrich von Hessen-Cassel beim König in Potsdam. oder 15ten 20-+. Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich stehe im Begriff, nach Schlesien und Mähren zu reisen; nach meiner Zurückkunft wird man Ihnen in Paris die Summe einhändigen, welche Sie verlangen 20-++.<21> Es ist ein Trost für mich, daß die so sehr verschmähten Könige den Philosophen doch zu einigem Nutzen gereichen können; man sieht, sie sind doch zu etwas gut. etc."

?? August 1770

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich schreibe, um mich zu unterrichten, und mir die Zeit zu vertreiben, das ist mir genug. Als ich meine Widerlegung gegen den Atheisten (den Verf. des Systems der Natur etc.) vollendet hatte, glaubte ich, sie sei sehr orthodox, aber ich habe sie wieder durchgelesen und finde, daß sie nichts weniger als das ist. Es sind Stellen darin, die den Furchtsamen wild machen, und den Andächtigen ärgern würden etc. Ich fühle, daß meine Seele und mein Styl ganz und gar nicht theologisch sind, und begnüge mich also damit, daß ich meine Überzeugungen in Frieden für mich behalte, ohne sie zu verbreiten, und auf einen Boden fallen zu lassen, der ihnen nicht günstig ist. etc.

Ich reise nach Schlesien, und werde den Kaiser sehen, der mich zu seinem Lager in Mähren eingeladen hat. Dieser Fürst ist liebenswürdig und verdienstvoll, schätzt Ihre Werke liest sie, so viel er kann, ist nichts weniger als abergläubig; mit einem Wort: ein Kaiser, wie Deutschland lange Zeit keinen gehabt hat. Wir lieben Beide die Ignoranten und Barbaren nicht, aber das ist noch kein Grund, sie auszurotten. etc."

<22>

15. August 1770

Der König reist von Potsdam über Cöpnick nach Schlesien zur Revue, mit dem Prinzen von Preußen, Prinzen Ferdinand, Erbpr v. Braunschweig, Prinzen Friedrich v. Hessen-Cassel etc.

18. August 1770

In Silberberg.

?? August 1770

In Glatz.

21. August 1770

In Breslau.

25. August 1770

Im Hauptquartier zu Pasterwitz.

28. August 1770

Von Pasterwitz nach Neisse.

B.

8. August 1770

Die Polnischen Conföderirten erkennen den König Stanislaus der Krone für verlustig.

In der ersten Hälfte dieses Monats war der Abt Michelessi aus Venedig, Verf. der Mém. concern. Ia vie et les écrits du Comte Algarotti, in Potsdam.

Der Prinz Heinrich war in diesem Monat nach Schweden gereist, seiner Schwester, der Königin, einen Besuch abzustatten, und befand sich Ende dieses Monats in Drottingholm.

24. August 1770

nach Andern d. 27sten, starb an einer Entzündung der Prinz Wilh. Adolph von Braunschweig, Neffe des Königs und Oberst in Preuß. Diensten. Er befand sich als Freiwilliger bei der Russis. Armee, die unter Romanzow gegen die Türken focht.

September.

A.

2. September 1770

Der König von Neisse nach Roswalde zum Grafen Hoditz, bis den 3ten.

3. September 1770

In Mährisch-Neustadt (bei Austerlitz), wo die bekannte Zusammenkunft mit dem Kaiser Joseph Statt fand. Im Gefolge des Königs befanden sich : der Prinz von Preußen, der Prinz Ferdinand, der Erbprinz und der Prinz Leopold von Braunschweig, und der General von Lentulus. Der Aufenthalt des Königs dauerte hier bis den 7ten, während welcher Zeit Kriegsübungen und auch Opern und andere Lustbarkeiten Statt hatten. Hier hatte der König auch die bekannte Unterredung mit dem geistreichen Fürsten Karl Joseph von<23> Aremberg-Ligne, Kaiserlichen General-Feldzeugmeister. (S. Mémoire sur le Roi de Prusse Frédéric le Grand par Msgr.Le P. de L. Berlin 1789).

12. September 1770

Rückkunft des Königs in Potsdam.

13. September 1770

Der König an den Minister von Münchhausen :

"Allein lieber Etats-Minister von Münchhausen. Wie steht es denn mit Unserm Abt zu Klosterbergen, und der Verbesserung der dasigen Schulanstalten? und was hat Eure dahin zu dem Ende abgesandte Commission hierunter ausgerichtet? Ihr wisset, wie sehr Mir an dieser Verbesserung gelegen ist, und wie nothwendig Ich die Entfernung des gegenwärtigen Abts wünsche, und Ich will daher ohne den geringsten Anstand von Euch benachrichtigt sein, wie weit Meine Befehle, in Ansehung dieser beiden Punkte, von Euch befolgt worden sind."

16. September 1770

Der König an Voltaire :

- etc. - "Die Kleinigkeiten, die ich schreibe, dienen mir zum Zeitvertreib, und ich unterrichte mich selbst, wenn ich über philosophische Materien nachdenke, und zuweilen meine Gedanken darüber allzudreist hinwerfe. Die Schrift über das System der Natur ist zu kühn für die Leser, denen sie gegenwärtig in die Hände fallen könnte. Ich will Niemand ärgern, und habe, als ich sie schrieb, nur mit mir selbst gesprochen; denn wenn es darauf ankommt, dem Publikum etwas vorzutragen, so habe ich den Grundsatz, man müsse zarter abergläubiger Ohren schonen, Niemanden beleidigen, und abwarten, bis das Jahrhundert aufgeklärt genug sei, daß man ungestraft ganz laut denken könne, lassen Sie also, ich bitte Sie darum, dieses matte Werk in der Dunkelheit, zu der es der Verfasser verurtheilt hat. etc. Meine Hauptbeschäftigung besteht darin, daß ich in den Provinzen, zu deren Beherrscher mich der Geburtszufall gemacht hat, die Unwissenheit und die Vorurtheile bekämpfe, die Köpfe aufklare, die Sitten anbaue und die Leute so glücklich zu machen suche, als es sich<24> mit der menschlichen Natur verträgt, und als es die Mittel erlauben, die ich darauf verwenden kann. etc."

19. September 1770 bis 24. September 1770

Der König in Potsdam bei den Manövres, die bis zum 24sten dauern.

26. September 1770

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Talente muß man allerdings auszeichnend ehren, zumal wenn sie in einem sehr hohen Grade vereinigt sind. Schöne Seelen arbeiten nur für die Ehre; und es ist hart, sie darauf hoffen zu lassen, ohne sie je in den Besitz derselben zu setzen. Nur durch diesen Balsam können die Widerwärtigkeiten, die allen Ständen der Menschen ankleben, versüßt werden; und ein wenig von diesem Balsam bedürfen selbst die größten Menschen. etc."

26. September 1770

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich habe von meiner Kindheit an die Künste, die schönen und die hohem Wissenschaften geliebt, und wenn ich etwas zu ihrer Aufnahme beitragen kann; so thue ich es mit allem Eifer, dessen ich nur fähig bin; denn ohne sie giebt es ja in dieser Welt kein wahres Glück. etc.

26. September 1770

Dafür, daß Sie Antheil an dem Kinde nehmen, das uns geboren worden ist 24-+, danke ich Ihnen. Ich wünsche, er möge die Eigenschaften haben, die er haben soll, und, anstatt eine Geißel der Menschheit zu sein, ihr Wohlthäter werden. etc."

26. September 1770

Ankunft der verwittweten Kurfürstin von Sachsen, Marie Antonie 24-++, beim König in Potsdam, Abends 6 Uhr, und<25> des Prinzen Ferdinand, Bruders des Königs, mit seiner Gemalin, desgleichen der Prinzessin Heinrich aus Berlin, und der Prinzessin Philippine aus Schwedt. Während des Aufenthalts der Kurfürstin fanden verschiedene Lustbarkeiten im Neuen Palais Statt, als Feuerwerke, Illumination der großen Colonade, Opern, Concerte etc. 25-+. In einem der letztern blies der König die Flöte und die Kurfürstin sang.

Den 2. Oktbr. ging die Kurfürstin nach Berlin, der Königin einen Besuch abzustatten, welche große Tafel gab. Nach deren Aufhebung kehrte sie nach Potsdam zurück, wo sie bis den 5ten verweilte, und an diesem Tage nach Dresden zurückreis'te.

Oktober.

A.

Oktober 1770

Der König in Potsdam (Sanssouci).

15. Oktober 1770

Der Prinz Karl von Schweden 25-++ kommt zum König nach<26> Potsdam. Während seines Aufenthalts in Potsdam fanden verschiedene Festlichkeiten Statt, den 17ten ward das Intermezzo La Serra scaltra auf dem Schloßtheater aufgeführt, den 18ten war Concert beim König, nach dessen Beendigung er dem Prinzen den Schwarzen Adlerorden selbst umhing. Den 19ten reiste der Prinz nach Schönhausen und Berlin, wo er der Königin und den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses Besuche ablegte, die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein nahm, auch Charlottenburg besuchte.

?? Oktober 1770

Der Minister von der Hagen beim König in Potsdam, bis den 10ten.

18. Oktober 1770

Der König an d'Alembert :

"Meine Reise nach Mähren, und der Besuch der Kurfürstin von Sachsen bei mir, sind gültige Entschuldigungen, daß ich Ihnen bis jetzt das unbeantwortet gelassen habe, was weder Sie, noch ich, jemals recht verstehen werden. Seitdem habe ich meinem Geiste einige Ruhe verstattet, um ihn von der Zerstreuung der großen Welt zu sammeln, und ihm seine philosophische Stimmung wieder zu geben. Sie zwingen mich, gegen Sie im Dunkeln zu fechten; und ich werde mit Ihnen ausrufen :

Laß uns das Tageslicht wieder, o Jupiter, leuchten,
dann magst Du
Kämpfend wider uns stehn! *)

Aber da ich nun doch dieses Labyrinth betreten muß, so kann nur der Faden der Vernunft zur Leitung darin dienen. Diese Vernunft zeigt mir so erstaunenswürdige Verbindungen in der Natur, und legt mir so auffallende, so einleuchtende Endursachen vor, daß ich gezwungen bin, zuzugeben : ein denkendes Wesen walte über dieses Weltall, um die allgemeine<27> Maschine in Ordnung zu erhalten. Dieses Wesen (Intelligenz) denke ich mir als den ersten Urstoff des Lebens und der Bewegung. Das System einer Entwicklung des Chaos scheint mir ganz unstatthaft; denn es würde noch mehr Geschicklichkeit dazu gehört haben, das Chaos zu bilden und zu erhalten, als die Dinge so zu ordnen, wie sie jetzt sind. Das System einer Schöpfung der Welt aus Nichts ist widersprechend und folglich ungereimt. Es bleibt also nichts übrig, als die Ewigkeit der Welt; eine Idee, die keinen innern, Widerspruch in sich schließt, und die mir die wahrscheinlichste scheint, weil das, was heute ist, auch sehr wohl schon gestern dagewesen sein kann, und so fort. Da nun der Mensch Materie ist, aber doch denkt und sich bewegt; so sehe ich nicht ein, warum nicht ein ähnliches denkendes und handelndes Urwesen mit der allgemeinen Materie sollte vereinigt sein können. Ich nenne es nicht Geist, weil ich keinen Begriff von einem Wesen habe, welches keinen Raum einnimmt, und folglich nirgends existirt. Da aber unser Denken eine Folge der Organisation unsers Körpers ist, warum sollte nicht das unendlich mehr als der Mensch organisirte Weltall eine Denkkraft besitzen, die unendliche Vorzüge vor der Verstandeskraft eines so schwachen Geschöpfes hätte?

Diese mit der Welt gleich ewige Denkkraft kann, nach meinen Begriffen, die Natur der Dinge nicht ändern, und weder das Schwere leicht, noch das Brennende kalt machen. Den ewig unveränderlichen und unerschütterlichen Gesetzen unterworfen, kann sie bloß zusammensetzen, und sich der Dinge nur in so weit bedienen, als deren innere Beschaffenheit es gestattet. Die Elemente z. B. haben feste Regeln des Daseins, und konnten nicht anders sein, als sie sind. Wenn man aber daraus folgern will, daß die Welt nothwendig sei, weil sie ewig ist, und daß daher Alles, was existirt, einem unveränderlichen Verhängniß unterworfen sei, so glaube ich, nicht diesen Satz unterschreiben zu müssen. Mir scheint es, die Na<28>tur schränke sich darauf ein, die Elemente mit ewigen und beständigen Eigenschaften begabt, und die Bewegung unveränderlichen Gesetzen unterworfen zu haben, deren Einfluß auf die Freiheit allerdings sehr beträchtlich ist, ohne doch diese gänzlich aufzuheben. Die Organisation und die Leidenschaften der Menschen haben ihren Grund in den Elementen, aus welchen sie zusammengesetzt sind. Gehorchen sie nun diesen Leidenschaften, so sind sie Sclaven, allein sie sind frei, so oft sie denselben widerstehen. Sie werden mich noch weiter treiben und mir sagen: "Aber sehn Sie denn nicht, daß diese Vernunft, durch welche die Menschen ihren Leidenschaften widerstehen, der Nothwendigkeit unterworfen ist, welche dieser Vernunft die Wirksamkeit auf die Menschen giebt?" Dies kann, genau genommen, wahr sein. Indeß, wer zwischen seiner Vernunft und seinen Leidenschaften wählt, und sich darnach bestimmt; der ist, dünkt mich, frei; oder ich weiß nicht mehr, welchen Begriff man mit dem Worte Freiheit verbindet. Was nothwendig ist, ist unbedingt. Wenn nun der Mensch, nach aller Strenge, dem Verhängniß unterworfen ist, so werden weder Strafen noch Belehrungen diese überwiegende Gewalt erschüttern oder zerstören. Da uns aber die Erfahrung vom Gegentheil überzeugt, so muß man zugeben, daß der Mensch bisweilen der Freiheit genießt, wiewohl dieselbe oft eingeschränkt ist. Allein, mein Lieber, wenn Sie verlangen, daß ich Ihnen umständlicher erklären soll, was diese Denkkraft sei; so muß ich Sie bitten, mich dessen zu überheben. Mich dünkt, ich nehme so etwas von diesem denkenden Wesen wahr, wie man einen Gegenstand undeutlich durch einen Nebel sieht; es ist schon viel, dieses Wesen zu errathen; es zu kennen und zu bestimmen ist dem Menschen nicht vergönnt. etc.

Nach einem so aufrichtigen Geständniß werden Sie nicht sagen, daß Vorurtheile der Kindheit mich bewogen haben, die Vertheidigung der christlichen Religion gegen jenen schwärme<29>rischen Philosophen 29-+ zu übernehmen, der sie mit so vieler Feindseligkeit verunglimpft. Erlauben Sie aber, Ihnen zu sagen, daß unsere jetzige Religionen der Religion Christi so wenig gleichen, wie der Irokeseschen. Jesus lehrte die Duldung, und wir verfolgen; Jesus predigte eine gute Sittenlehre, und wir üben sie nicht aus; Jesus hat keine Lehrsätze festgesetzt, und die Concilien haben reichlich dafür gesorgt. Kurz, ein Christ des dritten Jahrhunderts ist einem Christen des ersten gar nicht mehr ähnlich. Jesus war eigentlich ein Essäer, er nahm die Moral der Essäer an, die wenig von Zeno's Moral verschieden ist. Seine Religion war reiner Deismus; und nun sehn Sie, wie wir sie aufgeputzt haben. Da dem so ist, so vertheidige ich, wenn ich die Sittenlehre Christi vertheidige, eigentlich die Sittenlehre aller Philosophen, aber alle Lehrsätze, die nicht von ihm herrühren, gebe ich Ihnen preis, etc."

23. Oktober 1770

Der König nach Berlin.

24. Oktober 1770

Der König wohnt den Kriegsübungen der Berliner Garnison vor dem Halleschen Thore bei, wo auch der Prinz Karl von Schweden zugegen ist.

25. Oktober 1770

Der König nach Potsdam (Sanssouci).

30. Oktober 1770

Der Konig an Voltaire. Nachdem er über den Tod seines Neffen, des Prinzen von Braunschweig, Wilhelm Adolph (s. oben Seite 22), gesprochen, fährt er fort: "Wenn es möglich wäre, daß nach diesem Leben noch etwas existirte, so wüßte er jetzt gewiß mehr, als wir Alle zusammen; allein höchst wahrscheinlich weiß er ganz und gar nichts. Ein Philosoph unter meiner Bekanntschaft, ein Mann, der fest auf seine Meinungen besteht, bildet sich ein, wir hätten genug Wahrscheinlichkeitsstufen, um zu der Gewißheit zu kommen, daß post mortem nihil est. Er behauptet: der Mensch sei kein<30> doppeltes Wesen, wir wären nur Materie, die von der Bewegung belebt werde, und sobald die abgenutzten Triebfedern ihre Wirkung versagten, zerstörte sich die Maschine, und ihre Theile fielen auseinander. Dieser Philosoph sagt auch : es sei viel schwerer von Gott zu sprechen, als von den Menschen; denn wir kämen auf den Gedanken, daß er existire, nur durch die Vermuthungen, und das am mindesten Alberne, was uns die Vernunft über ihn an die Hand gäbe, bestehe in dem Glauben: er sei das verständige Princip der Bewegung und alles dessen, was die Natur beseelt. Mein Philosoph ist sehr überzeugt: dieses verständige Wesen bekümmere sich um den Allerchristlichsten nicht mehr, als um Mustapha, und das, was den Menschen begegne, beunruhige es eben so wenig, als was einem Ameisenhaufen zustoße, den ein Botenläufer, ohne es zu merken, zertritt. Er sieht das Thiergeschlecht als eine Accidenz der Natur an, wie den Sand, der von den Rädern in Bewegung gesetzt wird, obgleich diese Räder eigentlich nur dazu bestimmt sind, daß sie einen Wagen schnell fortschaffen sollen. Dieser sonderbare Mann behauptet auch: es exristire gar keine Relation zwischen den lebendigen Geschöpfen und dem höchsten verständigen Wesen; denn schwache Creaturen könnten diesem Wesen weder schaden noch Dienste leisten; unsere Laster und unsere Tugenden hätten bloß auf die menschliche Gesellschaft Beziehung, und wir hätten an den Strafen oder Belohnungen, die daraus folgten, schon genug, etc."

B.

12. Oktober 1770

Der Prinz Heinrich, Bruder des Königs, kommt aus Schweden in Petersburg an 30-+.

<31>

26. Oktober 1770

Bekanntmachung der Vegünstigungen etc., welche Fremden, die sich in den Preußischen Landen niederlassen wollen, zugesichert werden.

28. Oktober 1770

Abreise des Prinzen Karl von Schweden aus Berlin nach Stockholm.

November.

A.

1. November 1770

Der König, in Potsdam (Sanssouci), an d'Alembert :

"Sie und Voltaire machen sich auf meine Kosten lustig, wenn Sie mir sagen, daß ich den Fortschritten der Philosophie nützlich sein könne. Ein Descartes, ein Newton, ein d'Alembert, ein Bayle, ein Voltaire, solche Männer haben die Wissenschaften verherrlicht; ich aber bin nichts mehr, als was man in Italien einen Dilettanten nennt, ich stehe mit andern Liebhabern im Parterre, und klatsche Dem, was schön ist, Beifall zu. etc. Sie werden jetzt von mir ein ungeheures Schreiben erhalten haben, in welchem ich für Sie alle Waffen erschöpfe, die mir mein Zeughaus von metaphysischen Beweisen an die Hand giebt. Von diesen abstracten Ideen ist nur eine des Erweises fähig, nämlich der Materialismus. Ist dieser Punkt deutlich bestimmt, so kann man sich in Rücksicht der übrigen mit den verschiedenen Stufen der Wahrscheinlichkeit begnügen; denn diese übrigen sind bloß Gegenstände der Speculation. etc. - Alles wohl erwogen ist es für Jedermann wichtiger, gut zu verdauen, als das innere Wesen der Dinge zu erkennen. etc."

12. November 1770

Grundsätze der Lagerkunst und Taktik (vom König).

16. November 1770

Der Minister von Finkenstein beim König, bis den 28sten.

B.

9. November 1770

Der Großkanzler von Jariges stirbt 64 Jahr alt.

<32>

18. November 1770

Der Ober Amts-Präsident zu Brieg, von Zedlitz, wird Minister.

Dezember.

A.

Dezember 1770

Der König in Potsdam.

4. Dezember 1770

Der König schickt sein Gedicht : "der Kaiser von Sina" (H. W. VII. 189) an Voltaire.

12. Dezember 1770

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich schicke Ihnen hier die Träumerei eines gewissen Philosophen, auf welchen Voltaire sehr aufgebracht ist. etc. 32-+ Heute sage ich Ihnen nichts von Philosophie, ich habe Ihnen ganze Packete voll Metaphysik zugeschickt, die Sie in Paris finden werden. Genau betrachtet gleicht diese Materie einem Graben; je mehr man ihn aushöhlt, je tiefer wird er. Aber viel Dinge können uns auch ohne Gefahr unbekannt bleiben. Das Wichtigste ist: wohl leben, einer erträglichen Gesundheit genießen, Freunde besitzen, und eine ruhige Seele haben. Alles dieses wünsche ich Ihnen. etc."

18. Dezember 1770

Der König an d'Alembert :

"Vielleicht finden Sie es sonderbar, daß ich mich in fremde Dinge mische, und als ein sechzigjähriger Schüler mir einfallen lasse, mich auf die Bänke der Doctoren der Metaphysik zu setzen, um Dinge abzuhandeln, wovon die Gelehrtesten um nichts mehr verstehen, als die Ungelehrtesten. Aber eben darum, glaube ich, ist es mir so gut erlaubt, als jedem Andern, über metaphysische Gegenstände zu reden. etc. Ich fange also mit Gott an, und mit dem von diesem Wesen uns zu machenden Begriffe, der noch den wenigsten Widerspruch in sich hat. Ich bin überzeugt, daß dies Wesen nicht materiell<33> sein kann; denn sonst würde es durchdringlich, theilbar und endlich sein. Sage ich : er ist ein Geist, so bediene ich mich eines metaphysischen Ausdrucks, den ich nicht verstehe; denke ich mir ihn nach der Erklärung der Philosophen, so sage ich etwas Ungereimtes, weil ein Wesen, welches keinen Raum einnimmt, wirklich nirgends existirt, und es sogar unmöglich ist, daß ein solches Wesen da sei. Mithin gebe ich die Materie und den reinen Geist auf, und - um einigermaßen einen Begriff von Gott zu haben - stelle ich mir ihn als das Sensorium des Ganzen vor, als die mit der ewigen Organisation aller existirenden Welten verbundene Denkkraft (Weltseele), und hierdurch nähere ich mich weder dem System des Spinoza, noch der Stoiker, die alle denkende Wesen für Ausflüsse des großen allgemeinen Geistes hielten, mit welchem sich ihre Denkkraft nach ihrem Tode wieder vereinigte. Die Beweise für diese Intelligenz oder für dieses Sensorium der Natur, sind folgende: die erstaunenswürdigen Verhältnisse, die sich in der ganzen physischen Anordnung der Welt, der Pflanzen und der belebten Geschöpfe finden; ferner auch die Intelligenz (Denkkraft) des Menschen; denn wäre die Natur roh und geistlos; so hätte sie uns ja etwas mitgetheilt, was sie selbst nicht hat, welches ein grober Widerspruch wäre.

Der Punkt von der Freiheit ist nicht minder dunkel, als der vom Dasein Gottes; hier sind jedoch einige Bemerkungen, die Erwägung verdienen. Woher kommt es, daß alle Menschen ein Gefühl von Freiheit haben; und woher kommt es, daß sie es lieben? Könnten sie jenes Gefühl und diese Liebe haben, wenn wirklich die Freiheit nicht da wäre? Weil man aber mit den Worten, die man gebraucht, einen deutlichen Sinn verbinden muß, so definire ich die Freiheit durch : die Handlung unsers Willens, zufolge welcher wir unter verschiedenen Entschlüssen wählen, und welche unsere Wahl bestimmt. Uebe ich nun diese Handlung zuweilen aus, so ist<34> dies ein Zeichen, daß ich jenes Vermögen besitze. Unstreitig bestimmt sich der Mensch nach Gründen; wenn er anders handelte, wäre er unsinnig; die Idee von seiner Erhaltung und seinem Wohlsein ist einer der mächtigen Beweggründe, die ihn antreiben, sich dahin zu neigen, wo er diese Vortheile anzutreffen glaubt. Indessen giebt es auch edelgesinnte Seelen, die das Rechtschaffene dem Nützlichen vorzuziehen wissen, die ihr Vermögen und ihr Leben freiwillig dem Vaterlande aufopfern; und diese ihre Wahl ist die größtmögliche Ausübung ihrer Freiheit. Sie werden antworten: alle diese Entschlüsse sind eine Folge unsrer Organisation und der äußern Gegenstände, welche auf unsere Sinne wirken. Allein ohne Organe würden wir eben so wenig denken können, als ein Klavier ohne Saiten Töne hervorbringen kann. Ich gebe zu, daß wir alle unsere Kenntnisse durch die Sinne erhalten, allein Sie müssen doch diese Kenntnisse von unsern Gedankenverbindungen unterscheiden, wodurch wir jene Kenntnisse bearbeiten, umstalten und bewundernswürdig anwenden. Sie dringen noch weiter, und führen mir die Leidenschaften an, die in uns wirken. Ja! wenn die Leidenschaften stets die Oberhand hätten, so könnten Sie Ihr Siegeslied anstimmen, aber oft widersteht man denselben. Ich kenne Leute, die sich ihre Fehler abgewöhnt haben. etc. Gäbe es nun eine unbedingte Nothwendigkeit; so würde sich Niemand bessern können. etc. Ich wage es also in diesem System des unvermeidlichen Verhängnisses irgend einen Widerspruch zu vermuthen, denn nimmt man es in aller Strenge an; so muß man die Gesetze, Erziehung, Strafen und Belohnungen für überflüssig und unnütz halten. Ist Alles nothwendig, so findet keine Aenderung Statt. Dagegen aber beweiset mir meine Erfahrung, daß die Erziehung Viel über die Menschen vermag, daß man sie bessern, sie aufmuntern kann, und täglich finde ich mehr, daß die Strafen und Belohnungen gleichsam die Schutzmauern der bürgerlichen Gesellschaft sind. Daher kann ich eine Mei<35>nung nicht annehmen, die den Wahrheiten der Erfahrung zuwider läuft; Wahrheiten, die so einleuchtend, sind, daß selbst die Anhänger des Systems des Fatalismus demselben beständig zuwider handeln, sowohl in ihrem Privatleben, als in ihren öffentlichen Handlungen. Was heißt denn aber ein System, welches uns zu lauter Thorheiten verleiten würde, wenn wir uns buchstäblich darnach richteten?

Wir kommen nun zur Religion, und ich darf mir schmeicheln, daß Sie mich in diesem Punkt für einen unpartheiischen Richter halten. Ich denke, ein Philosoph, der es sich einfalen ließe, dem Volke eine ganz einfache Religion zu predigen, würde Gefahr laufen, gesteinigt zu werden. Fände er irgend noch einen völlig neuen Kopf, der noch für keinen Gottesdienst eingenommen wäre; so möchte es ihm vielleicht gelingen, diesen zu überreden, eine vernünftige Religion den durch so viele Fabeln herabgewürdigten Glaubenslehren vorzuziehen. Allein gesetzt auch, man brächte es dahin, die Religionen der Socrate und der Cicerone in einem Ländchen einzuführen; binnen Kurzem würde ihre Reinheit durch mannigfachen Aberglauben besteckt sein. Die Menschen verlangen Gegenstände, die auf ihre Sinne Eindruck machen, und ihrer Einbildungskraft Nahrung geben. Das sehen wir bei den Protestanten, die einem zu nackten, zu einfachen Gottesdienst anhängen; sie werden oft katholisch, bloß aus Liebe zu den Feiertagen, den Ceremonien und den schönen Kirchenmusiken etc., so z. B. der Landgraf von Hessen, Pöllnitz etc. Gesetzt aber auch, Sie könnten die Menschen so vielen Irrthümern entreißen, so bleibt noch die Frage übrig : ob sie der Mühe, sie aufzuklären, werth sind?"

22. Dezember 1770

Der König nach Berlin, wo er gewöhnlich an den sogenannten Geldtagen, wo der Soldat die Löhnung erhält, und auch zuweilen außer diesen, die Wachtparaden besieht. Es geschah dies in der Regel immer, wenn er mehrere Tage in Berlin blieb, eben so wie in Potsdam.

<36>

23. Dezember 1770

Zum Anfang des Carnevals große Cour und Tafel beim König.

24. Dezember 1770

Der König an Fouque :

"Ich übersende hier ein kleines Merkmal meiner Freundschaft. Sie werden es hoffentlich annehmen, da es von Ihrem ältesten und treusten Freunde kommt. Ich wünsche, daß Sie mit dem neuen Jahre Stimme, Gesicht und Gehör wieder erhalten mögen. etc."

30. Dezember 1770

Der König ertheilt dem neuen Oestreichischen Gesandten von Switen Audienz.

Während des diesjährigen Carnevals berief der König mehrmals den Director Merian und einige seiner Collegen bei der Akademie zur Abendunterhaltung zu sich. (S. Eloge de Merian in den Abhandl. der Akademie 1804-1811, pag. 81).

B.

23. Dezember 1770

Anfang des Carnevals. Die Ordnung wie im vorigen Jahre. (Nachträglich wird bemerkt, daß an den Tagen, wo Redoute ist, der Hof gewöhnlich im Opernhause an fünf Tafeln zu Abend speist).

Es wurden aufgeführt die Opern il Re pastore und Montezuma; das Französische Trauerspiel Phedre et Hypolith, und die Schauspiele Menechmes und L'école des amis.

28. Dezember 1770

Instruction etc. wegen Prüfung aller sich dem Verwaltungsfach widmenden Königlichen Beamten.

28. Dezember 1770

Starb der Polizei-Präsident von Berlin Karl David Kircheisen, 66 1/2 Jahr alt. An seine Stelle trat der ehemalige Regiments-Auditeur Philippi.

<37>

Januar 1771.

A.

Januar 1771

Der König in Berlin.

5. Januar 1771

Der König an den Minister von Münchhausen: "Mein lieber Etats-Minister von Münchhausen. Ich habe Euch schon vor geraumer Zeit aufgegeben, daß Ihr den zeitigen Abt Hähn in Klosterbergen, der die dasigen Schulanstalten völlig in Verfall gebracht hat, und welchen Ich daher daselbst nicht dulden kann, sofort wegschaffen sollet. Solches ist, wie Ich leider höre, bis jetzo noch nicht geschehen. Ihr werdet also sothane Meine Ordre gehörig zu befolgen nunmehro um so weniger säumen, da Ihr leicht urtheilen könnt, daß Euch in ein und eben der Sache Meinen Willen bekannt zu machen, Mir nicht anders als höchst unangenehm sein muß 37-+."

6. Januar 1771

Speist bei der Königin, so auch den 13ten und 20sten.

Der König schenkt mehrere Tausend Thaler für die Armen.

15. Januar 1771

Bei dem Prinzen Ferdinand.

22. Januar 1771

Besucht der König die Porzellanmanufaktur.

23. Januar 1771

Speist er bei der Prinzessin Amalie.

24. Januar 1771

Kehrt der König schon früh nach Potsdam zurück. Die Feier seines Geburtstags fand bei der Königin Statt, wo große Cour und Abends Concert war.

Der König übersendet der Erbstatthalterin ein prächtiges Tafelservice von Porzellan, und den Kammerherrn des Erbstatthalters, Grafen von Heyden, beschenkt er mit einer goldenen, mit Brillanten besetzten Uhr.

Der General von Ramin erhält ebenfalls ein Porzellan Tafelservice.

<38>

B.

12. Januar 1771

Stirbt, der Marquis d'Argens in Toulon, 67 Jahr alt. (S. I. Abthl. S. 77 - 83).

28. Januar 1771

Stirbt der Englische Gesandte Mitchell in Berlin, 60 Iahr alt. Er wurde in der Dorotheenkirche begraben, wo ihm auch ein Denkmal von Carrarischem Marmor errichtet ist.

28. Januar 1771

Der Prinz Heinrich verläßt Petersburg.

Februar.

A.

6. Februar 1771

Der König in Potsdam.

6. Februar 1771

Der König an die Marquise d'Argens in Eguilles bei Aix :

"Der Tod des Marquis hat mich sehr betrübt; und ob er gleich gegen das Ende seines hiesigen Aufenthalts sehr zur Unzeit mit mir geschmollt hat, so habe ich seine guten Eigenschaften nicht minder darum geschätzt. Da ich mich nun immer für ihn interessire, so bitte ich Sie, mir von seiner Krankheit und seinem Tode alle Umstände zu melden; verschweigen Sie mir keinen - über diesen Punkt wünsche ich keine Zurückhaltung. Ich möchte gern Alles wissen, und auch, ob er lange krank gewesen. Ich beklage Sie aufrichtig; ich fühle Ihren ganzen Verlust und wie unersetzlich er ist. Wollen Sie und die Familie den Kammerherrnschlüssel mit in die Gruft legen, so haben Sie volle Freiheit hierzu; auch wüßte ich nicht, wozu er anders zu gebrauchen wäre, weil, wer ihn tragen will, mein Kammerherr sein muß. Ich werde von den Briefen, die ich an den Marquis geschrieben habe, und die mir bei seiner Abreise eingehändigt worden, diejenigen aussuchen, die Ihnen zu überlassen sind, und Sie werden aus ihnen den Antheil ersehen, den ich beständig an dem Schicksal des Marquis genommen habe. etc.

N.S. Sie werden in einem besondern Päckchen siebzehn Briefe finden, die ich ausgesucht und die Sie aufheben können."

<39>

9. Februar 1771

Der Minister von Derschau und der Magdeburgische Präsident von Schulenburg in Potsdam beim König.

11. Februar 1771

Der Minister von Finkenstein nach Potsdam zum König.

15. Februar 1771

Der König erhebt den in Braunschweigsche Dienste zurückgetretenen Major Mengen in den Adelstand, und ertheilt ihm den Orden de la Générosité.

18. Februar 1771

Der Prinz Heinrich, welcher den 17ten aus Petersburg 39-+ in Berlin angelangt war, kommt zum König nach Potsdam, und bleibt bei ihm bis den 24sten.

B.

6. Februar 1771

Stirbt der Minister von der Hagen, 49 Jahr alt. Der König läßt sein Bildniß von der berühmten Malerin Therbusch verfertigen, und befiehlt, daß es im Versammlungszimmer des General-Directoriums aufgestellt werden soll. (S. unter dem Monat Juli d. J.).

12. Februar 1771

Stirbt der König von Schweden Adolph Friedrich, Gemal der Schwester Friedrich's des Großen.

März.

A.

1. März 1771

Der König in Potsdam.

5. März 1771

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ein paar Worte von Ihren questions encyclopédiques. Ich gestehe zu, daß ein Schriftsteller, der für das Publikum schreibt, es selbst mit seinen Schwachheiten nicht genug respectiren kann, und gebe daher dem Verfasser der Vorrede zu dem Auszug aus dem Fleury 39-++ meinen Beifall nicht.<40> Er drückt sich dreist aus, und behauptet Sätze, woran gottesfürchtige Seelen Anstoß nehmen können; und das ist nicht löblich. Niur durch Reflexionen und Betrachtungen wird die Wahrheit geläutert und von dem Irrthum geschieden. Wenige Personen nehmen sich Zeit zu einer Untersuchung, die so beschwerlich ist und eine ununterbrochene Aufmerksamkeit erfodert. So deutlich man ihnen auch ihre Irrthümer auseinander setzt, so glauben sie doch, man wolle sie verführen. Sie verabscheuen die Wahrheiten, die man ihnen vorträgt, und verfluchen den Mann, der es thut. Ich bin daher sehr mit der Methode zufrieden, daß man dem Aberglauben Nasenstüber giebt und ihn dabei mit Höflichkeiten überhäuft."

13. März 1771

Der König an d' Alembert :

"Um das Trockne der Philosophie bisweilen ein wenig zu erheitern, beschäftige ich mich von Zeit zu Zeit mit minder ernsthaften Gegenständen, aber da Sie mich in den geheiligten Tempel zurückfuhren, in welchem sich unsere Unwissenheit am hellsten zeigt, so folge ich Ihnen dahin.

Gleich Anfangs legen Sie mir einen fürchterlichen Gegenstand vor, nämlich: Gott, der für ein eingeschränktes Wesen, wie ich es bin, unbegreiflich ist, und von dem ich mir keine andere Vorstellung machen, keinen andern Begriff haben kann, als zufolge der Vorstellungen und Begriffe, welche mir jeder organisirte, mit Denkkraft begabte Körper giebt. Ich überschaue die gesammte Organisation dieses Weltalls, und sage zu mir selbst: Wenn du, der du nur eine Milbe bist, doch denkst, weil du Leben hast, wie sollten nicht die unermeßlichen Körper, welche in unaufhörlicher Bewegung sind, weit erhabnere Gedanken hervorbringen als du? Dies scheint mir sehr wahrscheinlich. Aber die Eitelkeit habe ich nicht, wie die alten Stoiker, mir einzubilden, unsere Seele sei ein Ausfluß des großen Wesens, mit welchem sie sich nach meinem Tode wieder vereinigen wird. Und das darum: weil Gott nicht theillar ist; weil wir närrische Streiche machen, und Gott<41> dergleichen nicht thut; und weil endlich die ewige und göttliche Natur sich zerstörbaren Wesen - Geschöpfen, deren Dasein, mit der Ewigkeit verglichen, keine Secunde währt - weder mittheilen kann noch darf. Dies ist mein Glaubensbckenntniß; dies ist es, was ich mir als das am wenigsten Ungereimte über einen Gegenstand habe zusammenreimen könen, von welchem, seitdem die Welt Welt ist, noch Niemand das Geringste verstanden hat.

Von da führen Sie mich zu einem wenigstens eben so gefährlichen Standort; und ich glaube ein Mißverständniß zu bemerken, nach dessen Hebung wir sogleich einig sein werden. Wenn Sie unter Notwendigkeit das verstehen, was ich zureichenden Grund nenne; so ist unser Zwist gehoben. Indeß hätte ich Ihnen noch einige Einwendungen zu machen; denn man muß nicht glauben, daß sich alle Menschen nach einer genauen Abwägung des Dafür und Dawider bestimmen. Es giebt zweifüßige ungefiederte, sogenannte vernünftige Thiere, die sich nach der ersten Eingebung ihrer Imagination entscheiden; ich habe einen Herzog von Mecklenburg gekannt, der die Boutonomancie (das Knöpfezählen) zu Rathe zog. Alles dieses beweist, daß nicht einerlei Triebfedern auf verschiedene Geschöpfe wirken, und daß sich die Vernunft be gnügt, diejenigen zu leiten, die man die Weisesten nennt. Wollen sie nun Das Notwendigkeit nennen, was ich Ver nunft nenne, so ist unser Streit geendigt; nehmen Sie aber eine blinde Notwendigkeit des Verhältnisses an, die uns als Marionetten handeln läßt, so würde es mir schwer fallen, noch in meinen alten Tagen eine Marionette zu werden. etc."

26. März 1771

Der König an den Grafen Hoditz in Roswalde.

In dieser Epistel schildert der König den Aufenthalt etc. in Roswalde, und sagt unter andern:

"Die große Kunst ist : wahrhaft glücklich sein.
Ein düstres Traumbild scheinet mir der Stolz. etc.
Es ist wohl schön, dem Throne sich zu nah'n;
<42>Doch schöner noch, sein eigner Herr zu sein,
So wußtest Du mit verdachter Wahl
Der Freiheit Glück der Größe vorzuziehn;
Du, frei von allem Prunk, von allem Stolz,
Geführt von der Natur, und, ohne daß
Du selbst es denkst, ein Schüler Epikur's."

Um diese Zeit war der Graf Hoditz beim König in Potsdam, von wo er den 19. April über Berlin nach Noswalde zurück reiste. Ferner waren in diesem Monat beim König: der Abt Bastiani, der Lord Algernon Perci, ein Sohn des Herzogs von Northumberland, und dessen Führer Dutens Duchillou. Der Letztere erwähnt seiner mit dem Könige gehabten Unterredung in seiner Schrift: Mémoires d'un voyageur qui se repose etc. I. 378, jedoch nicht ausführlich. Er war durch den Baron von Cocceji eingeführt worden, welchen er, wie man hier I. p. 146 erfährt, schon in Turin kennen gelernt hatte, wohin er, als Sächsischer Kaufmann verkleidet, vom König geschickt worden war, um den König von Sardinien gegen Oestreich zu stimmen 42-+.

<43>

B.

4. März 1771 bis 5. März 1771

In der Nacht stirbt der Markgraf Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt zu Wildenbruch.

Um diese Zeit war die berühmte Sängerin Mara in des Königs Dienste getreten. Sie sang zum ersten Male auf dem Theater in dem Intermezzo Piramus und Thisbe von Hasse.

April.

A.

4. April 1771

Der König in Potsdam, an die Marquise d'Argens :

"Ich danke Ihnen für die umständliche Nachricht, die Sie mir von der Krankheit und dem Tode meines lieben Marquis zugesandt haben; sie hat mich äußerst gerührt. Warum ist er doch nicht bei uns geblieben! vielleicht lebte er noch. Man schmeichelt sich gern mit dem, was einen interessirt. Ich fühle, wie ich Ihnen schon gesagt, Ihren ganzen Verlust, er ist unersetzlich; alle Thränen, aller Kummer werden den aber nicht ins Leben zurückrufen, der einmal dahin ist. Sie müssen sich endlich in Ihren Schmerz zu finden wissen, und nicht durch vergebliches Sehnen Ihr Uebel von Neuem reizen. Ich werde es gewiß mit Vergnügen hören, wenn Sie so glücklich sind, wie ich wünsche, und wenn die Familie des guten Marquis so viel zu Ihrer Zufriedenheit beiträgt, als Sie zu erwarten berechtigt sind. etc.

N.S. Ihr zweiter Brief kommt mir so eben zu Händen. Hier wird Niemand einen üblen Gebrauch von dem machen, was Sie mir melden, darauf verlassen Sie Sich. Ich wünsche, daß Sie mit der Achtung zufrieden sein mögen, die Ihnen Ihre Familie ohne Zweifel beweisen wird. Kämen<44> Sie aber in den Fall, gegen ein und anderes Verfahren, oder sonst worin, meine Hülfe nöthig zu haben; so lassen Sie es mich geradezu wissen. Melden Sie mir auch, ob man dem Marquis nicht ein Epitaphium könnte setzen lassen, und ob dies in dem Lande, worin Sie sind, ohne Nachtheil für Sie und ihn geschehen kann."

8. April 1771

Der Minister von Finkenstein in Potsdam beim König.

13. April 1771

Kabinetsordre des Königs an den Magistrat der Stadt Berlin, darin er erklärt: daß er alle die Bürgerhäuser, welche er daselbst auf seine Kosten habe erbauen lassen, den Eigenthümern der Baustellen erb- und eigenthümlich schenke, und demnächst dem Magistrat befiehlt, die Schenkungsbriefe darüber in gehöriger Form auszufertigen, und den Eigenthümern gedachter Häuser auszuliefern.

22. April 1771

Der König von Schweden Gustav III 44-+ und sein Bruder Friedrich Adolph, Herzog von Ostgothland (Söhne der Schwester Friedrich's d. Gr.) kommen in Potsdam an.

24. April 1771

Der König von Schweden und sein Bruder besehen Sanssouci und die Stadt Potsdam, und gehen

25. April 1771

mit Gefolge nach Berlin.

26. April 1771

Der König aus Potsdam nach Berlin, wo bei ihm große Tafel und Cour ist, welcher der König von Schweden, dessen Bruder und die Prinzen des Königl. Hauses beiwohnen.

26. April 1771

Der König besucht die Prinzessin Amalie, besieht das Zeughaus, Mittags große Tafel. Nachmittags besieht er das Regiment Gend'armes zu Pferde und das Husarenregiment von Zieten zu Fuß.

Der König von Schweden etc. besucht das Cadettenhaus und die Ritterakademie.

28. April 1771

Manövre vor dem Halleschen Thore, welchem auch der König von Schweden und dessen Bruder beiwohnen. Abends Cour<45> und Tafel bei der Königin, wo vom goldenen Service gespeist wird.

29. April 1771

Der König nach Potsdam, und der König von Schweden mit seinem Bruder und Gefolge kehrt über Rheinsberg nach seinen Staaten zurück.

In diesem Monat war der Graf Alexis Orlow 45-+ in Potsdam. Er kam von Petersburg und wollte sich zu seiner Flotte nach Livorno begeben.

Mai.

A.

Mai 1771

Der König in Potsdam (Sanssouci).

7. Mai 1771

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Wir wollen uns trösten, mein lieber d'Alembert; wir werden nicht die Einzigen sein, die dazu verdammt sind, auf immer unwissend über das göttliche Wesen zu bleiben. etc. Mir fällt oft jener Englische Vers ein :

"Zum Handeln lebt der Mensch; und Du verlangst
zu denken?"

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr Ihre Franzosen mich ergötzen. Diese, nach lauter Neuem so begierige Nation, gewährt mir beständig neue Auftritte; bald ist es die Verjagung der Jesuiten; bald die Beichtscheine; die Aufhebung des Parlaments; die Zurückberufung der Jesuiten; alle drei Monate neue Minister. Kurz, sie allein geben dem ganzen Europa Stoff zur Unterhalttung. Wenn die Vorsehung bei Erschaffung der Welt (vor<46>ausgesetzt, daß sie sie erschaffen) an mich gedacht hat; so hat sie gewiß dies Volk zu meiner Nebenbelustigung hervorgebracht. etc.

Lassen Sie die schwarzen Gedanken fahren, mein lieber d'Alembert. Besser, über die Narrheiten der Menschen zu lachen, als darüber zu weinen! Verscheuchen Sie Ihre Schwermuth durch frohe Vorstellungen, und wenn Sie aus einer Quelle guter Laune schöpfen wollen; so kommen Sie zu uns. etc."

17. Mai 1771 bis 18. Mai 1771

Musterung bei Potsdam.

19. Mai 1771

Der König über Spandau nach Charlottenburg.

20. Mai 1771

Nach Berlin, wo bis den 23sten die Musterung Statt hat.

23. Mai 1771

Nachdem der König die Prinzessin Amalie besucht hat, geht er nach Charlottenburg.

25. Mai 1771

Von Charlottenburg nach Cüstrin - Musterung bis den 26sten.

26. Mai 1771

Nach Stargard - Musterung bis den 28sten.

28. Mai 1771

Nach Potsdam zurück.

29. Mai 1771

Ankunft in Potsdam.

31. Mai 1771

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam (Ministerrevue).

Der König ertheilt der Braut des verstorbenen Lieutenants von Fragstein, Dorothee Sophie Baumgart, die Befugniß, den von Fragsteinschen Namen und das Wappen zu führen, worüber dieselbe ein Königl. Diplom ausgefertigt erhält.

B.

Mai 1771

In diesem Monat befanden sich der Fürst Poniatowsky, Neffe des Königs von Polen, mit seiner Gemalin in Berlin.

Der in Hessen-Casselschen Diensten gestandene Freiherr Wolfgang Ferdinand von Dörnberg tritt als Minister in Preußische Dienste.

<47>

Juni.

A.

1. Juni 1771

An diesem Tage fand in Potsdam beim König die gewöhnliche Minister-Conferenz (Revue) Statt.

2. Juni 1771

Der König reist nach Magdeburg zur Nevue mit dem gewöhnlichen Gefolge.

9. Juni 1771

Rückkunft des Königs in Potsdam (Sanssouci).

10. Juni 1771

Der Großkanzler von Fürst und der neue Justiz-Minister von Dörnberg zum König nach Potsdam.

14. Juni 1771

Der Minister von Finkenstein und der General von Buddenbrock zum König nach Potsdam.

24. Juni 1771

An diesem Tage erklärt der König den (in Betreff der Polnischen Angelegenheiten) Verbündeten seine Ansprüche auf Pomerellen und einige andere Theile Polens etc. General von Krockow geht von Potsdam nach Schlesien.

29. Juni 1771

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich wünsche Ihnen Glück zu dem neuen Minister 47-+, den der König gewählt hat. Man sagt, er sei ein Mann von Talent. etc. Er wird dann weder am Kopf noch am Herzen so schwach sein, dem Pabste Avignon wieder zu geben. Man kann, wenn man gleich ein guter Katholik ist, dennoch dem Statthalter Gottes seine irdischen Besitzungen abnehmen, die ihn ohnedies allzu sehr von seinen geistlichen Pflichten abziehen. etc. -

Der Aberglaube ist ein Sohn der Furchtsamkeit, der Schwäche und der Unwissenheit. etc. Was für Widersprüche finden sich nicht in dem menschlichen Geist zusammen! Der alte Fürst von Anhalt-Dessau, den Sie noch gesehen haben, glaubte keinen Gott; aber wenn er auf die Jagd gehen wollte, und ihm von ungefähr drei alte Weiber begegneten; so kehrte er den Augenblick wieder um, weil das ein böses Omen<48> war. An einem Montag unternahm er nichts, denn dieser Tag war unglücklich. Fragte man ihn um den Grund, so wußte er keinen anzugeben. Sie wissen, was man von Hobbes erzählt; bei Tage war er ungläubig, und des Nachts schlief er nicht allein, weil er sich vor Gespenstern fürchtete. etc. Die Menschen sind für den Irrthum geschaffen; er schleicht sich gleichsam von selbst in ihren Geist ein, und sie können nur mit großer Mühe einige Wahrheiten entdecken. etc."

Juli.

A.

Juli 1771

Der König in Potsdam. (Sanssouci).

10. Juli 1771

Wurde auf Befehl des Königs das Bildniß des verstorbenen Ministers von der Hagen im Sessionszimmer des General-Direktoriums mit vieler Feierlichkeit aufgestellt.

17. Juli 1771

Die Prinzessin Amalie nach Potsdam (bis den 3. August). Der König erhebt den Präsidenten der Kriegs- und Domainen-Kammer in Preußen Johann Friedrich Domhardt in den Adelstand.

19. Juli 1771

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich habe den vierten Theil der Encyclopädischen Untersuchungen von Voltaire gelesen, und war sehr verwundert, einen fürchterlichen Ausfall gegen Maupertuis darin anzutreffen. Es ist so etwas Niedriges dabei, Verstorbene zu verleumden; es ist so entehrend, das Andenken verdienstvoller Männer anzuschwärzen; dies Verfahren zeigt gewissermaßen eine so unversöhnliche, so grausame Rachsucht, daß mich beinahe die Statue reuet, die man ihm errichtet. Gütiger Gott! wie kann so viel Genie mit so vieler Verkehrtheit gepaart sein. Ich gestehe Ihnen, daß mich das mißmüthig macht. etc."

B.

Juli 1771

Preußen und Oestreich ziehen einen Truppen-Cordon an der Polnischen Grenze.

<49>

August.

A.

August 1771

Der König in Potsdam (Sanssouci).

15. August 1771

Der König von Potsdam nach Schlesien, zu den Musterungen, mit dem gewöhnlichen Gefolge.

28. August 1771

Aus Neisse in Breslau angekommen.

31. August 1771

Aus Breslau nach dem Hauptquartier Golau; daselbst bleibt der König bis den 3. September.

Anfangs dieses Monats waren bei dem König in Potsdam : der General-Lieutenant von Bülow, der General-Major von Düringshofen und der Minister von Finkenstein.

September.

A.

3. September 1771

Der König verläßt Golau und tritt die Rückreise nach Potsdam an.

5. September 1771

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

6. September 1771

Der König an Darget :

"Mit Vergnügen gebe ich Ihrem Sohne die Erlaubniß, um die Sie in Ihrem Briefe vom 16. August für ihn bitten, sich während der Zeit, da er in meinen Staaten zu sein gedenkt, mir vorstellen zu dürfen. Da ich den Vater kenne, so wird es mir auch angenehm sein, den Sohn zu sehen; und Sie dürfen ihn also nur an mich adressiren." Die Minister von Finkenstein und von Vorschau in Potsdam.

Oktober.

A.

Oktober 1771

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? Oktober 1771

Der Minister von Finkenstein und der General von Buddenbrock in Potsdam beim König.

<50>

B.

21. Oktober 1771

Stiftungsurkunde des Französischen Theaters in Berlin.

November.

A.

1. November 1771

Der Minister von Finkenstein und der Kaiserliche Gesandte von Switen nach Potsdam zum König.

13. November 1771

Der König an Voltaire :

- etc. - "Als Ihre Bücher (der 6. und 7. Theil der Questions encylopaediques) ankamen, hatte ich einen sehr heftigen Anfall vom Podagra; Hände und Füße waren mir gebunden, geknebelt und erlahmt. Diese Werke waren eine große Hülfe für mich. Da ich sie las, dankte ich dem Himmel tausend Mal, daß er Sie in die Welt geschickt hat. Um Ihnen doch auch von meinen übrigen Beschäftigungen Rechenschaft zu geben, muß ich Ihnen sagen, daß ich, als kaum der Gebrauch der linken Hand wieder in meiner Gewalt war, auf den Einfall kam, Papier zu verderben, nicht, um das Publikum und ganz Europa, die hell genug sehen, zu unterrichten, sondern um mir selbst die Zeit zu vertreiben. Ich habe nicht Catharinens Siege besungen, sondern die Thorheiten der Conföderirten. Scherz ist einem genesenden Kranken angemessener, als der Ernst des erhabenen Stils. Sie sollen eine Probe von diesem Gedichte 50-+ sehen. Es besteht aus sechs Gesängen, und ist schon fertig; denn eine fünfwöchentliche Krankheit ließ mir Zeit genug, ganz nach Belieben zu reimen und zu feilen. Zwei Gesänge, die ich für Sie abschreiben lasse, werden Ihnen Langeweile genug machen.

"Ach, was ist der Mensch doch für ein unverbesserliches<51> Geschöpf!" werden Sie sagen, wenn Sie noch jetzt wieder Verse von mir sehen. etc."

21. November 1771

Der König in Friedrichsfelde, als Taufzeuge bei dem am 11ten gebornen Sohn des Prinzen Ferdinand, welcher die Namen Friedrich Christian Heinrich Ludwig erhielt. (Er starb den 8. Oktbr. 1790).

30. November 1771

Der König an d'Alembcrt :

"Die Götter, glaube ich, haben das Glück sich selbst vorbehalten, und den Menschen nur den Schein desselben gelassen; wir suchen es stets und finden es nie. Indeß, fehlt uns hier auch alles, was Vollkommenheit heißt; so haben wir dafür zwei Tröster, die eine Menge unsrer Leiden zerstreuen. Der Eine ist: die Hoffnung; der Andere: eine Anlage zu natürlicher Fröhlichkeit, die besonders Ihre Franzosen im höchsten Grade besitzen. Ein Liedchen, ein treffendes Wort verscheucht ihren Gram; ist das Jahr unfruchtbar, so erhält die Vorsehling ihren Reim; steigen die Auflagen, wehe den Pachtern, deren Namen in einen Vers geht! Auch trösten sie sich wirklich über Alles; und sie haben nicht unrecht; ich trete auf ihre Seite. Lächerlich ist es, sich über vergängliche Dinge zu betrüben, deren Charakter die Unbeständigkeit ist. Wenn Heraklit darüber weint, so belacht sie Demokrit. Lassen Sie uns also lachen, mein lieber d'Alembert; Sie über Ihre Finanzen, ich über das schlechte Jahr, über das Podagra etc. Das ist mein Entschluß, und ich befinde mich wohl dabei. etc. - etc. Kaum war ich meine großen Schmerzen (das Podagra) los, so belustigte ich mich über die Polnischen Conföderirten. Es machte mir Vergnügen, sie nach dem Leben zu schildern, und hier schicke ich Ihnen einige Gesänge des Gedichts. etc. Mir fällt ein, daß ich einige Werke gesehen habe, in welchen das Lob der Franzosen nicht gespart worden ist, und welche von Verfassern herrühren, die einen Platz in der Franz. Akademie suchten und ihn erhalten haben. Dies hat mich auf den Einfall gebracht, mich mit auf die<52> Liste zu setzen; und um Einer von Ihren vierzig Plauderern zu werden, habe ich beschlossen, die Apologie einiger Feldzüge Ihrer Feldherren im letzten Kriege zu schreiben. Das Werk wird bald fertig sein, ich widme es der National-Geckheit, und durch dieses Mittel meine ich in Kurzem Ihr Mitbruder zu werden. etc."

B.

3. November 1771

Die Polnischen Conföderirten entführen den König Stanislaus August von Polen aus Warschau, wobei er in Lebensgefahr geräth und verwundet wird.

Hungersnoth in Sachsen.

Dezember.

A.

1. Dezember 1771

Der König von Potsdam nach Berlin.

2. Dezember 1771

Nach Oranienburg zum Empfang der verwittweten Königin von Schweden (Louise Ulrike, Schwester des Königs), nebst ihrer Tochter, der Prinzessin Sophie Albertine, welche in Begleitung des Prinzen Heinrich, der bis Prenzlau der Königin entgegen gegangen war, daselbst ankamen.

3. Dezember 1771

Der König, Prinz Heinrich, die Königin von Schweden, nebst ihrer Tochter und Gefolge, von Oranienburg nach Berlin.

4. Dezember 1771

Beim König Mittags große Tafel und Cour, Abends bei der Königin von Schweden, wo der Adel in schwarzer Kleidung erschien.

6. Dezember 1771

Der König besucht die Prinzessin Amalie, desgleichen den Prinzen Ferdinand und dessen Gemalin, welche von Friedrichsfelde wieder nach Berlin gekommen waren.

7. Dezember 1771

Der König nach Potsdam.

13. Dezember 1771

Der Markgraf Heinrich von Schwedt in Berlin.

14. Dezember 1771

Der König von Potsdam in Berlin zum Carneval. Während seines Aufenthalts daselbst besieht er wie gewöhnlich die Wachtparade.

<53>

In diesen, Jahre war auf des Königs Einladung der Sächsische Minister von Fritsch, welcher die Friedensunterhandlungen zu Hubertsburg, Sächsischer Seits, mit betrieben hatte, nach Potsdam gekommen. Als dieser um die Zeit seiner nahen Rückreise äußerte, daß er über Berlin gehen wolle, um den berühmten Moses Mendelssohn persönlich kennen zu lernen, sagte ihm der König, daß er, um ihn noch etwas länger bei sich zu haben, den Moses Mendelssohn nach Potsdam kommen lassen wolle. Dies geschah denn auch, und bei der Ankunft Mendelssohns am Thore zu Potsdam fand jene komische Scene Statt, die Nicolai in seinen Anekdoten, Heft III. 278, erzählt, und die auch nach Chodowiecki's Zeichnung in Kupfer gestochen worden ist, im Physiognomischen Almanach, Berlin bei Unger, 1791. - Fritsch starb den 1. Dezbr. 1775, 76 Jahr alt.

Von des Königs Schriften sind in diesem Jahre verfaßt: Brief Clemens des XIV an den Mufti Osman Mola und Brief von Herrn Nicolini an den Procurator Francouloni etc. (Deutsche Supplemente III. 322, 325).

B.

15. Dezember 1771

Anfang des Carnevals. Bis den 21sten war die Ordnung Folgende : Sonntag : große Cour bei dem König; Montag : Operette auf dem Schloßtheater; Dienstag: Redoute; Mittwoch : Opéra comique auf dem Schloßtheater; Donnerstag : Cour bei der regierenden Königin; Freitag: Oper. Vom 21sten an war Sonntags : Cour bei der Königin von Schweden: Montags : Oper; Dienstags: Redoute; Mittwochs : Opéra comique; Donnerstags : Cour bei der regierenden Königin; Freitags: Oper; Sonnabends: Ruhe.

Die beiden Opern waren : 1) Britannicus, 2) Orest und Pylades. Die Operetten : J. Contadin bizarri und La

ritornata di Londra.

Während des Carnevals befanden sich an fremden Standes<54>personen unter andern auch der Geheime-Rath von Brenkenhof, und die Generale von Krockow und von Manstein in Berlin.

Januar 1772.

A.

2. Januar 1772

Der König in Berlin, an Voltaire :

"Ich gestehe es, daß es meine Schuldigkeit ist, Sie mit den Conföderirten, die ich besinge, bekannt zu machen. etc. So wissen Sie denn, daß meine Conföderirten, die zwar weniger tapfer, als Ihre Liguisten, aber eben so fanatisch sind, diesen in Verbrechen nichts haben nachgeben wollen 54-+. Mit dem schrecklichen Angriff, den man auf den König von Polen gemacht hat, der aber verunglückt ist, verhält es sich (bis auf den Umstand mit der Communion) gerade so, wie die Zeitungen es weitläuftig erzählt haben. etc. Aus dem dritten und vierten Gesänge, den ich Ihnen schicke, werden Sie sehen, daß sich unmöglich große Gegenstände unter so viele Ungereimtheiten mischen lassen. Das Erhabene ermüdet zuletzt, aber über das Niedrigkomische lacht man. Ich glaube mit Ihnen, je älter man wird, desto mehr müsse man sich aufzuheitern suchen. etc."

24. Januar 1772

Feier des Geburtstags des Königs; große Cour bei ihm, nach deren Beendigung speist er mit seiner Gemalin, der Königin von Schweden, und sämmtlichen Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses bei dem Prinzen Heinrich. Nach aufgehobener Tafel geht der König nach Potsdam. Der König läßt mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

<55>

26. Januar 1772

Der König an d'Alembert :

"Aus Ihrer Antwort sehe ich, daß es eine Menge Gegenstände giebt, die dabei gewinnen, wenn man sie aus der Ferne sieht. Zu dieser Anzahl könnte wohl die Conföderation in Polen gehören. Wir, die wir Nachbarn dieser rauhen Nation sind; die wir die einzelnen Glieder und die Häupter der Parteien kennen, wir halten sie bloß des Auspfeifens werth. Die Conföderation entstand aus Schwärmerei; alle ihre Häupter sind unter einander in Zwiespalt; jeder hat seine besondern Ansichten, seine besondern Entwürfe; sie handeln unbesonnen und fechten feige, und sind bloß fähig zu der Art Verbrechen, welche nur Niederträchtige begehen können. etc. Aus der Frevelthat, welche diese Elenden wider ihren König vorhatten, sieht man, zu welchen Handlungen ihr Schwindelgeist sie fähig macht. Die Ursache ihres Hasses wider diesen Fürsten besteht darin, daß er nicht reich genug ist, ihnen, dem Verlangen ihrer Gierigkeit gemäß, Pensionen zu geben, sie würden lieber einen auswärtigen Fürsten haben, der ihre Verschwendung aus seinen Domainen befriedigen könnte. Ich bedaure die Philosophen, die sich dieses in jeder Rücksicht verächtlichen Volkes annehmen. Nur in Betracht ihrer Unwissenheit kann man sie entschuldigen. Polen hat keine Gesetze, es genießt also nicht das, was man Freiheit nennt, sondern die Regierung ist in eine zügellose Anarchie ausgeartet, und der Adel begeht die grausamste Tyrannei gegen seine Sclaven. etc.

Sie bilden Sich ein, man mache eben so leicht einen Frieden zwischen feindlichen Mächten, als schlechte Verse. Aber ich wollte eher mich unterfangen, die ganze Jüdische Geschichte in Madrigale zu bringen, als drei Souverainen, worunter noch dazu zwei Frauen sind, gleichstimmende Gesinnungen einzuflößen. Dennoch aber lasse ich den Muth nicht sinken. etc. Wenn das Haus unsers Nachbars brennt, so muß man das Feuer löschen, damit es nicht das unsrige ergreife. etc.

<56>

Der arme Helvetius wird sich auf nichts mehr wälzen, ich habe seinen Tod mit unbeschreiblichem Kummer erfahren, sein Charakter schien mir ganz vortrefflich. Vielleicht hätte man gewünscht, daß er seinen Witz weniger als sein Herz zum Rathgeber gebraucht hätte. etc."

In d'Alembert's letztem Brief an den König hatte er sich bei ihm für eine ihm befreundete Familie verwendet, welche durch einen Artikel in der Nieder-Rheinischen Zeitung, die in Cleve herauskam, an ihrer Ehre verletzt worden zu sein glaubte 56-+. D'Alembert bat nun im Namen jener Familie, daß er dem Cleveschen Zeitungsschreiber befehlen möchte, den beigefügten Widerruf des beleidigenden Artikels sogleich in seine Zeitung aufzunehmen, und künftig von dieser Familie weder in Gutem noch in Bösem zu reden, etc. Darauf antwortet der König : "In Rücksicht des Zeitungsschreibers am Nieder-Rhein, wird die Familie Mouleon sich gefallen lassen, daß er nicht beunruhigt werde, weil ohne Freiheit zu schreiben, der Verstand im Finstern bleibt, und weil alle Encyclopädisten, deren eifriger Schüler ich bin, sich gegen jede Censur aufgelehnt haben, und darauf dringen, daß die Presse frei sei, und jeder, was ihm seine Denkungsart eingiebt, schreiben könne. etc."

(Siehe jedoch weiterhin des Königs Brief vom 7. April).

27. Januar 1770

Die Abhandlung des Königs: "Ueber den Nutzen der Wissenschaften und Künste," wird in der Akademie, wo die Königin von Schweden gegenwärtig war, von dem Professor Thiébault vorgelesen.

<57>

Februar.

B.

Februar 1772

Der König in Potsdam.

An verschiedenen Tagen waren bei ihm : der Kaiserliche Gesandte von Swieten, der Polnische Gesandte Graf Kmieleky und der Englische Harris, der General von Billerbeck und der Minister von Rost, desgleichen der Minister von Finkenstein mehrere Male.

B.

17. Februar 1772

Uebereinkunft des Königs mit der Kaiserin von Rußland wegen der Theilung Polens.

März.

A.

1. März 1772

Der König in Potsdam, an Voltaire :

"Ich schäme mich in der That über alle die Possen, die ich Ihnen schicke, aber da Sie einmal im Lesen sind, so sollen Sie verschiedene auf einmal bekommen : den fünften Gesang der Conföderation; eine akademische Vorlesung (Ueber den Nutzen der Wissenschaften etc.) und eine Epistel an meine Schwester, die Königin von Schweden, über die Unannehmlichkeiten, die sie in diesem Lande erfahren hat. (H. W. VII).

Nicht bloß in Schweden erfährt man Widerwärtigkeiten, die arme Babet, des verstorbenen Isaak's (d'Argens) Wittwe, hat in der Provence ihrer auch genug erfahren. Die dortigen Frömmlinge müssen doch schreckliche Leute sein! sie haben dem guten Lobredner des Kaisers Julian mit Gewalt die letzte Delling gegeben. Man hat wegen seiner Beerdigung und auch wegen des Monuments, das ihm errichtet werden sollte, Schwierigkeiten gemacht. etc. Ich habe so eben wieder einen heftigen Anfall vom Poda<58>gra gehabt; aber ein Gedicht hat es mir nicht eingetragen, weil ich keinen Stoff dazu hatte. etc."

15. März 1772

Die Königin von Schweden mit ihrer Tochter und der Prinz Heinrich in Potsdam.

20. März 1772

Die regierende Herzogin von Braunschweig (Schwester des Königs), der Prinz Friedrich von Braunschweig (ihr Sohn) und dessen Gemalin in Potsdam.

24. März 1772

Im neuen Schloß in Sanssouci wird die Oper Orest und Pylades gegeben, nachher Feuerwerk etc.

30. März 1772

Die Königin von Schweden und die Prinzen und Prinzessinnen nach Berlin zurück.

April.

A.

April 1772

Der König in Potsdam (Sanssouci).

7. April 1772

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Wenn Sie aber wissen wollen, was ich von der Preßfreiheit (s. des Königs Brief, oben, vom 26. Jan.) und von den satyrischen Schriften, die eine unvermeidliche Folge derselben sind, halte; so werde ich Ihnen gestehen - ohne jedoch die Herren Encyclopädisten, für welche ich alle Achtung hege, vor den Kopf stoßen zu wollen - daß ich - so viel ich die Menschen kenne, womit ich mich ziemlich lange beschäftigt habe - fest überzeugt bin: daß sie abhaltender Zwangsmittel bedürfen, und daß sie stets jede ihnen verstattete Freiheit mißbrauchen werden; daß folglich, was die Bücher betrifft, ihre Schriften einer Prüfung unterworfen sein müssen, die zwar nicht streng, jedoch hinreichend ist, alles zu unterdrücken, was gegen die allgemeine Sicherheit, so wie gegen das Wohl der Gesellschaft verstößt, welcher letztern die Satyre zuwider läuft."

<59>

23. April 1772

Die regierende Herzogin von Braunschweig über Potsdam nach Braunschweig zurück.

B.

28. April 1772

Die vom Könige dem Regimente Anhalt-Bernburg in Halle geschenkten neuen Fahnen werden demselben feierlich übergeben.

Mai.

A.

Mai 1772

Der König in Potsdam (Sanssouci).

2. Mai 1772

Nach Charlottenburg, dann nach Berlin, wo er einige Regimenter mustert, nachher die Prinzessin Amalie besucht und nach Charlottenburg zurückkehrt.

2. Mai 1772

Die Königin von Schweden in Charlottenburg.

3. Mai 1772

4. Mai 1772

Der König mustert die übrigen Regimenter bei Berlin, und kehrt über Charlottenburg nach Potsdam zurück.

11. Mai 1772

Der Präsident der Ober-Rechenkammer Roden beim König in Sanssouci, der mit ihm über die neuen Einrichtungen spricht, die in Westpreußen, das er bald besetzen werde, getroffen werden sollen. Auch war in diesen Tagen der Geh.-Rath von Brenkenhof aus der Neumark beim König angekommen.

19. Mai 1772

Der König über Spandau nach Charlottenburg.

20. Mai 1772 bis 23. Mai 1772

In Berlin, wo große Revue Statt hat.

23. Mai 1772

Nach Potsdam.

25. Mai 1772

Von Potsdam nach Magdeburg zur Revue, mit dem gewöhnlichen Gefolge.

29. Mai 1772

In Potsdam.

30. Mai 1772

Der König nach Pommern, der Neumark und Westpreußen.

Um diese Zeit scheint der König das Todtengespräch zwischen dem Herzog von Choiseul, dem Grafen von Struensee und Sokrates verfaßt zu haben

<60>

Juni.

A.

4. Juni 1772

Ankunft des Königs in Marienwerder; er begiebt sich sogleich zu den im Lager bei der Stadt versammelten Regimentern, und hält über sie Revue, alsdann bespricht er sich mit den Präsidenten Roden und von Domhardt über die zu treffenden neuen Einrichtungen in den von Polen an Preußen abzutretenden Landestheilen.

7. Juni 1772

Läßt der König wieder die Präsidenten Roden und von Domhardt zu sich kommen, und bespricht sich über dieselbe Angelegenheit mit ihnen.

8. Juni 1772

Von Marienwerder nach Culm, Fordon und Bromberg, Nachtquartier.

9. Juni 1772

10. Juni 1772

In Driesen, wo er bei dem Commerzienrath Trepmacher logirt.

10. Juni 1772

Besieht der König in Begleitung des Geh.-Raths von Brenkenhof die von demselben in dieser Gegend neu angelegten Colonien, und unterhalt sich lange mit ihm über die in Westpreußen zu treffenden Einrichtungen, besonders über einen bei Bromberg anzulegenden Canal.

11. Juni 1772

War der König bereits wieder in Potsdam (Sanssouci).

12. Juni 1772

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam, wo sie bis den 13ten bleiben.

21. Juni 1772

Der regierende Markgraf von Anspach-Baireuth in Potsdam, bis den 28sten.

30. Juni 1772

Der König an d'Alembert:

- etc. - "Wir haben Toussaint verloren 60-+. An seiner Stelle brauche ich einen guten Rhetoriker; ich habe an de l'Isle, den Uebersetzer des Virgil, gedacht, und bitte Sie, es ihm anzutragen; er wird zugleich Mitglied der Akademie, mit den Einkünften. Im Fall er es ablehnt; so er<61>suche ich Sie, mir einen andern verdienstvollen Mann, der bei unsrer Akademie im Fache der schönen Wissenschaften glänzen kann, vorzuschlagen. etc."

In diesem Monat waren bei dem König in Potsdam : der Minister von Finkenstein, mehrere Male, der Französische Gesandte, Marquis de Pons, der Anspach-Baireuthsche Gesandte von Treskow, welchem der König bei seinem Abschied eine mit des Königs Portrait gezierte Tabatiere schenkt, die Generale von Buddenbrock, von Krockow etc.; den 12ten war die regierende Fürstin von Anhalt-Dessau in Berlin angekommen, den 24sten kehrte sie nach Dessau zurück.

Der Bau der Artillerie-Kaserne am Kupfergraben ward in diesem Monat beendigt und vom König in Augenschein genommen.

B.

1. Juni 1772

Ministerial-Verordnung an die Behörden, die Bücher-Censur betreffend (in Bezug auf das Censur-Edict von 1749).

10. Juni 1772

Feierte die Französisch-Reformirte Gemeine in Berlin das hundertjährige Jubelfest der Aufnahme ihrer Vorfahren in den Brandenburgischen Ländern durch den großen Kurfürsten. Der bei dieser Gelegenheit von dem Prediger Erman in der Werderschen Kirche gehaltenen Jubelpredigt wohnten die Königin von Schweden und die regierende Königin bei. Es erschien auf diese Feier eine Denkmünze.

Juli.

A.

1. Juli 1772

Die Königin von Schweden mit ihrer Tochter, Prinz Ferdinand mit Gemalin, die Prinzessin Amalie, die Herzogin von Braunschweig, der Prinz Friedrich von Braunschweig mit seiner Gemalin, der regierende Markgraf von Anspach-Baireuth zum König nach Potsdam.

4. Juli 1772

Im neuen Schloß in Sanssouci. Oper Phädra.

5. Juli 1772

Concert.

<62>

6. Juli 1772

Oper Mahomed.

23. Juli 1772

Der König an d'Alembert :

"Das erwartete ich nicht, ein Werk über die Taktik aus den Händen eines encyclopädistischen Philosophen zu erhalten; es ist, als wenn mir der Papst ein Werk über die Toleranz zuschickte. Ich habe das Buch des jungen Officiers 62-+ nicht ganz gelesen; aber, indem ich die Augen auf die Vorrede warf, traf ich darin Dinge an, die gewiß verbessert werden müssen, um der Wahrheit das gebührende Opfer zu bringen. Der junge Verfasser behauptet unbedachtsamer Weise: die Preußen wären nicht tapfer; und doch verdanke ich ihrer Tapferkeit alles das Glück, welches ich im Kriege gehabt habe. Dieser junge Mann hätte doch einsehen müssen, daß Truppen, sie mögen noch so geschickt und gewandt sein, doch nie den Feind schlagen werden, als wenn sie ihn aus der Stellung, worin er sich befindet, vertreiben; und das kann nur durch tapfere und entschlossene Leute bewerkstelligt werden. Diese mit Recht zu tadelnde Stelle sollte ausgestrichen werden; denn bei der Durchsicht der Aufschriften der Kapitel habe ich bemerkt, daß dies Buch die Arbeit eines Mannes von Genie ist, der sucht, sich selbst und Andere aufzuklären, und der bloß auf Gelegenheiten wartet, sich hervorzuthun. Sie werden die Gefälligkeit haben, diese kleine Umständlichkeit über ein Handwerk, das Sie nicht lieben, unter dessen Schutz aber alle Uebrigen arbeiten, hinzunehmen."

24. Juli 1772

Der König nach Charlottenburg - von da nach Berlin, wo er im Thiergarten die daselbst aufmarschirten Wachtparaden besieht, alsdann nimmt er in der Stadt den Casernenbau in Augenschein und kehrt nach Charlottenburg zurück. Darauf wird hier das Geburtsfest der Königin von Schweden gefeiert, welche sich nebst ihrer Tochter, so wie auch die regierende Königin und mehrere Prinzen und Prinzessinnen des Kö<63>niglichen Hauses, daselbst eingefunden hatten. Mittags war große Tafel, Abends Französisches Schauspiel in der Orangerie, nach dessen Beendigung Ball von Domino und Illumination des Schloßgartens.

25. Juli 1772

Der König nach Potsdam, die andern hohen Herrschaften von Charlottenburg nach Berlin. Wahrend des vorherigen Aufenthalts derselben in Potsdam war die regierende Königin in Schönhausen, wo einige Male Cour und Souper war.

August.

A.

3. August 1772

Der König von Potsdam nach Berlin, bei ihm befand sich auch der Erbprinz von Braunschweig, der an demselben Tage in Potsdam angekommen war.

4. August 1772

Der König besieht wieder die Casernenbauten und die Wachtparaden.

Die Königin von Schweden und ihre Tochter treten ihre Rückreise nach Stockholm an. Der König und der Erbprinz von Braunschweig gehen nach Potsdam.

15. August 1772

Der König von Potsdam nach Schlesien zur Revue.

26. August 1772

Aus Neisse nach Breslau.

29. August 1772

Aus Breslau nach dem Hauptquartier Wenig-Mohnau.

B.

19. August 1772

Veränderung der Regierungsform in Schweden. Gustav III erlangt die Souverainität, wie sie 1680 der Regent besaß.

31. August 1772

An diesem Tage ward der zur Urbarmachung der Wartebrüche angelegte Haupt-Abzugskanal in der Gegend von Kriescht durchstochen. Es geschah dies durch die Prinzen Heinrich und Ferdinand, und es erhielt daher dieser Kanal den Namen der Heinrichs-Kanal.

<64>

September.

A.

4. September 1772

Der König in Potsdam (Sanssouci), wohin auch der Prinz Heinrich gekommen war.

7. September 1772

Der Minister von Finkenstein beim König n Potsdam.

8. September 1772

Der König als Taufzeuge bei der am 31. August in Potsdam geborenen Tochter des Prinzen von Preußen, Friederike Christiane Amalie Wilhelmine. (Sie starb den 14. Juni 1773). Auch war die verwittwete Prinzessin von Preußen aus Berlin angekommen und als Taufzeugin bei dem Taufactus zugegen.

?? September 1772

In diesen Tagen hatte der König dem (am 3. August 1770 gebornen) jungen Prinzen, Sohn des Prinzen von Preußen, den Schwarzen Adlerorden ertheilt.

16. September 1772

Der König überschickt Voltaire'n den sechsten Gesang von dem Gedicht : die Conföderirten, und eine Medaille, welche er auf die Erwerbung von Westpreußen als Huldigungsmedaille hatte schlagen lassen.

17. September 1772

Der König an d'Alembert; "Der Professor der Rhetorik, den Sie mir verschafft haben64-+, vermehrt meine Verbindlichkeiten gegen Sie, und wird dazu beitragen, eine Akademie 64-++, die mir sehr am Herzen liegt, und deren Gedeihen meiner Erwartung bis jetzt ziemlich entsprochen hat, zu vervollkommnen. Die Sorge für die Erziehung ist ein wichtiger Gegenstand, welchen die Fürsten nicht vernachlässigen sollten, und den ich bis auf die Dörfer ausdehne. Es ist das Steckenpferd meines Alters; und ich entsage dafür einigermaßen der schönen Beschäftigung, über<65> welche Herr von Guibert so beredten Unterricht ertheilt. Der Krieg erfodert eine feurige Jugend; mein träges Alter schickt sich nicht mehr dazu. etc. Nicht genug, daß ich mein kleines Gut in Frieden erhalte, ich predige auch noch Andern den Frieden. etc."

22. September 1772 bis 25. September 1772

Finden bei Potsdam die gewöhnlichen Herbst-Manövres Statt. In diesem Monat waren an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam der Prinz Leopold von Braunschweig, der Herzog Ferdinand und der Erbprinz von Braunschweig, der Oestreichische Gesandte von Switen, der General von Haak und der Minister von Schulenburg.

B.

13. September 1772

Erscheint das Preußische Besitzergreifungs-Patent (Herzberg's Recueil, I. 319) wegen Westpreußen, und es werden zugleich die verschiedenen dazu gehörigen Districte von Preußischen Truppen besetzt.

27. September 1772

Um dieselbe Zeit erschien auch die Staatsschrift (in Deutscher, Französischer und Lateinischer Sprache): Ausführung der Rechte Sr. Königl. Majestät von Preußen auf das Herzogthum Pommerellen und auf verschiedene andere Landschaften des Königreichs Polen. Mit Beweisurkunden. Berlin 1772. Der General von Stutterheim und der Minister von Rohd nehmen in Marienburg die Huldigung der neuen Westpreußischen Unterthanen an des Königs Stelle an.

Oktober.

A.

Oktober 1772

Der König in Potsdam (Sanssouci).

3. Oktober 1772

Kabinetsordre an den Minister Freiherrn von Zedlitz :

"Mein lieber Etats-Minister Freiherr von Zedlitz. Lebte die Priesterschaft der Giebichensteinschen Amtsdörfer, wie ihre Voreltern; so äße dieselbe des Morgens Biersuppen, und setzte sich der Gefahr nicht aus, nach ihrer in Original<66> angeschlossenen Vorstellung vom 26. September wegen unverakziseten Kaffees in Strafe genommen zu werden. Ihr habt demnach Ihnen solches zu erkennen zu geben. Ich bin etc.
Friedrich."

6. Oktober 1772

Der König an d'Alembert :

"Herr Borelli ist angekommen. So viel ich von ihm urtheilen kann, scheint er geschickt und voll guten Willens zu sein. Ich habe ihm sogleich über die Geschäfte, die ihm obliegen werden, Auskunft gegeben, und da in dem Erziehungsplan, der bei der Akademie angenommen ist, die Methoden sehr von andern Schulen abweichen, so habe ich sie ihm angezeigt, und zweifle nicht, daß er die Erwartung erfüllen wird, die sein guter Ruf und vorzüglich Ihr Beifall erregen. Mein Wunsch, das kleine Institut meiner Ritter-Akademie wohl gelingen zu sehen, macht mich desto dankbarer gegen Sie, da Sie mir Mittel zu ihrer Vervollkommnung verschaffen. Je älter man wird, desto mehr bemerkt man den Nachtheil, den die vernachlässigte Erziehung der Jugend den Gesellschaften zufügt; ich wende alle meine Kräfte an, diesen Mißbrauch möglichst abzuhelfen. Ich verbessere die Bürgerschulen, die Universitäten und sogar die Dorfschulen, allein es gehören dreißig Jahre dazu, um Früchte davon zu sehen: ich werde sie nicht genießen, aber mich damit trösten, daß ich meinem Vaterlande diesen lhm noch mangelnden Vorzug verschafft habe. etc. Sie erhalten hier einen Brief für den Ritter von Chateleux; ehedem waren in Frankreich seines Gleichen in Ueberftuß; der Adel ohne Kenntnisse ist nichts als ein leerer Titel, der einen Unwissenden zur Schau stellt, und ihn der Verspottung derer, die Gefallen daran finden, preis giebt. etc."

27. Oktober 1772

Der König an Ebendenselben :

- etc. - "Der arme Thiriot 66-+ scheidet also von hin<67>nen? Seit vierzig Jahren kenne ich ihn, ob ich ihn gleich nie gesehen habe. In seiner Jugend nannte man ihn den Hausirer mit Voltaire's Werken, er sank merklich, seine Blätter wurden dürftig und enthielten weder Anziehendes, noch Belustigendes. Lassen Sie denjenigen, welchen Sie mir vorschlagen, ein Blatt von seiner Weise mir herschicken, um zu sehen, ob er für mich ist. Vor allen Dingen muß er die Pariser Histörchen nicht vergessen, wenn sie drollicht sind, denn die guten Bücher werden so selten, daß kaum eins in einem Jahre erscheint, indeß der Nation die Lustigkeit, welche sie charakterisirt, noch bleibt.

Was kann ich Ihnen von hier aus sagen, außer, daß man mir ein Endchen Anarchie (von Polen) gegeben hat, um es zu bilden? Ich habe damit so viel zu thun, daß ich Lust hätte, irgend einen encyclopädischen Gesetzgeber zu Hülfe zu nehmen, um in diesem Lande Gesetze einzuführen, die alle Bürger gleich machten, die den Dummen Verstand gäben, die den Eigennutz und den Ehrgeiz aus den Herzen aller Bürger mit der Wurzel ausrissen, und die nur einen Schatten von Beherrscher zeigten, den man auf den ersten Wink fortschaffen konnte, für den Niemand etwas von Taxen und Auflagen wüßte, sondern der sich von selbst erhielte. Dies sind die erhabenen Gedanken, womit ich mich jetzt beschäftige. So schon diese Regierungsart auch ist; so verzweifle ich doch an meiner geringen Geschicklichkeit, sie auf den Fuß zu setzen, den Ihre weisen Gesetzgeber (die übrigens nie regiert haben) vorschreiben. Nun, es wird daraus werden, was möglich ist; und man wird mir doch meinen guten Willen anrechnen, ungefähr wie einem<68> Schüler, der in Abwesenheit seiner Lehrer Unterricht geben will, aber ihn verkehrt giebt, weil er selbst ihn noch nicht genug verstanden hat. etc."

B.

14. Oktober 1772

Es erscheint das Patent wegen Errichtung der Seehandlungs-Gesellschaft.

?? Oktober 1772

Der General von Ramin, welcher in diesem Monat 12 Tage bei dem König gewesen war, erhielt von demselben ein Geschenk von 7000 Thlr.

Unter Andern waren auch bei dem König der Landgraf von Hessen-Darmstadt, der Hessen-Kasselsche Gesandte von Oynhausen, und der Minister von Finkenstein mehrere Male.

November.

A.

1. November 1772

Der König in Potsdam, an Voltaire :

"Sie wissen, daß ich nie einem Maler gesessen habe, und daß mir also weder Portraite noch Medaillen gleichen 68-+. Ich bin alt, höchst hinfällig, podagrisch, tief in die Jahre, aber immer heiter und guter Laune. Uebrigens bestätigen Medaillen mehr gewisse Epochen, als daß sie Gesichtszüge treu oder ähnlich darstellen sollten. Ich habe nicht nur einen Abbé sondern auch zwei Bischöfe und eine ganze Armee von Kapuzinern acquirirt 68-++, aus denen ich sehr viel mache, seitdem ich weiß, daß sie von Ihnen beschützt werden. Freilich finde ich es unverschämt, daß der Conföderations-Dichter sich so dreist über einige Franzosen lustig gemacht hat, die nach Polen gegangen sind; aber er sagte zu seiner Entschuldigung: das, was Hochachtung verdiene, wisse er wohl<69> zu respectiren; indeß meinte er, es sei ihm erlaubt, über den Auswurf der Nationen, über einige Franzosen zu scherzen, die durch den Frieden außer Dienst gekommen waren, dann, weil sie nichts Besseres wußten, nach Polen gingen, und da in Gesellschaft der Conföderirten das Straßenräuberhandwerk trieben. etc."

28. November 1772

Der König nach Berlin und Friedrichsfelde, wo er bei der Taufe des am 18ten daselbst gebornen Sohnes des Prinzen Ferdinand, Taufzeuge ist. Der neugeborne Prinz erhielt die Namen : Friedrich Ludwig Christian. (Er starb den Heldentod im Treffen bei Saalfeld am 10. Oktbr. 1806). Nach der Taufe ging der König durch Berlin nach Potsdam.

Dezember.

A.

Dezember 1772

Der König in Potsdam.

4. Dezember 1772

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Sie klagen stets über die wenige Achtung, die jetzt Ihre Franzosen für die Wissenschaften hegen. Eine Menge Ursachen tragen dazu bei. Die Nation, welche den Ruhm liebt, schützte die großen Männer, welche nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften ihrem Vaterlande durch ihre Schriften Ehre machten. etc. In der Folge sättigte man sich an diesen Meisterstücken, die Schriftsteller, welche diesen großen Männern folgten, waren ihnen nicht gleich, die Gelehrsamkeit ward minder gründlich. Der größte Theil dieser Schriftsteller war seiner Sitten wegen verschrieen, und konnte die Achtung des Publikums nicht verdienen; von der Verachtung der Person geht man leicht zur Verachtung der Kunst über. Zu diesen Betrachtungen kommt noch, daß Paris ein Abgrund von Ausschweifungen ist, in welchen sich Ihre feurige Jugend stürzt; viele kommen darin um oder verlieren wenigstens den Geschmack an Arbeitsamkeit. etc. Und da die Menschen nur die Dinge lieben, in welchen sie es vorwärts zu<70> bringen hoffen, so kann die unbesonnene Jugend, die nur die groben sinnlichen Vergnügungen kennt, die Künste nicht lieben, mit denen sie nicht genug bekannt ist, um darüber zu urtheilen, und es fällt ihr leichter, das, was sie nicht studirt hat, zu verachten, als ihre Unwissenheit zu bekennen. Denn welche Zeit bleibt einem Menschen, der in der großen Welt zu Paris lebt, übrig - ich will nicht sagen, zum Studiren, - sondern nur zum Denken? Des Morgens Besuche, dann ein Frühstück; hernach das Schauspiel, von da zum Spiel, zum Abendessen, noch einmal Spiel bis um zwei Uhr Morgens, alsdann Liebesglück und hierauf zu Bette, um eilf Uhr steht man wieder auf. Auf diese Art sind alle Augenblicke besetzt, und man ist sehr beschäftigt, ohne das Geringste zu thun. etc.

Was mir jetzt den kleinen gelehrten Briefwechsel, den ich sonst in Frankreich unterhalten habe, zuwider macht, sind nicht die Schriftsteller, sondern der ihnen fehlende Stoff. Als ein Fontenelle, ein Voltaire etc. schrieben, da war es ein Vergnügen, Nachrichten aus Frankreich zu erhalten; es waren Nachrichten vom Parnaß etc., allein heut zu Tage, wo nur Kompilationen erscheinen, sind die Journale gar nicht mehr zum Aushalten. etc. Wer z. B. wird Lust haben, sich von der "neuen Rasirkunst, Ludwig XV zugeeignet," belehren zu wollen, oder wer mag die Wörterbücher und die Encyclopädien aller Art? Alles das erregt mir Ekel, und da ich in Athen keinen Correspondenten mehr halte, seitdem es Setines geworden, so will ich auch ferner keinen in Paris haben, weil man daselbst die Waare nicht mehr antrifft, die ich schätze. Indessen kann ich deswegen recht gut schlafen. Bedenken Sie, daß der Schlaf und die Hoffnung die beiden Beruhigungsmittel sind, welche die Natur der Menschheit zugestand, um ihr die wahren Mühseligkeiten, welche sie erfährt, erträglich zu machen. Schlafen Sie und hoffen Sie, so wird alles gut gehen. etc."

<71>

6. Dezember 1772

Der König an Voltaire :

- etc. - "Unser Schießpulver hat, dünkt mich, mehr Böses als Gutes gestiftet; und eben das ist der Fall mit der Buchdruckerkunst, die nur dann Werth hat, wenn sie gute Bücher unter das Publikum verbreitet. Leider werden dies, von Tage zu Tage seltener. etc."

22. Dezember 1772

Der König nach Berlin zum Carneval mit Gefolge. Er besucht gleich bei der Einfahrt in die Stadt die Prinzessin Amalie. Zugleich traf auch der regierende Landgraf von Hessen, Kassel, welcher einige Tage zuvor in Potsdam angelangt war, in Berlin ein.

23. Dezember 1772

Französisches Schauspiel auf dem Schloßtheater.

24. Dezember 1772

Besah der König, wie es während seines Aufenthalts in Berlin gewöhnlich geschah, die Wachtparade. Hierauf speiste er in seinen Appartements. Bei der Königin aber speisten der Königl. Hof und der Landgraf von Hessen-Kassel. Abends fand bei der Königin in Gegenwart des Königs und des ganzen Hofes die Verlobung des reg. Landgrafen von Hessen-Kassel, Friedrich, mit der Prinzessin Philippine von Brandenburg-Schwedt Statt.

27. Dezember 1772

Bei der an diesem Tage beim König Statt findenden großen Cour befand sich auch der vor einigen Tagen aus Heilsberg in Berlin angekommene Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky.

Dem Landgrafen von Hessen-Kassel ertheilt der König den Schwarzen Adlerorden, desgl. den General-Lieutenants von Krockow und von Krusemark.

Der General von Ramin wird vom König wieder mit einer kostbaren Uhr und vielem Porzellan beschenkt.

B.

Dezember 1772

Die Ordnung des Carnevals war folgende : Sonntag und Mittwoch Vormittag : die gewöhnliche große Cour beim König; Sonntag Mittag : Cour bei der verwittweten Prinzessin<72> von Preußen; Montag: Oper; Dienstag: Redoute; Mittwoch: Schauspiel; Donnerstag: Cour bei der Königin; Freitag: Oper; Sonnabend: Ruhe.

Die Opern waren : Die Griechen in Taurica, und Merope. Die Schauspiele : Le méchant, Athalie von Racine, l'obstacle imprevû.

In diesem Jahre kam der durch seine Wiedererfindung des den Alten bekannt gewesenen Punischen (auch Eleodorischen genannten) Wachses berühmte Maler Calau aus Sachsen nach Berlin. Der König kaufte ihm fünf mit diesem Wachs gemalte Stücke für seine Gallerie in Sanssouci ab, und ernannte ihn zum Hofmaler 72-+.

Januar 1773.

A.

Januar 1773

Der König läßt, wie alle Neujahr, auch diesmal wieder bedeutende Summen für die Armen Berlins an die Prediger auszahlen.

2. Januar 1773

Der König in Berlin, bei der Königin zur Tafel.

5. Januar 1773

Bei der Prinzessin Amalie, die Königin bei der verwittweten Prinzessin von Preußen.

10. Januar 1773

In Gegenwart des Königs, der Königin und des ganzen Hofes findet die Vermälung des regierenden Landgrafen von Hessen-Kassel mit der Prinzessin Philippine von Brandendenburg-Schwedt Statt. Bei der Mittagstafel wird vom goldenen Service gespeist.

18. Januar 1773

Feier des Geburtsfestes des Prinzen Heinrich bei der Königin, wo auch der König zugegen ist.

20. Januar 1773

Der König bei der Prinzessin Amalie.

<73>

23. Januar 1773

Der König nach Potsdam.

24. Januar 1773

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei der Königin gefeiert.

25. Januar 1773

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Zugleich wünsche ich, daß Fortuna - die Göttin, welcher Sie kein Opfer bringen - ihren beglückenden Einfluß über Ihre verlängerten Tage verbreite! Denn ohne Glück ist das Leben nur eine Bürde, und oft eine unerträgliche. Fragen Sie mich: was ich unter Fortuna verstehe? Alles, was Sie wollen: das Schicksal, das Fatum, die Notwendigkeit; kurz das, was glücklich macht. etc. -

Unsere rauhen Deutschen haben zwanzig Mundarten, und dafür gar keine bestimmte Sprache; der Mangel dieses Werkzeugs schadet der Bearbeitung der schönen Wissenschaften. etc. Ich arbeite daran, die Schulen in diesem für die Humaniora so wesentlichen Theil zu verbessern. etc. Es giebt noch Gelehrte bei uns, aber sollten Sie es wohl glauben, daß ich genöthigt bin, zum Studium der Griechischen Sprache aufzumuntern? die ohne meine Sorgfalt ganz verloren gehen würde. etc."

26. Januar 1773

Der König an Voltaire :

- etc. - "Freilich ist der Ruhm, wenn man ihn genau betrachtet, nur eine große Kleinigkeit. Damit, daß man von Undankbaren gerichtet, von Schwachköpfen gewürdigt, und von einem Pöbel genannt wird, der ohne allen Grund lobt und tadelt, liebt und haßt - damit kann man sich nun freilich wohl eben nicht trösten. Indeß, wo würden die tugendhaften und lobenswürdigen Handlungen bleiben, wenn wir den Ruhm nicht liebten? etc.

Wer den Menschen Wohlthaten erweist, wird dafür gesegnet. Das ist wahrer Ruhm. Ohne Zweifel kann uns Alles das, was man nach unserm Tode von uns sagen wird, eben so gleichgültig sein, als was man bei der Zerstörung<74> des Babylonischen Thurms gesprochen hat; bei dem Allen sind wir aber doch, da wir uns einmal an die Existenz gewohnt haben, nicht gleichgültig gegen die Urtheile der Nachwelt. Die Könige dürfen es noch weniger sein, als Privat-Personen, da sie kein anderes Tribunal zu fürchten haben.

Wenn man auch nur etwas Gefühl hat, so strebt man doch nach der Achtung seiner Landsleute, oder will durch irgend etwas glänzen, und nicht mit dem großen Haufen verwechselt werden, der ein bloßes Pflanzenleben führt. Dieser Instinkt hängt von den Ingredienzien ab, aus denen die Natur uns geformt hat. Auch ich habe meinen Theil davon. etc. - Ich bekenne Ihnen zwar, daß ich einige Neigung für den Ruhm habe; indeß denken Sie nur nicht, ich stehe in dem Wahn, bloß die Fürsten könnten Anspruch darauf machen. Im Gegentheil glaube ich, daß man große Schriftsteller, die das Nützliche mit dem Angenehmen, Belehrung mit Zeitvertreib zu verbinden wissen, weit länger nennen wird.

Das Leben guter Fürsten ist eine unaufhörliche Thätigkeit; bei der Menge ihrer mannigfaltigen Handlungen werden die früheren über die späteren vergessen. Große Schriftsteller hingegen erzeigen nicht nur ihren Zeitgenossen, sondern auch allen künftigen Jahrhunderten, Wohlthaten. Aristoteles wird in den Schulen öfter genannt, als Alexander; Cicero öfter gelesen, als Cäsar's Nachrichten etc. - hundert Mal werden Virgil, Horaz und Ovid genannt, ehe man nur Einmal von August spricht, und obendrein eben nicht oft zu seiner Ehre. etc. Mit uns ist man, sobald ein wenig Erde und Asche uns bedeckt, weiter in keiner Verbindung; aber mit den schönen Geistern des Alterthums hat man noch jetzt Umgang, und sie sprechen durch ihre Bücher mit uns.

Ungeachtet dessen, was ich Ihnen hier sage, werde ich dennoch um nichts weniger für den Ruhm arbeiten, sollle ich auch darüber sterben; im einunddsechzigsten Jahre bessert man<75> sich nicht mehr, und ohnedies ist es ausgemacht, daß ein Mann, der sich die Achtung seiner Zeitgenossen nicht wünscht, ihrer auch nicht werth ist. etc.

N.S. Ich lasse meine Briefe kopiren, weil mein Arm anfängt zu zittern. Ueberdies konnte meine kleine Hand Ihren Augen beschwerlich sein."

B.

28. Januar 1773

Es erscheint das Edict wegen Aufhebung der Feier des grünen Donnerstags, des Himmelfahrtstags, und der Verminderung der vier Bußtage auf Einen.

Der Abt Raynal hatte in seinem Werke : Histoire philosophique et politique des Etablissements des Europeens etc., Amsterdam 1773, II. 185, sich sehr dreiste Urtheile über das Preußische Finanzwesen erlaubt; gegen diese Lettre d'un Habitant de Berlin à son ami à la Haye, Berlin 1773, welche der Französische Prediger Moulines, Mitglied der Akademie d. W. zu Berlin, auf Befehl des Königs, und ohne Zweifel nach dessen Angaben, verfaßt hatte.

Februar.

A.

Februar 1773

Der König in Potsdam.

29. Februar 1773

Der König an Voltaire :

- etc. - "Es wird, wie ich wohl sehe, den Menschen leichter, Böses als Gutes zu thun; die unglückliche Verkettung der Ursachen reißt uns gegen unsern Willen mit sich fort, und spielt mit unsern Plänen, wie ein ungestümer Wind mit dem Triebsande. Dessen ungeachtet geht aber doch Alles seinen gewöhnlichen Gang.

Wir bringen jetzt unser anarchisches Chaos 75-+ in<76> Unsere Bischöfe behalten 24000 und die Aebte 7000 Thaler Einkünfte. Die Apostel haben so viel nicht gehabt. etc."

Der Erbprinz und der Prinz Friedrich von Braunschweig, der Minister von Finkenstein, der Oestreichische Gesandte von Switen und der Kaiserliche Geh.-Rath Fürst Lichnowsky beim König in Potsdam (an verschiedenen Tagen).

B.

1. Februar 1773

Der Landgraf von Hessen, Kassel mit seiner Gemalin gehen über Potsdam nach Kassel.

4. Februar 1773

Der Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky kehrt nach Ermeland zurück.

Der bisherige Kriegsrath bei der Magdeburgischen Kammer Julius Wilhelm Heinrich Beyer wird Kabinets-Rath.

März.

A.

März 1773

Der König in Potsdam.

4. März 1773

Ist Taufzeuge bei dem Sohn des Obersten Ouintus Icilius, und läßt sich durch den General-Lieutenant von Krockow vertreten.

22. März 1773

Der Prinz Friedrich August von Braunschweig zeigt dem König die von ihm erfundenen cylindrischen Ladestöcke vor, welche des Königs Beifall erhalten, und noch in diesem Jahre bei der Armee eingeführt werden.

31. März 1773

Der Prinz Ferdinand geht nach Potsdam und von da nach Ruppin.

?? März 1773

Der Minister von Finkenstein und der Oestreichische Gesandte von Switen in Potsdam.

April.

A.

April 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

4. April 1773

Schreibt an Voltaire und schickt ihm die beiden Gedichte :<77> Epistel an den Baron Pöllnitz (h. W. VII. 56) und der Schweizer (ebendaselbst S. 194).

23. April 1773

Der König nach Charlottenburg.

24. April 1773

Nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, besieht einige Regimenter und kehrt nach Charlottenburg zurück.

25. April 1773

Nach Berlin, mustert die übrigen Regimenter und geht dann nach Potsdam.

27. April 1773

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Da wir Gott sei Dank weder eine Sorbonne haben, noch Betbrüder mit hinlänglicher Gewalt, um sich erdreisten zu dürfen, die Gedanken zu censiren; so werden Sie aus den hier überschickten Stücken sehen, daß ich und alle Preußen ganz laut denken. Indessen kann ich Ihnen doch nicht verbergen, daß der beständige Secretair unserer Akademie 77-+ auf den Einfall gekommen ist, ich weiß nicht welches Glaubensbekenntniß eines Ungläubigen drucken zu lassen 77-++, der sich, wie billig, in articulo mortis aus Furcht vor dem Teufel von seinem gottlosen Leben bekehrte. Dies hat mich veranlaßt, die beiliegende Epistel 77-+++ an Sie<78> zu richten. Da mich dergleichen Possen beschäftigen, so sehen Sie wohl, daß mich die Last von Europa, die ich nach Ihrer Meinung trage, nicht sehr drückt. etc. - etc. Glauben Sie nur : Alles hängt von dem Augenblick ab, in welchem man zur Welt kommt. Ein Alexander der Große zu unsern Zeiten in Macedonien geboren, würde ein armer Bursche sein, und wäre Ludwig XIV der Enkel Ludwig's XV, so würde er seine Thronbesteigung mit einem allgemeinen Bankerot eröffnen, was ihn eben nicht sonderlich berühmt machen würde. Die Talente allein sind nicht hinreichend, wenn es ihnen an Mitteln zur Anwendung fehlt. Wäre der große Condé ein Kapuziner gewesen, nie hätte er es dahin gebracht, daß Europa von ihm spräche, und wäre Voltaire als Winzer in Bourgogne geboren; so hätte er nie die Henriade geschrieben. etc."

30. April 1773

Reguln, nach welchen ein guter Commandör eines Bataillons zur Zeit des Krieges handeln soll (vom König).

Der Minister von Finkenstein und der Oestreichische Gesandte von Switen beim König.

B.

19. Mai 1773

Der Polnische Conföderationstag erkennt die Forderungen der drei Mächte (Oestreich, Preußen und Rußland) für rechtmäßig.

Mai.

A.

Mai 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? Mai 1773

Die regierende Landgräfin von Hessen-Darmstadt mit drei Prinzessinnen, ihren Töchtern, und dem Erbprinzen kommen in Potsdam an. Den 19ten gehen sie nach Berlin.

19. Mai 1773

Der König nach Spandau, mustert das Regiment des Prin<79>zen Heinrich, bei dem er speist - dann nach Charlottenburg.

20. Mai 1773 bis 23. Mai 1773

In Berlin, wo er Musterung hält.

23. Mai 1773

In Potsdam.

24. Mai 1773

Nach Magdeburg zur Musterung. Hauptquartier Pitzpuhl (oder Cörbelitz?).

26. Mai 1773

In Cörbelitz.

28. Mai 1773

Aus dem Lager bei Pitzpuhl durch Magdeburg nach dem bei Gruningen gelegenen Lustschloß zum Besuch bei der Herzogin von Braunschweig.

29. Mai 1773

Der König in Potsdam.

Der König verleiht dem General von Ramin die Probstei zu Camin und die damit verbundene Majorats-Präbende. Der Lord Chesterfield war in diesem Monat in Berlin.

Juni.

A.

1. Juni 1773

Der König reist nach Pommern und Westpreußen.

2. Juni 1773

In Stargard bis den 5ten, wo er die Truppen mustert. Hier hatte sich auch der Erbprinz von Hessen-Darmstadt eingefunden.

5. Juni 1773

Von Stargard über Neu-Stettin nach Conitz.

6. Juni 1773

Ueber Marienburg nach Elbing.

7. Juni 1773

In Marienwerder. Hier läßt er gleich nach der Tafel den etc. Roden, von Domhardt und von Brenkenhof zu sich kommen, um mit ihnen die Westpreußischen Angelegenheit ten zu reguliren, wobei er dem Kabinets, Rath Galster die nöthigen Befehle etc. dictirt.

9. Juni 1773

In Graudenz. Hier pflegte der König gewöhnlich in dem Hause des Post-Direktors Wagner zu wohnen. (Beiträge zur Kunde Preußens I. 551). Dann ins Lager bei Mockerau.

10. Juni 1773

In Mockerau Hauptquartier während der Revue. Hier ließ sich der König später ein leicht von Fachwerk erbautes und mit Stroh gedecktes Haus zu seiner Wohnung während der Revue aufrichten. (Rödenbeck's Beiträge I. 495).

<80>

12. Juni 1773

Ueber Schwetz, Bromberg, Schneidemühl und Landsberg a. d. W. nach Potsdam. In Bromberg unterredete sich der König lange Zeit mit dem Geheime-Rath von Brenkenhof.

12. Juni 1773

In Potsdam angekommen, mit ihm auch der Erbprinz von Hessem-Darmstadt.

15. Juni 1773

Die Prinzessin von Oranien (Gemalin des Erbstatthalters von Holland, Schwester des Prinzen von Preußen) kommt in Potsdam an, desgleichen deren Mutter, die verwittwete Prinzessin von Preußen aus Berlin, ferner der Prinz Ferdinand und die Gemalin des Prinzen Friedrich von Braunschweig.

16. Juni 1773

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam zur Minister-Conferenz, bis den 17ten oder 18ten.

17. Juni 1773

Vormittags um 11 Uhr ward der Oberst Guibert 80-+ durch<81> den General von Krockow beim König in Sanssouci eingeführt und von ihm sehr freundlich empfangen. Als der Oberst um die Erlaubniß bat, der bevorstehenden Revue in Schlesien beiwohnen zu dürfen, antwortete der König scherzend, sein Scharfblick mache ihn zwar gefährlich, doch werde es ihm sehr angenehm sein, ihn dort wieder zu sehen.

19. Juni 1773

Die Prinzessin von Oranien und die andern Prinzen und Prinzessinnen nach Berlin.

23. Juni 1773

Der General von Ramin nach Potsdam, bis den 28sten.

28. Juni 1773

Der Oestreichische Gesandte von Switen nach Potsdam.

In den ersten Tagen dieses Monats war auch der Herzoglich Sachsen-Gothaische Geheime-Rath Freiherr Friedrich Melchior von Grimm beim König. Später der General von Buddenbrock, der Oberst von Prittwitz und der Abt Bastiani.

Der König macht der Prinzessin von Oranien kostbare Geschenke von Porzellan.

B.

4. Juni 1773

Die regierende Landgräfin von Hessen-Darmstadt mit ihren drei Prinzessinnen Töchtern tritt ihre Reise über Lübeck nach Petersburg an, woselbst sich die eine derselben, Wilhelmine, mit dem Großfürsten Paul Petrowitz vermälen wird.

Juli.

A.

Juli 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

3. Juli 1773

Der Baron von Pöllnitz zum König nach Potsdam.

6. Juli 1773

Die Prinzessin von Oranien, die Prinzessin Amalie, die verwittwete Prinzessin von Preußen, die Gemalin des Prinzen<82> Friedrich von Braunschweig und der Erbprinz von Hessen-Darmstadt nach Potsdam zum König. Logiren sämmtlich im neuen Schloß in Sanssouci. Der Prinz und die Prinzessin von Preußen wohnten bekanntlich immer in Potsdam.

9. Juli 1773

Im neuen Schloß Opera comique: il marchese villano.

11. Juli 1773

Im Schloß in der Stadt Französisches Lustspiel : le mari (ou l'homme) bizzare.

13. Juli 1773

Im neuen Schloß Lustspiel : der wunderliche Mann.

15. Juli 1773

Ebendaselbst Oper : Merope.

17. Juli 1773

Concert.

18. Juli 1773

Oper: l'Eroe cinese, Abends Ball.

20. Juli 1773

Dieselbe Oper, dann Feuerwerk und Ball.

23. Juli 1773

Sämmtliche oben genannte Herrschaften nach Berlin. Die Prinzessin von Oranien reiste den 29sten nach Rheinsberg zum Prinzen Heinrich und von da nach Holland.

Während der Festlichkeiten in Potsdam befand sich die Königin in Schönhausen, wo einige Mal Cour und Souper war.

Minister von Schulenburg beim König.

B.

12. Juli 1773

Stirbt der Königl. Hofcomponist Johann Joachim Quanz, 77 Jahr alt. Er war 30 Jahr beim König. (S. oben I. Abteilung S. 61).

21. Juli 1773

Pabst Clemens XIV (Ganganelli) hebt durch die Bulle : Dominus ac redemptor noster etc. in der ganzen Christenheit den Orden der Jesuiten auf. Friedrich behielt sie in seinen Staaten bei. (S. unter dem 11. Oktbr. Frieddrich's Brief an Voltaire).

August.

A.

August 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

7. August 1773

Der König an Voltaire :

- etc. - "Der alte Baron (Pöllnitz) hat an allen un<83>sern Festlichkeiten Theil genommen, und es sah gar nicht aus, als wenn er 86 Jahr alt wäre. - etc. Thorn gehört nicht mit zu dem Stück von Polen, das mir zugefallen ist. Die Ermordung unschuldiger Leute, deren sich die Priester dieser Stadt zu schämen haben 83-+, will ich nicht rächen, wohl aber in einer kleinen zu Ermeland gehörigen Stadt 83-++ dem berühmten Kopernikus, der daselbst begraben liegt, ein Monument errichten lassen. Es ist gewiß besser, daß man, wenn es einem nicht an Mitteln dazu fehlt, belohnt und dem Talent Ehre erzeigt, als daß man bestraft und Grausamkeiten rächt, die schon vor langer Zeit begangen worden sind.

Vor Kurzem ist mir eine Schrift über die Erziehung 83-+++ von dem verstorbenen Helvetius in die Hände gefallen. Es thut mir leid, daß der gute Mann sie nicht ausgefeilt und von den falschen Gedanken, so wie von den concetti gereinigt hat, die mir in einer philosophischen Schrift höchst übel angebracht zu sein scheinen Er will, womit er denn freilich nicht zu Stande kommen konnte, den Beweis führen, daß die Menschen alle gleich viel Kopf haben, und daß alles auf die Erziehung ankomme. Zum Unglück widerspricht ihm die Erfahrung, die große Lehrerin, und schlägt die Principien, die er festzusetzen sucht, gänzlich nieder. etc."

15. August 1773

Der König geht nach Schlesien zur Revue.

21. August 1773

Ankunft in Neisse, wo er, um dem Lager und dem Manövre-Platze nahe zu sein, auf der Friedrichsstadt, einer Vorstadt von Neisse, zwischen dem Fort Neisse und dem Fort Preußen seine Wohnung nimmt. Bei dieser Revue war der schon erwähnte Oberst Guibert gegenwärtig, auch der bekannte Graf Hoditz aus Roswalde.

<84>

27. August 1773

Ankunft des Königs aus Neisse in Breslau, wo, außer den höhern Officieren, auch der Fürst-Bischof Sinzendorf und der Abt Bastiani täglich beim König zur Tafel sind.

31. August 1773

Aus Breslau ins Hauptquartier Goldschmieden. Auch bei dieser Revue war der Oberst Guibert gegenwärtig, so auch der Prinz von Hessen-Philippsthal, Oberster in Holländischen Diensten.

In Potsdam waren Anfangs dieses Monats beim König: der Russische Graf Iwan Czernitschef, die Preußischen Generale von Möllendorf, von Düringshofen, von Buddenbrock und der Minister von Finkenstein.

Der Erbprinz von Hessen-Darmstadt geht über Rheinsberg nach Petersburg.

September.

A.

3. September 1773

Der Köuig verläßt Goldschmieden, um nach Potsdam zurückzukehren.

5. September 1773

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

13. September 1773

In Charlottenburg.

14. September 1773

Auf dem Wedding bei Berlin, beim Manövre der Artillerie, alsdann in Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, besieht die im Bau begriffenen Kasernen, und begiebt sich nach Potsdam.

20. September 1773 bis 24. September 1773

Werden bei Potsdam die gewöhnlichen Herbstmanövres ausgeführt.

Der Prinz von Hessen-Philippsthal in Potsdam, bis den 24sten.

B.

5. September 1773

Verbot der Bekanntmachung des päbstlichen Breve in Schlesien und Cleve, die Aufhebung des Ordens der Jesuiten betreffend.

18. September 1773

Tractat mit der Krone Polen wegen Abtretung Westpreußens etc. und Entsagung aller Ansprüche auf Preußen, namentlich des frühern Vorbehalts des Rückfalls Preußens nach Erlöschung<85> des Brandenburgischen Mannesstammes, und der Oberlehnsherrlichkeit über Lauenburg und Bütow, so wie des Einlösungsrechts der Starostei Draheim. (Herzberg Recueil T. I. 392 etc.).

Oktober.

A.

Oktober 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

9. Oktober 1773

Der König an Voltaire :

"Ich bemerke mit Schmerz, daß seit Ihrer Abreise von hier nun beinahe 20 Jahr verlaufen sind. Ihre Imagination zeigt mich Ihnen noch, so wie ich damals war; aber wenn Sie mich sehen sollten, so würden Sie statt eines jungen Mannes, der immer tanzen zu wollen schien, nur einen hinfälligen und abgelebten Greis finden. Ich verliere mit jedem Tage einen Theil meiner Existenz, und nähere mich unvermerkt der Behausung, aus der noch Niemand mit Nachrichten zurückgekommen ist. Man will bemerkt haben, daß die meisten alten Soldaten am Ende radotiren, und daß die Gelehrten ihren Geist besser erhalten. Der große Condé, Marlborough und Prinz Eugen sahen den denkenden Theil ihres Wesens vor ihrem Leibe absterben; und mir könnte es, ohne daß ich ihre Talente gehabt habe, wohl eben so gehen. Homer, Varro, Fontenelle und so viele Andere erreichten ein hohes Alter, ohne von eben solchen Schwachheiten befallen zu werden. Ich wünsche, das : Sie alle jene Männer durch langes Leben übertreffen mögen, so wie Sie es durch Geistesarbeiten gethan haben, und bekümmere mich übrigens nicht um das Schicksal, das mich erwartet, und um einige Jahre mehr oder weniger, die gegen die Ewigkeit ein bloßes Nichts sind. etc.

Fast ganz Europa glaubt, die Theilung von Polen sei eine Folge der listigen Politik, die man mir zuschreibt; das ist aber so falsch, als nur irgend etwas in der Welt. Ich<86> schlug vergeblich verschiedene Auskunftswege vor, und mußte endlich meine Zuflucht zu dieser Theilung nehmen, da sie das einzige Mittel war, einen allgemeinen Krieg zu verhüten. Der Anschein ist betrügerisch, und das Publikum urtheilt doch nur nach ihm. Was ich Ihnen hier sage, ist eben so wahr, als die achtundvierzig Sätze des Euklides. etc."

11. Oktober 773

Der König an Ebendenselben :

- etc. - "Es ist mir lieb, daß Sie die Herzogin von Würtemberg 86-+ gesprochen haben. etc. Ich billige die edlen Thränen, die Sie bei dem Andenken meiner verstorbenen Schwester vergossen haben; gewiß hätte ich mit geweint, wenn ich bei dieser rührenden Scene zugegen gewesen wäre. Mag es Schwachheit oder übertriebene Verehrung sein; genug, ich habe für diese Schwester das ausgeführt, worauf Cicero für seine Tullia dachte, und ihr zu Ehren einen Tempel dar Freundschaft errichten lassen. Im Hintergründe ist ihre Statue, und an jeder Säule ein Medaillon von einem solchen Helden, der sich durch Freundschaft berühmt gemacht hat. Ich schicke Ihnen die Zeichnung davon mit. Der Tempel liegt in einem Bosket meines Gartens, und ich gehe oft dahin, um an so manchen Verlust und an das Glück zu denken, dessen ich ehemals genoß.

Nun bin ich schon länger als einen Monat von meinen Reisen zurück. Ich war in Preußen, um da die Leibeigenschaft aufzuheben, barbarische Gesetze abzuschaffen, vernünftigere an ihre Stelle zu setzen, einen Kanal eröffnen zu lassen, der die Weichsel, die Netze, Warthe, Oder und Elbe mit einander verbinden soll; Städte wieder aufzubauen, die seit der Pest von 1709 wüste geblieben sind, Sümpfe von 20 Meilen auszutrocknen, und einige Polizei anzuordnen, die man dort nicht einmal dem Namen nach kannte. Dann habe<87> ich in Schlesien meine armen Ignatier über die Strenge des Römischen Hofes getröstet, ihrem Orden neue Kräfte gegeben und sie in verschiedene Provinzen vertheilt. So erhalte ich sie und mache sie dem Staate nützlich, da ich ihre Schulen zum Unterricht der Jugend angewandt wissen will, dem sie sich nun ganz widmen werden. Außerdem habe ich Anstalten getroffen, daß in Ober-Schlesien, wo noch ungebautes Land war, 60 Dörfer angelegt, und jedes mit 20 Familien besetzt werden soll; ferner habe ich, zur Beförderung des Handels, Landstraßen durch die Gebirge anlegen und ebendaselbst zwei abgebrannte Städte wieder herstellen lassen, die vorher nur hölzerne Häuser hatten, nun aber von gebrannten Steinen und sogar von Ouaderstücken gebaut werden sollen."

18. Oktober 1773

Der Fürst-Bischof von Ermeland und sein Bruder, der Abt, Grafen Krasicky in Potsdam, bis den 30sten. Auch der Prinz Ferdinand war einige Tage beim König in Potsdam.

B.

31. Oktober 1773

Das vierte Artillerie-Regiment bezieht die neu erbaute Kaserne auf der Contrescarpe (jetzt Kaserne des Kaiser Alexander Grenadier-Regiments, Alexanderstraße Nr. 56).

In diesem Monat kam auch der Graf von Hohenzollern, Domherr zu Breslau, nach Berlin, und war auch in Potsdam.

Jemelka Pugatschew's Verschwörung in Rußland.

November.

A.

November 1773

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? November 1773

Die verwittwete Prinzessin von Preußen in Potsdam.

9. November 1773

Der Prinz George von Hessen-Darmstadt in Potsdam, bis den 10ten.

9. November 1773

Der König als Taufzeuge bei dem in Potsdam am 5ten gebornen zweiten Sohn des Prinzen von Preußen, welcher die Namen Friedrich Ludwig Karl erhielt, und vom König<88> selbst über die Taufe gehalten wurde. (Dieser Prinz starb den 28. Dezember 1796). Außer dem König war nur noch die verwittwete Prinzessin von Preußen Taufzeugin.

16. November 1773

Der König nach Berlin, tritt bei der Prinzessin Amalie, in ihrem seit Kurzem bezogenen Palais in der Wilhelmsstraße (jetzt vom Prinzen Albrecht bewohnt) ab, speist bei ihr, und geht nach aufgehobener Tafel nach Potsdam zurück.

21. November 1773

Der König an Voltaire :

"Herr Guibert hat mich mit jugendlichen Augen angesehen, und die haben mich verjüngt. Meine Haare werden weiß, meine Kräfte verlieren sich, mein Feuer erlischt. Nur Voltaire ist so glücklich, daß er wieder jung wird. Apollo begünstigt seine Lieblinge weit mehr, als Mars. Herr Guibert bestimmt mir noch zwanzig Feldzüge, aber ich habe nur noch einen zu thun, wenn ich mich zum letzten Aufbruch anschicke. etc. - etc.

Der Mensch hängt ganz von der Zeit ab, in der er zur Welt kommt. Ich bin freilich zu früh hineingeschickt worden; indeß bedaure ich das nicht; habe ich doch Voltaire gesehen. etc."

27. November 1773

Die Landgräfin von Hessen-Darmstadt mit zwei Prinzessinnen Töchtern kommt aus Petersburg in Potsdam an (bleibt daselbst bis den 5. Dezember).

29. November 1773

Der Großkanzler von Fürst beim König in Potsdam, bis den 3. Dezember.

In diesem Monat waren an verschiedenen Tagen beim König : Prinz Friedrich von Braunschweig, der Graf von Hohenzollern, Domherr des hohen Stifts zu Breslau, und der General von Lossow, dem der König das Paradepferd des verstorbenen Generals von Seydlitz schenkt, welches, dem Gebrauch nach, dem König übersandt worden.

B.

1. November 1773

Einweihung der neu erbauten katholischen Kirche St. Hedwig<89> in Berlin durch den Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky.

7. November 1773

Stirbt in Ohlau der General von Seydlitz, 53 Jahr alt.

Dezember.

A.

Dezember 1773

Der König in Potsdam.

5. Dezember 1773

Die Landgräfin von Hessen-Darmstadt nach Berlin und den 7ten wieder nach Potsdam, bis den 13ten, wo sie mit ihren beiden Prinzessinnen nach Darmstadt zurückreist.

11. Dezember 1773

Der König an Voltaire :

"Es war billig, daß ein Land, das den Kopernikus hervorgebracht hat, nicht länger in jeder Art von Barbarei schmachtete, worin mächtige Tyrannei es gestürzt hatte. Die Tyrannei ging so weit, daß die Großen, um ihren Eigensinn desto besser befriedigen zu können, alle Schulen zerstört hatten, weil sie glaubten, ein unwissendes Volk würde leichter zu unterdrücken sein, als ein gebildetes. Man kann die Polnischen Provinzen mit keinem Europäischen Staat, sondern nur mit Kauada in Vergleichung setzen; folglich wird es Arbeit und Zeit kosten, ehe man ihnen das geben kann, was ihre schlechte Regierung so viele Jahrhunderte hindurch vernachlässigt hat."

22. Dezember 1773

Der König nach Berlin zum Carneval.

23. Dezember 1773

Der König besieht (wie gewöhnlich öfters) die Wachtparaden, alsdann die neu erbauten Artillerie-Kasernen am Weidendamm und die Ställe der Gensd'armes.

Der König verleiht dem ältesten Sohn des Prinzen Ferdinand den Schwarzen Adlerorden.

In diesem Monat waren beim König : die Russischen Fürsten General Baratinsky und Oberst Dolgorucki; der letzte hatte dem König die Vermälung des Großfürsten mit der Prinzessin von Hessen-Darmstadt gemeldet. Er erhielt vom König sein Portrait mit Brillanten besetzt.

<90>

Um diese Zeit hatte der König das in den Oeuv. posth. IT. XI. p. 176 erwähnte Todtengespräch geschrieben, das aber nicht weiter bekannt ist.

B.

24. Dezember 1773

Anfang des Carnevals. Die Ordnung desselben war : Sonntag und Mittwoch Mittag : die gewöhnliche Cour beim König; Sonntag Abend : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Montag : Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Französisches Schauspiel; Donnerstag: Cour bei der Prinzessin von Preußen; Freitag : Oper : Sonnabend : Ruhe 90-+.

Die Opern waren : 1) Arminius, 2) Demophantes. Die Französischen Schau- und Trauerspiele : Britannicus, le menteur, Titus, le Chevalier à la mode, Ariane.

26. Dezember 1773

Ausbruch der Nordamerikanischen Revolution. In Boston versenkt das Volk eine Englische Schiffsladung von 18000 Pfd. Thee. (Sprengel giebt den 18. Dezember, Andere den 16ten an).

In diesem Jahre war der Bau des Bromberger Kanals angefangen worden.

<91>

Januar 1774.

A.

Januar 1774

Der König in Berlin.

4. Januar 1774

Der König an Voltaire :

"Die Dame in Paris hatte in der That nicht Unrecht, und Ihre Vermuthung, daß mich Alles, was Sie so eben geschrieben haben, nicht böse machen würde, war ganz richtig 91-+. Liebe und Haß lassen sich nicht befehlen, und jeder ist in diesem Stück zu den Empfindungen berechtigt, die er nun einmal hat. Bei dem allen muß man aber doch gestehen, daß die alten Philosophen, ob sie gleich den Krieg nicht liebten, sich milder ausdrückten, als die neuern. Seitdem Racine sich des Wortes Henker in eleganten Versen bedient hat, glauben sie, es habe einen Adelsbrief erhalten, und brauchen es nun ohne weitere Umstände in ihrer Prosa. Ich gestehe Ihnen aber, daß ich eben so gern gegen das viertägige Fieber deklamiren hörte, als gegen den Krieg. Es ist verlorne Mühe. Die Regierungen lassen die Cyniker schreien, so viel sie wollen, und gehen ihren Gang fort, wie das Fieber. Am Ende kommt nichts dabei heraus, als schöne Verse. etc."

7. Januar 1774

Der König schreibt an d'Alembert, und sucht ihm seine in Betracht der Jesuiten geäußerten Besorgnisse zu benehmen, indem er sagt, daß der Pabst ihnen "die Klauen abgeschnitten habe" etc., daß sie also nicht mehr kratzen, "wohl aber die Jugend unterrichten können, wozu sie fähiger sind, als der ganze übrige Haufe der Mönchskappen." Dann sagt er weiter: "Lassen Sie uns auf mein Wort mehr die Philosophie<92> in der That zeigen und weniger metaphysiren. Gute Handlungen sind dem Publikum vortheilhafter, als die feinsten und scharfsinnigsten Systeme von Entdeckungen, in welchen sich größtentheils doch unser Geist verwirrt, ohne die Wahrheit zu fassen. Ich bin nicht der einzige Erhalter der Jesuiten; die Engländer und die Russen haben gerade das Nämliche gethan. etc.

Bei Gelegenheit von neuen Werken kann ich Ihnen sagen, daß ich das von Helvetius gelesen habe 92-+; aber aus Liebe zu ihm that mirs leid, daß es gedruckt worden. Es ist keine gesunde Logik in diesem Buche; nichts als Paralogismen, Zirkel von fehlerhaften Schlüssen, Paradorien und vollkommene Thorheiten, an deren Spitze man den Französischen Freistaat stellen muß. Helvetius war ein ehrlicher Mann, er sollte sich aber nicht in Dinge gemischt haben, die er nicht verstand.

Diderot ist in Petersburg, wo ihn die Kaiserin mit Güte überhäuft. Doch soll man an ihm einen langweiligen Schwätzer finden. etc. So viel weiß ich wohl, daß ich beim Lesen seiner Bücher nicht ausdauern kann, so ein unerschrockener Leser ich auch bin; es herrscht darin ein Ton von Selbstgenügsamkeit und von Anmaßung, der den Instinkt meiner Freiheit empört. So schrieben Aristoteles Cicero, Lukrez, Locke, Gassendi, Bayle und Newton nicht. Die Bescheidenheit kleidet Jedermann, sie ist das erste Verdienst des Weisen; mit Nachdruck muß man seine Gründe vortragen, doch nicht gebieterisch entscheiden. Aber man will wirken, man will tief einldringen; und man glaubt, um zu überreden, sei es genug, einen entscheidenden Ton anzunehmen. Dieser Ton kann wohl beim Deklamiren Dienste leisten, allein beim Lesen halt er sich nicht. Wenn man das Buch in der Hand hat,<93> so beurtheilt man die Gründe, und lacht über den emphatischen Ton. Der Verfasser prunke und brüste sich noch so sehr, man schätzt ihn, und bestimmt seine Gründe nach ihrem wahren Werthe. etc."

Der König läßt mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

12. Januar 1774

Der König besucht die Prinzessin Amalie.

22. Januar 1774

Bei dem Prinzen Heinrich zur Tafel.

23. Januar 1774

Nach Potsdam.

24. Januar 1774

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei dem Prinzen Heinrich gefeiert.

28. Januar 1774

Der Minister von Schulenburg nach Potsdam und zurück.

Der König beschenkt den Prinzen Heinrich mit einer aus Schlesischem Chrysopas verfertigten und reich mit Brillanten besetzten Dose, den General von Ramin mit Porzellan, und den General von Lossow ebenfalls mit Porzellan und mit einer Tabatiere mit Brillanten.

Februar.

A.

Februar 1774

Der König in Potsdam.

16. Februar 1774

Der König an Voltaire :

"Sie müssen wissen, daß ich ein geborner Deutscher bin, und daß folglich das Französische nicht meine Muttersprache ist. So viel Mühe Sie auch anwandten, mich die Feinheiten der Ihrigen zu lehren, so bin ich doch nicht so weit gekommen, als ich gewünscht hätte, theils weil ich viel Zerstreuungen habe, theils weil mich mein Beruf zu einem thätigen Leben verpflichtet. Also konnte ich Ihr Gedicht über die Taktik wohl falsch verstehen, und wirklich glaubte ich nicht, daß die Ausdrücke: Haß und zu allen Teufeln wünschen, jemals in einem Wörterbuch der billets doux gestanden haben, es müßte denn von der Tisiphone, Alekto oder Megära verfertigt sein. Doch das schadet nichts; Sie<94> haben ein Privilegium, Alles zu sagen, und sogar was man gewöhnlich Injurien nennt, durch schöne Verse zu veredeln. etc."

22. Februar 1774

Auf den Antrag des Großkanzlers, daß einige Bauern, die ganz ungegründete Beschwerden angebracht hatten, bestraft werden sollten, antwortete der König pr. Kabinetsordre :

"Es ist meinen Gesinnungen zuwider, dergleichen arme Bauersleute deshalb gleich ins Gefängniß werfen zu lassen; und ob sie schon öfters Unrecht haben, so kann ich ihnen doch als Landesvater das Gehör nicht versagen. etc."

März.

A.

März 1774

Der König in Potsdam.

2. März 1774

Der Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky in Potsdam beim König, bis den 9ten.

3. März 1774

Der Minister von Finkenstein und der Oestreichische Gesandte von Switen beim König in Potsdam, bis den 7ten.

13. März 1774

An diesem Tage ließ der König die Einweihung der neuen Fahnen vollziehen, welche er den, ersten, zweiten und dritten Bataillon Garde gegeben hatte. Aus Berlin waren dabei gegenwärtig: die Generale von Zieten, von Buddenbrock, von Ramin, von Krusemark, von Steinkeller, von Wartenberg und der Oberst des Ziceenschen Husarenregiments von Prittwitz. Von Fremden war unter andern auch der Fürst Lichnofsky zugegen. Abends war beim König große Tafel.

25. März 1774

Prinz Ferdinand zum König nach Potsdam, dann nach Ruppin zu seinem Regiment.

29. März 1774

Der König an Voltaire :

- etc. - "Glauben Sie mir indessen, ich bin überzeugt, daß es vor meiner Existenz sehr gut auf der Welt ging, und daß es eben so sein wird, wenn ich wieder mit den Elementen vermischt bin, aus denen mich die Natur zusammen<95>gesetzt hat. Was ist der Mensch? Ein Individuum gegen die Menge Wesen, welche diesen Erdball bevölkern. Man findet Fürsten und Könige im Ueberfluß auf demselben, aber nur selten Virgile und Voltaire, etc."

In diesem Briefe erwähnt der König des von ihm verfaßten Todtengesprächs zwischen dem Prinzen Eugen, Lord Marlborough und dem Prinzen Lichten stein. Es steht in den h. W. VI. 75.

Der König schenkt dem Prinzen Friedrich von Braunschweig eine Tabatiere von Schlesischem Chrysopas, reich mit Brillanten besetzt.

B.

21. März 1774

In Potsdam geschah die Einweihung der neuen Fahnen des Regiments Prinz von Preußen (alte Armeeliste Nr. 18) in der Wohnung dieses Prinzen. Dieser schlug den ersten Nagel ein, und sein ältester Sohn, Prinz Friedrich Wilhelm (nachheriger König F. W. III), den zweiten.

30. März 1774

Stirbt die regierende Landgräfin Karoline von Hessen-Darmstadt (siehe oben II. Abth. S. 211 etc.).

April.

A.

April 1774

Der König in Potsdam.

5. April 1774

Kabinetsordre des Königs :

"Se. Königl. Majestät etc. müssen es dahin gestellt sein lassen, aus was für Grund dero Westpreuß. Kammer zu deren in Orignali angeschlossenen Beschwerden der Heinrich Wilms und Consorten über verzögerte Uebergabe des Vorwerks Czatkau Anlaß gegeben hat, nur wollen Höchstdieselbe dabei derselben nicht verhalten, daß diesen Leuten, wenn sie anders gute und ordentliche Leute sind, hierunter keine Weitläuftigkeiten, noch am allerwenigsten Chikanen gemacht werden sollen."

<96>

B.

In diesem Monat entspannen sich Irrungen mit der Stadt Danzig, welche, eine Art Stapelrecht in Anspruch nehmend, Preußische Schiffe angehalten hatte, worauf Preußische Truppen in das Gebiet der Stadt einrückten.

25. April 1774

Einweihung der vom König dem Regiment von Thadden (alte Armeeliste Nr. 4) in Elbing gegebenen neuen Fahnen.

Mai.

A.

Mai 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

5. Mai 1774

Nach Charlottenburg.

6. Mai 1774

Nach Berlin, hält Revue über einige Regimenter im Thiergarten, besucht die Prinzessin Amalie in dem Palais unter den Linden und geht nach Charlottenburg.

7. Mai 1774

Nach dem Thiergarten bei Berlin, wo über die übrigen Regimenter Revue gehalten wird, nach deren Beendigung der König nach Potsdam geht.

15. Mai 1774

Der König an d'Alembert :

etc. - etc. "So lange sie (die Jesuiten) mächtig waren, habe ich sie nicht beschützt, in ihrem Unglück aber sehe ich in ihnen nichts als Gelehrte, deren Stelle man in Absicht der Erziehung der Jugend schwerlich möchte ersetzen können. Dieser wichtige Gegenstand machte sie mir nothwendig, weil unter der ganzen katholischen Geistlichkeit im Lande nur sie allein sich der Wissenschaften befleißigen. etc."

19. Mai 1774

Nach Spandau - Musterung, dann nach Charlottenburg.

20. Mai 1774 bis 23. Mai 1774

Von Charlottenburg zur großen Revue bei Berlin.

23. Mai 1774

Nach Potsdam.

24. Mai 1774

Nach Magdeburg zur Revue (Hauptquartier Cörbelitz).

29. Mai 1774

In Potsdam.

30. Mai 1774

Nach der Neumark und Pommern.

Der Minister von Finkenstein, der Oestreichische Ge<97>sandte von Switen, der Prinz von Hessen-Philippsthal in Potsdam.

B.

3. Mai 1774

Der General Fouque in Brandenburg stirbt, 77 Jahr alt.

8. Mai 1774

Der König von Frankreich Ludwig XV stirbt.

15. Mai 1774

Stirbt der Minister von Schafgotsch.

Juni.

A.

2. Juni 1774

Der König in Stargard.

3. Juni 1774

Von Stargard nach Conitz.

4. Juni 1774

In Marienburg.

5. Juni 1774

In Marienwerder. Vorher hatte der König die dasige Kämpe an der Weichsel besehen. Der Fürst, Bischof von Ermeland von Krasicky speist beim König.

7. August 1774

Von Marienwerder ins Lager bei Mockerau.

10. Juni 1774

Von Mockerau über Szulitz nach Potsdam.

12. Juni 1774

In Potsdam (Sanssouci).

13. Juni 1774

Minister von Finkensiein, General von Buddenbrock und Oberst von Prittwitz zum König nach Potsdam.

19. Juni 1774

Der König an Voltaire :

"Mich hat kein Pferd abgeworfen, ich bin nicht gefallen, und habe kein solches Abenteuer gehabt, wie Ihr heiliger Paulus, wohl aber das Fieber und eine starke Rose. etc. Der Leidner Zeitungsschreiber, der mich nicht mit seiner Gewogenheit beehrt, hat diesen Vorfall nach Belieben ausstaffirt. etc. - Und der gute Ludwig XV - der ist mit Extrapost zum ewigen Vater abgereist? Es hat mir leid gethan; er war ein ganz ehrlicher Mann, dem man weiter keinen Fehler vorwerfen konnte, als daß er König war. Sein Nachfolger (Ludwig XVI) zeigt bei seinem ersten Auftritt viel Klugheit und macht den Welschen (Franzosen) Hoffnung zu einer glücklichen Regierung. Indeß wollte ich, er wäre aus<98> Hochachtung gegen seinen Großvater mit der du Barry 98-+ gelinder umgegangen. etc."

Die beiden jungen Russischen Grafen von Romanzow werden dem König in Potsdam vorgestellt.

Der Minister Waitz von Eschen nach Potsdam zum König. Er war eben erst aus Hessen-Kasselschen Diensten, wo er Rath gewesen, in Preußische Staatsdienste getreten und vom König zum Minister ernannt worden.

Juli.

A.

Juli 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

4. Juli 1774

Die Prinzessin Amalie, der Prinz Friedrich von Braunschweig und Gemalin und die Herzogin von Braunschweig zum König nach Potsdam.

6. Juli 1774

Der Prinz Friedrich Wilhelm Karl von Würtemberg (er starb als König von Würtemberg den 30. October 1816) zum König nach Potsdam.

6. Juli 1774

Im neuen Schloß in Sanssouci Oper: l'Europe galante, alsdann Ball und Souper.

13. Juli 1774

Der Prinz Ferdinand und Gemalin nach Potsdam, desgl. der Minister von Finkenstein.

17. Juli 1774

Die hohen Herrschaften nach Berlin.

23. Juli 1774

Der Minister von Herzberg und der Oestr. Gesandte von Switen zum König nach Potsdam.

28. Juli 1774

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Der Tod Ludwigs XV hat mich aufrichtig gerührt, er war ein guter Fürst, ein ehrlicher Mann, und hatte keinen andern Fehler, als daß er sich an der Spitze einer Monarchie befand, deren Beherrscher mehr Thätigkeit besitzen muß, als er von der Natur erhalten hatte. Wenn un<99>ter seiner Regierung nicht alles gleich gut gewesen ist, so muß man es eher seinen Ministern als ihm zuschreiben. Jetzt lehnt sich die öffentliche Bosheit gegen diesen guten Fürsten auf. Daß aber nur die Unruhe der Franzosen sie nicht in gleichen Fall mit den Fröschen in der Fabel bringe, die Jupiter für ihren Wankelmuth bestrafte! - Man erzählt Wunder von Ludwig XVI. Das ganze Reich singt sein Lob. Das Geheimniß, in Frankreich Beifall zu finden, besteht darin: neu zu sein. Ihre Nation war Ludwig XIV müde, und hätte fast seinen Leichenzug beschimpft. Eben so hat ihnen Ludwig XV zu lange gedauert. etc. Um Ihre Franzosen nach ihrem Geschmack zu bedienen, müssen sie alle zwei Jahre einen neuen König haben. Neuheit ist der Abgott Ihrer Nation; und ihr Beherrscher mag so gut sein, als er wolle, so werden sie am Ende Mängel und Lächerlichkeiten an ihm aufsuchen, gleichsam als ob man aufhörte, Mensch zu sein, wenn man König ist.

Ist ohne Fehl ein Mensch und ohne Schwäch' ein
Fürst?

Wäre ich Herr von Sartines 99-+, ich ließe diese Sentenz an alle öffentliche Plätze und an die Ecken aller Kreuzwege anschlagen. Die Regenten, unsere Vorfahren, wir, und unsere Nachfolger gehören alle in die nämliche Klasse; wir sind unvollkommene Wesen, aus einer Mischung guter und böser Eigenschaften zusammengesetzt. etc."

29. Juli 1774

Fürst Rezzonico, Senator von Rom, ein Verwandter des verstorbenen Pabstes Clemens XIII nach Potsdam, um dem König vorgestellt zu werden.

Der König ertheilt (den 16ten?) der Berliner Freimauerloge ein bündiges Protectorium, und "erklärt sie in Betracht des mit der großen Freymauerloge zu London unter dem<100> 30. Novbr. v. J. gestifteten Vergleichacts zur großen Landesloge vor Deutschland."

In diesem Monat war der berühmte Französische Schauspieler Aufréne in Berlin, und trat in den Rollen des Couci und Mithridat vor dem König auf, dessen vollen Beifall er erhielt.

B.

21. Juli 1774

Friedensschluß zu Kutschuck-Kajnardschi zwischen Türken und Russen.

August.

A.

August 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

15. August 1774

Der König zur Revue nach Schlesien. Ankunft in Cöpnick (ganz früh). Hier spricht er den Landjäger Bock, der ihm gewöhnlich vorritt, und befiehlt ihm, da es eben sehr schlechtes Wetter, und er ein bejahrter Mann sei und kränklich aussehe, diesmal zu Hause zu bleiben. Bock that es aber nicht, und eine Viertelmeile von Cöpnick rührte ihn der Schlag. Der König war ganz außer sich, er ließ sogleich anhalten, holte selbst Ungarisch Wasser aus seinem Wagen, ließ gleich Anstalten machen, daß dem Manne zur Ader gelassen ward, und fuhr nicht eher weiter, als bis sich zeigte, daß keine Hoffnung zum Leben da war. Der König war auf der ganzen Reise sehr niedergeschlagen.

17. August 1774

In Schweidnitz.

18. August 1774

An diesem Tage überreichte der Minister von Carmer dem König (in Schlesien) seinen ersten Entwurf zur Verbesserung der Prozeßordnung, in Form eines Edicts, welchen der König dem Großkanzler von Fürst zur Beurtheilung zusandte, dessen Gutachten, welches den 10. Dezbr. erfolgte, dahin ging, daß der Zweck, die schnellere Beendigung der Prozesse, dadurch nicht erreicht werden würde, und schlug zugleich vor, den Präsidenten von Rebeur und den Geheime-Rath Kö<101>nen etc. zur Bearbeitung des Cod. Friedericiani noch hinzu zu ziehen.

19. August 1774

In Glatz.

26. August 1774

Der König aus Neisse in Breslau angekommen.

27. August 1774 bis 29. August 1774

Revue.

30. August 1774

Ins Hauptquartier Schmelwitz.

Auf dieser Schlesischen Reise sprach der König auch den Grafen Hoditz, der sich wahrscheinlich nach Neisse begeben hatte, während der König daselbst die Revue abhielt, wie er auch schon früher gethan. (S. des Königs Brief an Voltaire vom 13. Septbr.).

September.

A.

1. September 1774

Der König im Hauptquartier Schmelwitz bei Breslau, wo bis den 3ten Kriegsübungen etc. Statt finden.

5. September 1774

In Potsdam (Sanssouci).

13. September 1774

Der König an Voltaire:

- etc. - "Ich lasse Ihnen für die schönen Verse über die Taktik Gerechtigkeit widerfahren, und eben so für die eleganten Injurien 101-+, die nach Ihrer Versicherung Lobsprüche sind. In Rücksicht dessen, was Sie über den Krieg hinzusetzen, versichere ich Sie, daß Niemand in Europa nach einem verlangt; und wenn Sie ein Zeugniß von Ihrer Russischen Kaiserin und von der Kaiserin Königin einziehen könnten, so würden alle Beide gestehen, daß ohne mich ein, ja wohl zwei allgemeine Kriegsfeuer in Europa entstanden wären, und daß ich Kapuzinerdienste gethan und die Flamme gelöscht habe. Das wäre denn genug von den Polnischen Angelegenheiten. Ich könnte diese Sache vor allen Tribunalen führen, und würde sie ganz zuverlässig gewinnen; indeß schweige ich über diese<102> so neuen Begebenheiten, da ich nicht ohne Indiskretion davon reden kann.

Ihr Brief ist mir bei meiner Zurückkunft aus Schelsien eingehändigt worden. Ich habe da den Grafen Hoditz gesehen, der ehemals so heiter war, und jetzt so traurig und melancholisch ist. Er kann der Natur die Schwachheiten nicht verzeihen, die ihn belästigen, und eine nothwendige Folge des Alters sind, daher habe ich die beiliegende Epistel an ihn geschrieben, etc.

Sie sind, wie Sie sagen, zufrieden, wenn man Sie nur nicht haßt, und ich kann mich nicht enthalten, Sie zu lieben, ob Sie gleich manche kleine Untreue gegen mich begangen haben. Nach Ihrem Tode wird Niemand Sie ersetzen. etc. Ich schätze

In der oben erwähnten Epistel an den Grafen Hoditz (h. W. VI. 342) kommen folgende Stellen vor :

"Ich habe, lieber Graf, von Kummer Dich
Gebeugt geseh'n; nicht tragen willst Du mehr
Des Alters Joch, und so sein, wie Du warst - etc.
O, glaub', daß jedes Alter seine Freuden hat!
Vernimm, was einst ein wahrer Philosoph,
Ein großer Mann, der Retter seines Volks,
Der nie vergessne Cicero, gesagt etc. :
"Die Wissenschaften sind der Menschen Glück.
Nur ihnen dankt der Jüngling seinen Glanz;
Das Alter wird durch sie weit minder schwer,
Weit minder düster, der beglückte Thor
Erhält durch sie von neuem die Vernunft;
Der Arme sieht in ihnen seinen Trost.
Zu Haus, in Einsamkeit, beim Nachbar, im
Exile mildern sie das Elend stets.""

<103>

14. September 1774

Der König von Potsdam nach Berlin, besieht das bei dem Wedding stehende Feldartillerie-Corps, nachher die Wachtparade vor dem Oranienburger Thor, besucht alsdann die Prinzessin Amalie, und kehrt nach Potsdam zurück.

19. September 1774 bis 23. September 1774

Kriegsübungen bei Potsdam.

Der König schenkt dem Baierschen Gesandten von Schwachheim eine mit Brillanten und seinem Portrait verzierte Tabatiere.

B.

5. September 1774

Eröffnung des Bromberger Kanals.

Oktober.

A.

Oktober 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? Oktober 1774

Der König an d'Alembert :

"Meine Geschäfte sind nicht so beträchtlich, als Sie glauben. Der mit den Türken geschlossene Frieden, vermindert sie zum Theil; außerdem ist der Mensch zur Arbeit geboren; der Müßiggang macht ihn nicht nur unglücklich, sondern oft auch lasterhaft. etc. Man sieht hier jetzt ein Werk in Versen unter dem Titel : Ludwig XV in den eliseischen Feldern 103-+. Vielleicht haben Sie es schon in Paris.<104> Ludwig wird in demselben mit Billigkeit gerichtet; es sind Possen, und vielleicht ist es dem Hofceremoniel zuwider, bei dem Tode eines großen Fürsten Possen zu treiben; doch Leute, die sich gern belustigen, benutzen alles. etc."

8. Oktober 1774

Der König an Voltaire :

- etc. - "Veränderung ist nun einmal das Schicksal aller menschlichen Dinge. Griechenland und Aegypten sind in Barbarei versunken, aber Frankreich, Britannien und Deutschland, das sich nach und nach aufklärt, ersetzen uns den Peloponnes sehr gut. Die Römischen Sümpfe haben Lucull's Gärten überschwemmt. Vielleicht muß man in einigen Jahrhunderten die Kenntnisse des Schönen bei den Russen suchen. Alles ist möglich, und was noch keine Existenz hat, kann sie doch bekommen."

16. Oktober 1774

Der König an Ebendenselben:

- etc. - "Alle Menschen begehen Fehler; folglich auch die Fürsten. Der wahre Weise, der Stoiker, und ein vollkommener Fürst haben nie existirt, und werden es auch nie. Fürsten, wie Karl der Kühne, Ludwig XI, Alexander VI und Ludwig Sforza, sind Geißeln für ihre Völker und für die Menschheit; indeß dergleichen giebt es jetzt in Europa nicht. Wir haben eine Menge schwacher Fürsten, aber keine Ungeheuer, wie die im 14. und 15. Jahrhundert. Schwachheit ist ein Fehler, der sich nicht ablegen läßt, man muß sich in diesem Punkt an die Natur und nicht an die Menschen halten. Ich gebe zu, daß sie aus Schwäche Böes thun; aber in jedem Lande, wo die Thronfolge erblich ist, müssen nothwendig auch dergleichen Geschöpfe die Oberhäupter sein, da keine Familie in der Welt eine fortlaufende Reihe von großen Männern aufzuweisen hat. Glauben Sie mir, die Anordnungen der Menschen werden nie einen gewissen<105> Grad von Vollkommenheit erreichen. Man muß sich mit dem Beinahe begnügen, und nicht heftig gegen Mißbrauche deklamiren, die sich nun doch einmal nicht abstellen lassen. etc.

Daß Ihr Puls bisweilen intermittirt, wundert mich nicht. Wenn man lange gelebt hat, werden die Adern nach und nach starr; doch braucht es Zeit, ehe dies auch die Hohlader trifft, und so haben Sie noch einige Jahre Aufschub. Sie werden leben bleiben und vielleicht mich noch begraben. Körper, die wie der meinige durch Beschwerlichkeiten zu Grunde gerichtet sind, können nicht so vielen Widerstand leisten, als solche, deren man bei einem regelmäßigen Leben geschont, und die man in gutem Stand erhalten hat. Doch das ist meine geringste Sorge; denn sobald die Bewegung der Maschine aufhört; so sind sechs Jahr, hunderte oder zehn Tage Existenz einerlei. Mehr kommt darauf an, ob man gut gelebt und sich keinen schweren Vorwurf zu machen hat. etc."

29. Oktober 1774

Der König an den Director der Königl. Schauspiele, Grafen Zierotin :

"Indem Ich Euch das mit Euren, Schreiben vom 28sten d. M. an mich gerichtete Gedicht zurücksende, muß Ich Euch sagen, daß, da es weder hier noch in Wien Gebrauch ist, die Geburtstage zu feiern, Ich Euch ersuche, die Kosten, welche die zu Meinem Geburtstag bestimmte Serenade verursachen würde, zu sparen. Uebrigcns erkenne Ich diese Eure Aufmerksamkeit mit allem Dank, und bitte Gott etc."

B.

17. Oktober 1774

Stribt zu Briest bei Stendal der Minister Levin Friedrich von Bismark, 72 Jahr alt.

19. Oktober 1774

Stirbt der ehemalige Französische Gesandte am Berliner Hofe Guy-Louis Henri Marquis de Valori, 83 Jahr alt, auf feinem Gute Bourgneuf.

31. Oktober 1774

Stirbt der Papst Clemens XIV (Gangauelli).

<106>

November.

A.

November 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

15. November 1774

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Die Possen 106-+, die ich Ihnen schicke, haben sonst nichts Gutes, als daß sie den belustigen, der sie schreibt, und die zum Lachen bringen, die sie lesen; sie sind die Kinderklapper meines Alters, welche mir einige heitere Augenblicke verschaffen. etc. Noch ist der abscheuliche Aberglaube in Frankreich tiefer gewurzelt, als in den meisten übrigen Europäischen Ländern. Ihre Bischöfe und Ihre Priester lassen nicht so leicht davon ab; nicht die Vernunft wird sie bekehren, sondern die Notwendigkeit, nicht verfolgen zu dürfen, ist das einzige Mittel, ihnen Duldung beizubringen, etc."

23. November 1774

Der König als Taufzeuge bei der Taufe der am 18ten, früh um 2 Uhr, dem Prinzen von Preußen in Potsdam gebornen Prinzessin, welche die Namen Friederike Louise Wilhelmine erhielt. (Sie ward 1791 die Gemalin des damaligen Erbprinzen von Holland, nachherigen (ersten) Königs der Niederlande, Wilhelm, und starb den 12. Oktbr. 1837).

General von Krockow beim König in Potsdam, bis den 13ten.

B.

1. November 1774

In Potsdam wird das auf Kosten des Königs für die verarmten Bürger dieser Stadt erbaute Hospital eröffnet.

22. November 1774

Feierte das 1574 gestiftete Berlinische Gymnasium zum grauen Kloster sein zweites Jubeljahr.

<107>

Dezember.

A.

Dezember 1774

Der König in Potsdam.

2. Dezember 1774

In einer Kabinetsordre an den Kämmerer, Freiherrn von M... sagt der König: "daß unmittelbare Verfügungen in Rechtssachen, gegen Seine so oft bekannt gemachte Gesinnungen seien, nach welchen Er alle Rechtspflege dem Pflichtmäßigen Ermessen Seiner Justiz-Collegiorum überlasse, welche ein für alle Mal zu aller Unparteilichkeit angewissen sind, und wobei Er dem Rechte freien Lauf lasse." (Hymmen's Beiträge III. 112) 107-+.

10. Dezember 1774

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich mache immer von Herzen gern mit denen gemeinschaftliche Sache, die mir Gelegenheit geben, die Unschuld aufrecht zu erhalten und die Unterdrückten zu befreien. Jeder Souverän, ist verpflichtet, in seinem Lande so zu verfahren, und wenn es sich gerade so trifft, kann er es bisweilen auch in andern Ländern thun. etc."

14. Dezember 1774

Der König an d'Alembert :

Der Bildhauer (Tassaert) ist mit dem Briefe angelangt, den Sie ihm mitgegeben haben, etc. An Arbeit soll es ihm nicht fehlen. etc. Die Stücke, die ich von ihm gesehen habe, sind schön; und auf Ihr Zeugniß halte ich sein Gehirn für besser organisirt, als das seines Vorgängers war. Wenn ich wählen muß, so will ich lieber weniger Kunst bei einem ruhigen Geist, als mehr Geschicklichkeit bei einer beständigen<108> Unruhe mit einem ungestümen Treiben, wodurch ein Künstler Alle, die mit ihm zu thun haben, quält. Meinem Alter ist Ruhe das Erwünschteste, und man fühlt Abneigung gegen Alles, was sie stört.

Grimm, der jung ist, denkt anders. Ich halte ihn für ganz entschlossen, sich in große Abenteuer zu stürzen. Daß er mein Portrait in Porzellan besäße, vermnuthete ich nicht, ich wußte nicht einmal, daß ein solches Bildniß da ist. Man muß Apoll, Mars oder Adonis sein, um sich malen zu lassen, und da ich nicht die Ehre habe, einer von diesen Herren zu sein, so habe ich, so viel von mir abhing, mein Gesicht dem Pinsel entzogen. etc."

Dann erwähnt der König noch der Krankheit Catt's, und fährt dann fort: "Solchen Zufällen ist die unglückliche Menschheit ausgesetzt, und nun sage man noch, daß man keiner Philosophie bedürfe! Man bedarf derselben sehr viel, aber mehr der practischen, als der speculativen. Die erste ist Bedürfniß, die zweite Luxus. etc."

20. Dezember 1774

Der König nach Berlin. Ehe er aufs Schloß fährt, besucht er die Prinzessin Amalie unter den Linden; Mittags war große Cour, Abends die erste Redoute.

22. Dezember 1774

Der König befiehlt dem Präsidenten der Ober-Rechenkammer Roden, dem Prinzen von Preußen Unterricht im Finanzwesen zu geben.

24. Dezember 1774

Der König an Voltaire :

- etc. - "In jedem Lande, wo Plutus mehr gilt als Minerva, muß man natürlicherweise erwarten, daß die Börsen voll und die Köpfe leer sind. Anständige Mittelmäßigkeit ist für einen Staat am zuträglichsten; durch Reichthümer entstehen darin verderbte Sitten und Weichlichkeit. Ich will nicht sagen, es könne noch jetzt eine Republik wie die Spartanische existiren, aber wenn man die gehörige Mittelstraße zwischen Mangel und Ueberftuß hält, so wird der National- Chararter etwas mehr Männlichkeit behalten, wodurch denn

<109> Fleiß, Arbeitsamkeit und überhaupt Alles befördert wird, was die Seelenkräfte erhöht. Durch großes Vermögen wird man entweder ein Knauser oder ein Verschwender, etc. Vielleicht werfen Sie mir ein, daß England sehr reich ist, und doch große Männer hervorgebracht hat. Das gebe ich zu; aber die Insulaner haben überhaupt einen andern Charakter, als wir auf dem festen Lande, lsnd die Engländer sind in ihren Sitten nicht ganz so weichlich wie die übrigen Europäer. Auch unterscheidet sich ihre Regierungsform von der unsrigen, und das Alles zusammengenommen bewirkt ganz andere Combibinationen. Dabei bringe ich den Umstand noch nicht in Anschlag, daß sie durch ihre Lage eine seefahrende Nation sind, und also härtere Sitten haben müssen, als man sie bei uns Landgeschöpfen antrifft.

Wundern Sie Sich nicht über die Wendung dieses Briefes; das Alter veranlaßt Reflexionen, und mein Stand nöthigt mich, sie so weit auszubreiten, als möglich ist. Indeß führen sie mich doch alle wieder zu den Wünschen für Ihr Leben hin. Ich wünsche, daß Sie mich begraben mögen, denn nach dem Tode nihil est."

Der König schenkt dem General Ramin einen prächtigen Sattel von Sammet mit einer reich gestickten Schabracke.

Wie gewöhnlich immer, wenn der König auf mehrere Tage in Berlin war, nahm er auch jetzt die Wachtparade in Augenschein. Es geschah regelmäßig an den sogenannten Geld, tagen, wo die Regimenter ihre Löhnung erhielten.

In diesem Jahre schrieb der König "Die Dedication zum Leben des Appolonius von Tyane" (Deutsche Supplem. III. 330), deren Echtheit von Einigen jedoch bezweifelt wird.

B.

4. Dezember 1774

Der bisherige Landschafts-Director zu Brieg Friedrich Christoph von Görne wird zum Minister ernannt (siehe unter Januar 1782).

16. Dezember 1774 bis 17. Dezember 1774

Nachts stirbt der General von Wylich und Lottum.

<110>

27. Dezember 1774

Verordnung, daß die Dienste der Unterthanen durch ordentliche Dienstreglements und Urbarien bestimmt werden sollen. Die Ordnung des diesjährigen Carnevals war folgende: Sonntag und Mittwoch Mittag: große Cour beim König, nach deren Beendigung er oft bei der Königin speist.

Sonntag: Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Montag: Oper; Dienstag: Redoute; Mittwoch: Französisches Schauspiel; Donnerstag: Cour bei der Konigin; Freitag: Oper; Sonnabend: Ruhe.

Die beiden Opern waren: 1) Semiramis und 2) Demophontes. Die Französischen Schauspiele: l'Europe galante, le Democrit amoureux, le François à Londres, le Distrait, und L'Amant l'Auteur et Valet, Phèdre, Andromaque, beide letztere von Racine. In diesem Jahre ward auf dem Gensdarmenmarkt das Französische Schauspielhaus zu bauen angefangen 110-+. Es erhielt die Ueberschrift: Ridemtir et corrigintur mores.

Januar 1775.

A.

1. Januar 1775

Der König in Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, alsdann bei der Königin zur Tafel, so auch den 4ten und 8ten.

Der König läßt mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

<111>

5. Januar 1775

Der König schickt Voltaire'n dessen Büste, welche in der Berliner Porzellanmanufaktur verfertigt worden.

6. Januar 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich gratulire den Franzosen, daß sie mit ihrem König (Ludwig XVI) zufrieden sein können; ich wünsche ihnen immer dergleichen. Der Posten, den dieser Fürst bekleidet, ist mißlich; er hat mit Tausenden von Menschen zu thun, welche die Absicht haben, ihn zu betriegen und ihn zu verführen, entwischt er auch diesen, so hält es doch schwer, nicht den andern in die Hände zu fallen. Doch wenn bei den Fürsten das Herz gut, und die Absichten gerecht sind; so muß man gegen sie mehr Nachsicht haben, als gegen andere Menschen, die den Fallstricken minder bloß gestellt sind, und sie daher leichter vermeiden können.

Sie sollen das verlangte Bildniß 111-+ erhalten, welches gewiß nicht der Mühe werth ist, Ihnen geschickt zu werden, und dessen ganzer Werth in der Materie besteht. etc."

11. Januar 1775

Der König besucht die Prinzessin Amalie und besieht nachher die Porzellanfabrik.

18. Januar 1775

Bei der Geburtstagsfeier des Prinzen Heinrich (bei der Königin), wo vom goldenen Service gespeist wird.

23. Januar 1775

Der König nach Potsdam.

24. Januar 1775

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei der Königin gefeiert.

27. Januar 1775

Der König an Voltaire:

- etc. - "Sie haben Recht, wenn Sie die praktische<112> Geometrie der höheren vorziehen. Jene ist nützlich und nothwendig diese aber ein bloßer Luxus des Geistes. Indessen machen doch ihre Abstractionen dem menschlichen Verstande Ehre. Wie es scheint, befreien sich die Genies, die sich mit ihr beschäftigen, so sehr sie nur können, von der Materie, und schwingen sich in eine Region auf, die außer dem Gebiet unserer Sinne liegt. Ich ehre das Genie, welche Bahnen es sich auch brechen mag; und obgleich ein Geometer ein Weiser ist, dessen Sprache ich nicht verstehe, so beklage ich mich doch nur über meine Unwissenheit, und achte ihn um nichts weniger, etc."

B.

3. Januar 1775

Stirbt in Berlin der Director der Deutschen Schauspielergesellschaft Heinrich Gottfried Koch, 71 Jahr alt.

25. Januar 1775

Stirbt der berühmte Hofkupferstecher George Friedrich Schmidt. Er war 1712 an demselben Tage in Berlin geboren worden.

Februar.

A.

Februar 1775

Der König in Potsdam

22. Februar 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Wir haben hier den Herzog von Lauzun und den Baron Montmorency-Laval aus der ältesten freiherrlichen Familie in ganz Europa gehabt. Solche Lichter kommen bisweilen, unsere dicke Deutsche Finsterniß zu erleuchten; aber sie eilen schnell, wie Kometen, vorbei. etc." Der Fürst Kurakin, Oberst-Lieutenant, und Fürst Apraxin,

?? Februar 1775

Capitain, beide in der Kaiserl. Russischen Garde, beim König in Potsdam.

B.

21. Februar 1775

Stirbt in Berlin der Oberst-Lieutenant Heinrich von Beville, 90 Jahr alt.

28. Februar 1775

Stirbt in Berlin der Banquier Johann Jacob Schickler, 64 Jahr alt.

<113>

März.

A.

März 1775

Der König in Potsdam, an Voltaire :

-etc.- "Die Polnischen Dialogen 113-+, deren Sie erwähnen, kenne ich nicht. Ich denke über die Satyren, wie Epictet: "Sagt man Böses von Dir, und es ist wahr, so bessere Dich; sind es Lügen, so lache darüber." Ich bin mit der Zeit ein gutes Postpferd geworden, lege meine Station zurück und bekümmere mich nicht um die Bullenbeißer, die auf der Landstraße bellen. Noch weniger werde ich meine Armseligkeiten drucken lassen. Ich mache nur zum Zeitvertreibe Verse. Man muß ein Boileau, Racine oder Voltaire sein, wenn man seine Werke auf die Nachwelt bringen will; und die Talente dieser Männer habe ich nicht. Was man von meinen Kleinigkeiten gedruckt hat, würde mit meiner Bewilligung nie zum Vorschein gekommen sein. Man stahl mir meine Manuskripte zu einer Zeit, da es Mode war, an mir zu zerren, und ließ sie gerade in dem Augenblicke drucken, wo sie mir hätten schädlich sein können. Erholung und Zeitvertreib durch litterarische Arbeiten sind erlaubt; aber man muß dem Publikum nicht mit seinen Albernheiten lästig fallen. etc."

9. März 1775

Der am 6ten aus Petersburg in Berlin angekommene Russische General-Feldzeugmeister, Reichsfürst von Orlow in Potsdam, wo ihn der König durch den Oberst von Görtz becomplimentiren und dann nebst dem in seinem Gefolge befindlichen General-Lieutenant von Bauer, Senator von Wolkow und anderen Offiziere, um 11 Uhr in Hofequipagen<114> zur Audienz nach dem Schlosse abholen laßt. Mittags speiste der Fürst beim König und die Personen seines Gefolges bei dem Prinzen von Preußen. Nachmittags fuhr der Fürst und sein Gefolge in Begleitung des Obersten von Görtz nach Sanssouci, wo sie die Gallerie und das neue Palais besahen. Des andern Tages kehrte der Fürst mit den übrigen Russischen Offizieren nach Berlin zurück, von wo er nach einigen Tagen über Wien nach Italien reiste.

12. März 1775

Der Prinz Friedrich von Braunschweig und der Prinz Peter von Holstein-Gottorp zum König nach Potsdam, desgl. der Minister von Finkenstein mit dem Sardinischen Gesandten Marquis Griselli.

23. März 1775

Der König unterzeichnet das General-Privilegium des Schauspielunternehmers Döbbelin.

26. März 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich habe mir endlich die sieben Dialogen (siehe oben) verschafft, und weiß ihre Geschichte aus dem Grunde. Der Verfasser dieser Schrift ist ein Engländer, Namens Lindsey, ein Theologe von Profession und Hofmeister bei dem jungen Prinzen Poniatowsky, dem Neffen des Königs von Polen. Er schrieb seine Satyre auf Anstiften der Czartorisky's, der Oheime des Königs, und zwar Englisch. Als sie fertig war, dachte man erst daran, daß Niemand in Polen sie verstehen könne, wenn sie nicht ins Französische übersetzt würde. Dies geschah denn auch sogleich; aber da der Uebersetzer nicht der beste sein mochte; so schickte man die Dialogen nach Danzig an einen gewissen Gerard, der damals Französischer Cousul in Danzig war, und jetzt im Departement der auswärtigen Angelegenheiten unter Herrn von Vergennes steht. Dieser Gerard nun, dem es nicht an Witz fehlt, der mir aber die Ehre erzeigt, mich von ganzem Herzen zu hassen, hat sie durchgesehen und ihnen die Gestalt gegeben, in der sie zum Vorschein gekommen sind. Ich habe sehr dabei gelacht. Hin und wieder sind Grobheiten und<115> Plattitüden darin, aber auch wirklich witzige Einfälle. Uebrigens werde ich mich mit diesem Sykophanten in kein Federgefecht einlassen, man muß sich nach dem richten, was der Kardinal Mazarin sagte: "Mögen doch die Franzosen singen, wenn sie uns nur schalten lassen." etc. Das Portrait 115-+, das Sie verlangt haben, und mit dem ein Zimmer sich eher entstellen als verschönern läßt, werden Sie durch Michelet erhalten. etc."

Der Sardinische Gesandte von Rossignan, der Minister von Finkenstein und der Prinz Ferdinand beim König in Potsdam.

April.

A.

April 1775

Der König in Potsdam und Sanssouci.

13. April 1775

Kabinetsordre des Königs, darin befohlen wird, da in Bromberg jährlich 4 Jahrmärkte, die der Messe nahe kommen, gehalten weiden sollen.

?? April 1775

Der Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicki, der Russische Fürst Dolgorucky, der Minister von Görne beim König in Potsdam, an verschiedenen Tagen.

Mai.

A.

Mai 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

6. Mai 1775

Nach Charlottenburg und Berlin, wo er einige Regimenter mustert, die Prinzessin Amalie besucht und nach Charlottenburg zurückkehrt.

7. Mai 1775

Von Charlottenburg nach Berlin; nachdem der König hier die übrigen Regimenter besehen, kehrt er nach Potsdam zurück.

Der König an d'Alembert :

"Die Ihnen überschickte Büste haben Sie richtig errathen.<116> Das Verdienst dieses Stücks ist die Ähnlichkeit; es ist Voltaire selbst; nichts fehlt ihm als die Sprache. Gerade also das Beste, werden Sie sagen: allein Porzellan und Bildhauerkunst erreichen diese Vollkommenheit nicht. Will man das Ganze beisammen haben, so muß man die Büste ansehen und die Henriade dazu lesen. etc. Ich vermuthe, daß Sie die Lobeserhebungen für Scherz halten werden, die ich Ihnen von den Herren 116-+ gemacht habe, welche es nicht verschmähten, unsern ländlichen Heerd zu besuchen. Es sind wahre Christoph Columbe, welche die Hereynischen Wälder haben durchstreichen wollen, um die Wilden zu untersuchen, welche die Küsten des Baltischen Meeres bewohnen. Sie waren erstaunt, uns auf unsern zwei Hinterfüßen gehen zu sehen. etc."

19. Mai 1775

Der König nach Spandau, hält daselbst Revue, dann nach Charlottenburg.

20. Mai 1775

Der König nach Berlin, wo er (bis den 23sten) große Revue hält, und die Prinzessin Amalie in ihrem Palais unter den Linden besucht.

21. Mai 1775

Beim Könige Mittags große Cour, wo ihm unter andern der Herzog Hamilton, der Lord Forbescüe und der Dr. Moore 116-+, sämmtlich aus England, vorgestellt werden. Sie waren vorher schon in Potsdam gewesen, und der Dr. Moore erzählt, daß er hier mit großer Verwunderung gesehen, wie der König selbst, mit gezogenem Degen, die Truppen beim Manövriren Stunden lang commandirt habe. Das Londoner Political-Magazin vom Novbr. 1786, S. 379, theilt<117> Verschiedenes aus der Unterhaltung des Königs mit dem Herzog und Moore, die hauptsächlich die Engl. Staatsverfassung und den damaligen Amerikanischen Krieg betraf, mit.

23. Mai 1775

Der König nach Potsdam.

26. Mai 1775

Nach Cörbelitz und Pitzpuhl (bei Magedburg) zur Revue.

28. Mai 1775

Durch Magdeburg nach Salzthal.

29. Mai 1775

In Potsdam.

31. Mai 1775

Ueber Cüstrin nach Stargard zur Revue.

B.

13. Mai 1775

Stirbt in Potsdam der Oberst Quintus Icilius (s. oben Theil II. Seite 73), 51 Jahr alt.

15. Mai 1775

Stirbt in Berlin der General-Lieut. Hans Friedrich von Krusemark, Chef des Regiments Gensd'armes, 55 Jahr alt.

16. Mai 1775

Stirbt in Berlin der aus der Geschichte des Pr. Münzwesens zur Zeit des siebenjährigen Krieges wohl bekannte Hofjuwelier und Banquier Veitel Ephraim, 72 Jahr alt.

18. Mai 1775

Stirbt der Minister Reichsgraf Johann Gotthard von Schafgotsch, 62 Jahr alt.

22. Mai 1775

Der Geheime-Rath von Brenkenhof nimmt im Namen des Königs in Inowracklaw die Huldigung der Einwohner des Netzedistrikts an.

24. Mai 1775

Abschluß eines Conventions-Zolltarifs zwischen Preußen und Polen.

In Berlin waren angekommen : der Russische Fürst Galliezin aus Paris, der Kaiserl. Gesandte am Schwedischen Hofe Graf Kaunitz-Rittberg und der für den Dänischen Hof bestimmte Gesandte Graf von Cobenzl aus Wien, der Kaiserl. General-Major Graf Kaunitz aus Rittberg, der Erbprinz von Braunschweig etc.

Juni.

A.

3. Juni 1775

Der König kommt in Stargard an.

<118>

6. Juni 1775

Der König reist von Stargard ab.

7. Juni 1775

In Marienwerder.

8. Juni 1775

Besah der König zu Fuß die Stadt.

9. Juni 1775

Früh um 6 Uhr nach Mockerau.

9. Juni 1775 bis 11. Juni 1775

In Graudenz (Mockerau).

14. Juni 1775

In Potsdam (Sanssouci).

16. Juni 1775

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam.

17. Juni 1775

Der König an Voltaire :

"Ich habe in vier Wochen fünfhundert Französische Meilen gemacht, und damit müssen Sie mich entschuldigen, daß ich mit den Antworten zurückgeblieben bin. etc. Das Portrait 118-+, das Sie bekommen haben, ist von der Mad. Therbusch 118-++. Um ihren Pinsel nicht zu entehren, hat sie mein verzerrtes Gesicht wieder mit der Grazie der Jugend aufgeschmückt. Sie wissen, daß man nur etwas sein darf, um keinen Mangel an Schmeichlern zu haben. etc."

19. Juni 1775

Der König an d'Alembert:

- etc.- "Ich habe hier einen Herrn von Laval-Montmorenci und einen Herrn Clermont Gallerande gesehen, die mir sehr liebenswürdige, bescheidene junge Leute, ohne Geckerei, schienen. Sie sind mit mir in dem Lande gewesen, welches ich unser Canada nenne: Westpreußen. Ich denke, daß sie nach ihrer Zurückkunft den Parisern eine schöne Beschreibung davon machen werden. Schneider und Schuster sind Virtuosen, die in diesem Lande eifrig gesucht werden, weil es daran fehlt. Ich errichte jetzt hundert und achtzig theils protestantische, theils katholische Schulen, und betrachte mich als den Lykurg und Solon dieser Barbaren. Denken Sie, was das heißt; in diesem unglücklichen Lande<119> kennt man das Recht des Eigenthums nicht, statt aller Gesetze unterdrückt der Stärkere ungestraft den Schwächern; allein das hat ein Ende, und für die Zukunft wird man gute Maaßregeln dagegen nehmen. - Nur durch ziemlich lange Zeit und durch eine bessere Erziehung der Jugend wird man es dahin dringen, diese Irokesen gesittet zu machen. Jetzt, da ein Theil meiner Reisen geendigt ist, werfe ich mich wider ganz in die Wissenschaften, die einzige wahre Nahrung des Geistes und die einzige würdige Vergnügung der Weisen, die einige Ansprüche auf Vernunft machen, denn im Grunde scheint mir's, daß wir nur sehr wenig davon haben. etc."

Die Generale von Krockow, von Prittwitz, von Buddenbrock, der Prinz Friedrich von Braunschweig und der Minister von Finkenstein beim König, an verschiedenen Tagen.

In diesem Monat überarbeitete der Konig sein Werk : "Geschichte meiner Zeit" (s. des Königs Brief an Voltaire vom 12. Juli).

B.

23. Juni 1775

Stirbt der Baron von Pöllnitz, 83 Jahr alt.

Juli.

A.

Juli 1775

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

10. Juli 1775

Die Prinzessin Amalie und die Gemalin des Prinzen Ferdinand zum König nach Potsdam (Sanssouci), wohin sich auch der König begeben hatte.

11. Juli 1775

Der Prinz Friedrich von Braunschweig mit Gemalin, der Prinz Ferdinand, Bruder des Königs, die regierende Landgräfin von Hessen-Kassel, der Prinz Friedrich Ludwig von Würtemberg, die Gemalin des Herzogs Eugen von Nürtemberg (Tochter des Markgrafen Friedrich Wilhelm<120> von Brandenburg-Schwedt) zum König nach Sanssouci. Hier wurden große Feste veranstaltet, und zu den zu gebenden Opern war der berühmte Schauspieler Le Kain aus Paris angelangt. Zu gleicher Zeit befanden sich auch in Potsdam die Generale von Prittwitz, von Lentulus etc., der Abt Bastiani, der Herzog Hamilton mit dem Dr. Moore aus England etc., welche alle an den Festen Theil nahmen, so wie der Prinz und die Prinzessin von Preußen, welche bekanntlich stets in Potsdam wohnten. Die Königin, die verwittwete Prinzessin von Preußen und die Gemalin des Prinzen Heinrich blieben in Berlin.

12. Juli 1775

Der König an Voltaire: "Sie glauben also, mein lieber Patriarch, ich habe immer den Degen gezogen? und doch fand mich Ihr Brief mit der Feder in der Hand, weil ich damit beschäftigt bin, gewisse alte historische Nachrichten 120-+ zu verbessern, die Sie ehemals, wie Sie Sich vielleicht noch erinnern, sehr incorrect gesehen haben. Ich lecke meine Jungen, um ihre Gestalt zu vollenden. Dreißig Jahre später ist es noch schwerer, sich zu befriedigen. Obgleich dies Werk dazu bestimmt ist, auf immer in irgend einem staubichten Archiv begraben zu bleiben, so wollte ich denn doch nicht gern, daß es schlecht geschrieben wäre. etc.

Wie mich dünkt, macht die Vernunft in Deutschland weit schnellere Fortschritte, als in Frankreich. Der Grund hiervon scheint mir darin zu liegen, daß die vielen einzelnen katholischen Geistlichen und Bischöfe in Deutschland sich nach und nach ihrer abergläubischen Gebräuche schämen. In Frankreich hingegen macht die Geistlichkeit ein besonderes Corps im Staate aus, und jede große Gesellschaft bleibt ja bei den alten Gebräuchen, selbst wenn sie einsieht, wie schädlich sie sind. etc.

<121>

Ich habe das ganze Haus voll Nichten und Neffen, und muß ihnen Schauspiele geben, damit ich sie für die Langeweile entschädige, die ihnen die Gesellschaft eines alten Mannes vielleicht verursacht. Man muß sich Gerechtigkeit widerfahren lassen, und sich der Jugend erträglich zu machen suchen. etc."

15. Juli 1775

Im neuen Schloß in Sanssouci Trauerspiel : Oedip (v. Voltaire).

16. Juli 1775

Trauerspiel: Mahomet (von Voltaire).

18. Juli 1775

Oper: Parthenope.

19. Juli 1775

Trauerspiel: Zaire von Voltaire.

20. Juli 1775

Oper : Parthenope.

21. Juli 1775

Oedip.

22. Juli 1775

Große Tafel in Sanssouci und Abreise der fremden Herrschaften.

24. Juli 1775

Der König an Voltaire:

- etc. - "Le Kain 121-+ hat den Oedip, den Mahomet und den Orosman gespielt. Dieser Schauspieler ist sehr geschickt etc., aber soll ich Ihnen aufrichtig sagen, was für Eindruck er auf mich gemacht hat? Ich wünschte, er übertriebe etwas weniger, dann, dünkt mich, würde er vollkommen sein. etc. Ich sehe bei diesem Urtheil auf die Natur, und nicht auf das, was vielleicht in Frankreich gebräuchlich sein mag, indeß habe ich mich weder im Oedip, noch in der Zaire der Thränen enthalten können, etc. O, wie nützlich sind doch die schönen Wissenschaften für die Menschheit! sie geben Erholung nach den Arbeiten des Tages, zerstreuen auf eine angenehme Art die politischen Dünste, die den Kopf einnehmen, machen den Geist milder, geben sogar dem weiblichen Geschlechte Vergnügen, trösten die Betrübten und sind endlich die einzigen<122> noch übrigen Freunde für den der sich schon unter der Last des Alters krümmt, und sich dann glücklich schätzt, daß er ihnen in seiner Jugend Geschmack abgewonne hat.

Meine Landsleute haben den Ehrgeiz, daß sie nun auch ihrerseits des Vortheils, den die schönen Künste gewähren, genießen wollen, und geben sich Mühe, Athen, Rom, Florenz und Paris zu erreichen. So sehr ich auch mein Vaterland liebe, so kann ich doch bis jetzt nicht sagen, daß es ihnen damit gelingt. Es fehlt ihnen an zwei Stücken: an einer guten Sprache und an Geschmack. Das Deutsche ist zu weitschweifig, und in guten Gesellschaften spricht man Französisch. Einige Magisterchen und Professoren sind nicht im Stande, der Sprache die Feinheit und die leichten Wendungen zu geben, die sie nur im Umgange der großen Welt erhalten kann. Dazu kommt noch die Verschiedenheit der Dialekte. Jede Provinz hat ihren eigenen, und es ist noch nicht ausgemacht, welcher den Vorzug verdient.

Besonders aber fehlt es den Deutschen an Geschmack. Sie können bis jetzt die Schriftsteller aus dem Jahrhumdert des Augustus noch nicht Nachahmen, und machen eine fehlerhafte Mischung von dem Römischen, Englischen, Französischen und ihrem eigenen Nationalgeschmack. Es fehlt ihnen noch an der feinen Unterscheidungskraft, die alle Schönheiten auffaßt, welche sie nur findet, um das Mittelmäßige von dem Vollkommenen, das Edle von dem Erhabenen zu unterscheiden und jedes an den schicklichsten Platz anzubringen weiß. Ob sie gleich viele R in ihrer Sprache haben, so halten sie ihre Verse doch für harmonisch; und gewöhnlich sind diese nichts als ein Galimatias von hochtrabenden Worten. In der Geschichte würden sie ja nicht den kleinsten Umstand auslassen, wenn er auch völlig unnütz wäre.

Die besten Werke haben sie noch im Fache des Staatsrechts. Mit der Philosophie giebt sich seit Leibnitzen's Genie und Wolf's dicker Monade Niemand mehr ab. Sie<123> glauben in der dramatischen Kunst Glück zu machen; aber bis jetzt ist noch kein Meisterstück zum Vorschein gekommen. Deutschland ist jetzt in diesem Fache gerade so weit, als Frankreich unter der Regierung Franz I 123-+. Der Geschmack an den Wissenschaften fängt an sich zu verbreiten, und man muß, nun erwarten, daß die Natur wahre Genies hervorbringen werde, wie unter Richelieu's und Mazarin's Ministerium 123-+. Der Boden, der einen Leibnitz hervorgebracht bat, kann auch wohl mehr seiner Art liefern. Ich werde die schönen Tage meines Vaterlandes nicht erleben; indeß sehe ich voraus, daß sie möglich sind. etc. 123-++.

?? Juli 1775

Der Englische Lord Dalrymple beim König.

29. Juli 1775

An diesem Tage erschoß sich in Sanssouci der Kammerhussar des Königs, Deesen (s. Moore's Abriß des gesellschaftlichen, Lebens etc. Seite 389, 390) und Nicolai's Anekdoten Heft, 2. Seite 218), weil ihn der König gewisser Vergehen wegen entlassen und zum Trommelschläger beim Regiment Garde machen wollte.

<124>

August.

A.

August 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

5. August 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ein Lord mit sonderbarem Namen (Dalrymple), aber liebenswürdigem Geist, hat mir Ihren Brief zugestellt. etc. - Ich habe Le Kain spielen sehen und seine Kunst bewundert. Dieser Mann würde der Roscius unsers Jahrhunderts sein, wenn er weniger übertriebe. Ich mag unsere Leidenschaften gern so vorstellen sehen, wie sie wirklich sind; dieses Schauspiel bewegt das Innere des Herzens, sobald aber die Kunst die Natur erstickt, so bin ich kalt. Ich wette, Sie denken: "so sind die Deutschen! sie haben bloß schwach angedeutete Leidenschaften; starke Ausdrücke sind ihnen zuwider, weil sie die niemals empfinden." Das kann sein; ich will mich nicht zum Lobredner meiner Landsleute aufwerfen. Auch ist es wahr, sie reißen keine Mühlen um und verderben keine Saat, wenn sie über Korntheuerung klagen; sie haben bis jetzt weder Sanct Bartholomäus-Nächte, noch rebellische Bürgerkriege ausgeübt. Indeß da die Welt nach und nach immer aufgeklärter wird, so hoffen unsere schönen Geister, daß alles dies mit der Zeit wohl kommen wird, zumal wenn die Welschen (die Franzosen) uns die Ehre erzeigen wollen, ihren Geist gegen den unsrigen zu reiben. etc."

13. August 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich für mein Theil suche bloß in meinem Vaterlande zu verhindern, daß der Mächtige den Schwachen nicht unterdrücke, und bisweilen Sentenzen zu mildern, die mir zu streng scheinen. Dies ist zum Theil meine Beschäftigung, wenn ich die Provinzen durchreife. Jedermann hat Zutritt zu mir; alle Klagen werden entweder von mir selbst oder von Andern untersucht, und ich bin dadurch Personen nützlich, deren Existenz ich nicht einmal kannte, ehe ich ihre<125> Bittschrift erhielt. Diese Revision macht die Richter aufmerksam und verhütet zu harte und strenge Prozeduren. etc."

16. August 1775

Der König geht nach Schlesien zur Revue mit dem gewöhnlichen Gefolge und den beiden Prinzen von Würtemberg Friedrich und Ludwig.

18. August 1775

In Schweidnitz.

26. August 1775

Der König kommt aus Neisse in Breslau an.

29. August 1775

Besucht der König den Fürsten Hatzfeld.

30. August 1775

Der König nach dem Hauptquartier Puschwitz. Der Oestreich. Gesandte von Switen, der Minister von Finkenstein, die beiden Prinzen von Würtemberg und die Generale von Buddenbrock und von Prittwitz waren an verschiedenen Tagen in Potsdam beim König.

September.

A.

1. September 1775

Der König im Hauptquartier Puschwiß bei Breslau, wo bis den 3ten Kriegsübungen Statt finden.

3. September 1775

Abreise des Königs von Puschwitz.

4. September 1775

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

8. September 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Sie behaupten mit Recht, daß unsere guten Deutschen erst die Morgenröthe ihrer Kenntnisse haben. Die schönen Wissenschaften stehen jetzt bei ihnen auf eben dem Punkt, wo sie in Frankreich unter Franz I standen. Man liebt sie, sucht sie auf, und sie werden von Fremden zu uns hin verpflanzt, aber der Boden ist noch nicht hinlänglich vorbereitet, daß er sie selber hervorbringen konnte. Der dreißigjährige Krieg ist für Deutschland schädlicher gewesen, als man auswärts glaubt. Man mußte mit dem Ackerbau anfangen, dann zu Manufakturen, und endlich zu einem kleinen Handel fortgehen. So wie diese festen Fuß gewinnen, entsteht Wohlstand, und auf den folgt Ueberfluß, ohne welchen die Künste nicht gedeihen können. Die Musen verlangen,<126> daß der Fuß des Parnasses von dem Pactolus benetzt werden soll. Erst muß man etwas zu leben haben, ehe man sich unterrichten und frei denken kann. Athen that es in den Wissenschaften und schönen Künsten den Spartanern zuvor.

Deutschland wird nicht eher Geschmack bekommen, als bis man die klassischen Schriftsteller der Griechen, Römer und Franzosen mit Nachdenken studirt. Dann werden zwei oder drei gute Köpfe die Sprache bestimmen, sie weniger barbarisch machen und die Meisterstücke der Fremden in ihrem Lande naturalisiren.

Ich für mein Theil werde, da meine Laufbahn zu Ende geht, diese glückliche Zeit nicht erleben. Gern hatte ich zu ihrem ersten Entstehen etwas beigetragen; aber was hat ein Geschöpf thun können, das zwei Drittel seines Lebens hindurch von unaufhörlichen Kriegen geplagt ward, oder die Uebel, die sie verursacht hatten, wieder gut machen mußte, und überdies zu einem so großen Unternehmen viel zu geringe Talente besitzt."

11. September 1775

12. September 1775

Der König auf dem Gesundbrunnen bei Berlin, bei dem Artilleriemanövre, wo er auch das Nachtlager hielt.

12. September 1775

Auf dem Wedding bei Berlin, dann nach der Stadt, wo er die Prinzessin Amalie besucht, und nachher nach Potsdam.

17. September 1775

Der Domherr Cornelius Pauw aus Tanten 126-+, welchen<127> der König zum Gesellschafter zu sich berufen, kommt in Potsdam an.

20. September 1775 bis 23. September 1775

Kriegsübungen bei Potsdam.

Die Generale von Apenberg, von Lossow, von Haak, von Lölhöfel, von Alvensleben und von Düringshofen an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam.

Oktober.

A.

Oktober 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

20. Oktober 1775

Kabinetsordre des Königs an den Minister von Zedlitz wegen Errichtung einer Ecole de Génie.

22. Oktober 1775

Der König an Voltaire :

"Das Podagra hat mich vier Wochen lang gebunden und geknebelt; ich habe es, wohl zu merken, in beiden Füßen, in beiden Knieen, in beiden Händen, und aus übergroßer Güte auch im Ellbogen gehabt. Gegenwärtig haben die Schmerzen und das Fieber nachgelassen, und ich fühle nur noch eine große Erschöpfung. Während dieser Krankheit habe ich zwei reizende Briefe aus Ferney bekommen, aber wären sie auch von dem Demiurgos gewesen, so hätte ich doch eine Antwort darauf nicht einmal diktiren können. etc. Ich warte darauf, daß meine Kräfte und meine Gedanken sich wieder einstellen sollen, um Ihnen weniger lakonisch zu schreiben. etc."

23. Oktober 1775

Der König an d'Alembert :

"Posidonius mag sagen, was er will, die Gicht ist dennoch ein sehr wesentliches Uebel. Vier Wochen lang hat<128> mir diese verwünschte Gicht alle meine Glieder gelähmt und mich gehindert, Ihnen zu antworten. Ihr letzter Brief hat mir Vergnügen gemacht, weil er mich hoffen läßt, noch einmal den weisen Anaxagoras 128-+ zu sehen und zu hören, ehe ich aus dem Fluß Lethe trinken werde. etc."

24. Oktober 1775

Der König an Voltaire: "Dieser Tage gerieth mir von ungefähr eine Kritik über die Henriade von La Beaumelle und Freron in die Hände. Ich hatte so viel Geduld, daß ich ihre Bemerkungen durchlief, ob sie gleich mehr Liebe zum Wehthun, als Gerechtigkeit und Unpartheilichkeit verrathen. etc."

B.

27. Oktober 1775

Stirbt der General-Lieutenant Karl Christoph Graf von Schmettau, 80 Jahr alt.

November.

A.

November 1775

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

18. November 1775

Zweite Kabinetsordre an den Minister von Zedlitz, die Errichtung der Ecole de Génie betreffend.

Um diese Zeit hatte der König seine Schrift: "Geschichte meiner Zeit," revidirt, und statt der anfänglich (1746) vorgesetzten Einleitung jetzt eine andere verfaßt, wie sie in den hinterlassenen Werken steht. Beide hat auch der Minister von Herzberg in seinen Huit Dissertations p. 303-316 mitgetheilt; Deutsch stehen sie in dessen "Nachrichten von dem letzten Lebensjahr König Friedrich's II, vorgelesen in der Akademie d. W. am 25. Januar 1787 (S. 30-44)."

<129>

Dezember.

A.

Dezember 1775

Der König in Potsdam.

4. Dezember 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Sie fragen mich, was der Geist sei? Ach! ich will Ihnen Alles sagen, was er nicht ist. Ich selbst habe so wenig, daß ich um eine Definition davon sehr verlegen sein würde. Wenn Sie indeß verlangen, daß ich, um Ihnen die Zeit zu vertreiben, meinen Roman so gut liefern soll, als ein Anderer, so halte ich mich an die Begriffe, die mir die Erfahrung giebt. Ich glaube mit vollkommener Ueberzeugung, daß ich nicht doppelt existire; daher sehe ich mich als ein einziges Wesen an. Ich weiß, daß ich ein materielles belebtes Geschöpf bin, das Organe hat und denkt; daraus schließe ich, daß die belebte Materie denken kann, so wie sie die Eigenschaft der Elektricität hat.

Ich sehe, daß das animalische Leben von der Wärme und der Bewegung abhängt, daher vermuthe ich, daß die Ursache von beiden wohl eine Partikel von dem Elementarfeuer sein könnte. Ich schreibe die Denkkraft den fünf Sinnen zu, die uns die Natur gegeben hat. Die Begriffe, die sie uns verschaffen, drücken sich in die Nerven ein, durch welche sie dann fortgepflanzt werden. Diese Eindrücke, die wir das Gedächtniß nennen, geben uns Ideen. Die Wärme des Elementarfeuers, die das Blut in einer beständigen Bewegung erhält, weckt diese Ideen auf und verursacht die Imagination. Wenn diese Bewegung leicht und schnell von Statten geht, so folgen die Gedanken schleunig auf einander; ist sie aber langsam und schwer, so kommen auch die Gedanken nur sehr einzeln. Der Schlaf bestätigt diese Meinung. Ist er gut, so zirkulirt das Blut so sanft, daß die Ideen gleichsam erstarrt sind, daß sich die Verstandesnerven abspannen, und daß die Seele gewissermaßen vernichtet scheint. Zirkulirt aber das<130> Blut in dem Gehirn zu heftig, wie bei berauschten Leuten, oder im hitzigen Fieber; so verwirrt und zerrüttet es die Ideen. Eine kleine Obstruktion in den Gehirnnerven verursacht Wahnsinn. Wenn ein Tropfen lymphatischer Feuchtigkeit in dem Cranium aus einander fließt, so zieht er den Verlust des Gedächtnisses nach sich; und wenn endlich ein Blutstropfen, der aus seinem Gefäße getreten ist, auf das Gehirn und dessen Nerven drückt, so verursacht er die Apoplexie.

Sie sehen, daß ich die Seele mehr medizinisch als metaphysisch untersuche. Ich begnüge mich mit diesen Wahrscheinlichkeiten, bis ich etwas Besseres bekomme, und schränke mich darauf ein, daß ich die Früchte Ihres Verstandes, Ihrer immer wieder auflebenden Imagination und Ihres herrlichen Genies benutze, ohne mich darum zu bekümmern, ob diese bewundernswürdigen Talente von angebornen Ideen herrühren, ob Gott Ihnen alle Ihre Gedanken inspirirt, oder ob Sie ein Uhrwerk sind, dessen Zeiger auf Heinrich IV steht, indeß Ihr Glockenspiel die Henriade hören läßt.etc. Ich habe Ihnen lange nicht schreiben können, so eben werde ich von dem vierzehnten Anfalle des Podagras frei. Nie hat es mich so gemißhandelt, ich bin an allen meinen Gliedern halb gelähmt. etc."

5. Dezember 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Nur das ist wahrer Reichthum, was die Erde hervorbringt. Wer seine Ländereien verbessert, ungebautes Land urbar macht und Sümpfe austrocknet, der macht Eroberungen von der Barbarei und verschafft Kolonisten Unterhalt. Diese arbeiten dann, da sie nun heirathen können, ganz frohen Muthes an der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts und vermehren die Anzahl der betriebsamen Bürger.

Wir haben hier die künstlichen Wiesen der Engländer nachgeahmt, und es ist uns sehr gut damit gelungen, so daß wir<131> nun ein Drittheil Vieh mehr halten. Mit ihrem Pflug und ihrer Säemaschine ist es nicht so gut gegangen; für jenen ist unser Boden zum Theil zu leicht, und diese war für den gemeinen Mann und den Bauer zu theuer. Dafür haben wir es aber dahin gebracht, daß wir nun in unsern Gärten die Rhabarber ziehen. Sie behält alle ihre Eigenschaften und läßt sich eben so gebrauchen, wie die orientalische. Wir haben in diesem Jahre 10,000 Pfund Seide gewonnen, und die Bienenstöcke um ein Drittheil vermehrt.

Das sind meine Kinderklappern im Alter, denn solcher Freuden kann der Geist, wenn auch die Imagination erloschen ist, noch immer genießen. Nicht jeder hat das Glück, unsterblich zu sein, wie Sie. Unser guter Patriarch bleibt immer derselbe. Ich hingegen habe schon einen Theil meines Gedächtnisses, die geringe Imagination, die ich hatte, und meine Beine nach dem Ufer des Kozyts geschickt. Das schwere Gepäck geht voraus, bis dann die ganze Armee folgt. etc."

6. Dezember 1775

Kabinetsordre des Königs, mittelst welcher dem Großkanzler von Fürst der von dem Justizminister von Carmer eingereichte (zweite) ausführliche Entwurf einer neuen Prozeß-Ordnung unter dem Titel: Project des revidirten Codicis Friedericiani, zur reiflichen Erwägung mitgetheilt wird.

30. Dezember 1775

Der König an d'Alembert: "Ich gestehe Ihnen, daß ich kein so großer Stoiker bin, als Posidonius. Hätte Zeno aus Elea vierzehn auf einander folgende Anfälle von der Gicht gehabt, so weiß ich nicht, ob er die Gicht nicht sollte für ein sehr wesentliches Uebel gehalten haben. Der Körper sei nun das Futteral der Seele, oder er mache ihre organische Maschine aus; so ist es darum nicht minder gewiß, daß die Materie außerordentlich auf das Denken wirkt, und daß ihre Leiden in die Länge den Geist traurig machen und niederdrücken. Die Natur schuf uns zu empfindenden Wesen, und durch überraffinirtes Rai<132>sonniren kann uns der Portikus nicht gefühllos machen, wenn er nicht andere Wesen an unsere Stelle setzt. Ich habe sehr heftige Schmerzen erduldet; obgleich meine Krankheit nicht gefährlich war, so veranlaßte ihre Länge doch die Vermuthung, daß ich den Weg betreten würde, der in den Abgrund des Nichtseins führt. Aber meine Stunde war noch nicht gekommen, und noch lebe ich, um die Wissenschaften zu ehren und denen Beifall zuzurufen, die sich, wie ein gewisser Anaxagoras, durch ihren Glanz in denselben auszeichnen. etc."

Der König ging diesen Winter, Krankheits halber, nicht zum Carneval nach Berlin, obgleich er noch mittelst Kabinetsordre vom 28. Dezember 132-+ dem Großkanzler von Fürst angezeigt hatte, daß er auf die nöthige Justizreform einen Theil seines Winteraufenthalts in Berlin verwenden wolle, weshalb er auch den Justizminister von Carmer (aus Breslau) nach Berlin entboten habe.

In Potsdam waren in diesem Monat an verschiedenen Tagen : der Prinz Friedrich von Braunschweig, der General von Buddenbrock (dem der König eine prächtige Tabatiere schenkt), der General von Prittwitz, der Geheime-Rath von Brenkenhof (vom 15ten bis 20sten), die Minister von Finkenstein, von Blumenthal, von Derschau, von Schulenburg, von Gaudi, von Görne, und der Französische Gesandte Marquis de Ponts (vom 22sten bis 25sten), der Minister von Zedlitz (vom 25sten bis 29sten), der General von Ramin (bis den 24sten), dem der König eine prächtige Tabatiere schenkt und eine beträchtliche Summe Geld für die Berliner Garnison einhändigt; die verwittwete Prinzessin von Preußen erhielt vom König<133> ebenfalls eine kostbare Tabatiere von hohem Werth zum Geschenk.

Dem Minister von Zedlitz übergab der König namhafte Summen zur Vertheilung an die pauvre hontoux und andere bedürftige Hausarme.

B.

16. Dezember 1775

Verordnung wegen Armenverpflegung.

28. Dezember 1775

(Erstes) Patent und Reglement für die Allgemeine Wittwenversorgungs-Anstalt.

20. Dezember 1775

Anfang des Carnevals. Sonntag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Montag: Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Französische Comödie; Donnerstag : Cour bei der Königin; Freitag : Oper; Sonnabend: Ruhe. Die beiden Opern waren: I) Orpheus und 2) Attilius Regulus. Die Französischen Comödien : le Philosophe marié, l'Avare, Tartuffe, Adelaide du Guescelin (beides Trauerspiele von Voltaire), Andromaque.

In diesem Jahre ward das Gebäude für die Königl. Bibliothek auf dem Opernplatz in Berlin zu bauen angefangen.

Januar 1776.

A.

Januar 1776

Der König in Potsdam.

4. Januar 1776

Der Großkanzler von Fürst und der Justizminister von Carmer stellen sich auf Befehl des Königs bei ihm ein, um in seiner Gegenwart ihre ganz entgegengesetzten Meinungen über die Annehmbarkeit des von dem von Carmer entworfenen Plans zur Verbesserung der Justizverfassung vorzutragen, und ihre Gründe für und wider anzugeben. Da diese Conferenz zu keiner Vereinigung führte; so befahl der König<134> mündlich und mittelst Kabinetsordre von demselben Tag, daß von Fürst und von Carmer den Kammergerichts-Präsidenten von Rebeur als dritten Commissarius hinzuziehen, mit ihm die Conferenz über diesen Gegenstand fortsetzen und darüber weiter an ihn berichten sollten.

10. Januar 1776

Der König an Voltaire: "Ihren Brief habe ich gerade zur rechten Zeit bekommen. Die öffentlichen Blätter hatten uns Alle durch die Nachricht erschreckt, daß Sie krank wären. Ich freue mich, daß sie auch diesmal gelogen haben. etc. Ihr letzter Zufall verpflichtet Sie, künftig Sich noch mehr zu schonen, als vorher. etc. Der Großsultan hat mir ein Geschenk mit Balsam von Mekka gemacht, der aus der ersten Hand kommt. Wenn Ihr Arzt glaubt, daß er Ihnen nützlich sein kann, so will ich Ihnen gern eine Phiole davon schicken. etc.

Unsere Akademiker geben sich jetzt mit dem Uebersetzen ab. Damit thun sie mir einen Gefallen, denn nun machen sie, daß ich die Werke der Alten lesen kann, die bisher entweder schlecht, oder in altes Französisch, oder gar nicht übersetzt waren. Bücher sind die Kinderklapper meines Alters, und Lektüre das einzige Vergnügen, dessen ich noch genieße.

Ich gestehe zu, daß, Libyen ausgenommen, wenige Staaten sich rühmen können, es uns an Sand gleich zu thun; indeß machen wir doch in diesem Jahre 77,000 Morgen zu Wiesen, diese werden 7000 Kühen Futter geben; der Dünger von ihnen wird unsern Sandboden fetter und besser machen, und die Ernten werden also ergiebiger und besser ausfallen. Ich weiß wohl, daß die Menschen nicht im Stande sind, die Natur umzuändern; aber mich dünkt, durch vielen Fleiß und Arbeit bringt man es doch dahin, daß ein dürrer Boden besser und wenigstens mittelmäßig wird. Damit müssen wir uns denn begnügen. etc."

11. Januar 1776

Da nach dem vom Großkanzler von Fürst unter dem 10ten dem Könige abgestatteten Bericht, über die fortgesetzte Confe<135>renz, selbige kein Resultat gegeben, so überreichte von Fürst zugleich einen Aufsatz unter dem Namen : "Kürzliche Hauptprincipia zur Justizreform," zur Allerhöchsten Genehmigung und Vollziehung. Hierauf antwortete der König an demselben Tage dem Großkanzler :

11. Januar 1776

"daß er unter dem Bericht vom 10ten des Kammergerichts-Präsidenten von Rebeur Unterschrift vermisse, ohngeacht derselbe von Allerhöchstdemselben zum dritten Commissarius ernannt worden, und er wolle seinen unmittelbaren Ausspruch über die Verschiedenheit der Meinungen noch so lange aussetzen, bis er selbst mit dem Kammergerichts-Präsidenten von Rebeur darüber gesprochen, die Principia mit ihm durchgegangen, und gegen das Projcct des Ministers von Carmer zusammen gehalten."

11. Januar 1776

An demselben Tag erhielt der etc. von Rebeur folgende Kabinetsordre.

"Bester, besonders lieber Getreuer?

Nach Meines Großkanzlers Freiherrn von Fürst eingegangenen Bericht haben die ihm und Euch aufgetragenen Comferenzien mit Meinem Etats Minister von Carmer über die Mir so angelegentliche Justiz-Verbesserung den davon erwarteten Erfolg nicht gehabt, und die gehoffte Vereinigung hat dabei nicht statt gefunden. Ich habe daher noch Anstand genommen, über die Verschiedenheit Eurer Meinungen Meinen unmittelbaren Ausspruch zu thun, und Mich über die von Meinem Großkanzler vorgelegten Hauptprincipia dieser Justiz-Verbesserung näher zu erklären, sondern will vielmehr darüber mit Euch noch selbst sprechen, und solche noch einmal mit Euch durchgehen, und mit dem Project Meines Etats-Ministers von Carmer zusammen halten. Zu dem Ende befehle Ich Euch hiermit, Euch Morgen oder Uebermorgen, als den 12ten oder 13ten, bei Mir allhier einzufinden, und alle dazu gehörigen Briefschaften nebst dem nur gedachten von Carmerschen Projecte mitzubringen. Ich bin etc."

<136>

13. Januar 1776

An diesem Tage, bald nach 9 Uhr Morgens, giebt der König dem Kammergerichts-Präsidenten von Rebeur, der nach seinem Befehl vom 10ten nach Potsdam gekommen war, Privataudienz, in welcher er sich mit ihm über die entgegengesetzten Ansichten etc. des Großkanzlers von Fürst und des Justiz-Ministers von Carmer in Betreff des von Letzterm entworfenen Justiz-Verbesserungsplans unterredete. Der König hatte Tags vorher einen heftigen Fieberanfall gehabt, von dem er noch sehr ermattet war, und sich daher während der ganzen Unterredung, die in Französischer Sprache geführt ward, im Bette befand. Seine Sprache war so schwach, daß der Präsident ganz nahe vor des Königs Bette treten mußte. Er dictirte, nach umständlicher Besprechung des Gegenstandes, dem von Rebeur seine Intention in 11 Puncten, und befahl ihm hiernach, ein Gesetz zur Beschleunigung der Prozesse zu entwerfen.

Als der Präsident das Harte des Carmerschen Antrags, "ach welchem sich die Parteien in Person stellen sollten, bemerkbar machte, sagte der König die denkwürdigen Worte: "Dans ce point-ci Vous avez parfaitement raison; il ne faut point traiter le Public avec dureté." Und bei der Gelegenheit, wo der Präsident in Betreff der Findelhäuser 136-+ äußerte: daß nicht allein uneheliche, sondern auch eheliche Kinder unvermögender Eltern dem Hause zur Last fallen würden, antwortete der König: "J'aime mieux les nourir aux dépens de l'état, que de les laisser périr chez les parens," und als von Rebeur um Erlaubniß bat, einen Vorschlag thun zu dürfen, sagte der König: "Dites hardiment tout ce que vous jugerez a propos."

<137>

15. Januar 1776

Der Präsident von Rebeur verfaßte sogleich nach seiner Rückkehr in Berlin, nach den ihm vom Könige dictirten 11 Sätzen, das befohlene Gesetz zur Beschleunigung der Prozesse, unter dem Titel: "Neue Verordnung, um die Prozesse zu verkürzen," und übersandte es den 14ten an den König, welcher es den 15ten vollzog, wodurch der Entwurf des Justiz-Ministers von Carmer, der bald darauf nach Breslau zurückging, auf mehrere Jahre beseitigt wurde.

18. Januar 1776

Der König giebt den von der Kurmärkischen Landschaft auf seinen Befehl nach Potsdam geschickten Deputirten Audienz. Es waren: der Domdechant von Arnim, der Landes-Deputirte von Werdeck, Landrath von Luck und Kriegsrath Dietrich. Er empfing sie mit den Worten: "Kommen Sie herein, kommen Sie näher. Ich will jetzt nicht als König, sondern als Ihr Rathgeber, als Freund mit Ihnen sprechen. Es ist nöthig, daß Sie Sich mehr vereinigen, um eine so nützliche Sache zu Stande zu bringen, wie in Schlesien, wo die Sache excellent geht 137-+. Meine Absicht ist keine andere, als das Wohl des Staats, und die Erhaltung der Stände und des Adels, dessen Credit so gefallen ist. etc." (Diese merkwürdige Unterredung, welche ein neuer Beweis ist, sowohl von des Königs umfassenden Einsichten, als von seinem wahrhaft landesväterlichen Streben, das Wohl seiner Unterthanen zu befördern, findet sich in der 8. Sammlung der Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben Friedrich's d. Gr. Berlin, 1788, bei Unger, S. 108-118). S. Nachträge.

18. Januar 1776

An demselben Tage, dem Geburtsfeste des Prinzen Heinrich, schenkt der König diesem eine Tabatiere von großem Werth.

24. Januar 1776

Das Geburtsfest des Königs wird bei der Königin in Berlin gefeiert.

Außer den vorstehend genannten Personen waren in diesem Monat auch beim König : der Prinz Leopold von Braun<138>schweig, beide Prinzen von Würtemberg, Friedrich und Ludwig, und die Generale von Hordt und von Prittwitz.

Februar.

A.

Februar 1776

Der König in Potsdam.

13. Februar 1776

Der König an Voltaire:

- etc. - "Ich habe wieder einen heftigen Anfall vom Podagra gehabt, der mich sehr nieder hält. Die gute Jahreszeit muß nur zu Hülfe kommen, ehe ich meine Kräfte wieder erlangen kann.

Der Minister von Finkenstein, der Oestreichische Gesandte von Switen, die Generale von Krockow und von Prittwitz in Potsdam beim König (an verschiedenen Tagen).

B.

9. Februar 1776

Verlängerung des Octroi der Seehandlungs-Societät auf 20 Jahre, bis 1796.

März.

A.

März 1776

Der König in Potsdam.

17. März 1776

Der König an d'Alembert :

"Seit meinem letzten Briefe habe ich noch zwei Anfälle vom Podagra gehabt, doch jetzt habe ich mich von dieser häßlichen Krankheit geschieden, und glaube mich nun gänzlich von ihr befreit. etc. Der letzte Winter war hart, etc., indeß schreibe ich meine Krankheit nicht dem Ungestüm der Witterung zu. etc. Ich war neugierig zu wissen, wie lange die eisernen Uhren, die auf den Glockenthürmen sind, dauern können? Sachverständige haben mich versichert: höchstens zwanzig Jahre. Ist es also nicht zum Erstaunen, daß unser Geschlecht, dessen Organe von durchbrochener Drahtarbeit sind, und dessen Fleisch Koth und Erde besteht, länger ausdauert, als diese Uh<139>ren, die aus der härtesten Materie, welche wir kennen, verfertigt werden? Der Unterschied zwischen den Uhren und uns besteht darin : daß wir leiden, jene aber, wenn sie unrichtig gehen, keine schmerzhafte Empfindung haben. etc."

?? März 1776

Die Prinzen Heinrich und Ferdinand und Friedrich von Braunschweig, die Generale von Buddenbrock, von Prittwitz und der Minister von Finkenstein in Potsdam beim König (an verschiedenen Tagen).

B.

18. März 1776

Neuer Grenz-Tractat mit Polen.

20. März 1776

Der Prinz Heinrich tritt seine Reise nach Petersburg an. In seinem Gefolge befinden sich der General von Hordt und die Kammerherren von Wreech und von Kniephausen.

30. März 1776

In der Nacht zum 31sten starb auf seinem Gute Weissensee bei Berlin der Geh.-Rath, Landrath etc. Karl Gottlob von Rüßler, 76 Jahr alt.

April.

A.

April 1776

Der König in Potsdam und Sanssouci.

20. April 1776

Der König an Voltaire :

- etc. - "Wenn unser Geschlecht nicht Alles überhaupt mißbrauchte, so würde es keine bessere Einrichtung geben, als eine Gesellschaft, die das Recht hat, den Souverainen über Unbilligreiten, die so eben begangen werden sollen, Vorstellungen zu thun. In Frankreich sieht man, wie wenig diese Gesellschaft an das Wohl des Staates denkt. Herr Türgot hat in den Papieren seiner Vorgänger sogar die Summen gefunden, die es Ludwig XV gekostet hat, seine Parlamentsräthe zu bestechen, damit er, ich weiß nicht welche Edicte, registrirt bekäme. etc."

<140>

23. April 1776

oder 24sten. Trifft der bekannte Graf Hoditz beim König in Potsdam ein. (S. oben Theil I. Seite 364).

26. April 1776

Der König geht von Potsdam nach Charlottenburg.

27. April 1776

Der König hält im Thiergarten bei Berlin über die daselbst aufgestellten Infanterie-Regimenter der Garnison Special-Revue, besucht alsdann in der Stadt die Prinzessin Amalie in ihrem Palais in der Wilhelmsstraße, und geht nach Charlottenburg zurück.

28. April 1776

Nach dem Berliner Thiergarten, wo er über die Kavallerie-Regimenter Special-Revue halt und dann nach Potsdam geht.

?? April 1776

Der Russische Geh., Rath von Vittinghof, der Minister von Finkenstein, der Dänische Gesandte von Larrey beim König in Potsdam.

B.

3. April 1776

Wird der Grundstein zum neuen Cadettenhause in der neuen Friedrichsstraße von dem General von Buddenbrock und dem Obersten von Enckevort gelegt.

13. April 1776

Ankunft des Prinzen Heinrich in Petersburg.

16. April 1776

Starb in Freienwalde der Ingenieur, Oberst Isaak Jakob Petri.

22. April 1776

Einweihung des neu erbauten Französischen Schauspielhauses in Berlin, mit dem Trauerspiele Polieucte von Corneille, und der Oprette La servante maitresse.

Mai.

A.

Mai 1776

Der König in Potsdam (Sanssouci).

16. Mai 1776

Der König hält Revue bei Potsdam.

16. Mai 1776

Schreibt an d'Alembert :

- etc. - "Mit meiner Gesundheit sieht es, wie es bei einem Greise stehen kann, der achtzehn Anfälle vom Podagra ausgehalten hat, und der seine Kräfte nicht sobald wieder erhält, als ein junger Mensch von 18 Jahren. Allein man wird mich allegorisch sterben lassen, so wie man mich Briefe im<141> Kärnerton schreiben läßt 141-+ und mir Ideen darin beilegt, die ich niemals gehabt habe. Ich bin Ihnen verbunden, daß Sie die Lüge des Zusammenschmierers jenes dummen Zeugs, welches er auf meine Rechnung hat setzen wollen, öffentlich gerügt haben. Ich meiner Seits könnte verlangen, daß die Regierung gegen den Urheber solcher Lüge eine Untersuchung anstellte, allein ich räche mich ungern, und es geziemt mir nicht, gegen diese Art von Kämpfern aufzutreten. Ich lese die Betrachtungen des Kaisers Mark Antonin, der mich lehrt, ich sei in der Welt, meinen Beleidigern zu verzeihen, nicht aber meine Macht zu ihrer Unterdrückung anzuwenden. etc."

19. Mai 1776

Der König nach Spandau und Charlottenburg.

20. Mai 1776 bis 23. Mai 1776

In Berlin, wo er Revue über die Truppen hält.

23. Mai 1776

Nach Potsdam.

24. Mai 1776

Nach Pitzpuhl bei Magdeburg zur Revue, wo er den 25sten früh um 7 Uhr ankommt.

26. Mai 1776 bis 28. Mai 1776

Kriegsübungen - den 27sten war der König in Cörbelitz.

29. Mai 1776

In Potsdam.

?? Mai 1776

Der Russische General von Rehbinder, der Spanische Gesandte von Lascy, der Erbprinz von Hessen-Darmstadt, der General von Krockow, und General von Tauenzien aus Breslau, ferner der Dänische Gesandte von Larrey, welcher vom König eine Tabatiere mit dessen Bildniß zum Geschenk erhält, an verschiedenen Tagen in Potsdam. Dem General von Ramin macht der König nach Beendigung der Revue ein Geschenk von 7000 Thlr.

B.

14. Mai 1776

Stirbt in Berlin der General-Lieutenant W. von Schorlemmer, 78 Jahr alt.

<142>

19. Mai 1776

Verordnung in Betreff der Jesuiten, welche nach einem vom König selbst vorgeschriebenen Plan sich allein mit dem Unterricht der katholischen Jugend beschäftigen dürfen, ihre Ordenstracht und ihren bisherigen Ordensnamen ablegen, und Priester des Königl. Schul-Instituts genannt werden sollen. etc.

Juni.

A.

2. Juni 1776

Der König aus Potsdam nach der Neumark, Pommern und Westpreußen, zur Abhaltung der Musterungen. Ankunft in Stargard, Mittags um 12 Uhr. Daselbst Musterung bis den 4ten.

5. Juni 1776

Früh um 3 Uhr Abreise des Königs von Stargard nach Westpreußen.

7. Juni 1776

In Mockerau bei Graudenz.

14. Juni 1776

In Potsdam (Sanssouci).

16. Juni 1776

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam.

20. Juni 1776

Der Kapellmeister Reichardt Nachmittags um 3 Uhr beim König, der sich mit ihm wegen der Opern Attilius Regulus und Angelika und Medoro, die bei der Ankunft des Großfürsten von Rußland aufgeführt werden sollen, bespricht, und ihm aufträgt, einen Prolog dazu - hier bei ihm in Potsdam - zu componiren. Denselben Abend erlaubte der König dem Kapellmeister bei dem Concerte gegenwärtig zu sein, in welchem er (der König) drei Solos, dabei eins von seiner eigenen Composition, blies.

?? Juni 1776

Die Generale von Ramin, von Buddenbrock, von Prittwitz und von Schwerin in Potsdam beim König au verschiedenen Tagen.

B.

7. Juni 1776

Einrichtung des Cadettenhauses in Culm für den Adel der neu erworbenen Westpreußischen Länder.

<143>

Juli.

A.

Juli 1776

Der König in Potsdam (Sanssouci).

9. Juli 1776

Der König an d'Alembert :

"Ich empfinde mit Ihnen das Unglück, welches Sie durch den Verlust einer Person erleiden, an welche Sie Sich gewöhnt hatten 143-+. Die Wunden des Herzens sind die empfindlichsten unter allen, und ungeachtet der trefflichen Grundsätze der Philosophen kann nur die Zeit sie heilen. Der Mensch ist ein Thier, das mehr Empfindung als Verstand hat. Zu meinem Unglück habe ich nur zu sehr erfahren, was man bei dergleichen Verlust leidet. Das beste Mittel ist, sich Gewalt anzuthun, um sich von einer schmerzhaften Idee loszureißen, die sonst zu tief in der Seele einwurzelt. Sie müssen eine mathematische Beschäftigung wählen, die viel Anstrengung erfodert, um, soviel Sie können, die traurigen Vorstellungen zu verbannen, die sich unaufhörlich erneuern, und die man nach Möglichkeit entfernen muß. Wüßte ich bessere Mittel, so würde ich sie Ihnen vorschlagen. Cicero, um sich über den Verlust seiner geliebten Tullia zu trösten, zerstreute sich durch Schreiben, und verfertigte verschiedene Aufsätze, von welchen einige bis auf uns gekommen sind. Unsere Vernunft ist zu schwach, um den Schmerz einer tödtlichen Wunde zu überwinden; etwas muß man der Natur nachgeben, und vorzüglich muß man sich sagen, daß bei Ihrem Alter, so wie bei dem meinigen, man sich eher trösten muß, weil wir nicht lange zögern werden, uns mit den Gegenständen unserer Klagen wieder zu vereinigen. Ich nehme mit Vergnügen die Hoffnung an, die Sie mir machen, einige Monate des nächsten Jah<144>res bei mir zuzubringen. Wenn ich es vermag, so werde ich aus Ihrer Seele die traurigen und schwermüthigen Vorstellungen verbannen, die ein unglücklicher Vorfall darin erzeugt hat. Wir wollen mit einander über das Nichts des Lebens, über die Thorheit der Menschen, über die Eitelkeit des Stoicismus und unsers ganzen Wesens philosophiren. Das sind unerschöpfliche Materien, die Stoff zu mehreren Folianten geben. Indessen bitte ich Sie, alle Mühe anzuwenden, die Sie nur können, damit nicht ein zu heftiger Schmerz Ihre Gesundheit zerrütte; ich nehme zu vielen Antheil daran, als daß ich dies mit Gleichgültigkeit ertragen könnte."

10. Juli 1776

Der König an Voltaire :

"Bei der Zurückkunft von einem Besuche bei meinen Halbwilden in Preußen finde ich hier zu meiner Stärkung den Brief, den Sie gütigst an mich geschrieben haben. Ich danke Ihnen für den Catéchisme des Souverains, eine Arbeit, die ich aus der Feder des Herrn Landgrafen von Hessen nicht erwartet hätte. Sie erzeigen mir zu viel Ehre damit, daß Sie mir seine Erziehung zuschreiben. Käme er aus meiner Schule, so wäre er nicht katholisch geworden, und hätte seine Unterthanen nicht an die Engländer verkauft. Diese Handlung sieht einem Fürsten, der sich zum Lehrer der Souveraine aufwirft, gar nicht ähnlich. etc. Wir haben hier erfahren, daß einige Französische Minister abgesetzt worden sind. Darüber wundere ich mich gar nicht. Ich stelle mir Ludwig XVI als ein junges Lamm vor, das alte Wölfe umgeben. Er ist sehr glücklich, wenn er ihnen entgeht. In Frankreich würde selbst ein Mann zu thun haben, der schon alle Uebung in der Regierungskunst hätte. Man würde ihm auflauern, ihn durch hinterlistige Winkelzüge verführen und zu falschen Schritten verleiten. Es ist also ganz natürlich, daß ein junger Monarch ohne Erfahrung sich von dem Strom der Kabalen und Intriguen hinreißen läßt. etc."

<145>

12. Juli 1776

Der Prinz Ferdinand mit Gemalin, die Prinzessin Amalie, Prinz Friedrich von Braunschweig, Herzog Friedrich Eugen von Würtemberg mit Gemalin in Potsdam beim König, bis den 18ten, an welchen, Tage sie sämmtlich nach Berlin gehen.

18. Juli 1776

Der Russische Gesandte Fürst Dolgorucky zum König nach Potsdam.

20. Juli 1776

Der König zu Pferde nach Berlin. Er besieht hier die Bauten in der Leipziger Straße und am Dönhofschen Platz, so wie die neu angelegte Spittelbrücke.

21. Juli 1776

Vormittags besieht der König die zu Ehren des erwarteten Großfürsten Paul Petrowitsch von Rußland, am Bernauer Thore, an der Königs- und an der langen Brücke errichteten Ehrenpforten, desgleichen die neu erbauten Häuser in der Königsstraße. Abends empfängt er mit der Königin und dem ganzen Hof auf dem Schlosse den um 7 Uhr in Begleitung des Prinzen Heinrich ankommenden Großfürsten von Rußland, welcher seinen Einzug in die Stadt unter Paradirung des Militairs, der Schützengilde, der Kaufmannschaft, der Gewerke etc. und einer großen Menge Volks gehalten hatte.

23. Juli 1776

Vormittags nimmt der König die Wachtparaden wie gewöhnlich in Augenschein.

23. Juli 1776

Auf dem Königl. Schlosse geschieht in Gegenwart des Königs, der Königin und des ganzen Hofes etc. die feierliche Verlobung des Großfürsten mit der Prinzessin Sophie Dorothee Louise, Tochter des Herzogs Friedrich Eugen von Würtemberg. Alsdann große Cour, beim König Tafel, wo vom goldenen Service gespeist wird, Abends Ball paré.

24. Juli 1776

Große Tafel bei der Königin. Abends Oper : Angelika u. Medoro.

25. Juli 1776

Der Prinz Ferdinand giebt dem Großfürsten im Thiergarten, an dem Ufer der Spree, im Freien, zwischen Bellevue und den Zelten, ein Dejeuné, wobei sich der ganze Hof und die fremden Herrschaften befanden. Der Platz erhielt den Namen: der Großfürstenplatz. Abends im Opernhause Redoute.

<146>

26. Juli 1776

Der König, die Prinzen des Königl. Hauses, der Großfürst und die fremden Herrschaften nach Charlottenburg, und nach der Mittagstafel nach Potsdam, wo der Großfürst, wie in Berlin, von Militair und Bürgerschaft feierlich eingeholt wurde. Der Zug ging durch die Stadt, unmittelbar nach dem neuen Palais in Sanssouci, wo Abends die Opera buffa: la Retornale di Londra gegeben ward. Die Königin und die Königl. Prinzessinnen waren in Berlin geblieben.

29. Juli 1776

Im Schlosse in der Stadt Franz. Comödie: le misanthrope.

30. Juli 1776

Der König und sämmtliche Herrschaften von Potsdam nach Charlottenburg und dann nach Berlin. Abends mit der Königin und dem ganzen Hof bei dem Prinzen Heinrich zur Tafel und zum Concert.

Die Festlichkeiten, welche bei der Ankunft und dem Aufenthalt des Großfürsten am Königl. Hofe Statt fanden, sind ausführlich beschrieben in dem Buche: Ausführliche Beschreibung der Reise des Großfürsten von Rußland Paul Petrowitsch von Petersburg nach Berlin etc. Berlin, 1776.

B.

4. Juli 1776

Die dreizehn vereinigten Staaten von Nordamerika erklären sich für frei und unabhängig.

August.

A.

August 1776

Der König in Berlin.

5. August 1776

Abreise des Großfürsten von Rußland. Der König geht nach Potsdam (Sanssouci).

14. August 1776

Der König von Potsdam nach Schlesien zur Revue, mit dem gewöhnlichen Gefolge, dem Prinzen von Preußen, Prinzen Friedrich von Braunschweig, den beiden Prinzen von Würtemberg, Friedrich und Ludwig, dem General von Prittwitz etc.

In Bolkenhain erkundigte sich der König nach seinem ehemaligen Wirth, dem Prediger Ulbert; da er eben gegen<147>wärtig war, trat er hervor, und hielt eine Rede an ihn, darin er auch seinen Dank gegen Gott für die Wiederherstellung des Königs von seiner Krankheit aussprach, wovon der König sehr gerührt wurde.

26. August 1776

Der König aus Neisse in Breslau.

29. August 1776

Von Breslau nach dem Hauptquartier Malkwitz.

B.

19. August 1776

Bestätigung des Credit-Reglements für Pommern.

September.

A.

1. September 1776

2. September 1776

Der König bei den Manövres bei Malkwitz.

Während der König in Schlesien war, beschenkte er den Commandanten von Silberberg mit einer goldenen Medaille, welche auf den Besuch des Großfürsten in Berlin war geprägt worden.

2. September 1776

Abreise nach Potsdam.

4. September 1776

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

6. September 1776

Die Minister von Derschau und von Gaudi beim König in Potsdam.

7. September 1776

Der König an Voltaire: "Man erzeigt mir in der Schweiz viel Ehre, daß man von mir spricht. etc. Wirklich war ich im vorigen Winter krank; aber seit meiner Genesung befinde ich mich fast eben so, wie vorher. Vielleicht giebt es Leute in der Welt, denen ich zu lange lebe, und die meine Gesundheit deshalb verläumden, weil sie glauben, wenn sie viel davon reden, so könne ich den gefährlichen Sprung wohl eben so geschwind machen, als sie es wünschen. Ludwig XIV und XV ermüdeten durch ihre lange Regierung die Geduld der Franzosen. Ich stehe nun sechs und dreißig Jahre am Ruder; vielleicht mißbrauche ich, wie sie, das Privilegium zum Leben, und bin nicht gefällig genug, dann aufzubrechen, wenn man meiner überdrüssig ist.

Die Methode, mich nicht zu schonen, habe ich noch wie<148> sonst, je mehr man sich in Acht nimmt, desto empfindlicher und schwächer wird der Körper. Mein Stand verlangt Arbeit und Thätigkeit; mein Leib und mein Geist beugen sich unter ihre Pflicht. Daß ich lebe, ist nicht nothwendig, wohl aber, daß ich thätig bin. Dabei habe ich mich immer wohl befunden. etc. Ich habe bei allen Festen zugegen sein können, die man dem Großfürsten gegeben hat. etc.

Während der Anwesenheit des Großfürsten, ist auch Herr Grimm hier gewesen. Er hat Sie krank gesehen, und darüber habe ich mich beunruhigt. Als ich aber die Zeit nachrechnete, brachte ich heraus, daß Sie schon ganz wieder hergestellt wären. etc.

Da wäre ich wieder aus Schlesien zurück, wo ich so gut ein Oekonom gewesen bin, als Sie in Ferney. Ich habe Sümpfe urbar gemacht, Dörfer und Manufakturen angelegt, desgleichen einige abgebrannte Städte wieder aufgebaut. In Breslau hat sich mir ein gewisser Herr de Ferriere, Kabinets-Ingenieur, vorstellen lassen. Er behauptet, Sie zu kennen. Ohne Zweifel weiß er, daß dieser Umstand bei mir so viel gilt, als eine Empfehlung. etc. Ehemals wallfahrteten Schwachköpfe nach Jerusalem und Loretto; gegenwärtig reist jeder, der sich Kopf zutraut, nach Ferney, um, wenn er wieder nach Hause gekommen ist, sagen zu können: Ich habe Ihn gesehen. etc."

7. September 1776

Der König an d'Alembert: "Ihr Brief, mein lieber d'Alembert, ist mir bei meiner Zurückkunft aus Schlesien zugestellt worden. Ich sehe, daß Ihr zärtliches Herz noch stets gefühlvoll ist, und mache Ihnen darüber keinen Vorwurf; die Kräfte unserer Seele haben ihre Grenzen; man muß nichts über das Mögliche hinaus fodern. Wollte man, ein sehr starker Mensch sollte das Louvre durch starkes Anstämmen seiner Schultern umstürzen, so würde er damit nicht zum Zweck kommen; hieße man ihn aber eine Last von hundert Pfunden aufheben, so könnte<149> er das ins Werk setzen. Eben so ist es mit der Vernunft; Hindernisse, die ihren Kräften angemessen sind, kann sie besiegen, aber es giebt andere, wobei sie nachgeben muß. Die Natur hat gewollt, daß wir Gefühl haben sollten, und nie wird uns die Philosophie zur Apathie bringen. Und gesetzt, dies sei möglich; so wäre es der Gesellschaft schädlich, denn man würde nicht mehr beim Unglück Anderer Mitleid fühlen, und das Menschengeschlecht hart und unbarmherzig werden. Unsere Vernunft soll uns dienen, alles das, was überspannt in uns ist, zu mäßigen, nicht aber den Menschen im Menschen zu vernichten. Beklagen Sie also Ihren Verlust, mein Lieber! Ich setze noch hinzu, daß der Verlust der Freundschaft sich nicht ersetzen läßt; und daß Jeder, der fähig ist, den Werth der Dinge zu schätzen, Sie für würdig halten muß, Freunde zu besitzen, weil Sie zu lieben wissen. Jedoch, da es über die Kräfte der Menschen, und sogar der Götter, hinausgeht, das Vergangene zu ändern; so müssen Sie auf der andern Seite daran denken, Sich Ihren übrigen Freunden zu erhalten, um diesen nicht den tödtenden Schmerz zu verursachen, den Sie jetzt empfinden. Ich habe Freunde und Freundinnen gehabt, ich habe fünf oder sechs derselben verloren, und fast hätte mich der Schmerz darüber getödtet. Durch eine Wirkung des Zufalls erlitt ich diesen Verlust während der verschiedenen Kriege, die ich geführt habe, und wo ich in der Nothwendigkeit war, beständig verschiedene Anordnungen zu treffen. Diese Zerstreuungen unumgänglicher Pflichten haben mich vielleicht abgehalten, unter meinem Schmerz zu erliegen. Recht sehr wünschte ich, daß man Ihnen ein sehr schweres Problem aufzulösen vorlegte, damit diese Anstrengung Sie nöthigte, an etwas anderes zu denken. In der That giebt es nur dies Mittel und die Zeit. Wir gleichen den Flüssen, die ihren Namen behalten, aber deren Wasser sich stets verändert. Wenn ein Theil der kleinen Bestandtheile, woraus wir zu<150>sammen gesetzt wurden, durch andere ersetzt worden ist; so verliert sich die Erinnerung der Gegenstände, welche uns Vergnügen oder Schmerz gemacht haben, weil wir in der That nicht mehr dieselben sind, und weil die Zeit uns unaufhörlich erneuert. Dieses ist eine Trostquelle für die Unglücklichen, von welcher jeder denkende Mensch Gebrauch machen muß.

Ich hatte mich meinetwegen über die Hoffnung, die Sie mir zu einem Besuch gaben, gefreut, jetzt freue ich mich auch Ihretwegen darüber. Sie werden andere Gegenstände, andere Personen sehen. Ich verspreche Ihnen zum voraus, daß ich, was von mir abhängen wird, thun werde, um Alles aus Ihrem Gedächtnisse zu entfernen, was Sie an traurige und unangenehme Gegenstände erinnern könnte; und ich werde eben so viel Freude darüber empfinden, Sie beruhigt zu haben, als wenn ich eine Schlacht gewonnen hätte. Nicht etwa, als hielte ich mich für einen großen Philosophen, sondern weil ich die unglückliche Erfahrung von Ihrer Lage gemacht habe, und weil ich mich daher geschickter glaube, Sie zu beruhigen, als ein Anderer. Kommen Sie also, mein lieber d'Alembert. Sein Sie versichert, daß Sie werden gut aufgenommen werden, und daß Sie zwar nicht vollkommene Heilmittel für Ihre Leiden, aber doch lindernde und beruhigende Mittel finden werden. etc."

11. September 1776

Der König unterzeichnet die Schenkungs- und Bestätigungs-Urkunde aller bisher den Vasallen und Unterthanen geschenkten Grundstücke und Gelder.

11. September 1776

Adends langt der König auf dem Gesundbrunnen bei Berlin an, und übernachtet daselbst.

12. September 1776

Früh wohnt der König auf dem Wedding dem Artillerie-Manövre bei, und läßt unter die sämmtlichen Corps ein ansehnliches Geschenk an Geld vertheilen. Alsdann besieht er die vor dem Oranienburger Thore aufmarschirten Wachtparaden, begiebt sich hierauf nach der Stadt, wo er den Bau<151> der Spittelbrücke in Augenschein nimmt, und nach Potsdam zurückkehrt.

13. September 1776

Der Minister von Finkenstein, der Englische Gesandte Harris und der Dänische Gesandte Baron von Rosenkron beim König in Potsdam.

16. September 1776

Desgleichen der Dänische Gesandte am Russischen Hofe, General-Major von Ahlefeld.

20. September 1776

Anfang der gewöhnlichen Herbstmanövres bei Potsdam. Den 23sten Beschluß derselben.

25. September 1776

Die Würtembergischen Herrschaften, welche den Großfürsten von Rußland bis Memel begleitet hatten, und vor Kurzem nach Berlin zurückgekommen waren, begeben sich nach Potsdam zum König, wo sich auch der Erbprinz von Braunschweig befand.

Ende dieses Monats traf auch die regierende Herzogin von Braunschweig in Potsdam ein.

Oktober.

A.

Oktober 1776

Der König in Potsdam (Sanssouci).

22. Oktober 1776

Schreibt an Voltaire: "Nun sind es bald zwei Monate, seitdem kein Tropfen Honigthau aus Ferney auf das Gestade des Baltischen Meeres gefallen ist. Die seinsollenden Musen und die Einwohner unsers sandigen Parnasses vertrocknen ersichtlich, und man könnte sie schon durch und durch sehen, wenn ihnen nicht gewisse Commentare 151-+, ich weiß selbst nicht über was für ein Buch, in die Hände gefallen wären. etc. Hier haben Sie Verse, die ein Träumer 151-++ noch vor der Ankunft des herrlichen Commentars fabricirt hatte. etc."

<152>

22. Oktober 1776

Der König an d'Alembert: "Da haben Sie einen ganzen Haufen Verse, deren Sie, wie ich glaube, wohl entbehrt hätten. Indeß dachte ich, daß einige ziemlich ernsthafte Betrachtungen der sanften Melancholie, worin ich Sie versenkt glaube, angemessen wären. Diese Verse verlangen nichts, als zerrissen zu werden; es sei nun vor oder nach dem Lesen, das ist alles, was sie verdienen. Ich meiner Seits sehe mit Ungeduld den schönen Herbst, den wir jetzt haben; ich frage: wann wird der Winter kommen? um nachher wieder zu fragen, wann kommt der Frühling, und endlich jener Sommer, der mir das Vergnügen schaffen wird, Sie wiederzusehen?" Der übrige Theil des Briefes enthält mehrere scherzhafte Aeußerungen über den Ritter d' Eon in Frankreich, der zu einem Fräulein d' Eon geworden sein soll. etc.

26. Oktober 1776

Der König an d 'Alembert 152-+: "Man hat ein Sprichwort, mein lieber d'Alembert, welches oft nur zu wahr ist : "Ein Unglück kommt nicht allein." Ich würde sehr in Verlegenheit sein, einen Grund, der sich hören ließe, davon anzugeben; aber darum zeigt die Erfahrung nicht minder, daß es oft zutrifft. Da ist nun die Madame Geoffrin 152-++ mit einer Lähmung befallen; allem An<153>schein nach wird sie bis zum Winter hinschmachten, und dann durch einen zerstörenden Schlagfluß dem Leben entrissen werden.

Es thut mir leid, Ihret- und der Wissenschaften wegen, die sie ehrte. Aber wahrscheinlich wissen Sie, daß sie nicht unsterblich war. Die Todten sind, wenn man es genau überlegt, nicht zu beklagen, sondern ihre Freunde, die sie überleben. Der Zustand der Menschen ist so vielen schrecklichen Unfällen unterworfen, daß man sich vielmehr über den entscheidenden Augenblick, der ihre Mühseligkeiten endigt, erfreuen sollte, als über den Tag ihrer Geburt. Allein die Betrachtungen, die man über sich selbst anstellt, sind betrübend; man fühlt sein Herz zerrissen, wenn man sich auf immer von denen getrennt sieht, die durch ihre Tugenden unsere Achtung, durch ihre Redlichkeit unser Vertrauen, und unsere Zuneigung durch eine unerklärliche Sympathie verdienten, die sich bisweilen bei Neigungen und bei der Denkungsart findet. Ich bin ganz Ihrer Meinung, daß man in unserem Alter dergleichen Verbindungen nicht mehr anknüpft, in der Jugend müssen sie geschlossen werden, durch Umgang gestärkt und durch erprobte Rechtschaffenheit befestigt sein. Wir haben nicht mehr die Zeit, dergleichen Bande zu knüpfen; die Jugend ist nicht dazu gemacht, sich in unsere Denkungsart zu schicken. Jedes Zeitalter hat seine eigene Art und Bildung; man muß sich an seine Zeitgenossen halten, und wenn diese Abschied nehmen, muß man hurtig Anstalt machen, ihnen zu folgen. Ich gestehe, gefühlvolle Seelen können Gefahr laufen, bei wiederholtem Verluste von Freunden völlig zu erliegen, allein welch eine Menge unaussprechlicher Vergnügungen genießen sie auch nicht, die auf immer jenen ehernen Herzen, jenen unempfindlichen Seelen unbekannt sein<154> werden (wiewohl ich zweifle, daß es dergleichen giebt)! Alle diese Betrachtungen, mein lieber d'Alembert, trösten freilich nicht. Könnte ich Todte erwecken, so würde ich es thun. Sie wissen, daß diese schöne Kunst verloren gegangen ist. Wir müssen uns mit dem begnügen, was von uns abhängt. Wenn ich traurig bin, so lese ich das dritte Buch des Lucrez, und das tröstet mich. Es ist ein Mittel auf eine Zeit lang; allein für die Krankheiten der Seele haben wir keine andere. Ich hatte Ihnen vorgestern geschrieben, und, ich weiß nicht wie, mir einen Scherz 154-+ erlaubt. Heute, als ich Ihren Brief las 154-++, machte ich mir deshalb Vorwürfe. -

Meine Gesundheit ist noch nicht völlig wieder hergestellt. Ich habe ein Geschwür am Ohr gehabt, welches mir viele Schmerzen verursachte. Die Natur schickt uns Krankheiten und Kummer, um uns dieses Leben, welches wir verlassen sollen, zu verleiden; ich verstehe sie auf das halbe Wort, und ergebe mich in ihre Rathschlüsse. etc."

Der Minister von Finkenstein, der Prinz Friedrich Leopold von Braunschweig und der Russische Gesandte Fürst Dolgorucky an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam.

B.

4. Oktober 1776

Conföderation und ewige Union der 13 vereinigten Staaten von Nordamerika, geschlossen zu Philadelphia.

17. Oktober 1776

Stirbt in Berlin der General-Major Ernst Julius von Koschenbar, 62 Jahr alt.

<155>

November.

A.

November 1776

Der König in Sanssouci und in Potsdam.

17. November 1776

Der König an den Präsidenten der Russisch Kaiserlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Petersburg, welcher ihn im Namen der Gesellschaft um die Erlaubniß gebeten hatte, ihn zu ihrem Mitgliede aufnehmen zu dürfen (mitgetheilt in meinen Beiträgen I. 414).

29. November 1776

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich wünschte, daß meine Briefe Ihnen einige Erleichterung zu schaffen fähig gewesen wären; in dieser Absicht wurden sie geschrieben. Sehr wohl thun Sie daran, Sich zu zerstreuen; bleiben Sie nur dabei, die Zeit wird das Uebrige thun. Die Hauptsache ist: zu hindern, daß der Geist sich beständig auf einen einzigen Gegenstand hefte. Dieser Gegenstand ist, wie Sie sehr richtig sagen, viel umfassender, als man denkt; Alles, was ihn umgiebt, ist dunkel, ist sehr geschickt, die Blendwerke der Welt zu vernichten, uns von dieser Herberge, wo wir nur einkehren, los zu machen, uns an unsere kurze Dauer zu erinnern, den Stolz der Eigenliebe zu demüthigen, und zugleich uns von unserem Nichts zu überzeugen. Ich gestehe, daß diese Ideen sich nicht sonderlich zu Carnevals-Lustbarkeiten schicken, indeß ist es gut, sie einmal angestellt zu haben, um die Dinge nach ihrem wahren Werthe schätzen zu können. Dadurch wird das Vergnügen weniger lebhaft, aber vernünftiger; man sieht, daß keine Zeit zu verlieren ist, und daß es sehr thöricht sein würde, wenn man sich nicht eines wirklichen Gutes zu Nutze machen wollte, um chimärischen Thorheiten nachzulaufen. Auf diese Art muß man schwarzen Betrachtungen das Bittere benehmen, und sie mit rosenfarbenen Schattirungen vermischen, um des Lebens Bürde zu ertragen, und sie nicht ganz unausstehlich zu finden. etc. Alles, was man seinen Freunden schuldig ist,<156> besteht in zärtlichem Andenken an ihre Tugenden, und wenn man kann, in Hülfsleistungen gegen ihre Nachkommen und in Unterstützung derer, welche ihnen werth waren. Aller Anschein giebt zu erkennen, daß Madame Geoffrin ihrer Krankheit nicht entgehen wird. Allein welche Wuth des Fanatismus, die gegen eine sterbende Frau ausbricht, und sie hindert, ihre Freunde zu sehen, und so zu sterben, wie sie wünscht! Ich kann mich von meinem Erstaunen nicht wieder erholen. Ja, Frankreich besitzt Philosophen, aber ich behaupte, daß der größte Theil der Nation abergläubischer ist, als irgend ein Volk in Europa. etc. Kurz, hundert Beispiele zeigen, daß der unglückliche Sauerteig des Fatanismus noch in Frankreich gahrt, und daß er sich unter allen Europäischen Ländern dort am längsten erhalten wird. Dank sei dem Fatum, daß Deutschland von Tage zu Tage duldsamer wird. etc.

Ich habe die Rose am Beine gehabt, wo ein großes Geschwür unter dem Knie entstand, ich mußte es öffnen lassen, in einigen Tagen wird sich die Wunde schließen.

Sie rathen richtig, daß es meine Absicht ist, die wenige Zeit über, die ich noch werde zu leben haben, meinem Vaterlande, so wie meinen Zeitgenossen, nützlich zu sein. Die Pflicht des Menschen ist : seinen Mitmenschen in Allem, was von ihm abhängt, nütztlich zu sein. Das ist der Inbegriff der Moral, und ein wohl gesinntes Herz wird mit sich selbst unzufrieden sein, wenn es diese Pflicht nicht erfüllt. etc."

Dezember.

A.

Dezember 1776

Der König in Potsdam. Er ging diesen Monat nicht nach Berlin.

?? Dezember 1776

Der in den ersten Tagen in Berlin angekommene Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky zum König nach Potsdam.

<157>

25. Oktober 1776

Der Prinz und die Prinzessin von Preußen beim König zur Tafel.

Der König verleiht der Aebtissin und den Chanoinessen des Stifts Heiligen-Grade, aus besonderer Gnade, die Berechtigung, außer dem bereits habenden Ordenszeichen noch einen auf der linken Seite des Kleides eingestickten Stern zu tragen. Der König schenkt dem General von Ramin ein schönes Pferd mit kostbarem Sattel und Zeug, dem Würtembergschen Minister, Baron von Kniestädt, bei dessen Abschied, eine Tabatiere mit Brillanten besetzt, und dem Geh.-Nath von Brenkenhof zwei Colonien: Brenkenhofsthal und Papsteinsthal, bei Lauenburg in Pommern.

B.

20. Dezember 1776

Anfang des Carnevals. Sonntag Abend: Cour bei der Königin; Montag : Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Französisches Schauspiel; Donnerstag : Cour bei der Königin; Freitag : Oper; Sonnabend : Ruhe. Nachdem der König im folgenden Januar sich nach Berlin begab, litt diese Ordnung einige Abänderung.

Die beiden Opern waren : 1) Angelika und Medoro, 2) Cleofide. Französisches Schauspiel : Alzire.

Januar 1777.

A.

Januar 1777

Der König in Potsdam, sendet an den Polizei-Präsidenten Philippi in Berlin, wie alljährlich, eine große Summe Geldes für die Armen, und befiehlt durch eine Kabinetsordre demselben die zweckmäßige Vertheilung derselben an wahre Dürftige und Kranke.

7. Januar 1777

Der König langt in Berlin an und besucht die Prinzessin Amalie in ihrem Palais in der Wilhelmsstraße. Mittags<158> beim König große Cour und Tafel. Der Prinz und die Prinzessin von Preußen aber speisten bei der Königin. Dem König war auch der Fürst-Bischof von Krasicky von Potsdam nach Berlin gefolgt.

18. Januar 1777

Feier des Geburtsfestes des Prinzen Heinrich. Beim König große Cour, alsdann Tafel bei der Königin, wo der König und der ganze Hof vom goldenen Service speisen.

19. Januar 1777

Der König nach Potsdam. Während seines Aufenthalts in Berlin hatte er, wie gewöhnlich, die Wachtparaden an den sogenannten Geldtagen und auch oft außerdem besucht.

25. Januar 1777

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei der Königin gefeiert.

25. Januar 1777

Der König an d'Alembert:

- etc. - "Alles, was Voltaire begegnet 158-+, bringt mich auf eine Bemerkung, die leider ziemlich wahr ist; nämlich : daß man oft einen sehr unbedachtsamen Wunsch thut, wenn man seinen Freunden ein langes Leben wünscht. Wäre Pompejus in Tarent gestorben, wo er von einem hitzigen Fieber überfallen ward, so wäre er mit seinem ganzen Ruhm begraben worden, und hätte nicht den Untergang seiner Republik gesehen. Wäre der berühmte Swift zur rechten Zeit gestorben; so hätten ihn seine Bedienten nicht für Geld gezeigt, als er blödsinnig ward. Wäre Voltaire im vergangenen Jahre gestorben; so hatte er nicht alle die Kränkungen erfahren, über die er sich so bitter beklagt. Wir wollen also das Ungewisse Schicksal schalten lassen, und, ohne uns um die Dauer unsers Lebens zu bekümmern, uns mit dem Wunsche begnügen, daß es glücklich sein möge. etc."

In diesem Monat war auch der Abt Bastiani beim König in Potsdam, ging mit ihm nach Berlin und wieder nach Potsdam zurück.

<159>

Februar.

A.

Februar 1777

Der König in Potsdam.

10. Februar 1777

Der König an Voltaire:

- etc. - "Ich bin unwillig und aufgebracht über die Elenden, die das Ende Ihres Lebens verbittern etc. - welcher Franzose wird in der Folge seine Talente dem Ruhm eines Volks widmen wollen, das seine großen Männer verkennt und sie bestraft, anstatt sie zu belohnen. Ich nehme Verfolgung des Verdienstes zu Herzen, und eile ihm zu Hülfe, selbst wenn es sich am andern Ende der Erde befände. etc.

So wie es nun einmal in der Welt geht, werden die Abergläubischen immer über die Philosophen siegen; denn der Kopf des großen Haufens ist nicht kultivirt und denkt nicht richtig oder mathematisch. Das Volk weiß, daß Jemand, den man beleidigt hat, sich durch Geschenke wieder versöhnen läßt, nun glaubt es, mit der Gottheit sei es eben so. etc."

20. Februar 1777

Der König befiehlt mittelst Kabinetsordre, daß alle Bauern, und Kossäthengüter auf den Königlichen Acmtern erbliche und eigenthümliche Besitzungen sein solle".

März.

A.

März 1777

Der König in Potsdam.

7. März 1777

Der König an d'Alembert: "Die Arzeneien der Seele, mein lieber Anaxagoras, wirken langsam, im Verhältnis) zu der Heftigkeit der Krankheit, deren Anfall Sie empfunden haben. Ihre Genesung kann noch nicht schneller fortgerückt sein, als sie es ist. Sie müssen fortfahren, Sich des Heilmittels der Geometrie zu bedienen; und damit wollen wir die Bewegung der Reise und die Zerstreuung verbinden, welche die neuen und abwechselnden Gegenstände Ihnen verschaffen werden, und so wird<160> nach und nach die Ruhe in Ihrer Seele wieder hergestellt werden, nicht zwar in dem Grade, daß das theure Andenken desjenigen, was Ihnen so lieb war, ausgelöscht würde, aber wohl bis dahin, Ihnen das Leben erträglich zu machen. Wenn man noch in der Blüthe der Jahre ist, so ersetzt man den Verlust seiner Freunde durch neue Bekanntschaften; wer aber, gleich uns, sich von der Last der Jahre gebeugt fühlt, der schließt nicht mehr leicht ueue Freundschaften, weil das Band derselben nur in sofern innig fest geknüpft wird, als man von gleichem Alter ist, und als Gesinnungen, Neigungen und Geschmack zusammtreffen. Die neue Generation hat ganz andere Schattirungen, als die unsrige; und überdies stimmen die Neigungen einer muntern Jugend nicht zu dem Phlegma, welches den Alten mehr oder weniger anhängt. Wir müssen uns also darauf einschränken, Bekanntschaften zu machen, und auf das Band neuer Freundschaften Verzicht thun. etc. - Man muß sich nichts zu sehr zu Herzen nehmen, was man nicht ändern kann; unsere Anfälle reden unserer Unbeständigkeit das Wort; man muß den Gedanken au dieselben schwächen, und sie, wo möglich, ganz vergessen. etc."

26. März 1777

Der König schreibt an Voltaire. Der größte Theil des Briefes enthält Bemerkungen über Frankreichs schlechte Finanzverwaltung. "Anstatt, daß man sagen sollte : Ich habe so und so viel Einkünfte und kann so und so viel davon ausgeben, sagt man : ich brauche so und so viel, macht Quellen ausfindig!" - große Schuldenlast, bevorstehender Staatsbankerott, der nur in sofern zu billigen, als er das einzige Rettungsmittel sei, und als man von zwei Nebeln das kleinste wählen müsse. etc.

Der Prinz Friedrich von Braunschweig, der General von Buddenbrock und der Landschafts-Director von Arnim an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam.

<161>

April.

A.

April 1777

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

7. April 1777

In Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, und den von einer Krankheit (die ihn, als er zu einem Besuch in Braunschweig war, befallen hatte) genesenen Prinzen Heinrich, dann giebt er dem Englischen Gesandten Elliot Antrittsund dem Sächsischen Gesandten von Stutterheim Abschiede-Audienz.

8. April 1777

Nach Potsdam.

B.

3. April 1777

Stirbt in Friedeberg i. d. Neumark der Gen.-Major Achatz Heinrich von Alvensleben, 62 Jahr alt.

26. April 1777

Stirbt in Tangermünde der General-Major L. S. von Manstein, 60 Jahr alt.

Mai.

A.

Mai 1777

Der König in Potsdam (Sanssouci).

9. Mai 1777

Ueber Charlottenburg nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie und den Prinzen Heinrich, besieht den Bau der Bibliothek und geht nach Charlottenburg.

10. Mai 1777

11. Mai 1777

Von Charlottenburg nach dem Berliner Thiergarten, wo er über die daselbst aufmarschirten Regimenter Specialrevue hält und am letztern Tage nach Potsdam geht.

19. Mai 1777

In Spandau und Charlottenburg.

20. Mai 1777 bis 23. Mai 1777

In Berlin große Revue. Nach deren Beendigung schenkt der König dem General von Ramin 7000 Thlr., jedem Commandeur der Berliner Regimenter 1000 Thlr., und den Commandeurs der zweiten Bataillone jedem 500 Thlr.

23. Mai 1777

Nach Potsdam.

26. Mai 1777

Nach Cörbelitz bei Magdeburg zur Revue.

28. Mai 1777

Durch Magdeburg nach Potsdam.

<162>

29. Mai 1777

In Potsdam.

?? Mai 1777

Der Erbprinz von Braunschweig und der Prinz von Holstein-Beck in Potsdam beim König.

Juni.

A.

1. Juni 1777

Der König in Potsdam (Sanssouci), an d'Alembert :

"Es thut mir leid zu erfahren, in welcher Zerrüttung Ihre Gesundheit ist; für mich kommt dies sehr zur unrechten Zeit, da ich mich schon auf das Vergnügen gefreut hatte, Sie wiederzusehen. etc. Vor einigen Tagen las ich ein Werk von einem gewissen de l'Isle: "die Philosophie der Natur." Ich fand gute Sachen darin, neben einigen leeren Ideen; aber nicht so viel Methode, als man wohl in einem philosophischen Werke wünschen sollte. Ihre Priester, sagt man, sind wider den Verfasser ganz wüthend, und er sei aus Frankreich verwiesen worden; eine Strenge, die wahrlich sein Buch nicht verdiente. etc."

2. Juni 1777

Der König nach der Neumark, Pommern und Westpreußen zu den gewöhnlichen alljährlichen Musterungen.

In seiner Begleitung befand sich auch der in Französischen Diensten stehende General, Marquis von Jaucourt.

3. Juni 1777

In Stargard, von da nach einigen Tagen weiter nach Westpreußen, Mockerau etc.

15. Juni 1777

In Potsdam. Der König bestätigt das Kur- und Neumärkische Ritterschaftliche Credit-Reglement.

16. Juni 1777

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam.

23. Juni 1777

Der König an d'Alembert:

- etc. - "Herr von Jaucourt, ein Verwandter des Encyclopädisten, ist nach Magdeburg gekommen, um die Kriegsübungen zu sehen; seit langer Zeit habe ich keinen liebenswürdigern Franzosen gesehen, er besitzt Kenntnisse etc. Eine seiner Verwandtinnen hat meine Schwester in Schweden und<163> noch eine meiner Schwestern, die todt ist, erzogen. Er hat mich bis nach Pommern begleitet. etc."

In diesem Briefe spricht der König auch vom Kaiser Jo seph, der um diese Zeit eine Reise nach Frankreich machte, und zwar unter dem Namen eines Grafen von Falkenstein. Unter andern sagt er: "Daß er (der Kaiser) in Paris so vielen Beifall gefunden, wundert mich gar nicht. Er besitzt Verstand, ist leutselig und wünscht sich zu belehren; und befand sich in einem Lande, wo unendlich viele Dinge zu bewundern sind. Sein Beifall war die Wirkung seiner Veurtheilungskraft, nicht aber einer Unwissenheit, die beim Anblick neuer Gegenstände in Erstaunen geräth. etc. Wenn sich seine Frau Mutter in das Land begiebt, aus welchem man nie zurückkehrt, so wird er nicht säumen, Aufsehen zu machen.

Noch eins. Grimm geht bald hier durch, um sich nach Frankreich zu begeben, von wo er wieder nach Rußland zu rückkehren wird. Wenn er die Welt nicht kennen lernt; so lernt es Niemand. Nur Schweden und Grönland muß er noch sehen, dann ist er überall gewesen. Ich belehre mich lieber in meinem Kabinet, statt so viel in der Welt herumzustreifen. Die Menschen gleichen sich überall in den verschiedenen Ländern; sie haben immer die nämlichen Leidenschaften, freilich einige mehr, die andern weniger. Aber das läuft ungefähr auf Eins hinaus, und die Verschiedenheit der Sitten und Gebräuche kann man eben so gut durch Lesen als durch Sehen kennen lernen, bloß die Anaxagorasse sind der Mühe werth, sie aufzusuchen. etc."

?? Juni 1777

Die Generale von Buddenbrock, von Krockow, von Prittwitz und der Minister von Finkenstein an verschiedenen Tagen beim König, desgleichen der zum Staats-Minister und Ober-Kammerherrn ernannte Graf von Osten, genannt Sacken.

<164>

Juli.

A.

Juli 1777

Der König in Potsdam (Sanssouci).

9. Juli 1777

Der König an Voltaire :

- etc. - "Für das schöne politische Project, das Sie mir mitgetheilt haben, danke ich Ihnen; es ließe sich ausführen, wenn ich zwanzig Jahre alt wäre. Der Papst und die Mönche werden ohne Zweifel ein Ende nehmen, aber die Vernunft wird ihren Fall nicht bewirken. Vielmehr werden sie in dem Verhältnisse zu Grunde gehen, wie die Finanzen der großen Fürsten in Unordnung kommen. In Frankreich wird man, wenn alle Mittel, Geld zu bekommen, erschöpft sind, genöthigt sein, Abteien und Klöster zu secularisiren, dies Beispiel wird Nachahmer finden, und die Menge von Cuculatis wird auf eine sehr kleine Anzahl eingeschränkt werden. In Oestreich wird man durch eben dieses Geldbedürfniß auf den Gedanken gerathen, seine Zuflucht zu der leichten Eroberung der Staaten des heiligen Stuhls zu nehmen. Man wird dem heiligen Vater eine große Pension aussetzen. Aber wie wird es dann weiter gehen? Frankreich, Spanien, Portugal, mit einem Wort alle katholischen Mächte, werden keinen Statthalter Jesu Christi anerkennen wollen, der unter dem Kaiserlichen Hofe steht; jede wird einen Patriarchen in ihrem eigenen Lande ernennen, man wird National-Concilien zusammenberufen, und nach und nach wird sich jeder von der Einen Kirche trennen. etc. Da ich keinen Termin für die Erfüllung dieser Prophezeiung bestimme; so kann mir Niemand Verweise darüber geben, indeß ist es sehr wahrscheinlich, daß es mit der Zeit so gehen wird, wie ich es schildere. etc."

Dann spricht der König noch (in einem Gedicht) über die Abnahme seiner geistigen und physischen Kräfte etc., und sagt dann: "Alle diese Abwechselungen treffen den gewöhnlichen<165> Haufen der Menschengattung, doch nicht den göttlichen Voltaire. Er ist wie Sara, die noch in einem Alter von 160 Jahren den Arabischen Königen den Kopf verdrehte. Sein Geist verjüngt sich, anstatt zu veraltern. etc." Auch hatte der König noch ein Gedicht: "der Traum," beigelegt, welches noch nicht aufgefunden worden. In Villaume's Besitz befand sich eine Schrift unter dem Titel : Rêve.

29. Juli 1777

Der König ertheilt dem Prinzen Friedrich (nachher König Friedrich Wilhelm III) das Patent als Fähnrich.

?? Juli 1777

Der König ernennt den bisherigen Feldwebel beim ersten Bataillon Garde, Premier-Lieutenant von der Armee, Herrn Adriani 165-+ zum Oberkastellan zu Berlin.

?? Juli 1777

Der Minister von Finkenstein, die Generale von Prittwitz und von Krockow, desgleichen der Sächsische Gesandte von Sinzendorf etc. bei dem König in Potsdam.

August.

A.

August 1777

Der König in Potsdam (Sanssouci).

13. August 1777

An Voltaire :

"Ich erhalte Ihre beiden allerliebsten Briefe den Tag vor meiner Abreise nach Schlesien und eile Ihnen darauf zu antworten. Da die Orakel Anfangs in Versen ertheilt worden sind, so glaubte ich, Apoll inspirire alle Dichter, aber das ist nur bei Leuten wie Voltaire und Virgil der Fall, und die Obotritischen Poeten prophezeihen, wie es mir öfters<166> gegangen ist, nicht richtig 166-+. Nun desto schlimmer für den Kaiser, wenn er Sie nicht besucht hat. Seehäfen, Schiffe, Arsenale etc. findet man allenthalben, aber unser Jahrhundert hat nur einen Voltaire hervorgebracht. Wer ihn nun hören konnte und es nicht that, der wird es ewig zu bedauern haben. Doch - ich weiß von guter Hand aus Wien, daß die Kaiserin ihrem Sohne verboten hat, den alten Patriarchen der Toleranz zu besuchen. Die Schweizer handeln weislich, daß sie ihre Gesetze verbessern, wenn sie zu streng sind. Bei uns ist es schon geschehen. Auch ich habe zu meiner eigenen Belehrung über diesen Gegenstand nachgedacht, und sogar eine Kleinigkeit über die Regierung hingeworfen 166-++, die ich Ihnen bei meiner Zurückkunft unter dem Siegel der Verschwiegenheit schicken werde. Wenn es darauf ankommt, etwas zum öffentlichen Besten und zu den Fortschritten der Vernunft beizutragen, werde ich immer mit Vergnügen bereit sein. Die Bank wird Ihnen über Neuchatel das Geld schikken, das zu dem von den Herren Schweizern ausgesetzten Preise nöthig ist. Jedermann muß sich für das Wohl der Menschheit interessiren. etc.

Ich reise nach Schlesien und werde mich da mit der Justiz beschäftigen, über die man ohne Unterlaß wachen muß. Auch habe ich dort Finanzeinrichtungen zu treffen, Urbarmachungen zu untersuchen, Handelsangelegenheiten zu entscheiden, Truppen zu besehen, und Unglückliche zu trösten. etc."

13. August 1777

Der König an d'Alembert :

"Ich fange meinen Brief mit Versen von Chaulieu an, die für Greise von unserm Alter lehrreich sind:

"So streu' ich, frei von Gram und Düsterheit -
Dem Todesgift, das langsam mir den Rest
<167>Des Lebens tobtet - manche Blume denn
Noch auf den kurzen Pfad, der übrig ist."

Wenn man so denkt, so zertheilen sich die Gewölke des Geistes, und eine sanfte Stille folgt auf die Bewegungen, die uns erschüttern.

Ich höre, daß der Graf von Falkenstein (der Kaiser) Häfen, Zeughäuser etc., aber Voltaire'n nicht gesehen hat etc. Zufolge gewisser Anekdoten, die mir bekannt geworden sind, glaube ich, daß eine gewisse sehr unphilosophische Dame Theresia ihrem Sohne verboten hat, den Patriarchen der Toleranz zu sehen. - Was der Kaiser Gutes an sich hat, das hat er von sich selbst; seine eigene Anlage und sein eigenthümlicher Charakter haben seine Erziehung vollkommen gemacht. Der Feldmarschall Bathiani, der ihn gebildet hat, und den ich sehr genau gekannt habe, war ein würdiger Mann und fähig, einem jungen Prinzen gute Grundsätze beizubringen. Ich sage es noch einmal: Helvetius hat Unrecht in seinem Werke: "über den Geist," wenn er behauptet, die Menschen würden ungefähr alle mit den nämlichen Talenten geboren. Dem widerspricht die Erfahrung. Die Menschen haben bei ihrer Geburt einen unauslöschlichen Charakter an sich; die Erziehung kann Kenntnisse verschaffen und dem Zögling Scham über seine Fehler einflößen; aber niemals wird sie die Natur der Dinge ändern. Die Grundlage bleibt, und jedes Individuum trägt den Urstoff seiner Handlungen in sich. Und das muß auch so sein, weil wir ewige Gesetze entdecken; wäre es denn wohl wahrscheinlich, sobald irgend etwas in dem Weltall genau bestimmt ist, daß nicht alles es sein sollte? Ich weiß, daß ich eine große Frage auswerfe ; aber ich wende mich auch damit an den weisesten Philosophen der Gallier, ihm kommt es zu, sie aufzulösen.

Sie wollen wissen, wie ich von dem Betragen der Engländer denke? Gerade wie das Publikum. Daß sie nämlich wider die Redlichkeit gesündigt haben, indem sie ihren Ko<168>lonien den Vertrag nicht so hielten, wie sie ihn mit denselben geschlossen hatten. etc."

Dann äußert der König noch seine Meinung dahin, daß es zwischen England und Frankreich zum Krieg kommen, Letzteres vielleicht sich wieder in den Besitz von Canada setzen werde, und die Kolonien sich wahrscheinlich unabhängig machen werden. etc.

14. August 1777

Der König nach Schlesien; in seinem Gefolge befanden sich unter andern auch der Graf von Hord, Gouverneur der Festung Spandau, die Prinzen von Würtemberg und von Holstein-Beck.

26. August 1777

Der König kommt von Neisse in Breslau an.

29. August 1777

Nach dem Hauptquartier Poln. Neudorf.

?? August 1777

In Potsdam beim König waren in diesem Monat: der Russische Gesandte am Englischen Hofe Graf Muschin Puschin, der Minister von Finkenstein und die Generale von Buddenbrock und von Prittwitz.

B.

13. August 1777

Stirbt zu Busow der General-Lieutenant Otto von Schwerin, 76 Jahr alt.

14. August 1777

Stirbt in Berlin der General Karl Wilhelm von Dieskau von der Artillerie.

September.

A.

1. September 1777

2. September 1777

Der König bei den Kriegsübungen im Hauptquartier Poln. Neudorf bei Breslau.

2. September 1777

Rückreise nach Potsdam. Ankunft in Sagan. Hier schenkt er dein Papiermüller Altmann zum Wiederaufbau seiner abgebrannten Mühle 1816 Thlr.

3. September 1777

Ueber Christianstadt und Forste, wohin ihn eine Abtheilung des Sächs. Chevauxlegers-Regiments und die Gräfl. Brühlsche Jägerei begleitete.

<169>

4. September 1777

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

5. September 1777

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich komme aus Schlesien zurück, wo ich sehr zufrieden gewesen bin. Der Ackerbau macht dort gute Fortschritte, und die Manufakturen gedeihen. Wir haben für fünf Millionen Leinwand und für eine Million zwei Mal hundert tausend Thaler Tuch an Ausländer verkauft. Man hat in den Gebirgen eine Kobaltmine entdeckt 169-+, durch die ganz Schlesien mit diesem Material versehen wird, wir machen Vitriol 169-++, der so gut ist, als der fremde, und ein Mann von sehr vieler Industrie verfertigt Indigo 169-+++, der dem Indischen nichts nachgiebt. Man verwandelt mit Vortheil Eisen in Stahl, und zwar auf eine viel einfachere Art, als Reaumur vorschlagt. Unsere Bevölkerung hat sich seit dem Jahre 1756, worin der Krieg ausbrach, um 180,000 Seelen vermehrt. Kurz, alle Plagen, welche dieses arme Land zu Grunde gerichtet hatten, sind nun so gut als gar nicht dagewesen, und ich empfinde, offenherzig gestanden, ein süßes Vergnügen darüber, daß ich eine so tief heruntergebrachte Provinz wieder emporgebracht habe. Durch meine Beschäftigungen bin ich indeß nicht abgehalten worden, Papier mit meinen Ideen zu verderben. Um die Mühe des Abschreibens zu ersparen, habe ich sechs Exemplare von diesen Träumereien drucken lassen 169-† und schicke Ihnen eins davon. Aus<170> Mangel an Zeit konnte ich nur eine Skizze entwerfen, sie hätte weitere Ausführung nöthig, wahre Gelehrte müssen nun die letzte Hand daran legen. Die Herren Encyclopädisten werden vielleicht nicht immer meiner Meinung sein. Nun, Jedermann kann die seinige haben; wenn indeß die Erfahrung die sicherste Führerin ist; so sage ich ganz dreist, daß meine Behauptungen wahr sind, da sie sich bloß auf das, was ich gesehen liabe, und auf meine Reflectionen gründen. etc."

8. September 1777

8 Die Minister von Schulenburg, von Gaudi und von Heinitz beim König in Potsdam. Letzterer war aus Sächsischen in Preußische Diensie getreten und Tags vorher zum Minister ernannt worden.

27. September 1777 bis 29. September 1777

Kriegsübungen bei Potsdam.

?? September 1777

Der König überschickt auch an d'Alembert durch den Oberst Grimm, der in Potsdam war, ein Exemplar seiner Schrift über Regierungsformen. Der Brief ist bloß "September" überschrieben. H. W. XI. 238.

Dem Obersten von Holzendorf von der Artillerie schenkt der König ein schönes Pferd mit Sattel nnd Zeug.

Um diese Zeit war, außer Grimm, auch de Rulhiere, Sekretair des Französischen Ministers Breteuil, beim König.

B.

10. September 1777

Stirbt der Graf Wilhelm Friedrich Ernst von Schaumburg-Lippe-Bückeburg, 53 Jahr alt. Während des siebenjärigen Krieges kommandirte er als Englischer General-Feldzeugmeister bei der alliirten Armee. S. oben III. Abtheilung S. 305.

24. September 1777

Wurde der neue Kirchhof der Katholiken in Berlin vor dem Oranienburger Thor eingeweiht.

25. September 1777

Stirbt in Berlin der berühmte Philosoph und Mathematiker Johann Heinrich Lambert, welchen der König 1764 aus Leipzig, als Oberhofbaurath und Mitglied der Akademie, nach Berlin berufen hatte.

<171>

Oktober.

A.

Oktober 1777

Der König in Potsdam (Sanssouci).

5. Oktober 1777

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Der Oberst Grimm ist hier durchgegangen, und ich habe ihm ein anderes Gekritzel 171-+ mitgegeben, das ernsthafter als mein Traum ist, und das ich dem Urtheil der Philosophie unterwerfe, welche allein berechtigt ist zu unterscheiden, ob die Menschen richtig oder falsch schließen. Vielleicht halten Sie mich für einen entsetzlichen Papierverderber. Sie werden Sich aber weniger darüber wundern, wenn Sie bedenken wollen, daß ich gewohnt bin, schriftlich zu meditiren, um mich selbst zu corrigiren. Ich befinde mich wohl dabei, weil man seine Betrachtungen vergessen kann, das aber wies derfindet, was man zu Papier gebracht hat.

Frohe Laune, lieber Freund! das ist das beste Erleichterungsmittel, die Bürde des Lebens zu ertragen. Ich sage nicht, daß mau stets Herr darüber sei, sich diese Gemüthsstimmling zu verschaffen; doch wenn man über das Ungemach leicht wegschlüpft, und dem Democrit nachahmt, so kann man über Manches sich lustig machen, was einem Misanthropen schmacklos scheinen würde. etc.

Sie erwähnen einer Aufgabe, die ich der Akademie vorlegen soll. Ach, wir haben nur noch neulich den guten Lambert, eins unserer besten Mitglieder, verloren. Ich weift nicht, wer die Frage: ist es erlaubt, den Menschen zu täuschen? ausarbeiten könnte. Beguelin, glaube ich, wäre allein im Stande, die Frage philosophisch zu behandeln. Ich werde sehen, wie sich das einrichten läßt. Befragen wir<172> die Sekte der Akataleptiker, so müssen wir zugeben, daß der größte Theil der Wahrheiten den. Blick der Menschen undurchdringlich ist, daß wir uns gleichsam in einem dicken Nebel von Irrthümern befinden, der uns das Licht ans immer entzieht. Wie kann denn ein Mensch - außer einigen mathematischen Wahrheiten - versichert sein, seines Gleichen nicht zu betrügen, da er selbst betrogen worden ist? Jeder Mensch, der mit Vorsatz das Publikum, um eigenes Vortheils willen, oder aus einer ihn selbst betreffenden Absicht, hintergehen will, ist unstreitig strafbar; aber ist es nicht erlaubt, die Menschen zu täuschen, wenn man es zu ihrem Besten thut? Z. B. eine Arzenei, die dem Kranken zuwider ist, zu verkleiden, damit er sie einnehme, weil sie das einzige Mittel ist, ihn gesund zu machen? oder den Verlust einer großen Schlacht geringer vorstellen, um nicht eine ganze Nation muthlos zu machen? oder endlich ein Unglück, eine Gefahr zu verhehlen, die Jemanden zu sehr rühren könnte, wenn man sie ihm geradezu ankündigte, um Zeit zu gewinnen, ihn darauf vorzubereiten? Ist die Rede von der Religion, so geben alle Nachrichten, die vom Alterthum auf uns gekommen sind, zu erkennen, daß sich der Ehrgeiz derselben bedient hat, um sich empor zu schwingen. Muhamed und so viele andere Secten bestätigen diese Wahrheit. Ohne Zweifel waren sie strafbar. Bedenken Sie aber auf der andern Seite, daß es wenige Menschen giebt, die nicht furchtsam und leichtgläubig sind, und die sich selbst eine Religion würden gemacht haben, wenn man ihnen keine gepredigt hätte. Daher fand und sah man beinahe auf der ganzen Erdkugel eingeführte positive Religionen. etc."

8. September 1777

Der König nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, ertheilt dem Oestreichischen Gesandten von Switen die Abschieds- und dem von Cobenzl die Antrittsaudienz. Dem erstern schenkt er eine Tabatiere von hohem Werth.

<173>

9. Oktober 1777

Besucht der König wieder die Prinzessin Amalie und geht dann nach Potsdam.

11. Oktober 1777

Der König an Voltaire :

- etc. - "In dem Verhältnisse, wie die Völker civilisirter werden, muß man auch ihre Gesetze mildern. Wir haben es gethan und befinden uns wohl dabei. Der Denkart der weisesten Gesetzgeber zufolge, glaubte ich, es sei besser, Verbrechen zu verhüten und zu verhindern, als sie zu bestrafen. Dies ist mir gelungen. Um Ihnen einen deutlichen Begriff hiervon zu geben, muß ich Sie mit unserer Bevölkerung bekannt machen. Diese beläuft sich nur auf 5,200,000 Seelen. Seitdem nun unsere Gesetze gemildert worden sind, werden bei uns im Durchschnitt jährlich nur 14, höchstens 13 Todesurtheile gefällt. Das kann ich Ihnen um so zuverlässiger sagen, da ohne meine Unterschrift Niemand zur Festungsstrafe, und eben so Niemand hingerichtet werden darf, wenn ich die Sentenz nicht bestätigt habe. Die meisten Delinquenten sind Kindesmörderinnen. Andere Mordthaten giebt es wenig, und noch seltener ist Straßenraub. Aber von den Geschöpfen, die so grausam gegen ihre Leibesfrucht verfahren, werden nur die hingerichtet, denen man die Mordthat beweisen kann. Ich habe alles gethan, was ich konnte, um diese unglücklichen Personen zu verhindern, ihre Kinder über die Seite zu bringen. Die Herrschaften müssen es gerichtlich anzeigen, wenn ihre Mägde schwanger sind. Ehemals nöthigte man diese armen Personen, öffentliche Kirchenbuße zu thun, aber das habe ich abgeschafft. In jeder Provinz giebt es Entbindungshäuser für sie, und man sorgt auch für die Erziehung ihrer Kinder. Allein, ungeachtet aller dieser Erleichterungsmittel, habe ich doch noch nicht dahin kommen können, ihnen das natürliche Vorurtheil, dessentwegen sie ihre Kinder tödten, aus dem Kopf zu bringen. Ehmals sah man es als eine Schande an, Personen zu heirathen, die Mütter waren, ohne einen Mann gehabt<174> zu haben; ich beschäftige mich indeß jetzt mit der Idee, wie ich diese Denkart ausrotten will. Vielleicht gelingt es mir. Die Tortur haben wir ganz abgeschafft, und sie findet schon seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr Statt. Aber in republikanischen Staaten muß man vielleicht bei Hochverrat!) eine Ausnahme machen, z. B. wenn es in Genf Bürger gäbe, die schlecht genug dächten, sich mit dem Könige von Sardinien in eine Verschwörung einzulassen, um ihm ihr Vaterland in die Hände zu spielen. Gesetzt, man entdeckte einen von den Strafbaren und müßte nothwendig seine Mitschuldigen wissen, um die Verschwörung ganz ausrotten zu können; so würde es, dünkt mich, das allgemeine Wohl erfodern, dem Delinquenten die Tortur zu geben.

In Civilsachen muß man den Grundsatz befolgen : es ist besser, einen Strafbaren am Leben zu lassen, als einen Unschuldigen hinzurichten. Wenn man über die Unschuld eines Mannes nicht gewiß werden kann, ist es dann nicht besser, ihn in ein Gefängniß zu setzen, als ihm das Leben zu nehmen? Die Wahrheit liegt im Grunde eines Brunnens, es kostet Zeit, ehe man sie herausziehen kann, und oft kommt sie erst sehr spät zum Vorschein. Wenn man sein Urtheil so lange aufschiebt, bis man ganz davon unterrichtet ist, so verliert man nichts und behält seine Gewissensruhe, und darauf muß jeder rechtschaffene Mann denken. etc. Dergleichen Gegenstände sind meine tägliche Beschäftigung. Ich habe mir Grundsätze gemacht, nach denen ich handle, und entwickle sie Ihnen. etc."

November.

A.

November 1777

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

9. November 1777

Der König an Voltaire :

- etc. - "Bitaubé hat Ihnen, die Wahrheit gesagt;<175> ich habe in Berlin eine öffentliche Bibliothek bauen lassen. Voltaire's Werke logirten vorher zu unanständig, überdies war im untern Stock ein Laboratorium, und das drohete uns einmal unsere ganze Büchersammlung in Brand zu stecken 175-+. Alexander der Große legte Homers Werke in das sehr kostbare Kästchen, das er unter andern von dem Darius erbeutet hatte. Und ich? - nun ich bin weder Alexander, noch groß, habe auch von keinem Menschen Beute gemacht, und daher nur nach meinen geringen Kräften das bestmögliche Behältniß für die Werke des Homer's unseres Jahrhunderts erbauen lassen. Wenn Sie, um diese Bibliothek zu bereichern, gütigst Ihre Schrift über die Gesetze hineingeben wollen, so werden Sie mir um so mehr ein Vergnügen machen, da ich das Porto dafür nicht scheue. etc."

11. November 1777

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Uebrigens muß ich Ihnen sagen, daß es mich sehr gewundert hat, Briefe, die ich Ihnen geschrieben, gedruckt zu sehen, und zu hören, daß andere in Paris in Manuscript herumgehen. Ich weiß nicht, ob, wie Einige behaupten, Pythagoras wirklich zu den Zeiten des Numa gelebt hat, aber das ist zuverlässig, daß kein Brief auf uns gekommen ist, den Numa ihm geschrieben hätte. Eben so sehen wir nicht, daß Plato, der sich am Hofe des Dionys befand, den Briefwechsel bekannt gemacht hätte, den er mit diesem Tyrannen unterhielt. etc. Die Philosophen unserer Zeit betragen, sich also nach anderen Grundsätzen, als die alten, welches in unsern neuen Zeiten die Fürsten zum Stillschweigen bringen muß. Und hiermit etc. 175-++."

<176>

18. November 1777

Der König an Voltaire :

"Ich erwarte Ihr belehrendes Werk über die Mißbrauche der Gesetzgebung mit Ungeduld, weil ich überzeugt bin, daß es nützlich und angenehm sein wird. etc.

Ihre Welschen (Franzosen), über die Sie Glossen machen, sind, sollte ich meinen, im Ganzen genommen so ziemlich den übrigen Bewohnern des Erdballs gleich. Vielleicht ist ihre<177> Lebhaftigkeit etwas zu heftig und artet sogar in Wildheit aus.

Uebrigens ist der Mensch ein boshaftes Geschöpf, und hat allenthalben Einschränkungsmittel nöthig, wenn die in ihm liegende Bosheit nicht alle Grenzen der Rechtschaffenheit und selbst des Anstandes überschreiten soll. Ihre Landsleute gehen von dem Schafot in das Theater; indeß erinnern Sie Sich, daß Cicero, Attikus, Varro und Katull bei den barbarischen Gefechten der Gladiatoren zusahen, und dann in Terenzens Comödien oder Ennius Trauerspiele gingen. Die Menschen lassen sich von der Gewohnheit beherrschen. Neugierde lockt sie zu der Hinrichtung eines Strafbaren, und Langeweile führt sie in die Oper, weil sie ihre Zeit nicht anders zu tödten wissen. etc."

24. November 1777

Der in diesem Monat auf Empfehlung des Ministers von Herzberg im Departement der auswärtigen Angelegenheiten als Kriegsrath und Archivar angestellte Gelehrte Christian Wilhelm Dohm hat Audienz beim König.

Dezember.

A.

Dezember 1777

Der König in Potsdam.

17. Dezember 1777

Der König an Voltaire: "Es ist angenehm, ein Monument von allen Gedanken der Menschen zu haben, die man hat auffinden können; in den Werken der Imagination aber werden wir uns, wie ich voraussehe, an Homer, Virgil, Tasso, Voltaire und Ariost halten müssen.

Wie es scheint, vertrocknen in allen Ländern die Gehirne, und bringen weder Blumen noch Früchte hervor. Die historischen Werke sollte man, um sie nützlich zu machen, wo möglich von dem Partheigeist, von falschen Anekdoten und von Lügen reinigen. Bei den Methaphysikern lernt man<178> nichts, als die Unbegreiflichkeit vieler Gegenstände, welche die Natur nicht in den Fassungskreis unsers Geistes gelegt hat. Und was den theologischen Schwall betrifft - die hypochondrischen und fanatischen Verfasser, die ihn aufgehäuft haben, verdienen nicht, daß man seine Zeit mit dem Lesen der albernen Hirngespinste tödtet, die ihnen durch den Kopf gegangen sind. Von den Herren Geometern, die ewig unnütze krumme Linien berechnen, sage ich nichts; ich lasse sie mit ihren Puncten ohne Ausdehnung und mit ihren Linien ohne Breite in Ruhe; so wie auch die Herren Aerzte, die sich zu Schiedsrichtern unsers Lebens aufwerfen, und im Grunde nichts als Zuschauer unserer Leiden sind. Was soll ich Ihnen von den Chemisten 178-+ sagen? die, anstatt Gold zu machen, es durch ihre Operationen in den Rauch schicken. Für unsern Nutzen und Trost bleibt also nichts weiter übrig, als die schönen Wissenschaften, die man mit allein Rechte Humaniora genannt hat. An sie halte ich mich; die übrigen Bücher können in einer Hauptstadt nützlich sein, wo die Liebhaber der Wissenschaften, die bei der Vertheilung der Glücksgüter schlecht bedacht worden sind, die Citationen sonst nicht verificiren können, die ihnen in andern Büchern vorkommen, und von denen sie da die Originale finden. Sehen Sie, dazu ist die Bibliothek bestimmt, aber Voltaire's Werke nehmen, wie billig, den glänzendsten Platz darin ein. Die schöne Pariser Ausgabe in Quart prangt darin mit allem ihrem Pomp. etc.

Ich bin im Begriff, nach Berlin zu gehen und Andern einen Carneval zu geben und selber keinen Theil daran zu nehmen. Dort befindet sich jetzt ein Graf Montmorency-Laval, ein sehr liebenswürdiger junger Mann, den ich in Schlesien gesehen habe. Ich disputire mit ihm, er will Deutsch lernen; ich sage ihm, das verlohne sich nicht der<179> Mühe, weil es uns an guten Schriftstellern fehle, und er wolle es nur darum thun, um Krieg mit uns führen zu können. Er versteht Scherz und ist gewiß kein Feind von Preußen. etc."

18. Dezember 1777

Der Abt Bastiani aus Breslau kommt beim König in Potsdam an.

20. Dezember 1777

Der König nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie.

20. Dezember 1777

Der König an d'Alembert :

"Ich begnüge mich, Ihnen bloß den Empfang Ihres Briefes zu melden. Da der meinige in ganz Paris herumwandern könnte, so schränke ich mich darauf ein, Ihnen in Rücksicht des Herrn de l'Isle, von welchem Sie mir schreiben 179-+, zu antworten : daß hier keine Stelle ist, die sich für ihn schickte; und daß ich glaube, der beste Weg, der ihm offen steht, sei nach Holland zu gehen, wo das Handwerk eines Blätterschreibers eine Menge Leute seiner Art ernährt. Und hiermit etc."

21. Dezember 1777

Der König speis't bei der Königin, wie in der Carnevalszeit öfter geschieht.

31. Dezember 1777

Der König läßt die Akademiker Sulzer und Merian zu sich rufen und unterhält sich, besonders mit Ersterem, über verschiedene philosophische Materien, und als auch über die Religion gesprochen wurde, tadelte er es, daß von manchen Theologen noch dieser und jener Unsinn vorgetragen würde, worauf Sulzer erwiederte, daß die christliche Lehre, wie sie<180> jetzt von den im größten Rufe stehenden Berliner Predigern vorgetragen würde, eine ganz andere Gestalt habe, als sie zu der Zeit gehabt, da Se. Majestät Religionsunterricht erhalten, und führte Einiges aus Spalding's Schriften und Lehrweise an. etc. Der König sagte darauf: "Das ist sehr gut, und ich bin der Erste, dieses zu respectiren." Er rügte noch das Ungereimte von einem unmittelbaren göttlichen Beruf der Geistlichen, und daß die Souveraine Ebenbilder Gottes auf Erden seien, und setzte hinzu: "Sehen Sie, wenn es mir gelänge, alle meine Unterthanen vollkommen glücklich zu machen, so würde ich nur auf einem sehr kleinen Theil der Erdkugel gewirkt haben, die selbst nur ein unendlich kleiner Theil des Weltalls ist. Wie könnte ich denn mich unterstehen, mich dem Wesen zu vergleichen, welches dieses unermeßliche Weltall regiert und in Ordnung hält?" (I. G Sulzer's Lebensbeschreibung mit Anmerk. von Nicolai und Merian. Berlin, 1809, S. 61-67). Bei dieser oder einer andern Unterredung des Königs mit Sulzer über die Erziehung, sagte der Letztere, daß, es anfange, damit besser zu werden, seitdem man auf Rousseau's Grundsatz: der Mensch sei von Natur gut, fortbaue. Hierauf erwiederte der König: "Ich sehe wohl, mein lieber Sulzer, Er kennt nicht, so wie Ich, die verwünschte Race, zu der wir gehören." (Vergl. oben des Königs Brief vom 18. Novbr. 1777).

Während des Königs Aufenthalt in Berlin besucht er wie gewöhnlich die Wachtparaden.

?? Dezember 1777

Der Geheime-Rath von Brenkenhof beim König.

Den General von Ramin beschenkt der König mit einem großen Aufsatz von Porzellan.

In Berlin waren angekommen : der Abt Bastiani von Potsdam, der Minister von der Horst aus Westphalen, der Graf Lusi aus Venedig.

<181>

B.

20. Dezember 1777

Stirbt in Berlin der Hofprediger Ludwig Sam. Noltenius.

20. Dezember 1777

Anfang des Carnevals. Die Ordnung desselben war folgende : Sonntag : Mittags Cour bei dem König, Abends Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Montag: Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Französische Comödie; Donnerstag : Cour bei der Königin; Freitag : Oper; Sonnabend : Ruhe.

Die beiden Opern waren : 1) Rodelinde, 2) Artemisia. Die Französischen Comödien: Phèdre, les femmes savantes, Zaire, le Joueur.

23. Dezember 1777

Alexander, Kaiser von Rußland, geboren.

30. Dezember 1777

Der Kurfürst von Baiern Maximilian Joseph stirbt ohne leibliche Erben. Sein Vetter Karl Philipp Theodor, Kurfürst von der Pfalz, tritt die Regierung von Baiern an.

Januar 1778.

A.

1. Januar 1778

Der König in Berlin, besucht die Prinzessin Amalie.

13. Januar 1778

Der König und der Erbprinz von Braunschweig speisen bei der Prinzessin Amalie.

Der König läßt eine bedeutende Summe Geld unter die Armen vertheilen.

23. Januar 1778

Der König nach Potsdam.

24. Januar 1778

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei der Königin gefeiert.

25. Januar 1778

Der König an Voltaire 181-+ :

"Ich habe die kleine Schrift von einem Weisen, einem<182> Philosophen, einem eifrigen Patrioten erhalten, der mit Bescheidenheit die Regierung über die Mängel in den Gesetzen seines Vaterlandes unterrichtet, und ihr zeigt, wie nothwendig es sei, sie zu verbessern. etc. Dieses Werk wird als ein Denkmal Ihrer Liebe gegen die Menschheit in meine Bibliothek kommen. Copernikus soll als Preuße, mit Ihrer Erlaubniß, auch einen kleinen Winkel darin haben. Er kann zwischen Archimedes und Newton Platz nehmen. Doch Ihr Newton? - Ich gestehe Ihnen, daß ich weder von seinem leeren Raum, noch von seiner Attraction etwas begreife. Daß er die Bewegung der Himmelskörper mit mehr Genauigkeit demonstrirt hat, als seine Vorgänger, Iäugne ich nicht; aber Sie müssen mir doch zugestehen, daß man eine förmliche Ungereimtheit begeht, wenn man behauptet: das Nichts existire. Lassen Sie uns die Grenzen nicht überschreiten, die uns unsere geringen Kenntnisse von der Materie vorschreiben. Nach meinem Gefühle sind die Hypothesen von einem leeren Raum und von Geistern, die ohne einen Körper existiren, die stärksten Verirrungen des menschlichen Verstandes.

Wenn ein armer Ignorant, wie ich, auf den Einfall käme, zu behaupten : Zwischen der Erdkugel und dem Saturn existire das, was nicht existirt; so würde man ihm ins Gesicht lachen. Herr Newton sagt eben das, nur hat er es ganz mit einem Schwall von Rechnungen verschanzt. Diesen haben wenige Mathematiker untersucht, weil sie ihm lieber auf sein Wort glauben, als daß sie ihm in das Labyrinth der Integral-Infinitesimal-Rechnung folgen. Die Engländer ließen Schiffe nach der Form, die ihnen Newton als die vortheilhafteste angegeben hatte, bauen, aber ihre Admirale haben mich versichert, daß diese Schiffe viel schlechtere Segler gewesen sind, als die, bei denen man sich nach den Erfahrungsregeln richtet. Ich wollte in meinem Garten eine Fontaine anlegen lassen 182-+. Euler berechnete die Kräfte der Räder,<183> durch die das Wasser in ein Bassin steigen, von da wieder herunterfallen, durch Kanäle stießen und in Sanssouci springen sollte. Meine Wasserkunst ward mathematisch angelegt, und konnte fünfzig Schritte weit nicht einen Tropfen in die Höhe bringen. O Eitelkeit der Eitelkeiten! O Eitelkeit der Geometrie! etc.

Der Tod des Kurfürsten von Baiern könnte wohl ein Verfahren ("etwas zu usurpiren, was einem nicht gehört") veranlassen, das die allgemeine Ruhe heftig erschüttern würde. Niemals ist der Westfälische Friede so stark gelesen, studirt und connnentirt worden, als jetzt. Die Zukunft wird von einem Nedel verhüllt, der noch dichter ist, als unser physischer, und die Ungewißheit der Ereignisse verdoppelt die Neugierde des Publikums, etc."

Der König schenkt dem Russischen Kammerjunker, Fürsten Gagarin eine Tabatiere von hohem Werth.

B.

3. Januar 1778

Vergleich zwischen der Kaiserin Königin Maria Theresia und dem Kurfürsten von der Pfalz Karl Theodor, in Betreff der Baierschen Erbfolge.

11. Januar 1778

Oestreichische Truppen besetzen Nieder-Baiern und bald nachher die Ober-Pfalz.

12. Januar 1778

15. Januar 1778

16. Januar 1778

Erzherzoglich Oestreichische, Königlich Böhmische und Kaiserliche Erklärung wegen dieser Besetzung Baierns. Der Zweck war, die Ansprüche, die von dem Oestreichischen Hause an Theile<184> von Baiern gemacht wurden, zu rechtfertigen und in Ausführung zu bringen, wogegen mehrere Preußische Staatsschriften erschienen. (Herzberg Recueil Tom. II).

Februar.

A.

Februar 1778

Der König in Potsdam.

18. Februar 1778

Der König unterzeichnet die Schenkungsurkunde der den Einwohnern Schlesiens bisher gegebenen Gelder, Grundstücke etc. (Schlesische Edictensammlung XVI. Nr. 11).

März.

A.

März 1778

Der König in Potsdam.

20. März 1778

Der Prinz Heinrich beim König in Potsdam.

?? März 1778

Die Minister von Finkenstein, von Herzberg, von Schulenburg an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam, desgleichen der Erbprinz und Prinz Friedrich von Braunschweig.

30. März 1778

Der König an den Director der Königlichen Schauspiele von Arnim :

"Die Zeitumstände bereiten uns jetzt so ernsthafte Scenen, daß wir der komischen entbehren können, daher ich denn veranlaßt bin, die Gehalte und Pensionen der Französischen Schauspieler und Schauspielerinnen einzuziehen. Ich trage Euch also hiermit auf, diesen Leuten den Abschied zu geben."

Abt Bastiani in Potsdam, bis Anfangs April.

B.

März 1778

Da die Baierschen Angelegenheiten sich nicht zu einer friedlichen Ausgleichung gestalten, vielmehr Oestreichischer Seits Truppen in Böhmen und Mähren zusammen gezogen werden; so erhalten auch die Preußischen Regimenter Ordre, sich zusammen zu ziehen").

<185>

16. März 1778

Der Herzog von Pfalz-Zweibrücken protestirt gegen den unter dem 3. Januar zwischen Oestreich und dem Kurfürsten Karl Theodor von Baiern geschlossenen Vergleich.

18. März 1778

Stirbt der Graf Hoditz in Potsdam. (S. II. Abthl. S. 364).

April.

A.

April 1778

Der König in Potsdam.

<186>

1. April 1778

Der Minister von Finkenstein und der General von Buddenbrock zum König nach Potsdam.

5. April 1778

Der König in Berlin.

6. April 1778

Abreise nach Schlesien in Begleitung des Erbprinzen von Braunschweig. (Der König giebt in den hinterl. W. V. 196 irrig den 4ten als den Tag seiner Abreise an).

7. April 1778

Ankunft des Königs in Breslau, Abends um 6 Uhr.

8. April 1778

In Frankenstein, wo sich ein Preußisches Truppencorps zusammengezogen hatte.

12. April 1778

In Schönwalde (bei Frankenstein), Hauptquartier. Von hier aus fing der Briefwechsel des Königs mit dem Kaiser an. (H. W. V. 185).

12. April 1778

Instruction des Königs für die Commandeurs und Bataillons der Infanterie.

28. April 1778

Der König läßt das Corps des Prinzen Friedrich von Braunschweig zwischen Dreißighufen und Reichenbach vor sich vorbei defiliren, und kehrt dann nach Schönwalde zurück.

In diesem Jahr gab der König auch den Commandeurs der Kürassier-, Dragoner- und Husaren-Regimenter eine Instruction. Sie sind zu finden in Scharnhorst's Werk: Unterricht des Königs von Preußen an die Generale seiner Armee, Hannover, 1794, im Anhange

B.

5. April 1778

Verordnung, daß während der Abwesenheit des Königs die erkannten Todesstrafen ausgesetzt, und die dazu Condemnirten bis zur Rückkehr des Königs in die Festungen in sichere Verwahrung gebracht werden sollen.

In diesem Jahre ward, nach einem frühern Befehl des Königs und in Gemäßheit eines Reichstagsbeschlusses, zum ersten Mal das Osterfest nicht mehr nach astronomischer Berechnung, sondern nach der cyclischen Rechnung des neuen Gregorianischen Kalenders (am 19. April) gefeiert.

<187>

Mai.

A.

Mai 1778

Der König in Schönwalde.

B.

11. Mai 1778

Stirbt der Englische Staatsminister William Pitt Graf von Chatham (Vater des 1806 verst. Ministers Pitt).

25. Mai 1778

Stirbt Lord Marshall in Potsdam, 93 Jahr alt.

27. Mai 1778

Stirbt in Berlin der berühmte Rector am Gymnasium zum grauen Kloster Christian Tobias Damm, 80 Jahr alt.

30. Mai 1778

Stirbt Voltaire in Paris, 84 Jahr alt.

Umständliche Nachrichten über seine letzten Tage, und von seinem Tod und Begräbniß giebt d'Alembert in seinem Brief vom 30. Juni an den König. (H. W. XV. 32-46). (Zu vergleichen : Voltaire, Recueil des particularités curieuses de sa vie et de sa mort. A Porrentruy. S. a.).

Juni.

A.

Juni 1778

Der König in Schönwalde.

Der zurückberufene Sardinische Gesandte Marquis von Rossignan erhält vom König eine Tabatiere von hohem Werth mit des Königs Portrait.

B.

4. Juni 1778

Stirbt in dem Kantonirungsquartier Frankenstein der General-Lieutenant Christian Friedrich von Renzel, 75 Jahr alt. Als Cadett hatte er dem damaligen sechsjährigen Kronprinzen Friedrich (Friedrich d. Gr.) auf Befehl König Friedrich Wilhelm's I das Exerciren mit dem Gewehr lehren müssen.

Juli.

A.

Juli 1778

Der König in Schönwalde.

3. Juli 1778

In Bischkewitz.

<188>

4. Juli 1778

Nach dem Lager bei Ratschenberg, Hauptquartier Hummelschloß bei Levin. (Der Prinz Friedrich von Braunschweig sagt in seiner Militärischen Geschichte, S. 165, der König sei mit dem Corps des General Wunsch (welches die Avantgarde machte) nach dem Hummelberg marschirt).

5. Juli 1778

Der König überschreitet die Böhmische Grenze, die Avantgarde rückt bei Nachod mit klingendem Spiel in Böhmen ein. Das Hauptquartier des Königs war Kramolin.

6. Juli 1778

Der König recognoscirt gegen die Elbe bis Kowalkowitz. Beim Recognosciren am 7ten soll der Vorfall Statt gehabt haben, daß ein feindlicher Kroat, der aus einem Gebüsch auf den vorbeireitenden König das Gewehr anlegt, selbiges auf dessen drohenden Zuruf: "Du! Du!" sogleich ehrerbietig beim Fuß nimmt. (Es existirt davon ein Kupferstich).

8. Juli 1778

Ins Lager bei Jaromirs. Hauptquartier war Welsdorf. Die Kabinetsordres sind datirt: "Im Lager vor Jaromirs."

9. Juli 1778

Der König besieht bei anbrechendem Tage auf den Höhen, wo das Bataillon von Apenberg campirt, das Lager, und recognoscirt alsdann die feindliche Position.

13. Juli 1778

Der Oestreichsche Minister von Thugut überbringt dem König ein Schreiben von Maria Theresia, darin sie ihr Bedauern über den ausbrechenden Krieg und den Wunsch ausspricht, daß die abgebrochenen Unterhandlungen wieder angeknüpft werden möchten, weshalb der etc. Thugut mit Anweisung und Vollmacht versehen sei. Zugleich bitte sie den König, diesen ihren Schritt, den sie ohne Vorwissen des Kaisers, ihres Sohnes, thue, jedenfalls geheim zu halten. etc. Auch fügt sie Vorschlage zur Ausgleichung bei.

Der König beantwortet dieses Schreiben an demselben Tage in sehr verbindlichen Ausdrücken und fügt einige billige Gegenvorschlage bei. (H. W. V. 270-275. Es folgen bis den 6. August noch drei Briefe der Kaiserin mit Anträgen und Vorschlägen, und des Königs Antworten und Gegenvorschläge bis den 10. August).

<189>

10. Juli 1778

und den 17ten. Der Minister Thugut beim König.

20. Juli 1778

Der König bei der Fouragirung auf dem rechten Flügel des Lagers.

23. Juli 1778

Bei der Fouragirung auf dem linken Flügel, wo ein kleines Scharmützel vorfiel.

27. Juli 1778

Wieder bei der Fouragirung auf dem rechten Flügel.

B.

7. Juli 1778

An diesem Tage fiel bei Ablösung der Preußischen Feldwachen das erste Scharmützel zwischen den Zietenschen Husaren und den Oestreichern vor. Erstere machten 2 Officiere und 30 bis 40 Mann Husaren von Wurmser zu Gefangenen. Die Preußischen Lieutenants Hirschfeld und Bila erhieltenden Orden pour les mérites. Die Zietenschen Husaren hatten 3 Todte und 8 Verwundete.

7. Juli 1778

8. Juli 1778

Ein Preußisches Armeecorps unter dem Prinzen Heinrich kommt bei Dresden an und vereinigt sich mit den Sächsischen Truppen.

17. Juli 1778

Der General Möllendorf von Prinz Heinrich's Armee rückt über Baßberg in Böhmen ein.

22. Juli 1778

Die Minister von Finkenstein und von Herzberg gehen nach Schlesien zum König, und von da wahrscheinlich nach Braunau (s. h. W. V. 210), wo die abgebrochenen Unterhandlungen mit Thugut wieder anfingen, doch ohne Erfolg blieben, und die Minister waren den 24. August bereits wieder nach Berlin zurück gekehrt.

27. Juli 1778

28. Juli 1778

Der Prinz Heinrich, nachdem er die Wege über Dippoldiswalde unpraktikabel gefunden, geht, wie auch Möllendorf, zurück, passirt die Elbe, und bricht über Schluckenau und Rumburg in Böhmen ein. Ihm steht der Oestreichische General Laudon entgegen.

August.

A.

August 1778

Der König in Welsdorf (Lager bei Jaromirs).

<190>

2. August 1778

Der König bei der Fouragirung auf dem rechten Flügel.

5. August 1778

und 10. Briefwechsel mit der Kaiserin (s. oben).

10. August 1778

Der König in Scalitz, er begegnet dem Minister von Thugut und kehrt nach Welsdorf zurück.

15. August 1778

Ins Lager bei Burkersdorf, wo des Königs Hauptquartier war.

16. August 1778

Recognoscirt der König den Feind.

22. August 1778

Von Burkersdorf nach dem Lager bei Tscherna und Leopold, das Hauptquartier des Königs in letzterem Ort.

23. August 1778

Der König recognoscirt.

26. August 1778

Der König geht von Leopold nach dem Hauptquartier Lauterwasser.

30. August 1778

Der König bei der Fouragirung beim Dorfe Langerau, und zurück nach Lauterwasser.

B.

13. August 1778

Preußische und Oestreichische Friedensconferenzen zu Braunau.

25. August 1778

Kleines Gefecht bei Burkersdorf.

September.

A.

September 1778

Der König in Lauterwasser.

2. September 1778

Der König bei der Fouragirung bei Arnsdorf.

8. September 1778

Von Lauterwasser nach Wildschütz, Hauptquartier. Hier empfängt der König den Prinzek von Preußen (nachherigen König Friedrich Wilhelm II), welcher den gefährlichen Rückzug aus seinem Lager bei Ketzelsdorf nach dem neuen Lager bei Pilnickau mit Klugheit und Entschlossenheit sehr glücklich vollführt hatte, mit einer Umarmung und mit den Worten : "Von jetzt an betrachte ich Sie nicht bloß als meinen Neffen, sondern als meinen Sohn."

14. September 1778

Rückzug von Wildschütz in das Lager bei Altstadt.

19. September 1778

In Trautenbach. Auf dem Marsch von Altstadt hierher ritt der König neben dem Prinzen Friedrich von Braunschweig, der Feind beschoß die Preußischen Colonnen, wobei eine Kugel zwischen dem König und dem Prinzen niederfiel.

21. September 1778

Nach Schatzlar. Des Königs Wohnung war in dem vor<191>letzten Hause der Hauptstraße. Hier, wo er bis Mitte Oktober blieb, schrieb er die Lobrede auf Voltaire 191-+.

B.

7. September 1778

Stirbt der General-Lieutenant Anton von Krockow in Landshut.

10. September 1778

Die Armee fängt an sich aus Böhmen wegen Mangel an Subsistenzmitteln zurück zu ziehen.

11. September 1778

Kleines Gefecht bei Keile.

21. September 1778

Bei dem vom Feinde sehr beunruhigten Marsch des Königs von Trautenbach nach Schaßlar hatte besonders die Arrieregarde unter dem General-Major von Keller, welche auf den Höhen, die Forste genannt, stand, einen sehr scharfen Kampf zu bestehen, der aber doch durch die rühmlichste Tapferkeit der Truppen siegreich endigte. Der General und alle Staabsofficiere erhielten den Verdienstorden und der gemeine Mann Geschenke an Geld. Außerdem verlieh der König dem General von Keller noch das Lehn Liebenhausen.

26. September 1778 bis 28. September 1778

Die Armee des Prinzen Heinrich kommt aus Böhmen nach Sachsen zurück. Hauptquartier des Prinzen in Ottendorf bei Dresden.

30. September 1778

Die Preußen besetzen Troppau.

Oktober.

A.

Oktober 1778

Der König in Schaßlar.

15. Oktober 1778

Nach Landshut.

18. Oktober 1778

In Neisse.

20. Oktober 1778

In Siebenhufen.

21. Oktober 1778

In Fülstein.

23. Oktober 1778

In der Vorstadt von Jägerndorf.

<192>

B.

7. Oktober 1778

Einigen Commandos von der Oestreichschen Armee gelang es, in Preußisch-Schlesien einzudringen und in Neustadt, Müsterberg, Heinrichau etc. Brandschatzung zu erheben.

15. Oktober 1778

Die Preußischen Truppen verlassen Böhmen gänzlich wegen Mangel an Fourage und andern Subsistenzmitteln.

16. Oktober 1778

Die Oestreicher nehmen aus Schlesisch-Neustädtel, Camenz, Heinrichau, Ottmochau und Münsterberg verschiedene angesehene Personen als Geißeln mit sich fort.

17. Oktober 1778

Kleines Vorpostengefecht bei Dittersbach und Königshain im Glatzeschen.

22. Oktober 1778

Gefecht bei Weiskirchen; dabei hatte das Regiment von Zaremba (nach der alten Armeeliste Nr. 28) eine außerordentliche Tapferkeit bewiesen, weshalb der König den Officieren zur Auszeichnung Achselbänder zu ihrer Uniform gab.

25. Oktober 1778 bis 26. Oktober 1778

Nachts wird das Preußische Regiment von Thun in Mockern bei Jägerndorf von den Oestreichern überfallen, jedoch der Feind bald zurück getrieben. Die Majors von Zabeltitz, von Schenk, von Gotsch und der Lieutenant von Dyherrn erhielten bei dieser Gelegenheit den Verdienstorden.

November.

A.

November 1778

Der König in Jägerndorf.

3. November 1778

Der König kommt über Zülz und Friedland mit dem Prinzen von Preußen in Breslau an.

10. November 1778

Die Minister von Finkenstein, von Herzberg, von Schulenburg, von Görne in Breslau beim König.

B.

3. November 1778

Es werden die Französischen zu Köln und Brüssel herauskommenden Zeitungen und die Reichs-Ober-Postamts-Zeitungen, die zu Frankfurt a. M. etc. herauskommen, in den Preußischen Landen verboten.

26. November 1778

Gefecht bei Jägerndorf; die Oestreicher werden mit Verlust<193> von 350 Todten, 75 Gefangenen und 1 Kanone zurück getrieben. Die Preußen hatten 144 Todte und 197 Verwundete.

26. November 1778

In der Sitzung der Akademie in Berlin wird die Lobrede des Königs auf Voltaire vorgelesen.

Dezember.

A.

Dezember 1778

Der König in Breslau.

?? Dezember 1778

Der König an d'Alembert 193-+: "Da haben Sie meine Lobschrift auf Voltaire, die zum Theil in den Lagern entworfen, zum Theil in den Winterquartieren ausgefeilt ist. Freilich wird die Französische Akademie an dem Ausdruck manches zu tadeln finden, aber wie wäre es möglich, in Böhmen gut Welsch zu reden? Genug, ich that, was ich konnte. Das Werk ist dessen, den es preisen soll, nicht würdig, indeß benutze ich die Schreibfreiheit, um zu Berlin öffentlich etwas ablesen zu lassen, das man sich in Paris kaum ins Ohr zu sagen getraut. Das ist das ganze Verdienst des Werks. etc.

Und was unsern Krieg betrifft, so kann ich Ihnen noch nicht gar viel davon sagen. Ich betrachte mich als ein Werk in der Hand des Schicksals, welches in der Verkettung der Ursachen gebraucht wird, ohne daß es selbst den Zweck und die Folgen der Arbeiten kennt, zu deren Bewerkstelligung man es anwendet. Das ist ein aufrichtiges Bekenntniß, so wie die Staats- und Kriegsmänner es selten ablegen; aber es stimmt sehr mit der Wendung so mancher Unternehmungen überein, welche von mehrern Regenten vor mir gewagt<194> worden, und deren Entwicklung die Geschichte uns so ganz anders darstellt, als die ersten Urheber der Plane sie sich gedacht hatten. So drückend auch für mein Alter die Last des Krieges sein mag; so werde ich sie munter tragen, wenn ich nur durch meine Anstrengung den Frieden und die Ruhe Deutschlands begründe. Man muß den despotischen Grundsätzen einer willkürlichen Regierung einen Damm entgegen setzen, man muß einer übermäßigen Ehrsucht, die keine andere Grenzen kennt, als eine Gewalt, die stark genug ist, ihr Einhalt zu thun, einen Zaum anlegen; das heißt, es muß zum Schlagen kommen. Wie oft aber und bis wie lange, das wird die Zeit lehren. Das ist eine Zeitungsschreiber-Redensart, die sich aber auch oft auf andere Gegenstände anwenden läßt. etc."

In diesem Jahre schrieb der König : Réflection sur les mesures à prendre au cas d'une guerre novelle avec les Autrichiens, en supposant qu'ils suivent la même méthode d'une défense rigide, comme dans la denière campagne 1778. Ferner : Sr. Majestät des Königs von Preußen Geheimer Unterricht, wie sie sich bei gegenwärtigen Umständen verhalten sollen. Es ist diese Instruction Deutsch und Französisch in Druck erschienen, und befindet sich auch in Scharnhorst's "Unterricht des Königs etc."

Januar 1779.

A.

Januar 1779

Der König in Breslau; schenkt den verschämten Armen der Stadt eine bedeutende Summe.

B.

Januar 1779

Auf Befehl des Königs waren in dem diesjährigen Preußischen<195> Kalender alle abergläubische Sachen, als : die Aspecten, die Angaben der Tage, wann "gut Aderlassen," "Haarabschneiden" etc., auch aller rother Druck weggeblieben, dagegen waren andere nützliche Nachrichten etc. darin aufgenommen worden.

9. Januar 1779

Der Prinz von Hohenlohe vertreibt die Oestreicher aus Dobersdorf und Pilgersdorf (bei Jägerndorf), und macht 1 Major, 1 Lieutenant und 8 Mann zu Gefangenen.

11. Januar 1779

12. Januar 1779

Kleine Gefechte in der Gegend von Jägerndorf, wobei die Oestreicher aus mehreren Dörfern vertrieben werden.

14. Januar 1779

Der General von Wunsch rückt aus dem Glatzischen nach Zuckmantel, um die sich daselbst sammelnden Oestreicher zu vertreiben. Er erobert 4 Schanzen und die Stadt, tödtet viel Feinde, macht einige Gefangene und kehrt nach Glatz zurück.

17. Januar 1779

Der Oestreichische General-Feldmarschall von Wurmser rückt in 4 Kolonnen über Giessiebel, Levin, Deutsch-Czerwenay und Cronstadt mit einem starken Corps in die Grafschaft Glatz ein.

18. Januar 1779

Mit Anbruch des Tages bemächtigen sich zwei Kolonnen von dem Corps des Oestreichischen Generals von Wurmser der Stadt Habelschwerdt, und nehmen, nach äußerst tavferm Widerstand der Besatzung, außer dem General, Prinzen von Hesscn-Philippsthal, 24 Officiere und 714 Mann gefangen. Eine dritte Kolonne greift das Blockhaus bei Schwedeldorf an und erobert es. Der aus der Festung Glatz herbeieilende Succurs wird von der vierten Kolonne zurückgedrängt. Hierbei, und bei der Erobernng, winden noch 15 Officiere und 335 Mann zu Gefangenen gemacht; in Habelschwerdt nahmen die Feinde 10 Fahnen und 3 Kanonen 195-+.

<196>

19. Januar 1779

Stirbt der Oberst Johann Friedrich von Balbi, 79 Jahr alt. (Siehe II. Abthl., S. 275-283).

24. Januar 1779

Bei der Königin in Berlin wird das Geburtsfest des Königs gefeiert.

Februar.

A.

Februar 1779

Der König in Breslau.

4. Februar 1779

Von Breslau über Schweidnitz nach Reichenbach.

16. Januar 1779

oder 17ten. Von Reichenbach nach Silberberg. Ihm folgen mehrere Truppen.

25. Februar 1779

Der König an von Catt :

- etc. - "Ich glaube wohl wie Sie mir sagen, daß der Friede Jedermann Vergnügen macht, denn der Edelmann, der Bürger und der Bauer haben keinen Gewinn, sondern lauter Verlust, so lange der Krieg dauert, allein dieser Krieg und dieser Friede waren nichts, als Armseligkeiten eines Mannes, der keine Kräfte, kein Feuer mehr hat. Ich habe mir oft die Verse aus dem Boileau zugerufen : Malheureux laisse en pais, ton cheval vieillissant. De peur que tout à coup essouffleé, sans haleine, Il ne laisse en tombant son maître sur l'arène.

Leben Sie wohl, mein Bester. etc."

B.

4. Februar 1779

General von Möllendorf bricht in Böhmen ein und nimmt das große Magazin in Brix weg.

10. Februar 1779

Stirbt in Berlin der Banquier Zacharias Veitel Ephraim. Er war einer der Münzpächter und Entrepreneur der Gold- und Silbermanufaktur, der Sammt- und mehrerer anderer Fabriken.

16. Februar 1779

17. Februar 1779

Die Königliche Armee nähert sich der Grafschaft Glatz, und der General von Lestewitz rückt mit einigen Regimentern bis Neurode vor, worauf die Oestreicher Habelschwerdt und Wünschelburg räumen, jedoch die Posten bei Reinertz, Rückerts und Levin noch besetzt halten.

18. Februar 1779

Der Preußische General von Wunsch besetzt Habelschwerdt<197> wieder, und der General von Anhalt nimmt Braunau, wo er 2 Officiere und 52 Gemeine zu Gefangenen macht.

25. Februar 1779

Stirbt in Berlin der berühmte Philosoph Johann George Sulzer, 59 Jahr alt. (Nicolai giebt irrig den 27sten an).

28. Februar 1779

Die Oestreicher, unter Graf Olivier Wallis, greifen das Städtchen Neustadt an, um das Regiment Prinz von Preußen, welches darin zur Besatzung lag, aufzuheben, und schießen dabei den Ort in Brand. Das Regiment zog sich zurück, und da bald Preußischer Seits Succurs anlangte, mußten sich die Oestreicher zurück ziehen, ohne ihren Zweck erreicht zu haben.

März.

A.

März 1779

Der König in Silberberg.

7. März 1779

In Breslau.

B.

März 1779

Es wird ein Waffenstillstand zwischen Preußen und Oestreich geschlossen, der nach Verschiedenheit der Standorte der Armee den 7ten, 8ten und 10ten seinen Anfang nehmen soll.

10. März 1779

Die zu den Friedensunterhandlungen Bevollmächtigten versammeln sich in Teschen. Es waren folgende : Von Preußen : der Freiherr von Riedesel; von Oestreich : Graf Cobenzl; von Rußland : Fürst Repnin; von Frankreich von Breteuil; von Sachsen Graf von Zinzendorf; von Kur-Pfalz; Graf von Thörring-Seefeld; von Pfalz-Zwei-Brück : Freiherr von Hohenfels.

April.

A.

April 1779

Der König in Breslau. Während seines Aufenthalts in dieser Stadt war seine Erholung von den Arbeiten der Staatsgeschäfte, die Unterhaltung über wissenschaftliche Gegenstände mit einigen dasigen Gelehrten, als: dem Professor Garve<198> und dem Rector Arletius vom Elisabethanischen Gymnasium.

Garve hat seine Unterredungen nicht bekannt gemacht, erwähnt ihrer aber in der Vorrede zu seinem Buche : "Fragmente zur Schilderung des Geistes etc. Friedrich's des Zweiten etc." Seite III-VII. Unter andern sprach der König mit ihm über Cicero, und foderte ihn auf, dessen Schrift : "von den Pflichten," zu übersetzen, und gab zugleich die Art der Anmerkungen an, die er hinzufügen sollte. (Briefe von Garve an Weiße, I. 149). Anfangs Novbr. 1783 hatte Garve das Werk beendigt und dem König überschickt, der ihm unter dem 25sten desselben Monats in einem Schreiben seinen Beifall darüber zu erkennen gab. Von des Arletius, eines Gelehrten von altem Schlage und großen Sonderlings, Unterredungen mit dem König sind nur Einzelnheiten bekannt. Einmal nannte er dem König einige Namen aus der alten dunkeln Slavischen und Böhmischen Geschichte, und als der König diese unbekannt fand, sagte er: "Das wundert mich, Ew. Majestät haben ja die Mémoires de Brandenbourg geschrieben." Ein ander Mal behauptete er, es sei ein Fehler, das D. G. (Dei gratia) auf den Münzen wegzulassen 198-+, wie seit Sr. Majestät Regierung geschehen, und als der König dagegen bemerkte, daß sich das D. G. auch nicht auf den Münzen der alten Kaiser befände, erwiederte er: "Ja, das waren auch Heiden." Der König schenkte ihm, da er ihn irrig für arm hielt, weil er nur ein sehr mäßiges Gehalt hatte, 20 Stück Friedrichsd'or, und wiederholte dies Geschenk jedes Mal, wenn er nach Breslau zur Revue kam. Von diesem Golde hat Arletius kurz vor seinem Tode eine Medaille prägen lassen, wovon sich ein Exemplar bei der Münzsammlung der Bibliothek des gedachten Gymnasiums, deren Vorsteher er war, befindet. Dem Stempelschneider

<199> hatte er ausdrücklich befohlen, daß er ja das Dei gratia vor dem Titel des Königs nicht vergessen solle. Er ist im Januar 1784 gestorben und hat sein ganzes nicht unbedeutendes Vermögen - etwas über 10000 Thlr. - der Elisabethschule vermacht, um von den Zinsen die Gehalte der Lehrer zu verbessern und ihre Wittwen und armen Töchter zu unterstützen. Auch ein Stipendium hat er gestiftet, und etwas zur jährlichen Vermehrung der Rhedigerischen Bibliothek, die auch viele Bücher erhielt, ausgesetzt.

Mit dem Minister von Herzberg unterhielt sich der König mehrmals über wissenschaftliche Gegenstände, und äußerte einmal, wie er zweifle, daß Tacitus im Deutschen so kurz wie im Französischen übersetzt werden könne, ferner, daß die alten Gothen aus Schweden gekommen wären, und daß die Arsakischen Könige der Parther in der alten Geschichte eine sehr große Rolle und fast mehr wie die Deutschen gespielt hätten. Der Minister von Herzberg nahm davon Gelegenheit, dem König eine Französische und Deutsche Übersetzung des XXXVII. und des XLIV. Kapitels aus Tacitus Buch : "Von dem alten Deutschland" zu übersenden, wobei das Lateinische Original der Übersetzung zur Seite beigefügt war. Er schrieb zugleich Folgendes an den König: "Ich nehme mir die Freiheit, Ew. Majestät ein Kapitel aus Tacitus Germanien vorzulegen, das ich ins Deutsche und Französische übersetzt habe. Wie mich dünkt, giebt die Deutsche Uebersetzung der Französischen weder in der Präcision noch in der Reinheit etwas nach. Dies Kapitel beweist zugleich, wie sehr Tacitus die Deutschen den Parthern und den Arsakiden vorzog; auch läßt sich daraus zeigen, daß die Gothen, die Suewen oder Vandalen, die Longobarden, die Angeln, die Rugier, die Heruler und andere Völker, welche in der Folge das Römische Reich umstürzten, zwischen der Elbe und der Weichsel, also gerade in den Gegenden gewohnt haben, die jetzt Ew. Majestät Herrschaft unterworfen sind.

<200>

Ich hoffe, Dieselben werden mir verzeihen, daß ich so dreist bin, Ihnen diesen kleinen Versuch vorzulegen.

Breslau, den 29. April 1779.
Herzberg."

Schon nach einer halben Stunde schickte der König diesen Brief an den Minister zurück, und hatte folgende Marginal-Antwort eigenhändig beigefügt: "Ich habe den Versuch einer Uebersetznng des Tacitus, die Sie mir zuschicken, gelesen; dagegen läßt sich gar nichts sagen; aber er enthält nur eine Beschreibung von den Sitten der Deutschen; und so etwas ist nicht schwer zu übersetzen, wohl aber sein lehrreicher (sentenieux) und kräftiger Styl, mit welchem er in wenig Worten die Charaktere und Laster der Römischen Kaiser zeichnet. An dem Leben des Tiberius, des Claudius, mögen die Uebersetzer sich versuchen. Die lakonische und zugleich malerische Schreibart darin, durch die er mit wenig Worten so Viel sagt - die verdient von unsern Schriftstellern nachgeahmt zu werden. Wenige Worte und viel Sinn! das sollten sie sich bei ihren Arbeiten zum unverbrüchlichen Gesetz machen. Quot verba tot pondera. Ich bitte Sie um Verzeihung, daß meine Ignoranz so dreist ist, vor Ihrer Sapienz Latein anzuführen. Doch ich hoffe, Sie werden mir meine Anmaßung vergeben.
Friedrich."

(Huit Dissertations que le Comte de Herzberg etc. a lues dans les assemblées pupliques de l'Academie Royale etc. de Berlin etc. p. 39).

Mai.

A.

Mai 1779

Der König in Breslau. Von hier muß der König eine Reise nach Ober-Schlesien etc. gemacht haben, wovon jedoch mir folgende Angaben auszumitteln gewesen sind.

<201>

19. Mai 1779

In Pleß 201-+.

21. Mai 1779

In Kreuzburg. Hier unterhält sich der König mit dem Stadtund Armenhaus-Direktor J. P. Holzmann ausschließlich über die innere Einrichtung des auf Königliche Kosten in den Jahren 1777-1778 erbauten Armenhauses (s. 1. Abthl. S. 138), und auf das Ansuchen des Direktors, daß der König die Einrichtung und besonders das Manufakturwesen in Augenschein nehmen möchte, antwortete er: "Die Schwäche meiner Beine macht mir das Treppensteigen zu beschwerlich 201-++."

?? Mai 1779

In Breslau.

27. Mai 1779

Ankunft in Berlin. Er läßt sogleich den Geh.-Rath de Launay rufen, um sich von ihm über den Gang der Geschäfte etc. Bericht abstatten zu lassen 201-+++.

Der König stattet der Prinzessin Amalie einen Besuch ab, und speist nach seiner Zurückkunft in seinen Zimmern.

<202>

30. Mai 1779

Nach Charlottenburg mit der Königin und sämmtlichen Prinzen und Prinzessinnen. Nach der Tafel kehren diese Herrschaften nach Berlin zurück, der König bleibt in Charlottenburg.

31. Mai 1779

Die Prinzessin Amalie nach Charlottenburg zur Tafel, und nach derselben kehrt sie nach Berlin zurück.

B.

13. Mai 1779

Abschluß des Friedens zu Teschen, zwischen Preußen und Oestreich (Herzberg Recueil II. 267-291, auch in den Berliner Zeitungen mitgetheilt). In den Hauptsachen, wegen deren sich der Krieg entsponnen hatte, erreichte der König seinen Zweck; Oestreich entsagte dem am 3. Januar 1778 mit dem Kurfürsten von der Pfalz über die Erbfolge in Baiern errichteten Vertrag, und in Betreff der Ansprüche auf große Landestheile begnügte es sich mit einem Theil derselben. Der König hatte nichts dabei erworben, was auch nicht, seine Absicht gewesen war, bloß weil man bei den ersten Unterhandlungen Oestreichischer Seits den dereinstigen Heimfall der Fränkischen Fürstenthümer Ansbach und Baireuth an das Kurhaus dem Könige hatte in Anrechnung bringen wollen, so ließ sich der König diesen an sich schon nicht zu bestreitenden Heimfall im 10. Artikel des Teschener Friedenstraktats ausdrücklich zusprechen.

18. Mai 1779

Stirbt in Potsdam der Feldprobst Karl Andreas Friedrich Balke in einem Alter von 60 Jahren. Er hatte in der Schlacht bei Roßbach tapfer mit gefochten, als der König dies lange Zeit nachher durch den General von Seydlitz erfuhr gab er ihm zur Belohnung die eben erledigte Stelle eines Feldprobstes.

22. Mai 1779

Der Friedensschluß zu Teschen wird mit großen Solennitäten in Berlin bekannt gemacht, und von einem Herold in prächtiger Römischer Kleidung an mehreren Stellen der Stadt ausgerufen. (Berliner Zeitung Nr. 62).

26. Mai 1779

Der Minister von Finkenstein kam aus Breslau nach Berlin zurück.

<203>

28. Mai 1779

Der Prinz Heinrich kommt aus Sachsen und der Minister von Herzberg aus Breslau in Berlin an.

Juni.

A.

Juni 1779

Der König in Charlottenburg.

2. Juni 1779

Nach Potsdam (Sanssouci).

6. Juni 1779

Der König an d'Alembert: "Ich habe zwei Ihrer Briefe nebst den Lobschriften auf einige Akademisten, so auch die kleine Schrift, welche Sie dem Andenken des Lord Marshall gewidmet haben 203-+, wofür ich Ihnen danke, erhalten. Ich habe nicht Zeit gehabt, alles zu lesen, weil ich nur eben erst ankomme. Mein Geist ist noch ganz von einem aus Staatskunst und Geldgeschäften zusammengesetzten Schlamm besudelt und muß sich erst durch ein gesetzmäßiges Bad im Wasser der Hippokrene reinigen, ehe er sich am Hofe Apolls vor den neun Musen zeigen darf, und ehe er über Werke, wie die Ihrigen, Betrachtungen anstellt. etc. Mein armes Gehirn ist vierzehn Monate hindurch von Stürmen erschüttert worden; alle Spuren der Künste sind in demselben verwischt, und die Ideen liegen über einander gestürzt da, durch eine Menge Einrichtungen, Plane, Unterhandlungen und Geschäfte jeder Art, womit ich mich aus Nothwendigkeit beschäftigen mußte. Der wilde Eurus und der stürmische Boreas sind durch einen Schlag mit dem Dreizack des Französischen Neptuns und dessen weiser Räthe beruhigt worden, aber wenn auch die Fluthen meines Geistes, nach lange anhaltenden Stürmen keine Wogen mehr bis zum Himmel hinauf schlagen, so bleibt dennoch ihre Oberfläche mit Furchen durchpflügt, bis völlige Meeresstille ihre Bewegung hemmt. Da haben Sie Dichtersprache, die sich besser in eine Ode<204> schickt, als in einen Brief. Ich kann es aber nicht ändern, mein lieber Mathematiker; Sie werden schon diese abgenutzte Vergleichung hinunterschlucken müssen, denn ich weiß in diesem Augenblick sie durch nichts Besseres zu ersetzen. Ich werde so alt und baufällig, daß ich zu nichts mehr tauge. Nicht Jedermann ist wie Fontenelle oder Voltaire oder der gute verstorbene Lord Marshall, welche sämmtlich die Starke und Lebhaftigkeit ihres Geistes in einem noch höhern Alter behielten, als zu welchem die Condé und Marlborough gelangten, die am Rande ihres Grabes kindisch waren. Bald wird es mir wie diesen Letzteren gehen, und wie Swift, den seine Bedienten für Geld zeigten. Und Don Joseph wird sagen: er hat es wohl verdient, von Joseph und wieder von Joseph, wenn man mit einem Mathematiker spricht, der sich so wenig um die Insekten bekümmert, die sich auf dieser lächerlichen Kugel einander zerfleischen, als wir andern Einfältigen uns um den fünften Mond des Saturns. etc."

20. Juni 1779

Schrieb und beendigte der König die "Denkwürdigkeiten des Krieges von 1778." (H. W. V. 185-304).

Die Generale von Buddenbrock und von Möllendorf, Prinz Friedrich von Braunschweig, der Minister von Finkenstein, Geheime-Rath Brenkenhof, und der Prinz Karl von Hessen, Dänischer General-Feldmarschall, in Potsdam.

Juli.

A.

Juli 1779

Der König in Potsdam (Sanssouci).

23. Juli 1779

Der König reiset Morgens um 5 Uhr mit dem General, Grafen von Görtz, den er zu sich in den Wagen nahm, nach dem im Rhinlug bei Neustadt a. d. D. neu angelegten Kolonien. Die Reise ging über Fahrland, Dürotz, Wustermark, Nauen, Königshorst, Seelhorst, Dechdau, Fehrbellin, Walchow,<205> Protzen, Manker, Garz, Barsichow, Bückewitz, Neustadt a. d .D., Siebersdorf, Klausiushof, Brenkenhof (3 Kolonien) bis zu den Bergen bei Stöllen. Hier stieg der König aus und übersah sämmtliche Kolonien, alsdann fuhr er weiter über Hohennauen nach Rathenow, wo er Nachmittags um 3 Uhr ankam und bis zum andern Morgen blieb.

Auf dieser Tour hatten die bekannten Unterredungen mit dem Hauptmann von Rathenow auf Karwese, dem Förster Brand und Oberamtmann Fromm Statt 205-+. In Protzen stieg der König aus und sprach mit dem daselbst sich zufällig aufhaltenden General von Zieten, so auch mit dem General von Kleist und dem Amtsrath Klausius.

24. Juli 1779

Von Rathenow reiste der König noch weiter ins Magdeburggische, besah einige Brücher, die noch urbar gemacht werden sollten, und kehrte über Ziesar und Brandenburg nach Potsdam zurück, wo er Nachmittags um 4 Uhr ankam.

?? Juli 1779

Die Generale von Saldern und von Thüna, Minister von Finkenstein und Freiherr von Riedesel in Potsdam.

B.

8. Juli 1779

Edict, daß die Dienste der Unterthanen durch Reglements und Urbarien bestimmt werden sollen.

August.

A.

1. August 1779

Der König in Potsdam (Sanssouci).

<206>

11. August 1779

Der Kur-Pfälzische Gesandte, Graf von ThörringSeefeld, und der Pfalz-Zweibrückische Gesandte, Baron von Hohenfels, beim König, welcher jeden mit einer Tabatiere von hohem Werth und mit dem Portrait des König geziert beschenkt. Sie waren jetzt vom Minister von Finkenstein eingeführt worden und Bevollmächtigte beim Teschner Frieden gewesen.

25. August 1779

Die reg. Herzogin von Braunschweig, Philippine, Schwester des Königs, der Prinz Friedrich von Braunschweig und dessen Gemalin, und die Prinzessin Amalie nach Potsdam zum König; sammtliche Herrschaften logiren im neuen Schloß in Sanssouci.

Der Minister von Sacken zum König nach Potsdam.

26. August 1779

Concert im neuen Schloß.

28. August 1779

Opera buffa.

31. August 1779

Kabinetsordre, unmittelbare Entscheidungen (Machtsprüche) betreffend. (S. oben unter Dezember 1774).

September.

A.

September 1779

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? September 1779

In den ersten Tagen dieses Monats gehen die Braunschweigischen Herrschaften nach Berlin, desgl. die Prinzessin Amalie.

5. September 1779

Kabinetsordre des Königs an den Minister von Zedlitz. "Mein lieber Etats-Minister Freiherr von Zedlitz. Da Ich gewahr geworden, daß bey den Schuhl-Anstalten noch viele Fehler sind, und daß besonders in den kleinen Schuhlen, die Rhetoric und Logic, nur sehr schlecht oder nicht gelehrt wird, dieses aber eine vorzügliche und höchst nothwendige Sache ist, die ein jeder Mensch, in jedem Stande, wissen muß, und das erste Fundament, bey Erziehung der jungen Leute sein soll, denn wer zum besten raisoniret, wird immer weiter kommen, als einer der falsche consequences ziehet : So habe Euch hierdurch, Meine eigentliche Willens Meinung da<207>hin bekannt machen wollen: Wegen der Rhetoric, ist der Quintilien, der muß verdeutschet, und darnach in allen Schuhlen informiret werden, sie müssen die jungen Leute traductions, und discourse selbst machen lassen, daß sie die Sache recht begreiffen, nach der Methode des Quintilien, man kann auch ein Abregé daraus machen, daß die jungen Leute, in den Schuhlen, alles desto leichter lernen, denn wenn sie nachher auf Universitaeten sind, so lernen sie davon nichts, wenn sie es nicht aus den Schuhlen schon mit dahin bringen: Zum Unterricht in der Logic, ist die beste im teutschen, von Wolff : solche ist wohl ein bisgen weitläuftig, aber man kann sie abregiren lassen: die ersten Schuhlen sind immer Schuld' dran, wenn die jungen Leute nichts lernen: die Lehrer lassen die jungen Leute nicht selbst arbeiten, sondern sie herumlaufen, und halten sie nicht genug zum lernen an: Lateinisch müssen die jungen Leute auch absolut lernen, davon gehe Ich nicht ab, es muß nur darauf raffinirt werden, auf die leichteste und beste Methode, wie es den jungen Leuten am leichtesten beizubringen; Wenn sie auch Kaufleute werden, oder sich zu was andern widmen, wie es auf das Genie immer ankommt, so ist ihnen das doch allezeit nützlich, und kommt schon eine Zeit, wo sie es anwenden können. In Joachimsthal, und in die andern großen Schuhlen, muß die logic durchgehends gründlich gelehrt werden, auch in den Schuhlen der kleinen Städte, damit ein jeder lernt einen vernünftigen Schluß machen, in feinen eignen Sachen: das muß sein: die Lehrer müssen sich auch mehr Mühe geben mit dem Unterricht der jungen Leute, und darauf mehr Fleiß wenden, und mit wahrem Attachement der Sache sich widmen, dafür werden sie bezahlet, und wenn sie das nicht gebührend thun, und nicht ordentlich in den Sachen sind, und die jungen Leute negligiren, muß man ihnen auf die Finger klopfen, daß sie besser attent werden: die Rhetoric nach den Quintilien und die logic, nach dem Wolff, aber<208> ein bisgen abgekürzt, und das lateinische nach den Autoribus classicis, muß mit den jungen Leuten durchgegangen werden, und so müssen sie unterrichtet werden, und die Lehrer und Professores, müssen das lateinische durchaus wissen, so wie auch das Griechische, das sind die wesentlichste Stücken mit, daß sie das den jungen Leuten recht gründlich beibringen können, und die leichteste Methode dazu ausfündig zu machen wissen : Ihr müsset daher, mit der Schuhl-Verbesserung in den großen Städten, als Königsberg, Stettin, Berlin, Breslau, Magdeburg etc. zuerst anfangen: Auch ist die Elisabeth-Schuhle zu Breslau, wo junge Leute gezogen werden, die hernach zu Schichtmeisters genommen werden können: bei den kleinen Schuhlen muß erst angefangen werden, denn da wird der Grund gelegt, die jungen Leute mögen hiernächst auf einen Juristen, Professor, Secretair, oder was es ist studiren, so müssen sie das alles, auch lateinisch wissen : Eine gute teutsche Grammatic, die die beste ist, muß auch bei den Schuhlen gebraucht werden, Es sei nun die Gotschedsche oder eine andere, die zum Besten ist :

Von großen Nutzen würde es sein, wenn die jungen Leute, so in einem Schuhlhause beständig beysammen wären, wofür die Eltern was gewisses bezahlten, so würden sie weit mehr lernen, als wenn sie zu Hause sind, wo sie die Eltern nur herum lauffen lassen: Wie im Joachimsthal, da können sie gut studiren, da sind sie immer bei einander: die rhetoric und logic ist für alle Stände, alle Menschen haben sie gleich nöthig, nur muß die methode des Unterrichts ein bisgen reformiret werden, damit die jungen Leute besser lernen : Und wenn ein Lehrer oder Professor, darin sich hervorthut, so muß man denn sehen, wie man dergleichen Lehrer auf irgend eine Arth avantagiret, daß sie aufgemuntert und die andern gereitzet werden, sich auch zu befleißigen, daß sie nicht so grob sind: die Autores classici müssen auch alle ins teutsche übersetzet werden, damit die jungen Leute eine<209> idée davon kriegen, was es eigentlich ist : sonsten lernen sie die Worte wohl, aber die Sache nicht: die guten Autores müssen vor allen übersetzet werden ins teutsche, als im Griechischen und lateinischen, der Xenophon, Demosthen, Salust, Tacitus, Livius, und von Cicero alle seine Werke und Schriften, die sind alle sehr gut, desgleichen der Horatius und Virgil, wenn es auch nur in Prosa ist : Im Französischen sind auch excellente Sachen, die müssen ebenfalls übersetzet werden; Und wenn denn die jungen Leute was gearbeitet haben, so muß das gegen die teutsche Übersetzung gehalten, und ihnen gewiesen werden, wo sie unrechte Wörter angebracht, und gefehlet haben : Gegenwärtig geschieht der Unterricht nur schlecht, und es wird nicht genug Attention auf die Erziehung in den Schuhlen gewant, drum lernen die Kinder auch nicht viel, die erste Fundamente sind nicht nutze: Wer zum besten raisoniren kann, wird immer zum weitesten kommen, besser als der, der nur falsche Schlüsse ziehet : Vor junge Leute, die beim commerce gehen wollen, sind so ein Hauffen gute Bücher, woraus sie das commerce einer jeden Nation in der ganzen Welt kennen lernen können : für Leute, die Officiers werden, ist die histoire nöthig, auch für andere Leute, und zwar muß solche gleich zum Anfang gelehrt werden: denn es sind abregés genug davon da, anfänglich muß man sie nur kurz unterrichten, und bei den alten Zeiten nicht zu lange sich aufhalten, doch so, daß sie eine Kenntniß von der alten Geschichte kriegen: Aber in den neueren Zeiten, da muß man schon etwas genauer damit gehen, damit die jungen Leute solche gründlich kennen lernen, und das gehet auch spielend an : In Ansehung der Geometrie, da sind schon andere Mittel, um ihnen solche zu lernen: Und was die Philosophie betrifft, die muß von keinen Geistlichen gelehret werden, sondern von Weltlichen, sonsten ist es eben so, als wenn ein Jurist einem Officier die Kriegskunst lehren soll : Er muß aber alle Systems mit<210> den jungen Leuten durchgehen, und durchaus keine neue machen : Von der metaphysic müssen Sie auch was durchgehen : Aber vom Griechischen und lateinischen gehe Ich durchaus nicht ab, bey dem Unterricht in den Schuhlen : Und die logic ist das allervernünftigste, denn ein jeder Bauer muß seine Sachen überlegen, und wenn ein jeder richtig dächte, das wäre sehr gut : die rhetoric muß den jungen Leuten, wie schon gesagt, ebenfalls gründlich beigebracht werden : Man muß auch darauf Acht geben, daß die Kinder fleißig in die Schule kommen, und wenn das nicht geschiehet, muß das den Vätern und Eltern gemeldet werden, daß sie sie dafür strafen, denn warum schicken sie sonst die Kinder in die Schuhle, als daß sie was lernen sollen, sonst können sie sie ja nur zu Hause behalten : Daß die Schulmeister aufm Lande, die relgion und die moral, den jungen Leuten lernen, ist recht gut, und müssen sie davon nicht abgehen, damit die Leute bei ihrer religion hübsch bleiben, und nicht zur Katholischen übergehen, denn die Evangelische religion ist die beste, und weit besser wie die Katholische, darum müssen die Schuhlmeister sich Mühe geben, daß die Leute attachement zur religion behalten, und sie so weit bringen, daß sie nicht stehlen, und nicht morden : Diebereyen werden indessen nicht aufhören, das liegt in der Menschlichen Natur: denn natürlicher Weise ist alles Volck diebisch, auch andere Leute, und solche, die bey den Cassen sind, und sonst Gelegenheit dazu haben : Im Lauenburgschen und Bütowschen, ist es noch mehr, wie an andern Orthen nöthig, die education der Kinder, in einer beßern Ordnung zu bringen, denn da fehlt es noch sehr daran : Im Altenburgschen ist eine sehr gute Erziehung, die Leute sind da alle so ordentlich und vernünftig : Wenn man von daher könnte Schuhlmeister kriegen, die nicht so theuer wären, so würde das sehr gut sein : Ihr werdet sehen, wie das zu machen steht : sonsten ist es auf dem platten Lande genug, wenn sie ein bisgen lesen und<211> schreiben lernen, wißen sie aber zu viel, so laufen sie in die Städte, und wollen Secretairs und so was werden : deshalb muß man aufm platten Lande, den Unterricht der jungen Leute so einrichten, daß sie das nothwendige, was zu ihrem Wissen nöthig ist, lernen, aber auch in der Arth, daß die Leute nicht aus den Dörfern weglauffen, sondern hübsch arbeiten : Nach dieser Meiner Willens Meinung und Vorschrift werdet Ihr daher bemüht sein, alles in den Schuhlen besser einzurichten, und zu reguliren, damit Meine Landes-Väterliche Intention, bestens erreichet wird. Ich bin übrigens Euer Wohl affectionirter König."

Potsdam, den 5. September 1779.
Friedrich.

11. September 1779

Die regierende Herzogin von Braunschweig von Berlin, wo sie Besuche bei der Königin, der Prinzessin Ferdinand etc. abgestattet hatte, nach Potsdam zurück.

14. September 1779

Der König nach Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, dann nach dem Gesundbrunnen, wo er übernachtet.

15. September 1779

Ganz früh nach dem Wedding, zu den Uebungen der Artillerie, dann nach Potsdam.

21. September 1779 bis 23. September 1779

Bei den Kriegsübungen bei Potsdam.

26. September 1779

Der König von Potsdam nach Friedrichsfelde, zur Taufe des daselbst am 16ten dem Prinzen Ferdinand gebornen Prinzen. Der König war Taufzeuge, hielt selbst den Prinzen über die Taufe und gab ihm die Namen : Friedrich Wilhelm Heinrich August. Die übrigen Taufzeugen waren: die Königin, die Kaiserin von Rußland, die verwittwete Prinzessin von Preußen, Prinz und Prinzessin von Preußen, der Prinz Heinrich, die Prinzessin Amalie, die regierende Herzogin von Braunschweig, und mehrere nicht anwesende fremde fürstliche Personen.

Nach der Tafel und der Taufe geht der König nach Potsdam zurück.

?? September 1779

In Potsdam waren in diesem Monat beim König : die Gene<212>rale von Buddenbrock, von Zaremba, der Ober-Stallmeister von Schwerin, Minister von Schulenburg, und der Preuß. Gesandte am Russischen Hofe Graf Solms, Prinz Friedrich Ludwig von Würtenberg, Prinz von Hohenlohe aus Breslau etc.

Oktober.

A.

Oktober 1779

Der König in Potsdam (Sanssouci).

7. Oktober 1779

Der König an d'Alembert :

"Damit Sie nicht glauben, als wenn nach dem Tode unsers Patriarchen (Voltaire) gar Niemand mehr im Weinberge des Herrn arbeite, so schicke ich Ihnen mit diesem Briefe ein Product der Brüder von der Ostsee, die so viele Steine als sie können sammeln, um ihren Feind damit zu steinigen. Dieser Commentar 212-+ ist nach den Grundsätzen eines Huet, Calmet, Labadie, und so vieler andern Träumer gemacht, deren verwirrte Einbildungskraft sie in gewissen Büchern etwas finden ließ, das nie darin enthalten war. - Das zweite Werk 212-++ entwickelt den Grund der Bande der Gesellschaft und den Grund gewisser Pflichten, wenn man im gesellschaftlichen Vereine lebt und beisammen wohnt. etc.

Voltaire's Büste, deren Sie erwähnen, macht mir große Lust, sie zu kaufen; hätte nur nicht der Krieg, aus dem wir so eben kommen, uns für einige Zeit aufs Trockene gesetzt. Das wäre so etwas fürs künftige Jahr, wo die Federn uns wieder wachsen. Sie kennen das Sprüchwort: Kein Geld, keine Schweizer; kein Geld, keine Büste. - etc. Sie zeigen mir, wiewohl entfernt, die Hoffnung, den Anaxagoras noch einmal hier wieder zu sehen. etc. Jedoch, wenn die Reise zu<213> lange aufgeschoben wird, könnte es sich fügen, daß Sie mich nicht mehr anträfen; ich bin alt, abgelebt und kraftlos. Um meinen Lebensfaden abzuschneiden, braucht der Tod seine Sense nicht; es ist nur der Faden einer Spinne, den man ohne Mühe zerreißen kann. Allein das macht mir keinen Kummer; etwas früher oder später werden wir, die folgende Generation und die ganze Nachwelt, und Circulus circulorum, alle werden den nämlichen Weg betreten, den uns unsere Vorfahren zeigten, als sie ihn zuerst betraten. etc. Kommen Sie also bald, oder Sie finden mich nicht mehr zu Hause. etc."

B.

Oktober 1779

In Potsdam waren Prinz von Hohenlohe, Kammerherr von Boskamp.

In diesem Monat starb zu Schönebeck bei Magdeburg der Minister Fr. Wilhelm von Derschau, 56 Jahr alt.

November.

A.

November 1779

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

9. November 1779

Der König schenkt der Prinzessin Amalie zu ihrem Geburtstag eine kostbare Tabatire.

?? November 1779

Bei ihm, fanden sich auf kurze Zeit ein : die Minister von Heinitz, und von Schulenburg, der Geh.-Rath von Brenkenhof, der General-Major von Wartenberg.

B.

28. November 1779

Stirbt in Stolpe der General Wilhelm Sebastian von Belling, 61 Jahr alt.

Dezember.

A.

Dezember 1779

Der König in Potsdam.

3. Dezember 1779

Der König an d'Alembert: "Sie fällen über diese unvollkommenen Produkte (den Commentar etc. und die Briefe über die Vaterlandsliebe) ein zu<214> günstiges Urtheil. Was kann Gutes aus dem Gehirn eines alten Mannes kommen, der kein Gelehrter ist etc., dessen Sinne und Gedächtniß täglich abnehmen, und der in Kurzem zu Mylord Marshall, Voltaire und Algarotti sich begeben wird. etc. Mit Vergnügen nehme ich die Hoffnung an, den Anaxagoras noch vor meinem Tode wieder zu sehen, allein ich sage ihnen, es ist keine Zeit zu verlieren. Mein Gedächtniß fängt an zu schwinden, mein Haar färbt sich weiß, mein Feuer erlischt, und bald wird nichts mehr von dem sogenannten Philosophen von Sanssouci übrig sein. Darum aber sollen Sie nicht mit geringerer Herzlichkeit aufgenommen werden."

7. Dezember 1779

Ankunft des Königs in Berlin. Gleich nachher ertheilt er dem Kaiserl. Gesandten Freiherrn von Reviczky-Rewitznie Audienz, stattet nachher der Prinzessin Amalie einen Besuch ab und speist bei ihr.

8. Dezember 1779

Große Tafel bei dem König.

9. Dezember 1779

Der König ernennt den Geh.-Finanz-Rath Michaelis zum wirklichen Geh.-Etats-Minister.

11. September 1779

Nachdem der König das Urtheil des Kammergerichts in der allgemein bekannten Müller Arnoldschen Prozeßsache am 10ten zugeschickt erhalten und daraus ersehen hatte, daß es gegen den Arnold ausgefallen war, befahl er sogleich, daß der Großkanzler von Fürst mit den drei Kammergerichts-Räthen, welche das Urthei! in der Sache des Müllers Arnold minutirt hätten, Nachmittags 2 Uhr (Sonnabend, den 11ten) zum König komnnen sollten. Obgleich das Urtheil von mehreren Räthen gesprochen worden war, so wurden davon nur drei ausgewählt; es waren Graun, Friedel und Ransleben. Diese begaben sich nun zur bestimmten Stunde mit den, Großkanzler von Fürst nach dem Schlosse zum König. Sie fanden ihn, vom Chiragra viel Schmerzen leidend, auf dem Sopha liegend, im heftigsten Zorn, und den Kabintsrath Stelter schon zum Schreiben bereit sitzend. Der König fragte die drei Räthe beim Eintreten : "Seid Ihr die<215>jenigen, welche die Arnoldsche Sentenz gemacht haben?" und nachdem sie dies bejahet, fing er sogleich an, das nachhergedruckt erschienene Protocoll 215-+ zu dictiren, und legte den Räthen folgende Fragen vor, indem er ihnen zugleich befahl, sie Mit Ja oder Nein zu beantworten.

1) Wenn man eine Sentenz gegen einen Bauer sprechen will, dem man seinen Wagen und Pflug und Alles genommen hat, wovon er sich nähren und seine Abgaben bezahlen soll; kann man das thun? Wurde von den drei Räthen mit Nein beantwortet.

2) Kann man einem Müller, der kein Wasser hat, und also nicht mahlen und auch nichts verdienen kann, die Mühle deshalb nehmen, weil er keine Pacht bezahlt hat; ist das gerecht? Wurde auch mit Nein beantwortet. Darauf dictirt der König weiter: "Hier ist nun aber ein Edelmann, der will einen Teich machen, und um mehr Wasser in dem Teich zu haben, so lasset er einen Graben machen, um das Wasser aus einem kleinen Fluß, der eine Wassermühle treibet, in seinen Teich zu leiten, der Müller verliert dadurch das Wasser, und kann nicht mahlen, und wenn das noch möglich wäre, so ist es, daß er im Frühjahr 14 Tage und im späten Herbst auch etwa 14 Tage mahlen kann. Dennoch wird prätendirt, der Müller soll seine Zinsen nach wie vor geben, die er sonst entrich<216>tet hat, da er noch das volle Wasser von seiner Mühle gehabt. Er kann aber die Zinsen nicht bezahlen, weil er die Einnahme nicht mehr hat. Was thut die Cüstrinsche Justiz? sie befiehlt, daß die Mühle verkauft werden soll, damit der Edelmann seine Pacht kriegt; und das hiesige Kammergerichts-Tribunal approbirt solches! Das ist höchst ungerecht, und dieser Ausspruch Sr. Königl. Maj. Landesväterlichcn Intention und gar entgegen; Höchstdieselben wollen vielmehr, daß Jedermann, er sei Vornehm oder geringe, reich oder arm, eine prompte Justiz administrit, und einem jeglichen Dero Unterthanen ohne Ansehn der Person und des Standes ein unparteyisches Recht widerfahren soll. Se. Königl. Maj. werden daher in Ansehung der wider den Müller Arnold abgesprochenen und hier approbirten höchst ungerechten Sentenz ein nachdrückliches Exempel statuiren, damit sämmliche Justiz-Collegia in allen Dero Provinzen sich daran spiegeln und keine dergleichen grobe Ungerechtigkeiten begehen mögen; denn sie müssen nur wissen, daß der geringste Bauer, ja was noch mehr ist, der Bettler eben sowohl ein Mensch ist, wie Se. Maj. sind, und dem alle Justiz muß widerfahren werden, indem vor der Justiz alle Leute gleich sind, es mag sein ein Prinz, der wider einen Bauer klagt oder auch umgekehrt, so ist der Prinz vor der Justiz dem Bauer gleich. Und bei solchen Gelegenheiten muß pur nach der Gerechtigkeit verfahren werden, ohne Ansehen der Person. Darnach mögen sich die Justiz Collegia in allen Provinzen nur zu richten haben, und wo sie nicht mit derr Justiz ohne alles Ansehen der Person und des Standes geradedurch gehen, sondern die nalürliche Billigkeit bei Seite setzen; so sollen sie es mir Sr. Königl. Maj. zu thun kriegen. Denn ein Justizcollegium, das Ungerechtigkeiten ausübt, ist gefährlicher und schlimmer wie eine Diebsbande, vor die kann man sich schützen, aber vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um<217> ihre üble Passiones auszuführen vor die kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger wie die größten Spitzbuben, die in der Welt sind, und meritiren eine doppelte Bestrafung. Uebrigens wird den Justiz-Collegiis zugleich bekannt gemacht, daß Se. Maj. einen neuen Groß-Canzler ernannt haben. Höchstdieselben werden aber demohneracht in allen Provinzen sehr scharf dahinter her seinn, und befehlen auch hiermit auf das nachdrücklichste. Erstlich: daß alle Prozesse schleunig geendigt werden. Zweitens: daß der Name der Justiz durch Ungerechtigkeiten nicht profanirt werde. Drittens: daß mit einer Egalité gegen alle Leute verfahren wird, die vor die Justiz kommen, es sei ein Prinz oder ein Bauer, denn da muß alles gleich sein. Wofern aber Se. König!. Maj. in diesen Stücken einen Fehler finden werden, so können die Justiz-Collegia sich nur im voraus vorstellen, daß sie nach Rigueur werden gestraft werden, sowohl der Präsident als die Räche, die eine so üble mit der offenbaren Gerechtigkeit streitende Sentenz ausgesprochen haben. Wornach sich also sämmtliche Justiz-Collegia in allen Dero Provinzen ganz eigentlich zu richten haben.

Berlin, den 11. Dezember 1779.
Friedrich."

Der Großkanzler von Fürst wurde noch vor Beendigung des Protocolls in höchster Ungnade entlassen und mußte sich entfernen, und die drei Räthe wurden nach dem Schloß desselben "ach dein Stadtgefängniß geschickt. Der Minister von Zedlitz erhielt den Befehl, den Prozeß gegen diese Räthe etc. instruiren zu lassen, wobei ihm der König die ganze Sache - nach seiner Ansicht - auseinander setzte 217-+.

<218>

12. Dezember 1779

15ten, 19ten, 22sten, 26ten Cour und Tafel bei dem König.

21. Dezember 1779

Kabinetsordre des Königs an den Geh.-Finanzrath Tarrach, die Belebung etc. des Gewerbwesens in Westpreußen betreffend. Sie ist in doppelter Hillsicht äußerst merkwürdig, sowohl als Beweis von der tiefen Kenntniß des Königs in diesem Fache und seines eifrigen Strebens, das Wohl seines Volks zu befördern, als auch wegen des Zeitpunkts, in welchem er sie erließ, und wo ein ganz anderer Gegenstand - das Justizwesen - ihn auf das Angelegentlichste beschäftigte und sein ganzes Gemüth) erfüllt hatte, Sie befindet sich im II. Thl. unserer Beiträge, S. 303-306.

25. Dezember 1779

Beruft der König den Justiz-Minister von Carmer aus Schlesien nach Berlin, indem er ihn zum Großkanzler ernennt.

Der König schenkt dem "General von Ramin wieder eine ansehnliche Summe Geld zur Bezeigung seiner besondern Zufriedenheit.

Wie gewöhnlich besieht der König auch während seines jetzigen Aufenthalts in Berlin die Wachtparaden.

26. Dezember 1779

Der König unterhält sich mit den beiden Akademikern Formey und Merian, welche er zu sich rufen lassen, über Philosophie, Theologie und viele andere Gegenstände, (Formey Souvenir d'un Citoyen I. 123).

?? Dezember 1779

Diesen Monat befanden sich beim König, theils in Potsdam, theils in Berlin : der Geh.-Rath von Brenkenhof, der Dänische General-Lieutenant und Commandant von Lübeck Graf von Chasot (in Berlin, er war bis 1752 in Preuß. Diensten gewesen; s. I. Abthl., S. 116, 117) und der Markgraf von Schwedt (in Berlin zum Carneval).

B.

27. Dezember 1779

Justiz-Minister von Carmer kommt aus Breslau in Berlin an.<219> Anfang des Carnevals. Sonntag: Cour bei der vervittweten Prinzessin von Preußen; Montag: Oper; Dienstag: Redoute; Mittwoch: Mittags Cour bei dein König und Abends Französisches Schauspiel; Donnerstag: Cour bei der Königin; Freitag: Oper; Sonnabend: Ruhe 219-+.

Die Opern waren : 1) Rodelinde, 2) Artemisia. Die Französischen Comödien : les femmes savantes und Zaire.

<220>

10-+ Diese Schrift ist die Instruction morale à l'usage de la noblesse. Darin sagt der König unter andern, daß man vorzüglich dahin trachten soll, die jungen Leute für die Tugend zu begeistern.

101-+ S. oben unter Januar und Februar die Briefe des Königs an Voltaire und die Note.

103-+ Es ist vom König selbst. Es befindet sich in Band I. der Deutschen Supplemente S. 215. In des Secretair Villaume's Besitz befand sich ein Drama : Louis XIV aux Champs Elysées. S. Preuß: Friedrich als Schriftsteller S. 9. Sollte hier vielleicht Louis XIV ein Schreib- oder Druckfehler und dies das eben erwähnte sein? Der Dialog, dessen d'Alembert in seinem Briefe vom 31. Oktober 1774 erwähnt, in welchem ein großer Herr redend eingeführt wird, und von einer Person die Rede ist, welche d'Alembert skoptisch eine große Königin nennt, die in einem gewissen glänzenden Stammregister, das ein wenig verdächtig ist, einen Platz gefunden, ist wohl kein anderer als dieser; der große Herr, Ludwig XV, und die sogenannte Königin, die Pompadour oder die du Barri. P. Preuß in: Friedrich als Schriftsteller S. 151 hält den von d'Alembert erwähnten Dialog für einen andern, der noch nicht aufgefunden worden.

106-+ Gespräch zwischen der Jungfrau Maria und der Marquise de Pompadour. Es befand sich in Villaume's Besitz. (Preuß, Friedrich als Schriftsteller, S. 9).

107-+ In gleicher Art erklärt sich der König gegen jeden Machtspruch in der Kabinetsordre vom 31. Aug. 1779 (Hymmen VII. 131) und vom 4. Juli 1780 (ibid. 130). In dem Entwurf eines allgem. Gesetzbuches, Berlin 1784, Thl. I, S. 18, §. 6 der Einleitung heißt es: "Durch Machtsprüche soll Niemand in seinen Rechten gekränkt werden." Und schon in dem Codex Friedericiani von 1748 ist Thl. I, Tit. Vl, Sect. 1 dasselbe gesagt. Vergl.: Tagebuch I. Abthl., S. 154.

110-+ Es wurde später dem Deutschen Schauspiel gewidmet, und darin am 4. Dezember 1776 zum ersten Male von der Döbbelinschen Gesellschaft gespielt. Im Jahre 1800 wurde es abgetragen, und an dessen Stelle ein größeres erbaut, welches den 1. Januar 1802 eröffnet ward. Dieses brannte den 29. Juli 1817 ab. Das jetzige wurde 1818 zu bauen angefangen und den 26. Mai 1821 eröffnet.

111-+ Aus d'Alembert's Antwortschreiben vom 7. Febr. ersieht man, daß der König ihm sein Bild überschickt hatte; es stellte den König, wie d'Alembert schreibt, in seinem Kabinette vor. (Man hat ein von F. Carstens gestochenes Blatt, auf welchem der König an einem Tische sitzend und schreibend abgebildet ist. Es hat die Überschrift : Le Philosophe de Sanssouci. Vielleicht ist dies eine Copie von jenem an d'Alembert übersandten Bilde). Zwölf Jahre früher hatte er ihm sein Bild, welches ihn an der Spitze seines Heeres darstellte, übersandt.

113-+ Le Partage de la Pologne en sept dialoques en forme de Drame ou conversation entre des personnages distinqué etc. par Gotlieb Pansmouser etc., traduit de l'anglois. A Londres 64 p. 8. Es existirt davon auch eine Deutsche Uebersetzung.

115-+ Des Königs.

116-+ Dem Herzog von Lauzun und Baron Montmorency-Laval (s. den Brief vom 22. Februar). In obigem Brief fährt der König auf eine höchst ergötzliche Weise fort, den Dünkel und die Eitelkeit der Franzosen, und besonders den Kleinigkeitssinn der Elegants und sogenannten Leute von gutem Ton, zu persifliren. (H. W. XI. 191-194).

118-+ Des Königs.

118-++ Anna Dorothea, geh. Liszewska, eine berühmte Historienmalerin in Berlin.

120-+ Geschichte meiner Zeit.

121-+ Dieser berühmte Schauspieler verdankte seine Ausbildung dem Herrn von Voltaire. Die Geschichte derselben findet man in Condorcet's Leben Voltaire's, S. 517, zugleich auch einige merkwürdige Nachrichten über Voltaire.

123-+ 1515-1547!

123-++ 1624-1660.

126-+ Pauw war den 9. August 1733 in Amsterdam geboren. Durch seine philosophischen Schriften über die Amerikaner, Aegypter und Chinesen hatte er sich Ruhm erworben. Bei seiner großen Vorliebe für Stille und Einsamkeit konnte es ihm an dem Hofe eines Königs nicht gefallen, so wenig geräuschvoll dieser auch sein mochte; er sehnte sich nach Westphalen zurück, und nahm deshalb eine Pension von 1000 Thlr., die ihm der König bot, nicht an, sondern ging, nachdem er kaum 6 Monat in Potsdam gewesen war, nach Xanten zurück. Hier verlebte er seine Tage in philosophischer Ruhe und Einsamkeit und beschäftigte sich mit seinen Schriften, die 1795 in Paris in 7 Theilen unter dem Titel: Recherches philosph. sur les Grecs et les Americains etc., erschienen. Auch hat er eine Geschichte der Deutschen geschrieben, aber nicht vollendet. Er starb den 7. Juli (nach Andern den 5ten) 1799 zu Xanten. Auf dem Kirchhofe daselbst hat ihm die Französische Regierung ein Monument errichten lassen.

128-+ Beiname, den der König d'Alembert zu geben pflegte.

132-+ Unsere Quelle (Mathis Monatsschrift XI. 267) giebt dies Datum an, es dürfte aber vielleicht wohl der 23. November heißen.

136-+ Nach Beendigung der Besprechung über die Justiz-Verbesserung unterhielt sich der König mit dem Präsidenten noch über andere Gegenstände, unter andern über die schicklichsten Mittel, dem Verbrechen des Kindermordes vorzubeugen.

137-+ Der König meint das 1769 in Schlesien enichtete Creditsystem. Siehe Rödenbeck's Beitrage Thl. II. S. 380.

141-+ Es ist hier von einem untergeschobenen Briefe die Rede, welchen der König an d'Alembert geschrieben haben soll, in welchem die Franzosen herabgesetzt, Voltaire ein altes Weib und die Berliner Akademie dummköpfig genannt wird. Er steht in de la Veaux : Vie de Frédéric II etc. Strasbourg, 1788, Tom IV. p. 257.

143-+ Mademoiselle d'Espinasse. S. oben I. Thl. II, Abthl. S. 542. Von ihren vortrefflichen Briefen ist 1809 eine Deutsche Uebersetzung in 2 Bänden von Spazier erschienen.

15-+ Siehe oben II. Abtheilung, Seite 211.

151-+ La Bible enfin expliquée par plusierurs Aumoniers de Sa Maj. le Roi de Prusse etc. Ettingersche Ausgabe von Volt. oeuv. T. 34, 35.

151-++ Die in diesem Briefe und in dem nachstehenden an d'Alembert erwähnten Verse scheinen verloren zu sein.

152-+ Dieser Brief steht in den hinterlassenen Werken unter dem 26. Oktober 1777. Er gehört aber offenbar hierher ins Jahr 1776, und ist eine Antwort auf d'Alembert's Brief vom 7. Oktober 1776. Auch beweisen es schon die beiden ersten Zeilen von d'Alembert's Antwort vom 14. November 1776, und mehrere Stellen dieses Briefes, so wie sein Schreiben vom 27. November 1777.

152-++ Madame Geoffrin, eine an Geist und Herzen gleich verehrungswürdige Frau; d'Alembert hatte dreißig Jahre ihre Freundschaft genossen. Schon im Jahre 1760, wo seine Glücksumstände unter dem Mittelmäßigen waren, hatte sie ihm ein Einkommen von 600 Liv. ausgesetzt und fügte noch eine Leibrente von 1300 Liv. hinzu, die er nach ihrem Tode genießen sollte. Auf gleiche Weise unterstützte sie noch mehrere Gelehrte, Künstler und viele andere Personen. Sie starb gegen Ende Oktobers 1777. Geboren war sie am 2. Juni 1699.

154-+ Hier muß des Königs Brief vom 22sten gemeint sein, in welchem er über den Ritter d'Eon scherzt.

154-++ Wenn der König hier einen andern Brief von d'Alemdert meint, als den vom 7. Oktober (den er wieder gelesen), so muß er verloren gegangen sein.

158-+ Voltaire hatte bekanntlich in den letzten Jahren seines Lebens, seiner Schriften wegen, viel Verfolgung von der Geistlichkeit zu erleiden.

16-+ Der Titel ist: Système de la nature ou des lois du monde physique et du monde moral, London. 1770. Der wahre Verfasser davon ist lange unbekannt geblieben. Man hat Mirabeau und auch La Grange dafür gehalten. Jetzt weiß man aber, daß Paul Thiry Baron von Holbach (geb. 1723 in der Pfalz, gest. 1789 zu Paris) das Werk verfaßt hat. Grimm er Diderot Correspond. P.III. T. V. p. 212). Es sind dagegen viele Widerlegungen erschienen, welche in Krug's Handb. der philosophischen Wissenschaften Thl. II. 391 angeführt sind. Die Widerlegung des Königs steht im 6. Thl. der H. W. Seite 111 - 136.

165-+ Adriani war aus einer sehr guten Familie in Kleve, und unter König Friedrich Wilhelm I wegen seiner ansehnlichen Größe zum Militärdienst gezwungen worden. Seit 1757 war er Feldwebel der Leibcompagnie des Königs beim ersten Bataillon Garde, und hatte 20 Jahr lang bis jetzt dem König, als seinem Hauptmann, täglich des Morgens um 5 Uhr den Rapport von der Compagnie übergeben. Er hatte alle Feldzüge mitgemacht. Sein Tod erfolgte 1781.

166-+ Der König hatte prophezeiht, daß der Kaiser Joseph auf seiner Reise nach Frankreich auch Voltaire'n besuchen würde, was aber nicht geschah.

166-++ Versuch über die Regierungsformen etc. H. W. VI. 45 - 74.

169-+ Zu Querbach, wo jetzt ein bedeutendes Blaufarbenwerk in Betrieb ist.

169-++ Zu Schreibershau in dem Prellerschen Vitriolwerk.

169-+++ Der Inspector Jacobi.

169-† Die schon oben angeführte Schrift : Versuch über die Regierungsformen etc. Johannes von Müller sagt von dieser Schrift: "Es ist auf diesen wenigen Bogen ein unglaublicher Reichthum von Gedanken zusammen gedrängt. Gleichwie der Marschall von Sachsen das Werk Onosander's bei sich zu tragen und es sein Brevier zu nennen pflegte; so sollte diese Abhandlung das tägliche Manual der Könige und Fürsten sein." (Müller's sämmtliche Werke X. 105). Sie ist so wichtig und reichhaltig, daß sie keines Auszugs fähig ist, "tot verba, tot pondera."

171-+ Dem Datum nach muß dies eine andere Schrift sein, als die über die Regierungsformen, oder der oben erwähnte Brief vom September, h. W. 238, müßte vielleicht gar nicht, und an dessen Stelle dieser, vom 5. Oktober, abgeschickt worden sein.

175-+ Die Bibliothek stand vorher in dem Seitengebäude des Schlosses im Lustgarten, über der Hofapotheke.

175-++ Unter dem 28. Novbr. entschuldigt sich d'Alembert gegen den König in folgenden Worten : "In der Betrübniß, worin mich mein im vorigen Jahre erlittener Verlust (der Mad. Geoffrin durch den Tod) stürzte, eröffnete ich Ew. Majestät mein Herz, deren Güte mir so sehr bekannt ist. Sie waren so gnädig, mir in zwei Briefen zu antworten, die so voll Einsicht, Gefühl und Weisheit waren, daß ich Erleichterung meines Schmerzes zu finden glaubte, wenn ich meinen Freunden diese Briefe mittheilte. Ich ließ sie also dieselben lesen, und dies bewirkte in ihnen, ohne Uebertreibung, Sire, die zärtlichste Verehrung gegen Ew. Majestät, so daß einige derselben bis zu Thränen gerührt wurden. Sie baten mich um Abschriften, in der gewissen Ueberzeugung, daß diese Briefe alle, die sie lesen, mit eben den Gesinnungen erfüllen würden, von denen sie sich selbst durchdrungen fühlten. Allein ich verweigerte ihnen diese Abschriften; nur Zweien oder Dreien gab ich aus diesen Briefen einen Auszug von den Stellen, die sich durch ihr Interesse, durch Moralphilosophie, durch Empfindung, und kurz durch alles das auszeichnen, was am meisten Liebe und Ehrfurcht gegen ihren erhabenen Verfasser zu erwecken vermag. Diese Auszüge wurden in einem Journale gedruckt, ohne daß ich daran Theil hatte; aber, Sire, um Ihnen die Wahrheit zu gestehen, bereuen konnte ich es nicht, wegen der allgemeinen Wirkung, welche sie bei allen, die sie lasen, hervorbrachten. Bin ich strafbar, so bin ich es darum, weil ich, wenn es möglich ist, die Anzahl von Ew. Majestät Bewunderern noch vermehrt habe; aber ich kann nicht glauben, daß mich ein Fehler dieser Art in Dero Augen zum Verbrecher mache. Wenigstens muß die That in der Absicht ihre Entschuldigung finden, etc."
In Rücksicht aller andern Briefe versichert d'Alembert, daß er Niemandem Abschriften davon gegeben habe, und wenn dergleichen erxistirten, so müßten sie von den Postbedienten herrühren, welche, wie der König ihm selbst gemeldet, mehrere seiner Briefe erbrochen Hütten.
Trotz dieser treuherzigen Entschuldigung scheint der König dadurch noch nicht wieder besänftigt worden zu sein, wie sein nächstfolgender Brief vom 20. Dezbr. beweist.

178-+ Der König meint die Alchymisten.

179-+ Dies war von d'Alembert in seinem Brief vom 27. Novbr. geschehen; den vom 28sten, darin sich d'Alembert entschuldigt, hatte der König jetzt noch nicht erhalten, oder fand nicht für gut, ihn zu beantworten. Auch könnte es sein, daß dieser Brief d'Alembert's ein falsches Datum hat und später geschrieben ist, denn man sieht aus einem Briefe d'Alembert's vom 30. Januar 1773, daß der König ihm kurz vorher wieder geschrieben hatte, welcher Brief des Königs aber, so wie mehrere in dieser Zeit (bis Dezember 1778) von ihm geschriebene Briefe verloren gegangen sein müssen.

181-+ Dies ist der letzte Brief des Königs an Voltaire, da dieser bald nachher starb. Voltaire's letzter Brief an den Konig ist vom 1. April.

182-+ In Sanssouci im Jahr 1748. Das große Bassin zur Sammlung des Wassers ward auf dem bei Bornftedt befindlichen Hönenberg (auch Hünen- und in neuerer Zeit Ruinenberg genannt) angelegt, wo es noch zu sehen ist. Daß nach sechsjährigen Arbeiten und Aufwendung vieler Tausend Thaler das Werk nicht zu Stande kam, ist bekannt. Merkwürdig ist dabei, daß ein aus Holland nach Potsdam berufener Wasserkunstverständiger Namens Heinze die bereits 1725 von Sutton Nicholls in London bekannt gemachte Methode, mittelst der Dämpfe von kochendem Wasser anderes Wasser in die Höhe zu bringen, in Anwendung bringen wollte. Sein Plan ward aber nicht angenommen.

19-+ Dieser Prinz, nachheriger König Friedrich Wilhelm III, ward des Morgens (nach der Vossischen Zeitung vom 7. Aug. : "in der Nacht um ein Viertel auf 3 Uhr;" nach der Spenerschen Zeitung vom 4. Aug.: "um 6 Uhr Morgens") in Potsdam geboren und zwar in dem an der Ecke des Neuen Markts und der Schwertfegergasse gelegenen ehemals Lehmannschen Hause, welches 1765 mit dem an der andern Ecke des Neuen Markts, dem Königl. Reitstall gegenüber befindlichen, vorher Krumbholzischen Hause in Eins zusammen gezogen, ausgebaut, und zur Wohnung für den damaligen Prinzen von Preußen, nachmaligen König Friedrich Wilhelm II, eingerichtet wurde. Jenes, das ehemals Brauer Lehmannsche Haus, enthielt die Zimmer der Prinzessin, dieses (das Krumbholzische) die des Prinzen von Preußen, ihres Gemals.
     Die Geburt des Prinzen erregte eine allgemeine Freude. Sie wurde der Stadt an demselben Morgen um 8 Uhr durch Trompeten- und Paukenschall von dem Thurm der Nicolaikirche bekannt gemacht; und von dem Glockenspiel der Garnisonkirche ertönte bald nachher das Herr Gott Dich loben wir. In Berlin wurde dieses erfreuliche Ereigniß den Einwohnern durch dreimalige Abfeuerung von 24 im Lustgarten ausgefahrnen Kanonen bekannt gemacht.
     Von den bei dieser Gelegenheit erschienenen Gedichten verdienten manche der Vergessenheit entzogen zu werden; darunter folgendes :

191-+ Sie ist nachher bei Decker in Berlin Französisch und Deutsch im Druck erschienen, befindet sich auch in Friedrich's d. Gr. bei seinem Leben gedruckten Werken, Berlin, Decker, 1790, III. 190-222.

193-+ d'Alembert's Antwort auf diesen Brief ist vom 3. Januar 1779, folglich gehört er wohl in diesen Monat. In den Oeuv. post. fehlt er, in der Deutschen Ausgabe von 1789 steht er XI. 248. Dagegen fehlt hier des Königs Brief vom 29. Januar 1779, darin er eines "gewissen Traumes" erwähnt, den er (der König) in Verse bringen solle. (Oeuv. post.h. XI. 276).

195-+ Alles nach Oestreichischen Berichten. Die Erzählung dieses Vorfalls von Friedrich d. Gr. in dessen hinterl. W. V. 234 etc., Deutsche Ausgabe von 1789 und Französische Tom. V. p. 277 etc. ist von einem Preuß. Officier berichtigt worden. Im I. Bande meiner Beiträge S. 306 -310 ist diese Berichtigung mitgetheilt.

198-+ Es findet sich noch auf Münzen von 1749.

20-+ Dieser Brief, und der folgende an Voltaire, sind beide in den hinterl. Werken d. K. vom 18ten datirt, das aber nicht richtig sein kann, da aus beiden hervorgeht, daß sie vor des Königs Reise nach Schlesien, die er schon den 15ten antrat, geschrieben worden. So muß auch das Datum in d'Alembert's Brief - Paris, den 12. August - auf welchen die obige Beantwortung des Königs erfolgte, falsch sein, denn schwerlich konnte jener Brief vom 12. bis 15. August von Paris in Potsdam anlangen.

20-++ Auf des Königs Anfrage an d'Alembert (s. oben bei dem 28. Juli), wie viel er zu der Büste Voltaire's beizutragen habe, antwortete derselbe: "Ew. Maj. verlangen zu wissen, wie viel wir von Ihnen zu diesem Denkmale wünschen? Einen Thaler, Sire, und Ihren Namen, den Sie uns auf eine so würdige und großmüthige Art bewilligen. Der Marschall von Richelieu hat 20 Louisd'or gegeben; an Subscribenten fehlt es uns nicht, allein ohne die Ihrige würden sie nichts sein, und wir werden mit Dank annehmen, was Ew. Majestät zu geben geruhen.
N. S. So eben hat die Französische Akademie einmüthig beschlossen, daß der Brief, womit Ew. Maj. mich beehrt haben, in ihre Verhandlungen als ein dem Herrn von Voltaire und den Wissenschaften ehrenvolles Denkmal soll eingerückt werden. Sie hat mir ausgetragen, Ihnen ihren unterthänigsten Dank und ihre tiefste Ehrfurcht zu Füßen zu legen."
Der König überschickte 200 Thaler.

201-+ Ein Schreiben aus Pleß vom 19. Mai 1779 in der Boßischen Zeitung d. J. Nr. 66 meldet, daß an demselben Tage Se. Majestät auf der Retour nach Breslau in dieser Stadt gewesen, sich jedoch nicht aufgehalten, und nach einem "gracieusen Gespräch" mit dem dasigen Fürsten von Anhalt weiter gereis't sei.

201-++ Diese Specialien theilt der Pastor Ehrhardt zu Beschine im Journal von und für Deutschland 1787, II. 348 mit.

201-+++ de Launay sagt: "Ich fand ihn noch mit Staub bedeckt und schon mit der Vorsorge für sein Volk beschäftigt." Er fragte den auch gegenwärtigen Geh.-Finanzrath Michaelis: warum nach der Sächsischen Grenze hin noch so viel unbebaute Striche Land wären? Als ihm geantwortet wurde, daß diese Striche armen Edelleuten oder Gemeinheiten zugehörten, die nicht im Stande wären, sie urbar zu machen, erwiederte der König: "Warum hat man mir das nicht gesagt? Man wisse doch ein für alle Mal, daß wenn in meinen Staaten etwas über die Kräfte der Unterthanen geht, es mir obliegt, die Kosten über mich zu nehmen, und sie nichts weiter zu thun haben, als die Früchte davon einzusammeln. Ich assignire hiermit 30000 THlr., um diese Ländereien urbar zu machen, und wenn daß nicht hinreicht, will ich mehr geben." de Launay irrt, wenn er sagt, diese Unterredung habe in Potsdam Statt gehabt. Der König ging erst den 2. Juni nach Potsdam.

203-+ Eloge de Milord Maréchal par d'Alembert. à Pais 1799. 8. 99 S.

205-+ Die Unterredungen hat Gleim (welcher sie von seinem Schwestersohn, dem Oberamtmann Fromm, der dabei zugegen gewesen, erhalten hatte) in Druck gegeben. (Halberstadt 1784, bei Groß). Stehen auch in der Anekdoten-Sammlung, Berlin, 1788, bei Unger, im 8. Stück. Sie sind vom höchsten Interesse.

212-+ Apostolischer etc. Commentar über die heiligen Weissagungen St. N.N., Verf. des Blaubart. Deutsche Suppl. Bd. III. 333).

212-++ Briefe über die Vaterlandsliebe. (Beim Leben des Königs gedruckte Werke etc. Deckersche Ausgabe, 1790, III. 3 - 55). Diese soll der König während seines Aufenthalts in Breslau geschrieben haben.

215-+ In der Berliner Zeitung vom 14. Dezbr. 1779. Ueber den Prozeß selbst geben folgende Schriften Auskunst: Nicolai's Freimüthige Bemerkungen zu des etc. von Zimmermann Fragmenten über Friedrich d. G r. 2. Abthl. S. 170 etc. Schlözer' s Staatsanzeigen, 1786, Heft 36. Dohm's Denkwürdigkeiten etc., Thl. I. Sengebusch, Historisch-rechtliche Würdigung der Einmischung Friedrich's d. Gr. in die bekannte Rechtssache des Müllers Arnold, auch für Nichtjuristen. Altona, 1829. K. F. F. Sietze, Ausübung oberstrichterlicher Gewalt des Staats, und (die) Kabinet-Justiz in wesentlicher Differenz dargestellt. Potsdam, 1835.

217-+ Bei der Ansicht, welche der König nach diesem Protokoll von der Sache hatte, dürfte ihn wegen seines Verfahrens kein Vorwurf treffen, vielmehr diejenigen, welche, obschon unvorsätzlich, und auf welche Art es auch geschah, jene falsche Ansicht des Königs veranlaßt, oder versäumt halten, ihr gleich von Anfang an vorzubeugen, ober auch sie ihm nachher noch bei Zeiten zu benehmen. Wer diese Schuld trägt, mag zu beurtheilen den Lesern der oben angeführten Schriften überlassen bleiben.

219-+ Wegen eingetretener Krankheit der venvittweten Prinzessin von Preußen war an den folgenden Sonntagen, anstatt bei ihr, Cour bei dem König.

24-+ Der nachherige König Friedrich Wilhelm III.

24-++ Der wiederholte Besuch der Kurfürstin beim König in Potsdam, und die höchst freundliche Aufnahme, welche sie hier fand, wird nicht befremden, wenn man weiß, das diese geistreiche Fürstin ganz ausgezeichnete Talente in der Malerei, der Poesie (Deutsche, Französische und Italienische) und der Musik besaß. Sie hat einige Opern verfertigt, und auch in Musik gesetzt, die in Druck erschienen sind. Ihr, von ihr selbst in Pastell gemaltes Bildniß, ist von Canale in Kupfer gestochen worden. Als ein Mitglied der arkadischen Gesellschaft in Rom führte sie den Namen: Ermelinda Talia Pastorella Arcada, welchen sie auf ihren Werken mit den vier Buchstaben E. T. P. A. anzeigte. Im Neuen Palais zu Sanssouci, in der sogenannten blauen Kammer, befindet sich (nach Nicolai III. 1236) ein Kamminschirm, welchen sie selbst gestickt hat.
Den Bau der Kirche und ihres schönen Thurms in dem Potsdamschen Amtsdorfe Eichow, verdankt man der Sage nach dieser Fürstin, welche, als sie bei ihrem vorigen Besuch die Gegend um Potsdam in Augenschein nahm, dem Könige zu erkennen gegeben haben soll, daß eine geschmackvolle Kirche und Thurm dieses dem Neuen Palais so nahe gelegenen Dörfchens dem Auge viel Reiz gewahren würde. Der Bau dieser Kirche mit dem Thurm hat 8950 Thaler gekostet.
Die Kurfürstin war die Tochter Kaiser Karl's VII von Baiern, ward geboren den 18. Juli 1724, vermält 1747 mit dem Kurfürsten von Sachsen, Christian, und starb den 23. April 1780.

25-+ Den 27sten Concert, den 28sten Französisches Trauerspiel Andromarque, den 30sten Ecole des femmes p. Moliere, den 1. Oktober il Re Pastore nach Hasse's Composition, den 2ten und 3ten Illumination und Feuerwerk.

25-++ Er hatte den Titel : Herzog von Südermannland, war der zweite Sohn der Schwester des Königs, und starb als König von Schweden (Karl XIII) den 5. Februar 1818.

29-+ Den Verfasser des Systems der Natur.

3-+ Es war die Abhandlung: "Versuch über die Selbstliebe, als ein Grundsatz der Moral betrachtet." Sie ward am 11. Januar in der Akademie der Wissenschaften von Thiebault vorgelesen. (Siehe davon weiterhin unter dem 16. März).

30-+ Bekanntlich geschah die Reise hauptsächlich in Bezug auf die damaligen Verhältnisse Polens, und war von sehr wichtigen Folgen. (S. H. W. V. 46 etc. Hier ist auch der 9. Dezbr. als Tag der Ankunft des Prinzen in Petersburg angegeben, allein die Berliner Zeitung vom 30. Oktbr. meldet schon die Ankunft unter dem 12. Oktbr.).

32-+ Dieses Gedicht scheint verloren zu sein. d'Alembert nennt es in seiner Antwort: einen reizenden, dichterischen, witzigen und zugleich philosophischen Scherz.

37-+ Der Abt wurde nun mit 100 Thlr. monatlichem Wartegeld von den Schulanstalten entfernt, und seine Stelle bald nachher durch den Director des Coburgschen Gymnasiums Frommann besetzt.

39-+ Der Prinz war auch in Moskau gewesen.

39-++ S. die Briefe des Königs an Voltaire vom Juli u. Dezbr. 1766 und vom 20. Febr. 1767. Die vom König erwähnte Widerlegung von Ernesti (s. oben III. Abthl. S. 281) steht in dessen: "Neue Theologische Bibliothek" Vll, 333 - 345.

4-+ Der König und Voltaire bezeichnen die Franzosen öfters mit diesem ihrem alten Namen.

42-+ Dutens erzählt, daß, als er anfänglich keine Audienz beim Könige habe erhalten können, er alsbald einige Verse verfaßt habe, darin er - weil er gewußt, daß der König gern für einen großen Architekten gehalten sein wolle (!?), die von ihm in und bei Potsdam errichteten Gebäude über alle Maßen gelobt, und den König selbst mit Julius Cäsar und August verglichen habe. Diese Schmeichelei habe ihm nun - wie er sich einbildet - die gewünschte Audienz verschafft. Hierin hat er gewiß sehr geirrt, wie jeder, der die Denkungsart des Königs kennt, zugeben wird. Nach Seite 577 seines Buches hat er jene Verse auf seinem Tisch liegen lassen, wo sie Bastian! gesehen, mitgenommen und dem König gezeigt haben soll, weiterhin aber will er sie, als er das Neue Palais besehen, in das ihm daselbst vorgelegte Fremdenbuch eingeschrieben haben, wo sie der König Tags nachher gelesen und darauf ihn zu sprechen verlangt habe. Uebrigens ist, wie man uns wenigstens auf unsere Nachforschung an Ort und Stelle versichert hat, zu Friedrich's d. Gr. Zeit niemals ein solches Fremdenbuch vorhanden gewesen. Das erste dieser Art ist erst im September 1787 angelegt worden, das zweite im Jahr 1810, und das dritte im Juli 1832.
Was Dutens weiterhin von Quintus Icilius und dem König erzählt, ist größtentheils unrichtig.

44-+ Er starb den 29. März 1792 an den Folgen der am 6. März meuchelmörderischer Weise erhaltenen Schußwunde.

45-+ Er war General-Adjutant der Kaiserin Catharina II, und bei deren Thronbesteigung, wie seine Brüder, thätig gewesen. 1768 ward er zum General-Admiial ernannt. Als solcher machte er sich durch die Verbrennung der Türkischen Flotte bei Tschesme (den ?. Juli 1770) berühmt, nicht so in Betreff seiner Expedition in Livorno, welche man in Gorani's Nachrichten von Italien Thl. III. 136 erzählt findet.

47-+ Herzog von Aiguillon.

50-+ Der Krieg der Conföderirten. (Im 1. Supplementbande der Deutschen Uebersetzung. Seite 127). Der König vollendete es in der letzten Hälfte des folgenden Jahres.

54-+ Ueber die von den Conföderirton verübten Grausamkeiten findet man Nachrichten in (de la Veaux) vie de Frédéric II. etc. Tom. VI. pag. 52, 53.

56-+ Der fragliche Artikel enthielt bloß eine angeblich unrichtige Genealogie dieser Familie, wie man aus einem andeln Brief des Königs an d'Alembert ersieht.

6-+ Als die oben erwähnte Schrift des Königs: "Versuch über die Selbstliebe etc." erschien, hatte der Prediger Steinbart eine andere in demselben Sinn abgefaßte Schrift, unter dem Titel : "Prüfung der Beweggründe zur Tugend, nach dem Grundsatz der Selbstliebe etc. Züllichau 1770" herausgegeben, und dem König zugeschickt, worauf er die obige Antwort erhielt.

60-+ Er war bei der Militairschule in Berlin angestellt.

62-+ Essai général de Tactique etc. p. Guibert.

64-+ Borelli welcher des verstorbenen Toussaint Stelle erhielt. S. des Königs Brief vom 30. Juni.

64-++ Es ist hier die Ritterakademie (Kriegsschule) gemeint.

66-+ Der König hatte sich seiner lange Zeit und schon als Kronprinz, gegen eine jährliche Pension, als litterarischen Correspondenten in Paris bedient.

68-+ Der König hatte an Voltaire die Medaille geschickt, welche er auf die Erwerbung Westpreußens hatte schlagen lassen, auf welcher des Königs Bild sich befand.

68-++ In den erworbenen Polnischen Provinzen.

72-+ Der Herausgeber dieser Blätter besitzt ein von Calau mit Panischem Wachs gemaltes Bildniß Friedrich's d. Gr.

75-+ Die neu erworbenen Polnischen Landestheile.

77-+ Formey.

77-++ Dies können wir nicht nachweisen. Man hat ein Glaubensbekenntniß Voltaire's von 1769 (Voltaire Recueil des particularités de sa vie et de sa mort. A Porrentruy (Strasb.), pag. 85). Dies kann hier aber wohl nicht gemeint sein.

77-+++ Diese Epistel befindet sich in den h. W. VI. 335. Der Schluß lautet:
     

"Hinweg von diesem Ungereimtheitsschwall!
Laß so uns denken wie einst Roms Senat!
Ihm sagte Cicero, der Consular,
Der große Mann : Ihr Freunde, nach dem Tod
Ist nichts von uns mehr da; doch sollen wir
Wohl traurig sein, daß dieses Loos uns traf?
Wird unser Geist, so wie der Leib zerstört,
So kehr' ich in der Schöpfung Schooß zurück,
Und eine mich mit ihr. Doch wenn dem Tod'
Ein Ueberrest von meiner Gluth entrinnt -
Ich fliehe dann in meines Gottes Arm."

80-+ S. oben des Königs Brief an d'Alembert, vom 23. Juli 1772.
     Guibert (Jaques Antoine Hypolite), geboren am 12.November 1743 zu Montauban, war der Sohn eines Majors im Regiment Auvergne. Dreizehn und ein halb Jahr alt, nahm er schon Dienste in demselben Regiment und wohnte den 3 letzten Feldzügen des siebenjähr. Krieges bei. Bei dem Treffen von Villingshausen (1761), wo ihm sein Pferd unter dem Leibe erschossen ward, hatte er einen auffallenden Beweis seines militairischen Scharfblicks gegeben, indem er eine Ordre, die er überbringen sollte, die aber durch die inzwischen eingetretenen veränderten Umstände unpassend geworden war, nach eigener Einsicht abänderte und so zum glücklichen Ausgang des Treffens viel beitrug. In dem Korsikanischen Kriege zeichnete er sich ebenfalls rühmlich aus, und trug viel zu dem entscheidenden Siege bei Pontenuovo (1767) bei, wo er einer der Ersten war, der die Verschanzungen erstieg. Er erhielt dafür den Ludwigsorden, und ward - 24 Jahr alt - zum Obersten ernannt. 1776 erhielt er das Regiment Neustrien. Im Jahre 1788 erhielt er die Würde eines Feldmarschalls und eines General-Inspectors der Division des Prinzen Artois. Er starb den 6ten Mai 1790. Außer dem schon erwähnten Werke über die Taktik, hat er noch mehrere kriegswissenschaftliche Schriften herausgegeben; auch hat man von ihm einige Poesien und Trauerspiele, und verschiedene Lobreden, darunter die auf Friedrich den Großen ihm viel Beifall erwarb. Aus seinen nachgelassenen Papieren ist von seiner Wittwe noch herausgegeben worden: Journal d'un voyage en Allemagne, fait en 1773 etc., welches interessante Schilderungen etc. von verschiedenen berühmten Männern, besonders von Friedrich d. Gr., enthält.

83-+ Bei dem 1724 durch die Jesuitenschüler veranlaßten Tumult.

83-++ Frauenberg.

83-+++ De l'homme et de ses facultés et de son éducation. Lond. (Amst.). 1772.

86-+ Die Tochter der Markgräfin von Baireuth, der hier erwähnten verstorbenen Schwester des Königs.

90-+ Bei der Königin war diesmal keine Cour. Auch als am 5. Dezbr. die Landgräfin von Hessen-Darmstadt von Potsdam nach Berlin kam und bis den 7ten daselbst blieb, speis'te sie nicht wie sonst bei der Königin, sondern bei der Prinzessin Amalie. Es geschieht in den Zeitungen auch keine Erwähnung, daß die Königin, wie sonst während des Carnevals Feste oder Tafel gegeben, oder bei andern Prinzen, an den gewöhnlichen Festen Theil genommen hätte. Auch der Geburtstag des Königs wurde nicht wie früher bei der Königin, sondern bei dem Prinzen Heinrich gefeiert; ob sie dabei gegenwärtig gewesen, davon wird nichts gesagt. Auch von einer etwanigen Krankheit der Königin melden die Zeitungen nichts. Erst unter dem 19. Februar 1774 melden sie, daß "die Königin an diesem Tage bei gutem Wetter unter den Linden spazieren gefahren sei." Die erste Cour bei ihr war am 7. April 1774.

91-+ In Voltaire's Satyre: die Taktik, kommt folgende Stelle vor :
     

Die Helden all' haß' ich, vom großen Cyrus an,
Zum großen König hin, der Lentulus erzog.
Man rühme mir denn auch, was sie Erhab'nes thun.
Sie alle flieh' ich weit; zum Teufel wünsch' ich sie."

92-+ De l'homme, de ce facultés et de son éducation.

98-+ Maitresse Ludwig's XV.

99-+ Damals oberster Polizeiaufseher in Frankreich.