Oktober.

A.

Oktober 1782

Der König in Potsdam (Sanssouci).

15. Oktober 1782

Kabinetsordre des Königs an den Kaufmann Bärs in Berlin: "Die Berlinische Bürgerschaft ist mit Sr. Konigl. Maj. von Preußen etc., unsers allergnädigsten Herrn, ihr durch den Bau ihrer alten Häuser erwiesene Wohlthaten niemals recht zufrieden gewesen; und die letzten Vorstellungen und Beschwerden über die Dächer der am Gensd'armenmarkt erbauten neuen Häuser, ist ein neuer Beweis, wie wenig Viele den Werth Dero Königl. Milde hierbei anerkennen. Indessen werden Hochstdieselben niemals die Schuldigen mit denen Unschuldigen vermengen, und wollen solches denen 45 unterschriebenen Kaufleuten und andern Bürgern 284-+ in Berlin, auf ihre Vorstellung vom 12ten zu ihrer Beruhigung hiermit nicht verhalten. Friedrich."

30. Oktober 1782

Der König an d'Alembert: "Wir müssen der Natur das einzeln wieder geben, was wir einzeln von ihr empfangen haben, und so schmerzhaft auch die Krankheiten der Blase und die Uebel der Gicht sind, so ist es doch noch besser, diese zu erdulden, als zu fühlen, daß das Gedächtniß, und folglich die Gedanken abnehmen. Die<285> Musen waren Töchter des Gedächtnisses, um uns zu lehren, daß alle Fähigkeiten des Verstandes ohne Gedächtniß verloren sind. Ich liege mit meinem Gedächtniß täglich in Streit, und strenge mich an, es in den Augenblicken, wo es sich schon aufschwingen will, mir zu entfliehen, wider seinen Willen zurück zu rufen. Alles giebt uns zu erkennen, wie gebrechlich unsere Natur ist, wie wenig wir sind, und in welche Unendlichkeit wir uns versenken werden. Und in einer solchen Lage haben wir noch die Frechheit, uns aufzublähen, und fast der Gottheit beizugesellen, von Hoheit, Würden, Majestät und hundert andern solchen Thorheiten zu reden, die jedem anekeln müssen, der die Natur des Menschen, seine Eitelkeit, sein Nichts erkennt. etc.

Unsere Akademie hat ein neues Mitglied erhalten; er hat Widerwärtigkeiten überstanden, die ihm einige vernünftige und bescheidene Ausdrücke in Turin zugezogen hatten; sein Name ist Denina. Er war Professor der Universität zu Turin, und wird Ihnen vielleicht durch die Geschichte der Staatsveränderungen Griechenlands und der Staatsveränderungen Italiens bekannt sein 285-+. Er kommt, um in Deutschland ganz laut zu sagen, was er in Italien ganz leise dachte. etc.

Sie reden mir von Bankerott etc., die ganze Welt macht Bankerott etc., und was ist endlich der Tod anders, als ein Bankerott am Leben? Im Begriff, diesen letzten Schritt zu thun, verliere ich die Reize der Welt aus dem Auge, und sehe an ihnen nichts mehr, als ihre Täuschungen, mich bestürmen nun die Gicht oder eine andere Krankheit; ich weiß,<286> daß es der Fuhrmann ist, der mich in das Land hinab bringen soll, aus welchem noch Niemand wieder zurück kehrte, und ich erwarte den Augenblick meiner Abfahrt ohne Furcht vor der Zukunft und mit gänzlicher Ergebung. Nur mache ich Ihnen den Vortritt streitig, und so wie ich vor ihnen in die Welt gekommen bin, so behaupte ich auch, sie vor Ihnen verlassen zu müssen. etc."

In Potsdam waren zu verschiedenen Zeiten: die Minister von Heinitz, von Schulenburg, von Werder, von Herzberg, von Finkenstein, die Englischen Gesandten Stepney und Elliot, der Französische Gesandte d'Esterno, der Abt Denina aus Turin etc.


284-+ Es hatten sich diese bei dem König gerechtfertigt, und angeführt, daß sie an den von Andern eingereichten Beschwerden keinen Antheil hätten etc.

285-+ Denina hat auch geschrieben: La Prusse litteraire und Essai sur la vie et le regne de Fédéric II. Berlin, 1788 (von geringem Werth). Vom letztern erschien 1789, unter dem Verlagsort Amsterdam, ein Nachdruck, unter dem Titel: Nouvelle vie de Frédéric II etc.
     Denina ging 1792 nach Piemont zurück, ward nachher Bibliothekar des Kaisers Napoleon, und starb in Paris den 6. Dezbr. 1813, 82 Jahr alt.