Wie das Inland, so bezeigte auch das Ausland auf mannigfache Weise seinen tiefen Schmerz über das Hinscheiden dieses großen Fürsien, dem selbst seine Feinde ihre hohe Achtung und Bewunderung nicht versagt hatten. - Gedichte, Gedächtnißreden und andere Schriften in großer Zahl, so wie Denkmünzen, feierten sein Andenken, und zwar in einer Weise, die genugsam bewies, daß nicht Speculationsgeist, sondern die reinsten Gefühle der Verehrung, entsprungen aus der richtigen Würdigung seines hohen Werthes und seiner großen Verdienste, sie hervorgebracht hatten.
Unter den Gedächtnißmünzen, die auf seinen Tod erschienen, deren wir allein zehn vor uns haben, hatte das Ausland, unter mehreren Holland, die schönste und größte geliefert. Die Zahl derer, die auf seine wichtigsten Thaten - seine Thronbesteigung, Huldigung, seine Siege, Friedensschlüsse, den Fürstenbund, die Justiz- und die Münzverbesserung, die verliehene Religionsfreiheit, die Wiederherstellung der Akademie, die Prachtbaue, die Einführung des Seidenbaues, die Errichtung der Seidenmanufaktur, des Seehandels, der Versicherungsanstalt etc. geprägt worden sind, mögen nahe an hundert sein 366-+.
<367>Bildnisse von ihm, in allen Formen und Größen, die man bei Hohen und Niedrigen, bei Reichen und Armen, selbst in der Bauerhütte findet, und zur Zeit der Kriege auch in Feindesland fand, sind unzählig 367-+. Alles dieses beweist die große und allgemeine Achtung, welche Friedrich, mit Recht der Einzige genannt, im Leben und im Tode überall genoß.
Zum Schluß, und zur Bestätigung des Gesagten, möge hier Eine von den vielen hochehrenden Schilderungen der Verdienste des Königs stehen, mit welcher das Ausland die Anzeige von seinem Tode verband.
Allgemeine (Jenaer) Literatur-Zeitung 1786. Nr. 199.
Montag, den 21. August.
Todesfall.
Der 17. August dieses Jahres, an welchem der Held des 18. Jahrhunderts, Friedrich II, König von Preußen, starb, wird, nebst dem 24. Januar 1712, Seinem Geburtstage, und dem 31. Mai 1740, an welchem Er den Thron bestieg, wie in den Jahrbüchern der Weltgeschichte, also auch in den Annalen der Literatur, ewig denkwürdig bleiben.
Selten war Schriftstellerruhm Beruf der Könige; seltener das Glück, den Kranz Apolls mit dem Lorbeerzweige der Helden und dem erhabensten Schmucke der Fürsten, der Krone ob cives servatos zu verbinden. Friedrich II that's. Seine Gedichte, für ihn zwar nur Spiele eines auf große Thaten sinnenden, oder Erholungen eines von großen Thaten ausruhenden Geistes, würden manchem Dichter als Werke Ruhm gebracht, und mancher würde für sie lebenslängliche Muße als Spielraum, oder als Belohnung gefodert und erworben haben. Dennoch unendlich erhaben über die Eitelkeit mancher in der Geschichte berüchtigter Monarchen (deren Namen hier neben dem Seinigen zu nennen,<368> eine Entheiligung für Ihn wäre), die jeden, der sich erkühnte, an ihrem poetischen Talent zu zweifeln, für Majestätsverbrecher erklärten, setzte er selbst seine Verse gegen Voltaire's Gedichte tiefer herab, als gewöhnliche Bescheidenheit ihm nachthun, oder das Ihn lesende Publikum gerecht finden konnte. Selbst die schnöde Undankbarkeit, wodurch Voltaire sich selbst entehrte, konnte den Philosophen von Sanssouci nicht bewegen, deshalb von des Dichters von Ferney Talenten geringer zu denken. Seine prosaischen Werke, um welche ihn selbst Cäsar, bei aller Unsterblichkeit seiner Commentarien, beneiden würde, verrathen alle, wie tief er darüber nachgedacht hatte, was Königen, die schreiben wollen und können, zu schreiben geziemte. Eine falsche Staatskunst zu widerlegen, die Denkwürdigkeiten seines Hauses zu beschreiben; große Talente von Feldherren, von Staatsmännern, von Schriftstellern durch Lobschriften der Nachwelt zu empfehlen, - nur solche Gegenstände waren werth, wenn Friedrich den Regentenstab oder den Degen neben sich legte, den Griffel in seiner Hand zu beschäftigen. Seine Zeichnung ist frei und flüchtig, nicht pünktlich in Kleinigkeiten, kühn und treffend im Ganzen; das Kolorit seiner Schreibart simpel, doch immer lebhaft und kräftig.
Seine Schriften hätten auch als Werke eines Privatmannes gewirkt, aber als Geistesfrüchte eines solchen Königs stifteten sie eine Revolution. Unter der Regierung seines Vaters ward Autorschaft und Pedanterei unter den Großen so ziemlich für Eins gehalten, und ein Ignorant zu sein war ein Geständniß, mit dem sich wenigstens ein Officier, wie Marius mit seinem Graecas literas non didici, brüsten konnte. Aber dieses Königs Beispiel, der unter so viel glorreichen Thaten, im Felde und im Kabinette, noch Zeit genug behielt, zu lesen, was die besten Schriftsteller gesagt; noch Lust behielt, seiner Vorfahren Geschichte und seiner Freunde Verdienst zu beschreiben, dieses verschaffte dem guten Schriftsteller in den Preußischen Staaten, und dadurch in ganz Teutschland, den ihm gebührenden Rang, und die Befehlshaber seiner Heere hielten es nicht mehr für unverträglich mit dem kriegerischen Geiste, den Musen und Gracien zu opfern. Sein einer und richtiger Geschmack für das Große und Schöne drang bis<369> in die Schreibart der Kabinette und Gerichtsstühle ein, und wenn die Staatsschriften eines von Herzberg, und derer, die mit ihm genannt zu werden verdienen, Englische Freimüthigkeit mit Französischer Urbanität verbunden, unbedeutendes Wortgepränge, steifes Ceremoniel und Sprachmengerei verbannt, und dafür Deutlichkeit, Ordnung, Ueberredungskraft und Annehmlichkeit in die Hof- und Staatssprache eingegeführt, wenn sie rühmliche Nacheiferung bei andern Deutschen Höfen erweckt haben, wer anders als Friedrich II hat den Ton dazu angegeben? Er, dem leerer Klingklang in Worten und Thaten gleich verhaßt war, Er, der Titelgepränge und äußeren Glanz so wenig achtete, daß er seines Vaters biedere, kernhafte, strenge Denkart auch in ihrer harten und rauhen Bekleidung ehrte, so sehr sie zuweilen sein Herz verwundet hatte, hingegen seines Großvaters Eitelkeit und Prunkliebe, ohne die der Enkel, obgleich mehr als einer Krone werth, doch vielleicht nie die Krone getragen hätte, schärfer als irgend ein anderer Geschichtschreiber tadelte! Daher ist kein Zweifel, daß nicht auch sein Beispiel auf die bessern Deutschen Geschichtschreiber gewirkt, mehr Adel in die historische Schreibart, mehr Freimüthigkeit in Beurtheilung verstorbener und lebender Fürsten gebracht habe. Gleichwohl zeigte er in der Geschichte seines Vaters, welche Schonung die Mängel großer Fürsten, entweder um hervorstechender Tugenden willen, oder durch persönliche Verhältnisse des Geschichtschreibers, erfodern. Kann ein Leser, der denkt und fühlt, ohne die höchste Rührung jene erhabene Stelle lesen, mit der er die Geschichte seines Vaters beschließt, um zu seiner kurzen und wahren Charakteristik über zu gehen: "Nous avons de même passé sous silence les Chagrins domestiques de ce grande Prince - On doit avoir quelque indulgence pour la faute des enfans en faveur des vertus d'un telle père." Und muß nicht der geistvollste Geschichtschreiber, wenn er dabei an die Erziehung des Königs und die Geschichte seiner Jugend zurück denkt, in Versuchung gerathen, die herrlichsten und seltensten Schriftstellertalente für diesen einzigen Zug von Größe des Herzens hinzugeben? Wer die Beschaffenheit der schönen Literatur in Deutschland in den Jugendjahren Friedrich 's II erwägt, wird seine Vorliebe für die Franzosen voll<370>kommen gerecht, und seine fortdauernde Unbekanntschaft mit den nachherigen Fortschritten der Deutschen zwar bedauernswerh, aber in Betracht der Lage des Königs sehr natürlich finden. Wie viele, die keine andere Profession, als die, zu studiren haben, werfen sich noch nach dem 30sten Jahre in die Kenntniß einer ausländischen Sprache, um Werke des Geistes darin lesen und richtig schätzen zu können! Und man sollte den König, der die schönsten Producte des Französischen Witzes kannte und zu genießen verstand, darüber tadeln, daß er, um sich von Geschäften der Regierung, von Gefahren und Strapazen des Krieges zu erholen, nicht eine neue Arbeit unternahm, eine ihm in ihrer jetzigen Vollkommenheit fremd gebliebene Sprache, ob es wohl die Sprache seines Vaterlandes war, zu studiren? Und wieviel waren denn beim Antritt seiner Regierung Deutsche Schriftsteller, denen er, wenn er sie auch gelesen hätte, wie Ludwig XIV den besten Autoren seiner Zeit, Pensionen geben konnte, für das Vergnügen, das ihm ihre Werke gemacht hätten? Offenbar hat indeß sein Beispiel, die Schätzung der besten Werke der Franzosen, und mittelbar auch der Engländer und Italiener, in Deutschland mächtig befördern und ausbreiten helfen, und seine Prädilection für die Französischen Beau Esprits hat nicht wenig dazu beigetragen, die Eifersucht des Deutschen Genius zu erregen, und seine bisher schlummernden Kräfte aufzuwecken.
Und so haben Deutsche Dichter diesen König, obwohl ungedungen und unbelohnt, und von ihm sogar ungehört, würdiger und wahrer besungen, als Ludwig den XIV seine für ihre Schmeichelei reichlich besoldeten Sänger!
Die Betrachtung der Verdienste des Königs, die er sich als Schriftsteller, was nur wenige Fürsten sein dürfen, erworben, führt auf die größten, die er sich als Schutzherr und Beförderer, was alle Regenten sein sollten, um die Wissenschaften gemacht hat. Wir wollen hier nicht einzelne Facta anführen, nicht z. B. die Wiederherstellung der Berlinischen Akademie der Wissenschaften, die immer wichtig bleibt, wenn er es gleich seinem erhabenen Thronfolger überließ, ihr erst volle Deutsche Kraft und ächtes Deutsches Ansehn zu geben; nicht die ehrenvolle Zurückberufung des Philosophen Wolff nach Halle, welche mehr<371> dem gekränkten Verdienste Genugthuung, als der Wissenschaft selbst Vortheil verschaffte. Nur eine Uebersicht der großen Gruppen, daraus dies Gemälde bestehen müßte, ist uns hier vergönnt. Denn wer vermag die herrlichen Früchte alle zu zählen, die er durch seine Achtung für die Philosophie, und durch die Beschützung der ihr gebührenden Freiheit zu denken, nicht nur in seinen Staaten, fondern in ganz Deutschland, hervor gebracht hat! Wenn seit dem Jahre 1740 vorzüglich im Preußischen, und dann auch in andern Staaten, die Gesetzgebung menschlicher, weiser und zweckmäßiger geworden; wenn die Rechtswissenschaft vaterländischeres Ansehen gewonnen, und wenn sie zusammenhängender gelehrt und studirt, und fruchtbarer, kürzer, vorteilhafter für Clienten von Richtern und Anwälden angewandt wird; wenn seit 1740 vorzüglich in Preußischen Staaten die Fackel der Vernunft erhoben worden, die Nebel der Schwärmerei und des Aberglaubens zu zerstreuen, und wenn ihr wohlthätiger Schimmer die Theologie der Protestanten aufgeklärt und selbst in die Finsterniß der Katholischen Morgendämmerung gebracht hat, wenn genauere Landesbeschreibungen und Topographieen die Kenntniß der Preußischen Staaten berichtigt und überhaupt die Statistik pragmatischer behandelt worden; wenn praktische Arzeneiwisschaft und Chirurgie hauptsächlich durch Berlinische Anstalten große Fortschritte gemacht; wenn Preußische Kriegskunst und Taktik jetzt alle vorigen Methoden verdrängt hat; wenn Cameralwissenschaft und Polizeikunde jetzt so vollständig, so philosophisch bearbeitet worden; wenn man in den Vortrag gründlicher Wissenschaft mehr Ordnung und Anmuth, wenn man die schönen Künste auf richtigere und feinere Grundsätze gebracht hat, so kann in allen diesen und mehrern für die Gelehrsamkeit und Aufklärung so wohlthätigen Bewegungen niemand die Triebkraft des großen Geistes verkennen, dessen mächtiger Einfluß so viele treffliche Genien in seinen Staaten belebte, oder aus andern Ländern herbeizog, oder in freiere Wirkungskreise versetzte!
Wer nun noch erwägt, wie sehr dieser erhabene Monarch die Freiheit der Presse begünstigte, wie weit er entfernt war, seine Privatmeinungen in der Theologie und andern Theilen der Literatur irgend jemandem aufzudringen, wie äußerst selten es ihm begegnete, in Sachen,<372> die nicht in dem Kreise seiner Einsichten lagen, durch Machtsprüche zu entscheiden, wie wenig ihn Widerspruch in Druckschriften, sogar von seinen Unterthanen, und nicht bloß über gelehrte Materien, sondern selbst über Regierungsangelegenheiten, beleidigte, der muß mit einer Art des frohen Erstaunens sich selbst gestehen, daß man der Menschheit nicht mehr schmeicheln kann, als wenn man in einem Geiste von so wunderbarer und außerordentlicher Größe und Güte, nach mühsamen Suchen glücklich einige kleine Fehler findet, die die Menschlichkeit dieses großen Charakters bestätigen.
So gewaltigen und allgemeinen Eindruck das Ende Friedrich's des Großen gemacht hat, so hohe und allgemeine Erwartung erregt der Regierungsantritt seines Nachfolgers.
Den 23. August langte der Geh.-Rath von Hardenberg-Reventlow (nachheriger Fürst und Preuß. Staatskanzler), damals im Dienst des Herzogs von Braunschweig, in Berlin an, und überbrachte das Testament Friedrich's des Großen, welches er bei gedachtem Herzog im Jahr 1769 niedergelegt hatte. (S. oben beim Jan. 1769).
Den 14. September reiste die Prinzessin Amalie nach Sanssouci, ließ sich das Sterbezimmer Friedrich's zeigen, und besuchte dann seine Ruhestätte. Sie überlebte ihn nicht lange, und starb den 30. März 1787, 64 Jahr alt.
Von den übrigen Hinterbliebenen Geschwistern des Königs starben: die, verwittwete Herzogin von Braunschweig, Philippine, den 16. Februar 1801, 85 Jahr alt; der Prinz Heinrich, den 3. August 1802, 76 Jahr alt; der Prinz Ferdinand, den 2. Mai 1813, 83 Jahr alt.
Die Königin, seine Gemalin, starb den 13. Januar 1797, 82 Jahr alt. Während der Regierung des Königs war sie nie weder in Potsdam, noch in Sanssouci. Wenn daselbst Feste Statt fanden, pflegte die Prinzessin Amalie die Wirthin vorzustellen. Es findet sich auch keine Nachricht, daß sie nach des Königs Tode dort gewesen.
366-+ Einige und funfzig sind in Kupfer gestochen und mit Text in einer Sammlung von Fromey et Fils herausgegeben, welche den Titel hat: Recueil de Medailles pour servir à l'histoire de Frédéric le Grand etc. 1764 Eine Abbildung der berühmten Holländischen Medaille auf des Königs Tod befindet sich vor der Schrift: Eloge du Roi de Prusse p. l'Auteur de l'Essai générale de Tactique (Guibert).
367-+ Der berühmte Kunsthändler Herr Jacobi in Berlin besitzt davon eine Sammlung von nahe an 1200 Stück, darunter manches höchst interessante und merkwürdige Blatt, so wie viele seltene.