<171> kurzen Vergleich wirst Du mit Überraschung sehen, wie sich die Verhältnisse erst allmählich, doch schließlich rasch ändern.
In alter Zeit hatten die Kurfürsten nur einige Domänen, die ihnen auch nur sehr mäßige Einkünfte brachten. Hin und wieder bewilligten ihnen die Stände außerordentliche Gelder nach ihren jeweiligen Bedürfnissen. Dadurch entstanden große Schwankungen in den Jahreseinkünften und ungeheure Verschiedenheiten in den einzelnen Erträgnissen.
Die in der Hofstaatsrentei1 erhaltenen Dokumente sind lückenhaft. Bisweilen sind nur Gesamtziffern von zehn und mehr Jahren vorhanden. Zur Bestimmung des durchschnittlichen Jahreseinkommens mußte ich daher die Zahlen durch zehn teilen.
Aus dieser Berechnung ergibt sich, daß in den Jahren 1608 bis 1618 die Einkünfte des Kurfürsten Johann Sigismund sich auf jährlich 248 775 Taler beliefen. Die Mark Feinsilber betrug damals 9 Taler, während sie jetzt einen Wert von 12 Talern hat. Auf unseren Münzfuß umgerechnet, ergäben sich also 331 701 Taler. Wie schon gesagt, erhöhten die Stände diese Summe bisweilen. Ich benutze die gleiche Methode für die folgenden Herrscher. Nehme ich den Durchschnitt der Einkünfte Georg Wilhelms in den Jahren 1619 bis 1640, d. h. 21 Jahre lang, so ergeben sich pro Jahr 119 825 Taler oder nach heutigem Werte 159 767 Taler. Der Rückgang hat seine Ursache in den Verheerungen durch die Kaiserlichen, die Schweden und die ersten besten Kriegsvölker, die während des Dreißigjährigen Krieges die Kurmark überschwemmten. Das Elend des Krieges machte sich noch in den ersten Regierungsjahren des Großen Kurfürsten geltend. Infolgedessen besteht zwischen den Einnahmen dieser Zeit und den späteren ein großer Unterschied. Von 1640 bis 1652, also in einem Zeitraum von 12 Jahren, betrugen die Einkünfte nach unserem Werte nur 191 922 Taler, zehn Jahre später aber schon 341 970. Im Jahre 1673 waren es 402 323 Taler, 1676 bereits 630 462, im Jahre 1678: 1 706 724, im Jahre 1683: 2 183 622 und im Todesjahr Friedrich Wilhelms, 1688: 2 256 876 Taler.
Dieser allmähliche Zuwachs ist teils den Refomen im Finanzwesen zu danken, die der Kurfürst einführte, teils aber auch der Neuerwerbung wohlhabender und ertragreicher Provinzen. Friedrich Wilhelm entschuldete die Domänen und führte die Post ein, deren Einnahmen bei der weiten Strecke von Wesel bis Memel und von Halberstadt bis Hamburg sehr erheblich waren.
Die 1670 in den Städten eingeführte Akzise2 wurde zum Unterhalt der Truppen bestimmt. Das führte zur Begründung der Generalfeldkriegskasse, die erst 1676 entstand. Die Kontributionen3 wurden 1678 neu geregelt, das Stempelpapiergeld 1683, die Marinekasse 1686 eingeführt. In sie floß ein Viertel vom Gehalt jeder unbesetzten Stelle. Sie wurde zur Bestreitung der kleinen Flotte benutzt, die der Kurfürst unterhielt.
1 Die Hofstaatsrentei wurde erst 1673 begründet; für die ältere Zeit kommen die Hofrentei und die Kammer (Chatulle) in Betracht.
2 Die Akzise (vgl. S. 136) wurde bereits 1667 eingeführt.
3 Vgl. S. 136.