<199> durch die briefliche Disputation, die er mit dem König von Polen1 führte, und wie die Chronisten berichten2 durch seine Fürsprache für die Protestanten auf dem Reichstage zu Augsburg (1548).

Die Reformation konnte nicht alle Irrtümer zerstören. Zwar öffnete sie dem Volke die Augen über eine Unzahl abergläubischer Anschauungen; doch bewahrte sie deren noch recht viele. So unausrottbar ist die Neigung des Menschengeistes zum Irrtum. Luther glaubte zwar nicht an das Fegefeuer, doch behielt er Gespenster und Teufel in seiner Lehre bei. Er behauptete sogar, Satan sei ihm in Wittenberg3 erschienen, und er habe ihn vertrieben, indem er ihm ein Tintenfaß an den Kopf warf. Es gab damals kaum ein Volk, das nicht von derartigen Vorurteilen erfüllt war. Bei Hofe und erst recht im Volke waren die Geister voll von Zauberei, Wahrsagung, Gespenstern und Dämonen. Im Jahre 1553 mußten zwei alte Frauen die Feuerprobe ablegen, um sich von der Anklage der Hexerei zu reinigen. Der Hof hatte seinen Astrologen. Einer von ihnen prophezeite bei der Geburt Johann Sigismunds, er werde glücklich sein, da man gleichzeitig am Himmel einen neuen Stern im Bilde der Kassiopeia entdeckt hätte. Der Astrolog hatte aber nicht vorausgesagt, daß Johann Sigismund zur reformierten Kirche übertreten würde, um die Holländer zu gewinnen, deren Beistand ihm bei der Verfechtung seiner Rechte auf das Herzogtum Kleve von Nutzen war.

Seit Luthers Lehre die Kirche gespalten hatte, machten Päpste und Kaiser die verschiedensten Einigungsversuche. Die Theologen beider Parteien hielten Zusammenkünfte ab, bald in Thorn (1645), bald in Augsburg (1548). Auf allen Reichstagen wurden die Religionssachen diskutiert. Aber alle diese Versuche blieben fruchtlos. Schließlich entstand daraus ein grausamer, blutiger Krieg, der mehrfach beigelegt wurde und wieder aufflammte. Oft entzündete ihn der Ehrgeiz der Kaiser, die die Freiheit der Fürsten und das Gewissen der Völker knechten wollten. Aber Frankreichs Rivalität und der Ehrgeiz König Gustav Adolfs von Schweden retteten Deutschland und die Glaubensfreiheit vor dem Despotismus des Hauses Österreich.

Die Kurfürsten von Brandenburg verhielten sich während dieser Unruhen weise. Sie blieben duldsam und maßvoll. Friedrich Wilhelm, der durch den Westfälischen Frieden Provinzen mit katholischen Untertanen erwarb, verfolgte diese keineswegs. Er gestattete sogar einigen jüdischen Familien, sich in seinem Lande niederzulassen, und bewilligte ihnen Synagogen.

Friedrich I. ließ einige Male die katholischen Kirchen schließen, als Repressalie gegen die Verfolgungen, die der Kurfürst von der Pfalz seinen protestantischen Untertanen zufügte4. Aber immer wurde die freie Religionsübung den Katholiken wieder gestattet. Die Reformierten versuchten, die Lutheraner in Brandenburg zu verfolgen.


1 Sigismund I.

2 Anmerkung des Königs: „Lockelius; Brandenburger Annalen.“

3 Vielmehr auf der Wattburg.

4 Vgl. S. 110 f.