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Der Kurfürst hatte vorausgesehen, was da kommen mußte, und zu wiederholten Malen Bournonville geraten, er solle seine verstreuten Quartiere enger legen. Bournonville war vertrauensselig. Der Rückzug der Franzosen wiegte ihn in eine Sicherheit, aus der er nicht herauszubringen war. Er wollte durchaus nicht darauf eingehen, seine Quartiere mehr zusammenzuziehen.

Unterdessen rückt Turenne durch die Engpässe von Thann und Belfort1, bricht in die Quartiere der Kaiserlichen ein, hebt zwei davon auf, nimmt ein Regiment brandenburgischer Dragoner2 gefangen, schlägt Bournonville im Sundgau bei Mühhausen3 und verfolgt ihn. Bournonville stößt eiligst zum Kurfürsten, der seine Truppen bei Kolmar gesammelt hatte. Turenne kommt an, stellt sein erstes Treffen gegenüber der Front jenes Lagers auf, das unangreifbar war, und umgeht es mit seinem zweiten Treffen4. Der Kurfürst, der sich auf einem engen Gelände von Turenne in der Flanke gepackt sah und bei Bournonville nur Widerstreben fand, brach nächtlicherweile das Lager ab und ging bei Straßburg über den Rhein zurück. Die Kaiserlichen hoben die Belagerung von Breisach auf, und die Franzosen wurden Herren des Elsaß. Friedrich Wilhelm bezog mit seinen Brandenburgern Quartiere in Franken.

Die Mißerfolge des Kurfürsten in diesem Feldzug können niemand überraschen, der die Grundsätze kennt, nach denen der Wiener Hof verfährt. Die Minister des Kaisers waren den Ministern des Königs von Frankreich bei weitem nicht gewachsen, und Bournonville konnte sich mit Turenne nicht vergleichen. In Wien entwarfen Minister, die nur Politiker waren, am grünen Tisch Feldzugspläne, die nichts weniger als militärisch waren, und erhoben den Anspruch, die Heerführer am Gängelband zu leiten, während es bei der Kriegführung doch gilt, im Fluge zu handeln, wenn man seine Aufgabe erfüllen will. In Versailles wußten die Minister, daß das Detail der militärischen Unternehmungen nicht ihre Stärke war. Sie beschränkten sich auf die Grundzüge des Feldzugsplanes und waren des Glaubens, daß ein Condé und ein Turenne groß genug seien, daß man ihnen Art und Weise der Ausführung getrost überlassen könne5. Die französischen Feldherren verfügten beinahe souverän über ihre Heere und folgten frei den Eingebungen ihres Genius. Sie nutzten jede Gelegenheit aus, die sich bot. Ihre Feinde dagegen versäumten oft den günstigen Augenblick, weil sie erst Kuriere zum Kaiser senden mußten, um die Erlaubnis für Unternehmungen einzuholen, die nach der Rückkehr der Kuriere nicht mehr ausführbar waren.

Der Kaiser ließ bei seinen Heeren dem Kurfürsten die Ehre der Repräsentation, schenkte aber sein Vertrauen nur den eigenen Heerführern. Daher kam es, daß


1 Vgl. Bd. III, S. 124.

2 Anmerkung des Königs: „Das Regiment Spaen.“

3 29. Dezember 1674

4 Schlacht bei Türkheim, 5. Januar 1675.

5 Anmerkung des Königs: „Als Kardinal Richelieu eines Tages dem Herzog Bernhard von Weimar auf einer Karte die Stelle zeigte, wo er über einen Fluß gehen sollte, gab ihm dieser eins auf die Finger und sagte trocken: »Herr Kardinal, Ihr Finger ist keine Brücke« .“