<54>

Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst
(1640 — 1688)

Friedrich Wilhelm wurde am 16. Februar 1620 zu Berlin geboren. Er war des Namens der Große würdig, den seine Völker und die Nachbarn ihm einstimmig verliehen haben. Der Himmel hatte ihn eigens dafür geschaffen, durch seine Tatkraft die Ordnung in einem Land wiederherzustellen, das durch die Mißwirtschaft der vorangegangenen Regierung völlig zerrüttet war. Er wurde zum Schützer und Neubegründer seines Vaterlandes, zum Ruhm und zur Ehre seines Hauses.

Die Talente eines großen Königs waren bei ihm an das bescheidene Los eines Kurfürsten gebunden. Über seinen Rang hinausragend, entfaltete er während seiner Regierung die Vorzüge einer starken Seele und eines überlegenen Geistes. Bald zügelte er seinen Heldenmut durch seine Klugheit, bald gab er sich ganz der schönen Begeisterung hin, die uns zur Bewunderung fortreißt. Durch weise Fürsorge richtete er seine alten Staaten wieder auf und erwarb durch seine Politik neue hinzu. Er entwarf Pläne und brachte sie selber zur Ausführung. Infolge seiner Redlichkeit<55> stand er seinen Verbündeten bei; dank seiner Kühnheit beschützte er sein Volk. In unvermuteter Gefahr fand er ungeahnte Hilfsmittel. In Kleinigkeiten wie in bedeutenden Dingen, immer erschien er gleich groß.

Seine Erziehung war die eines Helden gewesen. Er lernte, wie man Siege erficht, in einem Alter, in dem der Mensch gemeiniglich erst Begriffe stammeln lernt. Das Feldlager Friedrich Heinrichs von Oranien war seine Kriegsschule. An den Belagerungen von Schenkenschanz und Breda nahm er teil.

Schwarzenberg, der Minister Georg Wilhelms, entfernte ihn, da er den aufstrebenden Geist des jungen Prinzen erkannte, vom Hof seines Vaters und hielt ihn, solange er irgend konnte, in Holland fest. Er fühlte, daß sein eigener Charakter nicht rein genug war, um die Prüfung durch einen so hellsichtigen Beobachter zu bestehen. Trotz des Ministers aber besuchte der junge Prinz seinen Vater und unternahm mit ihm die Reise nach Preußen, auf der ihm durch Georg Wilhelms Tod der Besitz seiner Staaten zufiel.

Friedrich Wilhelm stand im Alter von zwanzig Jahren, als er zur Regierung gelangte. Seine Provinzen waren zum Teil in den Händen der Schweden, die die Kurmark in eine schauerliche Wüstenei verwandelt hatten. Die Dörfer erkannte man nur an Aschenhaufen, die kein Grün mehr aufkommen ließen, und die Städte nur noch an Schutt und Ruinen. Die Länder der klevischen Erbschaft waren eine Beute der Spanier und der Holländer, die sie maßlos brandschatzten und ausplünderten, obwohl sie sich als Beschützer aufspielten. Preußen, das nicht lange vorher von Gustav Adolf überfallen worden war, blutete noch aus den Wunden, die es während des Krieges empfangen hatte.

Unter so verzweifelten Umständen, während seine Erblande noch in der Gewalt fremder Fürsten waren, trat Friedrich Wilhelm seine Regierung an: ein Fürst, der nicht im Besitz seiner Provinzen war; ein Kurfürst ohne kurfürstliche Macht, ein Verbündeter ohne Freunde. Und in der ersten Jugend, die sonst die Zeit der Verirrung ist, wo die jungen Menschen kaum des Gehorsams fähig sind, offenbarte er Züge vollkommener Weisheit und all der Tugenden, die ihn würdig machten, über Menschen zu herrschen.

Er begann damit, Ordnung in die Finanzen zu bringen. Er bemaß seine Ausgaben nach den Einkünften und entledigte sich der Minister, die durch schlechte Geschäftsführung am meisten zum Unglück seines Volkes beigetragen hatten. Graf Schwarzenberg, der seine Autorität eingeschränkt sah, legte von selbst seine Ämter nieder. Er war Statthalter der Mark, Präsident des Geheimen Rats, Oberkammerherr und Großkomthur des Malteser Ordens. Alle wichtigen Ämter hatte er auf sich vereinigt. Weit mehr war er der Herrscher als der Kurfürst. Da er eine Kreatur des Hauses Österreich war, flüchtete er nach Wien, wo er im selben Jahr gestorben ist.55-1<56> Sein Sohn, den er zum Koadjutor des Malteserordens und der Komturei Malta hatte wählen lassen, wurde vom Kurfürsten nicht anerkannt. Der Fürst ließ sich überdies von ihm alle Domänen ausliefern, die dem Staat gehörten und die der Graf, sein Vater, sich angeeignet hatte.

Nach Schwarzenbergs Tode sandte der Kurfürst Burgsdorff56-1 nach Spandau und Küstrin, damit er die Habe des Verstorbenen versiegele. Die Kommandanten der beiden Festungen verweigerten ihm den Gehorsam unter dem Vorwand, sie seien nur vom Kaiser abhängig, dem sie den Eid geleistet hatten. Burgsdorff ließ sich nichts anmerken. Ohne mit unnützen Worten die Frechheit dieser Weigerung zu rügen, ließ er Rochow, den Kommandanten von Spandau, beobachten und eines Tages verhaften, als er unklugerweise die Festung verließ. Der Kurfürst ließ dem rebellischen Untertan den Kopf abschlagen, wie er es verdiente56-2. Die Kommandanten der übrigen Festungen wurden durch dies Beispiel so eingeschüchtert, daß sie sich sogleich in Gehorsam fügten.

Durch König Wladislaw IV. von Polen erhielt Friedrich Wilhelm die Belehnung für Preußen (1641) und verpflichtete sich, dem König einen jährlichen Tribut von 120 000 Gulden zu bezahlen, sowie mit den Feinden der Krone Polen weder Waffenstillstand noch Frieden zu schließen. Für die Kurmark empfing Baron Löben vom Kaiser Ferdinand III. die Belehnung (1642), nicht aber für die Herzogtümer der Mischen Erbschaft, weil der Zwist der Prätendenten über die Erbfolge noch nicht geschlichtet war.

Sobald der Kurfürst diese Formalitäten erfüllt hatte, sann er nur noch auf Mittel, seine Provinzen den Händen derer zu entwinden, die sie an sich gerissen hatten. Er knüpfte Verhandlungen an und erreichte es durch kluge Politik, wieder in den Besitz des Seinen zu kommen. Er schloß einen Waffenstillstand auf zwei Jahre mit den Schweden (1641), die daraufhin den größten Teil seiner Staaten räumten. Den schwedischen Besatzungen, die noch einige Städte besetzt hielten, bezahlte er 140 000 Taler56-3 und ließ ihnen jährlich tausend Scheffel Getreide liefern. Desgleichen schloß er mit den Hessen einen Vertrag, wonach sie ihm einen Teil des Klevischen zurückgaben, den sie besetzt hatten. Von den Holländern erlangte er die Räumung etlicher anderer Städte.

Die europäischen Mächte waren endlich des Krieges müde geworden, der immer schwerer auf ihnen lastete und von Tag zu Tag verderblicher ward. Alle fühlten das gleiche Bedürfnis, den Frieden untereinander wiederherzustellen. Als die bestgeeigneten Orte für die Eröffnung der Verhandlungen wurden die Städte Osnabrück und Münster gewählt (1643). Auch Friedrich Wilhelm sandte seine Bevollmächtigten hin.

<57>

Die Vielfältigkeit öer Gegenstände, die verwickelte Rechtslage, die Menge der Ehrgeizigen, die zufriedengestellt sein wollten, die Glaubensfrage, die Rangstreitigkeiten, die Notwendigkeit eines Ausgleichs zwischen der kaiserlichen Autorität und den Freiheiten des Deutschen Reiches: dies ganze Chaos, dessen Entwirrung eine Riesenaufgabe war, hat die Bevollmächtigten bis zum Jahre 1647 beschäftigt. Dann erst wurden sie über die Hauptpunkte des Friedens miteinander einig.

Wir wollen den Westfälischen Friedensvertrag nicht in seinem ganzen Umfang wiedergeben, sondern uns auf die Artikel beschränken, die sich auf unsere Geschichte beziehen.

Frankreich nahm sich der schwedischen Interessen an und forderte, daß Pommern bei Schweden verbliebe, zur Entschädigung für die Kriegskosten, die Gustav Adolf und seine Nachfolger aufgewandt hatten. Obwohl das Deutsche Reich und der Kurfürst sich weigerten, Pommern aufzugeben, wurde schließlich doch vereinbart, daß Friedrich Wilhelm den Schweden Vorpommern, die Inseln Rügen und Wollin, die Städte Stettin, Garz, Gollnow und die drei Odermündungen überließe. Ein Zusatz bestimmte, daß Pommern und die Neumark an Schweden fallen sollten, falls die Kurlinie ohne männliche Nachkommen bliebe. Einstweilen wurde es beiden Häusern freigestellt, das Wappen Pommerns zu führen.

Um den Kurfürsten für diese Abtretung zu entschädigen, säkularisierte man zu seinen Gunsten die Bistümer Halberstadt, Minden, Kammin und setzte ihn in deren Besitz. Desgleichen erhielt er die Grafschaft Hohenstein und Regenstein und die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg, dessen Administrator damals August von Sachsen57-1 war.

Was die Religion betrifft, so kam man überein, daß der lutherische und der calvinistische Glaube fortan im Heiligen Römischen Reich anerkannt werden sollten.

Dieser Friede, der von Ludwig XIV. garantiert wurde, bildet die Grundlage für alle Besitzungen und Rechte der deutschen Fürsten. Er wurde im Jahre 1648 verkündigt.

So wurde über die Ansprüche des Kurfürsten entschieden. Im folgenden Jahre schloß er mit den Schweden einen neuen Vertrag zur Regelung der Grenzen und zur Tilgung einiger Schulden, wovon Schweden nur den vierten Teil bezahlen wollte. Erst im Jahre 1650 wurden die Kurmark, Pommern und die klevischen Herzogtümer von den Schweden und Holländern gänzlich geräumt57-2.

Nun schickte der Pfalzgraf von Neuburg sich an, wieder dieselbe Verwirrung zu stiften, wie sie eben erst mit so schwerer Mühe beigelegt war. Er unterfing sich, die Protestanten der Herzogtümer Jülich und Berg mit Härte zu verfolgen. Daraufhin erklärte Friedrich Wilhelm sich zu ihrem Beschützer und sandte seinen General Sparr57-3 mit etlichen Truppen ins Gebiet des Pfalzgrafen (1651). Zugleich ließ er ihm durch Vermittlung Hollands einen Vergleich vorschlagen.

<58>

Herzog Karl IV. von Lothringen, ein ohne Heimstatt herumirrender Fürst, war von den Franzosen aus seinem Lande vertrieben und führte mit einer kleinen Truppenmacht eher das Leben eines Tartaren als das eines Herrschers. Er kam mittlerweile dem Pfalzgrafen von Neuburg zu Hilfe. Seine Ankunft drohte die Friedensstimmung beider Parteien zu verderben. Man gelangte aber doch zu einer Einigung. Für die Besitzordnung hielt man sich an den Westfälischen Frieden58-1 und für die Gewissensfreiheit an die Verträge, die man seit dem Jahre 1612 bis zum Jahre 1647 miteinander geschlossen hatte.

Zu dieser Zeit begab sich in Schweden ein Ereignis so einzig dastehender Art, daß es die Augen ganz Europas auf sich zog: die Königin Christine entsagte der Krone Schwedens zugunsten ihres Vetters, des Prinzen Karl Gustav von Zweibrücken (1654). Die Politiker, deren Sinn von Selbstsucht und Ehrgeiz erfüllt ist, verurteilten die Königin entschieden. Die Höflinge, die überall Hintergedanken wittern, sprengten aus,die Abneigung der Königin gegen Karl Gustav, den sie heiraten sollte, habe sie veranlaßt, die Herrscherwürde niederzulegen. Die Gelehrten lobten sie allzusehr, weil sie aus Liebe zur Philosophie auf die Herrscherwürde verzichtet habe. Wäre sie in Wahrheit Philosophin gewesen, so hätte sie sich nicht mit der Ermordung Monaldeschis befleckt58-2 und nicht — wie sie es in Rom tat — sich nach der aufgegebenen Hoheit zurückgesehnt. In den Augen der Weisen erschien das Verhalten der Königin nur bizarr. Sie verdiente weder Lob noch Tadel für ihre Thronentsagung. Eine Handlung wie diese gewinnt ihre Größe lediglich durch die hohe Bedeutung der Gründe, aus denen sie hervorgeht, durch die begleitenden Umstände und die Seelengröße, mit der sie zu Ende geführt wird.

Kaum hatte Karl Gustav den Thron bestiegen, als er auch schon danach trachtete, sich durch Waffentaten auszuzeichnen. Es fehlten noch sechs Jahre bis zum Ablauf des Waffenstillstandes, den Gustav Adolf mit Polen geschlossen hatte58-3. Karl Gustav beabsichtigte nun, den König Johann II. Kasimir, der 1648 zum Nachfolger von Wladislaw IV. erwählt worden war, zum Verzicht der polnischen Ansprüche auf die Krone Schwedens58-4 und zur Abtretung Livlands zu bringen. Friedrich Wilhelm, den Mißtrauen gegen Karl Gustav erfüllte, durchschaute seine Pläne bald. Um ihn aber in günstiger Stimmung zu erhalten, beendete er durch seine Vermittlung die Streitigkeiten zwischen der schwedischen Regierung in Stade und der Stadt Bremen um die Vorrechte der Hansestadt.

Die Schweden verkündeten, ihre Rüstungen richteten sich nur gegen Rußland. Vom Kurfürsten forderten sie die Häfen Pillau und Memel, ganz so wie Gustav<59> Adolf von Georg Wilhelm die Festungen Küstrinrin und Spandau gefordert hatte59-1. Die Verhältnisse hatten sich jedoch seit jener Zeit erheblich geändert. Der Fürst, an den die Schweden sich jetzt wandten, war ein ganz anderer Mann als Georg Wilhelm. Der Kurfürst wies die unbescheidene Forderung mit Stolz zurück (1654) und fügte hinzu: wenn der König von Schweden tatsächlich Rußland angreifen wolle, so verpflichte sich der Kurfürst, ein Korps von 8 000 Mann für diesen Krieg zu stellen. Er tue das um so lieber, als das Vordringen der Moskowiter in Polen ihn befürchten lasse, sie möchten sich auch seinen Grenzen nähern. Diese kunstgerechte Abfertigung ließ die Schweden erkennen, daß der Kurfürst weder furchtsam noch dumm war.

Unterdessen wies er die Republik Polen auf die Gefahr hin, die ihr drohte. Sie bat ihn um Beistand mit seiner Artillerie, seinen Truppen und seinem guten Rat. Der Bitte folgte eine Gesandtschaft, die um Vermittlung nachsuchte, damit baldigst eine Einigung mit Schweden zustande komme. Und ihr folgte wieder eine, die ihn drängte, Subsidien zu den Kriegskosten beizusteuern. Der Kurfürst kannte die lärmenden Beratungen der Polen. Er wußte, sie waren schwankend in ihren Entschließungen und leichtfertig gegenüber ihren Verpflichtungen, neigten zum Kriegführen, ohne die nötigen Mittel vorzusehen, waren erschöpft durch die Räuberei der Großen und hatten unbotmäßige Truppen. Daher erwiderte er, er könne weder die Verantwortung für das Unheil, das er befürchte, auf sich nehmen, noch das Wohl seiner Länder aufs Spiel setzen, um die Republik zu retten, die seine Dienste mit Undank lohnen werde.

Angesichts des Krieges, der jeden Augenblick ausbrechen konnte, schloß er mit den Holländern ein Schutzbündnis auf acht Jahre, um seinen Staaten die Ruhe zu sichern (1655). Er suchte die Freundschaft Cromwells, des glücklichen Usurpators, der unter dem Titel eines Protektors in seinem Vaterland als unumschränkter Alleinherr schaltete. Er knüpfte Verbindungen mit Ludwig XIV. an, der seit dem Westfälischen Frieden der Schiedsrichter Europas geworden war. Er schmeichelte selbst dem Hochmut Ferdinands III., um ihn für seine Interessen zu gewinnen. Aber zur Antwort erhielt er in Wien nur jene leeren Worte, womit die Höflichkeit der Minister das Herbe einer Ablehnung zu versüßen pflegt. Ferdinand III. vermehrte seine Truppen, und der Kurfürst folgte seinem Beispiel.

Der Argwohn Friedrich Wilhelms gegen die Absichten Schwedens fand bald seine Bestätigung. Schwedische Truppen unter dem Befehl des Generals Wittenberg durchzogen die Neumark, ohne um Genehmigung nachgesucht zu haben, und marschierten auf die polnische Grenze los. Und kaum eröffnete Stenbock den Angriff auf das polnische Reich, so ergaben sich ihm schon zwei Woywodschaften Großpolens.

Da die ganze Wucht des Krieges sich gegen die preußische Grenze richtete, zog der Kurfürst mit seinen Truppen dorthin, um die rechten Maßnahmen schneller treffen<60> und durchführen zu können. In Marienburg schloß er ein Schutzbündnis mit den Ständen Polnisch-Preußens60-1. Darin sicherten sich die Kontrahenten eine gegenseitige Unterstützung mit 4 000 Mann zu und regelten den Unterhalt der brandenburgischen Besatzungen in Marienburg, Graudenz und einigen anderen Städten.

Die Schweden waren damals nicht die einzigen Feinde Polens. Der Zar60-2 war seit dem vergangenen Jahr bis nach Litauen vorgedrungen. As Vorwand für diesen Einbruch diente die nichtige Auslassung etlicher Titel, die sich die polnische Staatskanzlei dem Zaren gegenüber zuschulden kommen ließ. Es war seltsam genug, daß eine Nation, die vielleicht nicht lesen konnte, um einiger Buchstaben willen, die auf der Adresse eines Schreibens fehlten, ein Nachbarvolk mit Krieg überzog.

Inzwischen nützten die Schweden die Bedrängnis ihrer Feinde aus und machten beträchtliche Fortschritte. Sie brachten Preußen in ihre Gewalt, nahmen dort Quartiere und näherten sich dann Königsberg. Ihr Vorgehen machte die Lage des Kurfürsten von Tag zu Tag schwieriger. Er sah den Augenblick kommen, wo er seine Neutralität nicht länger wahren konnte, ohne Preußen dem unvermeidlichen Ruin auszusetzen. Da die Schweden ihm zu wiederholten Malen günstige Anerbietungen gemacht hatten, schlug er sich auf ihre Seite und traf mit ihnen zu Königsberg ein Abkommen60-3 wonach er sich als Vasallen der schwedischen Krone bekannte und ihr für das Herzogtum Preußen die Huldigung leistete, unter der Bedingung, daß zu seinen Gunsten das Bistum Ermland säkularisiert würde. Um seine Stellung noch zu stärken, ging Friedrich Wilhelm ein Bündnis mit Ludwig XIV. ein, der ihm seine Provinzen am Rhein und an der Weser garantierte.

Seinen Vertrag mit den Schweden wandelte er dann zu Marienburg in ein Offensivbündnis um60-4. Der König und der Kurfürst hatten hierauf in Polen eine Zusammenkunft, in der sie sich über ihre Kriegspläne einigten und namentlich über Mittel und Wege, Warschau den Polen wieder zu entreißen, die kurz zuvor die schwedischen Truppen daraus vertrieben hatten. Dann marschierte der Kurfürst durch Masovien und vereinigte sich an der Mündung des Bug in die Weichsel mit dem schwedischen Heer. Die Verbündeten überschritten den Bug zur selben Zeit, als das polnische Heer bei Warschau über die Weichsel ging, sodaß nun also kein Hindernis mehr die Gegner trennte.

Die Vertreter Frankreichs, d'Avaugour und de Lumbres, hofften durch Unterhandlungen eine Einigung zu erreichen. Zu diesem Zweck gingen sie oftmals von einem Lager ins andere hin und her. Aber die Polen waren auf ihre Zahl60-5 so stolz, daß sie die Verbündeten, deren Streitkräfte sich nur auf 16 000 Mann beliefen, gering schätzten. Mit dreistem Übermut wiesen sie alle Vorschläge der Vermittler ab.

Das polnische Heer stand in einem verschanzten Lager. Sein rechter Flügel erstreckte sich gegen einen Sumpf hin. Die Weichsel, die vom Rücken des Lagers schräg

<61>

Skizze zur Schlacht bei Warschau

<62>

zur Linken hinfloß, decke zugleich diesen Flügel. Am 28. Juli in aller Frühe marschierten Karl Gustav und Friedrich Wilhelm gegen die Polen.

Der König, der die erste Kolonne führte, rückte durch ein kleines Gehölz62-1 und lehnte seinen rechten Flügel an die Weichsel. Aber das Gelände war zu schmal, sodaß er nur eine Front von 12 Schwadronen und 3 Bataillonen gegen den Feind entwickeln konnte. Das Lager der Polen war nach dieser Seite hin gut befestigt und schwierig anzugreifen. So war der König genötigt, in Kolonnen stehenzubleiben. Der Tag ging in Scharmützeln und Kanonaden hin. Der Kurfürst, der den linken Flügel kommandierte, ließ das Gehölz, durch das der König gekommen war, zur Rechten. Da die Nacht hereinbrach, blieb das Heer in dieser Stellung, ohne abzukochen und ohne die Waffen abzulegen, bis zum wiederkehrenden Morgenrot.

Am folgenden Tag, am 29., bemächtigte sich der Kurfürst eines Hügels62-2, der zu seiner Linken lag, und entdeckte von dort jenseits des Wäldchens eine Ebene, in der er seine Truppen ausbreiten konnte. Er ließ seine Kolonne links abmarschieren, entwickelte sie in der Ebene und sicherte seine Flanke durch 6 Schwadronen. Die Tartaren nahmen diese Bewegung wahr und griffen den Kurfürsten von allen Seiten an. Sie wurden aber zurückgeschlagen, und sein Flügel formierte sich ganz in der Ebene. Nun machten die Tartaren einen neuen Angriffsversuch, der ihnen aber ebenso mißlang wie der erste. Dann zogen sie sich in Verwirrung auf ihr Lager zurück.

Der König sah, daß es unmöglich war, die feindliche Verschanzung auf der Weichselseite anzugreifen, und beschloß daher, seine Aufstellung zu ändern. Die polnische Infanterie, die Miene machte, aus der Verschanzung hervorzubrechen, hielt ihn eine Zeitlang auf. Aber einige Kanonen, die er gegenüber den Öffnungen der Verschanzung auffahren ließ, hatten so starke Wirkung, daß die polnischen Truppen jedesmal, wenn sie herausdringen wollten, in Verwirrung gebracht und gezwungen wurden, den Versuch aufzugeben. Mittlerweile änderte Karl Gustav seine Schlachtordnung; er zog seine Truppen durch das Gehölz, das er tags zuvor durchschritten hatte, zurück und stellte sich in der Ebene auf, links neben den Truppen des Kurfürsten, die schon aufmarschiert waren62-3.

Nun verließ das polnische Heer die Verschanzung, marschierte rechts ab und formierte eine Front, die derjenigen der Verbündeten überlegen war. Auf ihrem rechten Flügel stand die gesamte Reiterei, gedeckt von einem Dorf, das mit Infanterie besetzt war und von einer Anhöhe aus durch eine Batterie flankiert und geschützt wurde. Der König von Schweden ging mit seiner Linken gegen ihre rechte Flanke vor. Sofort setzten die Polen das Dorf in Brand, räumen es und sammeln sich hinter einem weiter rückwärts liegenden Dorfe, das von einem Morast gedeckt wurde. Der König<63> verfolgte sie und fiel ihnen zum zweitenmal in die Flanke, was bei den Polen einen neuen Dorfbrand und einen neuen Rückzug bewirkte. Angesichts dieser Gefahr unternahm die polnische Reiterei einen allgemeinen Ansturm. Sie griff die Verbündeten von der Seite, im Rücken und in der Front zugleich an. Alle Truppen aber waren darauf vorbereitet, sie bestens zu empfangen: die Reserve warf die zurück, die von rückwärts kamen; die seitwärts aufgestellten Truppen schlugen die Flankenattacken ab, und die Schlachtftont selbst brachte mit einigen Salven Unordnung in die Angreifer, sodaß sie nach allen Richtungen entflohen. Die Nacht hemmte die Schweden für diesmal in der vollen Ausnutzung des Sieges. Sie warteten auf dem Schlachtfeld mit den Waffen in der Hand den nächsten Tag ab, der ihren Triumph vollenden sollte.

In der Frühe des nächsten Morgens (30. Juli) entschloß sich der König von Schweden, seine Schlachtordnung neuerdings zu ändern. Er formierte die beiden ersten Treffen aus Infanterie und stellte seine Reiterei ins dritte Treffen, mit Ausnahme der Kürassiere und der brandenburgischen Dragoner, die der Kurfürst auf den rechten Flügel seiner Truppen nahm; denn die Gelegenheit schien ihm günstig, seine Reiterei zu verwerten.

Der Feind war im Besitz eines Gehölzes63-1 geblieben, das dem linken Flügel gegenüber lag. Eine Artilleriebrigade, unterstützt von 500 Reitern, wurde dorthin ausgeschickt. Nach ein paar Kanonensalven verjagte die Reiterei den Feind aus dem Gehölz, und die Verbündeten ließen es von 200 Mann Infanterie besetzen. Dies Vorgehen war um so nötiger, als die Feinde, solange sie Herren des Gehölzes blieben, ihre Reiterei decken, sodaß man ihr nur schwer etwas anhaben konnte. Nunmehr griff der Kurfürst die polnische Reiterei, an, die auf einer Anhöhe63-2 aufmarschiert stand, warf sie über den Haufen in einen dahmterliegenden Sumpf und zersprengte sie gänzlich. Da die feindliche Infanterie sich von ihren Reitern im Stich gelassen sah und ihre Kanonen schon am Tag zuvor verloren hatte, ergriff sie in vollständiger Verwirrung die Flucht, ohne die Schwedn und Brandenburger abzuwarten. Schleunigst flüchtete sie über die Weichsel zurück, in so arger Unordnung, daß viele ertranken. Und da sie sich selbst hinter dem Strom nicht in Sicherheit glaubte, ließ sie auch Warschau im Stich. Die Stadt ergab sich am nächsten Tag den Siegern.

Das polnische Heer verlor in den verschiedenen Kämpfen 6 000 Mann. Die Verbündeten waren von all den Strapazen so erschöpft und vom dreitägigen Hungern so entkräftet, daß sie außerstande waren, die Besiegten zu verfolgen.

Johann Kasimir hatte der Niederlage seiner Truppen persönlich beigewohnt. Die Königin, seine Gemahlin63-3, und einige der ersten Senatorinnen des Königreichs waren von der Weichselbrücke aus Zuschauerinnen gewesen. Aber sie halfen nur die Hindernisse, die Verwirrung und Schmach einer regellosen Flucht mehren.

<64>

Nachdem das siegreiche Heer etwas Ruhe genossen hatte, machte es noch einen Marsch von sechs deutschen Meilen zur Verfolgung der Polen. Der Kurfürst aber ließ einige Truppen unter dem Befehl des schwedischen Königs und kehrte mit seiner Hauptmacht nach Preußen zurück, um die Tartaren, die dort einfielen, zu verjagen. Da er merkte, daß Karl Gustav seines Beistandes aufs dringendste bedurfte, bediente er sich dieses Umstandes mit solcher Geschicklichkeit, daß er durch den Vertrag von Labiau64-1 die volle Souveränität über Preußen erlangte. Schweden behielt sich nur die Eventual-Nachfolge für das Herzogtum vor.

Der Kurfürst teilte dem Kaiser den Gewinn der Schlacht bei Warschau mit. Aber Ferdinand III., der die Schweden noch fürchtete, sah nur widerwillig das gute Einverständnis zwischen ihnen und den Brandenburgern und beneidete die beiden Helden überdies um ihre glänzenden Erfolge. Er begnügte sich damit, ihm zu antworten: er bedauere die Polen, daß sie es mit zwei so tapferen Fürsten zu tun hätten.

Der Kaiser, der damals in Frieden mit all seinen Nachbarn lebte, glaubte es seiner Würde schuldig zu sein, sich auch in die polnischen Wirren zu mischen, entweder um das Königreich Polen zu schützen, oder um dem König von Schweden Schranken zu setzen, oder um selber Vorteil aus der Sache zu ziehen. Er sandte Hatzfeldt mit 16 000 Mann den Polen zu Hilfe. Dänemark nahm sich aus Haß gegen Schweden gleichfalls der Interessen Polens an. Diese mächtige Vereinigung ward für Karl Gustav ein sicheres Anzeichen vom Unbestand des Glückes. Ferdinand III. war noch nicht zufrieden damit, daß er die Polen durch seine Truppen unterstützte; er wollte sie auch von einem gefährlichen Feind befreien und redete Friedrich Wilhelm in den dringlichsten Ausdrücken zu, er solle sich von den Schweden lossagen.

Da der Kurfürst sich von allen Seiten bedrängt sah, entschloß er sich, den Gesetzen der Notwendigkeit zuvorzukommen. Er tat gutwillig, was er doch nicht hätte Verweigern können. In der Voraussicht, daß der Kaiser und der König von Dänemark64-2 ihn durch einen Einfall in seine deutschen Staaten zwingen konnten, die Partei der Schweden zu verlassen, schloß er in Wehlau Frieden mit den Polen64-3. Sie erkannten die Souveränität Preußens an und traten ihm, zur Entschädigung für das Bistum Ermland, die Ämter Lauenburg und Bütow ab. Die Stadt Elbing wurde ihm gegen eine Summe Geldes verpfändet64-4 und die Erbfolge in Preußen wurde auf seine Vettern, die fränkischen Markgrafen, ausgedehnt. Polen und Brandenburg versprachen einander gegenseitige Hilfeleistung von 2 000 Mann. Der Kurfürst räumte alle von der Republik Polen abhängigen Städte, in denen er eine Besatzung hatte. Dieser wichtige Vertrag wurde in Bromberg bestätigt64-5.

<65>

Da die alten Verbindungen des Kurfürsten mit Schweden und Frankreich durch den eben mit Polen geschlossenen Frieden zerrissen waren, fand er es ratsam, für neue Bündnisse zu sorgen, und schloß einen Vertrag mit dem Kaiser und dem König von Dänemark65-1. Demzufolge verpflichtete sich Ferdinand III.65-2 6 000 Mann zu stellen, und Friedrich Wilhelm versprach ein Kontingent von 3 500 Mann für den Kontrahenten, der des Beistands bedürfen sollte. Erzherzog Leopold, den sein Vater schon im Jahre 1653 trotz der Goldenen Bulle und gegen die Absicht der meisten Reichsfürsten zum römischen König hatte wählen lassen65-3, bestieg jetzt den Kaiserthron, der durch den Tod Ferdinands III. frei geworden war.

Der König von Schweden war indessen empört, daß der Kaiser und der König von Dänemark seine Anschläge auf Polen im Keim erstickt hatten. Er rächte sich durch einen Überfall auf Seeland und zwang den König von Dänemark zur Unterzeichnung des Friedens von Roeskilde (1658). Aber kaum war der Friede geschlossen, als der König von Dänemark ihn schon brach. Die wiedererlangte Freiheit zerstörte das Werk des Zwangs. Obwohl Friedrich III. von Dänemark der Angreifer war, bat er den Kaiser und den Kurfürsten um Hilfe wider Schweden und erhielt sie auch.

Als Friedrich Wilhelm daran ging, den König von Dänemark zu unterstützen, setzte er während seiner Abwesenheit den Fürsten von Anhalt65-4 zum Statthalter in seinen Staaten ein. Mit seiner Reiterei und 3 000 kaiserlichen Kürassieren brach er von Berlin auf. Er warf die Schweden, die in Holstein standen, über die Eider zurück und legte brandenburgische und kaiserliche Besatzung nach Gottorp. Nachdem er die Schweden von der Insel Aland vertrieben hatte, ließ er seine Truppen Winterquartiere in Jütland beziehen.

Im folgenden Jahr (1659) eröffnete er den Feldzug mit der Einnahme von Fredriksodde und der Insel Fanoe. Aber seine Unternehmung gegen die Insel Fünen schlug fehl, da acht schwedische Kriegsschiffe die mit seinen Landungstruppen besetzten Barken auseinandersprengten.

Um die schwedischen Streitkräfte mehr zu zersplittern, rückte de Souches mit den Kaiserlichen und 2 000 Brandenburgern65-5 in Vorpommern ein. Er und Starhemberg65-6 bemächtigten sich einiger Städtchen auf der Insel Wollin und eröffneten die Belagerung Stettins. Würtz, der dort Kommandant war, wehrte sich tapfer. Das Gerücht dieser Unternehmung drang auch nach Dänemark, wo Mangel die Schweden kommandierte. Er eilte Pommern zu Hilfe, landete in Stralsund, überfiel 200 Brandenburger auf der Insel Usedom und warf 1 600 Mann Hilfsruppen nach Stettin. Würtz ließ diese Verstärkung nicht müßig gehen. Er machte einen wütenden<66> Ausfall, verjagte die Kaiserlichen aus ihren Laufgräben, vernagelte ihre Kanonen, setzte ihr Lager in Schrecken und zwang sie, die Belagerung aufzuheben, die schon sechsundvierzig Tage gedauert hatte.

Der Krieg näherte sich dem Brandenburger Land, seit Wrangel nach Pommern marschiert war. Das bewog den Kurfürsten, Jütland zu verlassen. Er folgte Wrangel, nahm Warnemünde und Tribsees, schlug persönlich bei Stralsund eine Abteilung von 300 Reitern und beendete den Feldzug mit der Einnahme von Demmin.

Während der Krieg in Holstein und Pommern lebhaft geführt wurde, hatten die Schweden die Polen aus dem großen und kleinen Werder und aus Marienburg in Polnisch-Preußen hinausgeworfen (1658). Im folgenden Jahre wurden sie selber von den Kaiserlichen und den Polen verjagt. Polenz66-1, der Führer der Brandenburger, machte einen Einfall in Kurland, wo er den Schweden einige Städte wegnahm.

Zum klareren Verständnis der Kriegsoperationen muß hier eingefügt werden, daß die meisten Städte, die damals Belagerungen aushielten, der heutigen Angriffsweise nicht vierundzwanzig Stunden Widerstand leisten würden, es sei denn, daß sie von einem ganzen Heere verteidigt würden.

Karl Gustav starb in der Blüte seiner Jahre (1660), inmitten des Wirrwarrs und der Aufregungen, in die er den Norden gestürzt hatte. Die Minderjährigkeit seines Sohnes Karl XI., der erst fünf Jahre alt war, mäßigte den kriegerischen Drang der Schweden; sie waren es gewöhnt, durch das Vorbild ihrer Fürsten fortgerissen zu werden. Kurz darauf66-2 hatte König Johann II. Kasimir von Polen der Krone entsagt, und die Polen hatten zu seinem Nachfolger Michael Koribut66-3 erwählt. Nach dem Tode des schwedischen und der Abdankung des polnischen Königs hörten die Feindseligkeiten auf beiden Seiten auf.

Die kriegführenden Parteien sehnten sich nach dem Frieden und verlangten nur mehr nach Sicherheit und Ruhe. Und da sie alle dieselbe Stimmung beseelte, kamen sie überein, im Kloster Oliva bei Danzig die Verhandlungen zu eröffnen. Da die Ehrsucht an diesen Besprechungen keinen Anteil hatte, gelangten sie bald zu einem glücklichen Abschluß66-4. Dem Kurfürsten wurde der Bromberger Vertrag garantiert und seine Souveränität über Preußen anerkannt. Die übrigen Mächte einigten sich untereinander dahin, ihren Besitzstand wiederherzustellen, wie er vor Ausbruch des Krieges gewesen war.

Die preußischen Stände unterwarfen sich nur ungern dem Bromberger Vertrag. Sie behaupteten, Polen habe kein Recht gehabt, über ihre Freiheit zu verfügen. Ein Edelmann namens Roth trieb die Empörung weiter als die anderen. Er wurde in Haft gesetzt66-5. Nachdem die ersten Regungen des Aufruhrs beschwichtigt waren,<67> nahm Friedrich Wilhelm zu Königsberg die Huldigung der Preußen persönlich entgegen (1663).

Die Ruhe, die nun in ganz Europa herrschte, erlaubte es dem Kurfürsten, sein Augenmerk ganz auf das Wohl seines Volkes zu lenken. Wie er in Kriegszeiten zum Beschützer seiner Staaten ward, so hatte er in Friedenszeiten den edlen Ehrgeiz, ihnen ein Vater zu sein. Er half den Familien, die durch die Feinde zugrunde gerichtet waren. Die zerstörten Mauern der Städte ließ er wieder aufbauen. Die Wüsteneien wurden zu wohlbestellten Feldern. Wälder verwandelten sich in Dörfer, und Landleute, die er als Kolonisten ansiedelte, weideten ihre Herden in den Gegenden, die infolge der Kriegsverwüstungen eine Heimstätte der Raubtiere gewesen waren.

Die Landwirtschaft, das so gering geschätzte und doch so nützliche Gewerbe, wurde von ihm sorgsam gefördert. Täglich sah man neue Schöpfungen. Ein Kanal wurde gegraben, der die Spree mit der Oder verband67-1 und so den Handelsverkehr in den Provinzen förderte. Der Warentransport nach der Ostsee einerseits, nach der Nordsee andrerseits wurde dadurch abgekürzt. Friedrich Wilhelm war durch seine Herzensgüte und seinen Eifer für das Gemeinwohl noch größer als durch seine Feldherrngaben und seine weise Staatskunst, die ihn alles zur rechten Zeit unternehmen hieß und auf eine Art, die zum Erfolg führen mußte. Kühnheit macht den großen Helden, Menschlichkeit den guten Fürsten.

Während des Friedens nahm der Kurfürst die Eventualhuldigung des Erzbistums Magdeburg entgegen (1666) und legte Besatzung in diese Stadt. Auch die Herrschaft Regenstein, ein Lehen des Fürstentums Halberstadt, verleibte er seinem Staat ein und hielt seine Rechte gegenüber den Ansprüchen der Herzöge von Braunschweig aufrecht.

Nachdem wir von der Fürsorge des Kurfürsten für die innere Verwaltung berichtet haben, müssen wir noch in wenig Worten seines Anteils an den allgemeinen Angelegenheiten Europas gedenken. Er sandte 1664 dem Kaiser, den die Türken in Ungarn angriffen, 2 000 Mann unter dem Herzog von Holstein67-2 zu Hilfe. Ebenso stand er dem König Michael Koribut von Polen in dem Kriege bei, den er gegen die Ungläubigen zu bestehen hatte. Dank seiner Vermittlung einigten sich die Söhne des Herzogs von Lüneburg über das väterliche Erbe67-3 (1665). Mit dem Pfalzgrafen von Neuburg67-4 verglich er sich in allen Streitfragen hinsichtlich der klevischen Erbfolge, die noch unerledigt waren67-5 (1666). Die Schweden schlossen mit ihm ein Schutzbündnis, und er brachte im Haag mit dem König von Dänemark, der Republik Holland und dem Herzog von Braunschweig einen Vierbund zustande, dem auch der Kaiser beitrat.

<68>

Diese Bündnisse, die Deutschlands Ruhe sichern sollten, verloren durch ihre Zahl an Kraft. Sie ließen allzusehr die Überlegenheit Frankreichs und die Schwäche des Deutschen Reiches erkennen, das so viele Staaten umfaßte und der Macht eines einzigen Monarchen doch kaum widerstehen konnte.

Bald sah man, wie nutzlos die Vorsichtsmaßregeln der Reichsfürsten waren. Ludwig XIV., der damals selbst die Regierung übernahm, brannte vor Ungeduld, der Welt seine Herrschaft durch Taten zu verkünden, die die Augen Europas auf ihn zu lenken vermochten. An der Spitze seines Heeres zog er aus, um Spanisch-Flandern anzugreifen. Die Mitgift, die der Königin Maria Theresia noch nicht ausbezahlt war, mußte für ein Manifest herhalten68-1. Obwohl die Gründe in Madrid nicht für so vollwichtig gehalten wurden wie in Paris, glaubte Ludwig XIV. ganz nach der Ordnung vorzugehen, als er in die spanischen Niederlande einbrach, die zu jener Zeit nur von wenigen Truppen verteidigt wurden.

Frankreich war darauf bedacht, den Bündnissen zuvorzukommen, die zur Unterstützung Spaniens gebildet wurden. Es glaubte daher, wohl daran zu tun, wenn es mit dem Kurfürsten Freundschaft pflegte. Dieser versprach auch, sich in den Krieg, der ihn ja tatsächlich nichts anging, nicht einzumischen.68-2

Ludwig XIV. nahm fast ohne Widerstand einen Teil von Spanisch-Flandern ein (1668). Im folgenden Winter bemächtigte er sich der Franche-Comté, und zwar auf Betreiben des Prinzen Condé, der den Marschall Turenne um den erfolgreichen flandrischen Feldzug beneidete und ihn nun übertreffen wollte. In dieser dringenden Not suchten die Spanier Hilfe bei den Holländern, die früher von ihnen unterdrückt und mißachtet worden waren. Und die holländische Republik gewährte ihnen diesmal Beistand gegen die Unternehmungen des Königs von Frankreich. Jan de Witt, der Ratspensionär von Holland, der englische Minister Ritter Temple und der schwedische Botschafter Dohna beschlossen, den Fortschritten Ludwigs XIV. Einhalt zu tun. Bald danach traten Schweden, Holland und England im Haag zu einem Bündnis zusammen. Ludwig XIV. beschwor den Sturm, indem er selber Spanien den Frieden anbot. Er kam in Aachen tatsächlich zustande (1668). Die Bedingungen waren, daß der König die in Flandern eroberten Plätze behalten und die FrancheComté den Spaniern zurückgeben sollte. Die Holländer hätten gewünscht, daß er Flandern wieder herausgäbe. Aber wie sehr sie sich auch bemühten, den König so weit zu bringen, es war umsonst, zumal er gegen die Holländer gereizt war und Flandern für seine Absicht, sich an ihnen zu rächen, nötig hatte.

Die Pläne, die Ludwig XIV. gegen die Niederlande schmiedete, blieben nicht so verborgen, daß nicht etwas davon durchgesickert wäre. Wer am wenigsten an einer<69> Sache interessiert ist, hat oft den klarsten Einblick. So sah Friedrich Wilhelm aus, daß der Friede, den Frankreich eben mit Spanien geschlossen hatte, für die Holländer verhängnisvoll werden könnte. Er versuchte, das drohende Unheil von der Republik abzuwenden.

Ludwig XIV. dachte nicht daran, sich zu friedlichen Gesinnungen zu bekehren. Vielmehr bemühte er sich, den Kurfürsten in den Krieg, den er gegen die Holländer vorhatte, selbst hineinzuziehen. Damit beauftragte er den Grafen von Fürstenberg69-1, der sich nach Berlin begab (1669). Zu seinem Staunen fand der Vermittler einen Herrscher, der die Gefühle der Freundschaft und der Dankbarkeit höher hielt als die Lockungen des Eigennutzes und die Reize des Ehrgeizes.

Alsbald entstand ein Bund zur Unterstützung der Niederlande. Der Kurfürst von Brandenburg, der von Köln69-2, der Bischof von Münster69-3 und der Pfalzgraf von Neuburg unterzeichneten den Vertrag zu Bielefeld. Aber kaum war das Bündnis geschlossen, als der Kurfürst von Köln und der Bischof von Münster zur Gegenpartei übertraten.

Als Holland 1672 von Frankreich angegriffen und zugleich vom Kurfürsten von Köln und dem Bischof von Münster beunruhigt wurde, war seine Lage derart, daß es von der Hochherzigkeit seiner Bundesgenossen keine Hilfe zu erwarten wagte. Wer ins Unglück gerät, macht eine sichere Erfahrung mit dem Menschenherzen: der Niedergang seines Glückes ist wie ein Thermometer, das zugleich die Erkaltung seiner Freunde anzeigt. Die Provinzen der Holländer wurden von Ludwig XIV. erobert. Ihre Truppen waren entmutigt und in die Flucht gejagt und Amsterdam dem Fall nahe. Wie konnten sie bei diesem Stand der Dinge hoffen, ein Fürst werde so viel Seelengröße haben, um den Gefahren zu trotzen, denen die Republik und ihre Beschützer ausgesetzt waren? Wie konnten sie erwarten, er werde sich dem mächtigsten und glücklichsten Monarchen Europas auf der Triumphstraße seiner Erfolge entgegenstellen?

Und doch stellte ein solcher Beschützer sich ein. Friedrich Wilhelm besaß die Seelengröße, ein Bündnis mit der Republik zu schließen69-4, während ganz Europa schon glaubte, sie werde in den Fluten versinken, die sie einst beherrscht hatte. Er verpflichtete sich zur Stellung von 20 000 Mann, wovon die Hälfte im Sold der Republik stehen sollte. Der Kurfürst und Holland versprachen sich ferner gegenseitig, keinen Sonderfrieden mit den Feinden zu schließen. Bald danach trat Kaiser Leopold ihrem Bunde bei (Juni 1672).

Mittlerweile hatten die raschen Erfolge Ludwigs XIV. zur Änderung der Regierungsform in Holland geführt. Das Unglück des Landes und die Ränke des Prinzen von Oranien brachten das Volk in Wut. Es legte dem Ratspensionär all<70> sein Mißgeschick zur Last, und mit unerhörter Grausamkeit rächte es die Leiden Hollands an den Brüdern de Witt. Wilhelm von Oranien wurde vom Volke tumultuarisch zum Statthalter erwählt70-1, und der erst zweiundzwanzig Jahre alte Prinz wurde der unermüdlichste Feind, den die Ehrsucht Ludwigs XIV. zu bekämpfen hatte.

Der Kurfürst beeilte sich, dem neuen Statthalter, seinem Verwandten, Hilfe zu bringen. Kaum hatte er seine Truppen gesammelt, so rückte er auf Halberstadt vor, wo Montecuccoli mit 10 000 Kaiserlichen zu ihm stieß. Sogleich setzte er den March nach Westfalen fort. Auf das Gerücht von seinem Nahen verließ Turenne Holland, bemächtigte sich im Klevischen einiger Städte und zog mit 30 000 Franzosen dem Kurfürsten entgegen. Der Bischof von Münster mußte von Gröningen ablassen, und die Franzosen hoben die Belagerung von Maastricht auf: das waren die einzigen Früchte dieser Diversion. Der Kurfürst wollte Turenne schlagen und marschierte geradenwegs den Holländern zu Hilfe. Aber Montecuccoli, der geheimen Befehl hatte, nicht die Offensive zu ergreifen, wollte ihm keineswegs beipflichten. Er brachte alle möglichen schlechten Gründe vor, um ihm seine Absicht auszureden. Da der Kurfürst nicht stark genug war, um mit seinen eigenen Streitkräften vorzugehen, war er gezwungen, sich den Wünschen des Kaisers zu beugen. Er marschierte also in der Richtung auf Frankfurt am Main und ließ den Prinzen von Oranien die Gründe seines Verhaltens wissen. Durch diesen Marsch nötigte er jedoch Turenne, bei Andernach wieder über den Rhein zurückzugehen, und befreite die Holländer von 30 000 Feinden.

Turenne wäre verfolgt worden, wenn es vom Kurfürsten allein abgehangen hätte. Er hatte bereits Anstalten getroffen, um den Rhein bel Nierstein zu überschreiten. Doch Montecuccoli widersetzte sich dem nachdrücklich und erklärte ihm, die Kaiserlichen würden nicht über den Strom setzen. Der Feldzug verlief daher unfruchtbar. Der Kurfürst bezog Winterquartiere in Westfalen.

Die Franzosen machten sich diesen Stillstand zunutze. Turenne ging (1673) Wesel über den Rhein, brachte die Herzogtümer Kleve und Mark in seine Gewalt und drang gegen die Weser vor. Der Bischof von Münster suchte vergebens, sich Bielefelds zu bemächtigen. Man riet dem Kurfürsten, die Entscheidung der Dinge einer Schlacht anzuvertrauen. Der Fürst von Anhalt70-2 war dieser Meinung und unterstützte sie durch gute Gründe. Er betonte, daß Turenne, wenn er geschlagen würde, wieder über den Rhein zurück müsse. Sollte er aber Sieger bleiben, so könne er die geschlagenen Truppen nicht verfolgen, weil er sich sonst zu weit von der französischen Grenze entfernte. Der Kurfürst neigte sehr zu dieser Auffassung.

Es war an einem Sonntag. Die Minister, die ebensosehr von Furcht vor den Franzosen, wie von Neid auf den Ruf des Fürsten von Anhalt erfüllt waren, stifteten den Prediger an, seine Rede in die Länge zu ziehen. Die Predigt dauerte an<71> drei Stunden71-1. Dadurch fanden sie Zeit, alles st einzurichten, daß der Plan scheiterte. Die Kaiserlichen weigerten sich zu fechten, und der Kurfürst fühlte sich nicht stark genug, um sich allein, ohne die Hilfe seiner Verbündeten, mit Frankreich zu messen.

Da er Turenne nicht mit den Waffen besiegen konnte, so besiegte er ihn in diesem Feldzug durch Edelmut. Ein Franzose namens Villeneuve, der in Turennes Lager war, bot dem Kurfürsten an, er wolle seinen eigenen Feldherrn ermorden. Friedrich Wilhelm wandte sich mit Abscheu von diesem Verbrechen ab und warnte Turenne vor dem Verräter. Er fügte hinzu, gern ergreife er die Gelegenheit, ihm zu bekunden, daß seine Achtung vor Turennes Verdiensten nicht beeinträchtigt werde durch das Unheil, das die Franzosen über seine Provinzen gebracht hatten.

Die Holländer blieben die Subsidien schuldig, zu denen sie sich verpflichtet hatten. Der Kaiser und Spanien hatten noch nicht gegen Frankreich Partei ergriffen. Alles Land, das der Kurfürst in Westfalen besaß, war verloren. Diese Gründe im Verein mit seiner Machtlosigkeit bestimmten Friedrich Wilhelm, sich mit Frankreich zu einigen. Der Friede wurde zu Vossem geschlossen71-2; Ludwig XIV. ratifizierte ihn in seinem Lager vor Maastricht. Der Kurfürst erhielt all seine Provinzen zurück, ausgenommen die Städte Rees und Wesel, die die Franzosen bis zum Friedensschluß mit Holland behielten. Er versprach, den Holländern keinen Beistand mehr zu leisten, behielt sich jedoch immerhin die Freiheit vor, das Reich zu verteidigen, falls es angegriffen würde. Die übrigen Vertragspunkte drehten sich um den Ersatz des Schadens, den die französischen Truppen angerichtet hatten und den Ludwig XIV. dem Kurfürsten zu vergüten versprach. Doch umsonst blieben alle Versuche Friedrich Wilhelms, den König zu bewegen, daß er die Holländer in diesen Frieden einschlösse. Er hatte sein Äußerstes getan, um die unglückliche Republik zu retten. Wenn so viele mächtigere Fürsten oder wenigstens einige von ihnen seine Hochherzigkeit nachgeahmt hätten, so wäre Holland früher gerettet worden, und der Kurfürst hätte nicht vor der Macht des furchtgebietendsten Königs von Europa zurückweichen müssen.

Ludwig XIV. hatte die Holländer niedergeworfen, ihre Verbündeten gezwungen, sie zu verlassen, und die beiden Häuser Östereich71-3 in Untätigkeit gehalten. Aber der Triumphbogen, den man ihm vor derPorte Saint-Denis für die Eroberung Hollands errichtete, war noch nicht vollendet, als die Eroberung auch schon wieder verloren ging.

Die Franzosen hatten allzu viele Städte besetzt, was ihre Heere erheblich schwächte. Sie hatten aber versäumt, Amsterdam zu nehmen, die Seele des Staates. Um sich zu retten, öffneten die Holländer die Schleusen. Turenne konnte die Vereinigung des Prinzen von Oranien mit Montecuccoli nicht hindern. All diese Umstände zusammen machten die Errungenschaften der Franzosen zunichte und zwangen sie, Holland zu räumen.

<72>

Um auf einer anderen Seite die Oberhand wiederzugewinnen, eroberte Ludwig XI V. die Franch-Comté (1674). Turenne fiel in die Pfalz ein. Seine Truppen begingen dort unerhörte Frevel. Der Kurfürst72-1, der von seinem Schloß aus mehrere Dörfer hatte brennen sehen, erhob Klage beim Reichstag. Der Kaiser, der ruhig zugesehen hatte, als Holland unterjocht wurde, raffte sich aus seiner Lethargie auf, um dem Reiche zu helfen, und brach mit dem König von Frankreich. Das war vielleicht der einzige Krieg, den das Haus Österreich zur Sicherung und Verteidigung von Deutschland unternommen hat.

Kaiser Leopold verband sich mit Spanien und Holland. Friedrich Wilhelm verpflichtete sich, dem Reiche 16 000 Mann Hilfstruppen zu stellen72-2. Die Holländer und Spanier versprachen ihm, zum Unterhalt seiner Truppen beizusteuern. Da Ludwig XIV. das Reich angriff, so stand der Entschluß des Kurfürsten, dem Reiche aus diesem Anlaß beizustehen, keineswegs im Widerspruch zu den Verpflichtungen, die er im Frieden von Vossem mit Frankreich eingegangen war.

Der Anfang des Feldzuges verlief für die Verbündeten unglücklich. Der Prinz von Oranien wurde bei Senef vom Prinzen Condé geschlagen72-3. Turenne, der bei Philippsburg den Rhein überschritten hatte, trug einen Sieg über den alten Caprara davon, kämpfte bei Sinzheim gegen Herzog Karl IV. von Lothringen72-4, marschierte von da auf Enzheim und besiegte Bournonville72-5, der dort ein großes Korps Kaiserlicher befehligte.

Der Kurfürst ging bei Strasburg über den Rhein und stieß zu Bournonville, wenige Tage nach dessen Niederlage. Er fand die Generale, die dies Heer führten, in Unfrieden miteinander und mehr bemüht, sich gegenseitig zu schaden, als den Feind zu besiegen.

Nach der Vereinigung mit den Brandenburgern war das Heer über 50 000 Mann stark. Der Kurfürst, der nach Ruhm dürstete und kämpfen wollte, drängte Bournonville, seine Einwilligung zu geben. Aber es war vergebens. Das Heer schlug am Kochersberg ein Lager auf, und die Brandenburger bemächtigten sich der kleinen Feste Wasselnheim. Turenne, der einen größeren Schlag plante, ging wieder über die Saar und zog sich nach Lothringen zurück.

So verging der Feldzug fruchtlos. Da die Reichstruppen es versäumten, ihre Überzahl auszunutzen, ließen sie dem Feinde Zeit und Möglichkeit, ihnen die gefährlichsten Nackenschläge zu versetzen. Der Kurfürst nahm Quartiere in der Gegend von Kolmar bis Masmünster. Die Kaiserlichen belagerten Breisach.

Turenne war immerhin recht stark gegenüber einem Heer, in dem die Zwietracht herrschte. Er erhielt eine Verstärkung von 10 000 Mann aus dem flandrischen Heere. Nachdem er wie Fabius zurückgewichen war, drang er nun wie Hannibal vor.

<73>

Der Kurfürst hatte vorausgesehen, was da kommen mußte, und zu wiederholten Malen Bournonville geraten, er solle seine verstreuten Quartiere enger legen. Bournonville war vertrauensselig. Der Rückzug der Franzosen wiegte ihn in eine Sicherheit, aus der er nicht herauszubringen war. Er wollte durchaus nicht darauf eingehen, seine Quartiere mehr zusammenzuziehen.

Unterdessen rückt Turenne durch die Engpässe von Thann und Belfort73-1, bricht in die Quartiere der Kaiserlichen ein, hebt zwei davon auf, nimmt ein Regiment brandenburgischer Dragoner73-2 gefangen, schlägt Bournonville im Sundgau bei Mühhausen73-3 und verfolgt ihn. Bournonville stößt eiligst zum Kurfürsten, der seine Truppen bei Kolmar gesammelt hatte. Turenne kommt an, stellt sein erstes Treffen gegenüber der Front jenes Lagers auf, das unangreifbar war, und umgeht es mit seinem zweiten Treffen73-4. Der Kurfürst, der sich auf einem engen Gelände von Turenne in der Flanke gepackt sah und bei Bournonville nur Widerstreben fand, brach nächtlicherweile das Lager ab und ging bei Straßburg über den Rhein zurück. Die Kaiserlichen hoben die Belagerung von Breisach auf, und die Franzosen wurden Herren des Elsaß. Friedrich Wilhelm bezog mit seinen Brandenburgern Quartiere in Franken.

Die Mißerfolge des Kurfürsten in diesem Feldzug können niemand überraschen, der die Grundsätze kennt, nach denen der Wiener Hof verfährt. Die Minister des Kaisers waren den Ministern des Königs von Frankreich bei weitem nicht gewachsen, und Bournonville konnte sich mit Turenne nicht vergleichen. In Wien entwarfen Minister, die nur Politiker waren, am grünen Tisch Feldzugspläne, die nichts weniger als militärisch waren, und erhoben den Anspruch, die Heerführer am Gängelband zu leiten, während es bei der Kriegführung doch gilt, im Fluge zu handeln, wenn man seine Aufgabe erfüllen will. In Versailles wußten die Minister, daß das Detail der militärischen Unternehmungen nicht ihre Stärke war. Sie beschränkten sich auf die Grundzüge des Feldzugsplanes und waren des Glaubens, daß ein Condé und ein Turenne groß genug seien, daß man ihnen Art und Weise der Ausführung getrost überlassen könne73-5. Die französischen Feldherren verfügten beinahe souverän über ihre Heere und folgten frei den Eingebungen ihres Genius. Sie nutzten jede Gelegenheit aus, die sich bot. Ihre Feinde dagegen versäumten oft den günstigen Augenblick, weil sie erst Kuriere zum Kaiser senden mußten, um die Erlaubnis für Unternehmungen einzuholen, die nach der Rückkehr der Kuriere nicht mehr ausführbar waren.

Der Kaiser ließ bei seinen Heeren dem Kurfürsten die Ehre der Repräsentation, schenkte aber sein Vertrauen nur den eigenen Heerführern. Daher kam es, daß<74> Montecuccoli die Pläne des Feldzugs von 1672 zum Scheitern brachte und Bournonville zur Ursache des Mißgeschicks ward, das den Verbündeten im Elsaß zustieß. Der Wiener Hofkriegsrat, der sich nicht an Ort und Stelle befand, war durch den Verlust der Schlachten bei Senef, Sinzheim und Enzheim ängstlich geworden. Er fürchtete, Deutschland wäre verloren, wenn er eine vierte Schlacht wagte. Dazu kam die Uneinigkeit unter den kaiserlichen Generalen. Nimmt man alle diese Gründe zu sammen, so erklärt es sich, daß Friedrich Wilhelm an der Spitze der Kaiserlichen niemals so bewunderungswürdig erschien wie an der Spitze seiner eignen Truppen.

Während Turenne durch sein geschicktes Vorgehen die Grenzen Frankreichs sicherte, mühte sich der Staatsrat Ludwigs XIV., ihn von einem gefährlichen Feind zu befreien. Um Friedrich Wilhelm von den Kaiserlichen zu trennen, führte Frankreich eine Diversion herbei, die ihn in seine eigenen Staaten zurückrief.

Schweden hatte zwar im Jahre 1673 ein Schutzbündnis mit dem Kurfürsten geschlossen, aber Frankreich fand Mittel, es zu zerreißen. Mit einem schwedischen Heere drang Wrangel in die Mark Brandenburg ein. Der Fürst von Anhalt, der dort Statthalter war, beklagte sich bitter über den Einbruch. Wrangel begnügte sich damit, ihm zu antworten, die Schweden würden ihre Truppen zurückziehen, sobald der Kurfürst seinen Frieden mit Frankreich gemacht habe. Der Fürst von Anhalt meldete dem Kurfürsten, daß seine Staaten von den Schweden ausgeplündert und verheert würden. Da der Statthalter zu wenig Truppen hatte, um ihrem Heer entgegenzutreten, billigte der Kurfürst, daß er sich in Berlin einschlösse und dort seine Ankunft abwartete.

Während die brandenburgischen Truppen sich in ihren fränkischen Winterquartieren von den Anstrengungen des Elsässer Feldzugs erholten, wurden die märkischen Bauern durch die Schwedenplage zur Verzweiflung getrieben. Sie scharten sich zusammen und errangen auch etliche Erfolge gegen ihre Feinde. Sie hatten Kompagnien gebildet. Auf ihren Fahnen las man den Namen des Kurfürsten und den Spruch:

Wir sein Bauern von geringem Gut
Und dienen unserm gnädigsten Kurfürsten mit unserm Blut.

Wrangel, der immerhin noch einige Ordnung unter den Schweden aufrechterhalten hatte, wurde krank. Da er nicht nach dem Rechten sehen konnte, nahmen die Erpressungen und Plünderungen noch zu. Nicht einmal die Kirchen wurden geschont. Die Habgier trieb den Soldaten zu den ärgsten Grausamkeiten.

Die Mark sehnte sich nach ihrem Befreier. Und sie brauchte nicht lange auf ihn zu warten. Friedrich Wilhelm war schon unterwegs, sich an den Schweden für ihre Treulosigkeit zu rächen. Er verließ seine Quartiere in Franken und kam am 21. Juni in Magdeburg an. Sofort nach seinem Eintreffen ließ er die Tore der Festung schließen und wandte alle erdenklichen Vorsichtsmaßregeln an, damit keine Nachricht von seinem Nahen bis zum Feind dringe. Am Abend des 22. Juni ging das Heer über die Elbe und gelangte auf Umwegen in der folgenden Nacht vor die<75> Tore von Rathenow. Er ließ Baron Briest75-1, der in der Stadt war, seine Ankunft mitteilen und verabredete mit ihm insgeheim Mittel und Wege, um die Schweden zu überrumpeln.

Briest entledigte sich seines Auftrags auf geschickte Art. Er gab den Offizieren des Regiments Wangelin, das die Besatzung von Rathenow bildete, ein großes Nachtmahl75-2. Die Schweden überließen sich dabei rückhaltlos den Freuden des Trunks. Während sie ihren Rausch ausschliefen, ließ der Kurfürst auf Schiffen Fußtruppen über die Havel setzen, um die Stadt von allen Seiten zu überfallen (25. Juni). General Derfflinger75-3 drang als erster in Rathenow ein, indem er sich für den Kommandeur eines von Brandenburgern verfolgten Schwedentrupps ausgab. Er ließ die Wachen niederhauen, und zu gleicher Zeit wurden alle Tore gestürmt. Die Reiterei säuberte die Straßen. Die schwedischen Offiziere vermochten beim Erwachen kaum zu glauben, daß sie Gefangene des Fürsten waren, den sie samt seinen Truppen noch tief in Franken wähnten. Wäre in jener Feit der Wachdienst schon ebenso eingerichtet gewesen wie heutzutage, so wäre diese Überrumpelung fast unmöglich gewesen. Aber das gehört ja zur Signatur der großen Männer, daß sie selbst aus den geringsten Vorteilen Nutzen zu ziehen wissen.

Der Kurfürst wußte, wie wertvoll im Krieg jeder Augenblick ist. Er wartete nicht in Rathenow, bis seine ganze Infanterie ihn einholte, sondern rückte mit der Reiterei geradenwegs auf Nauen vor, um das bei Brandenburg stehende schwedische Korps von dem anderen bei Havelberg zu trennen. Trotz aller Sorgfalt, die er in diesem entscheidenden Augenblick anwandte, konnte er den Schweden doch nicht zuvorkommen. Auf das Gerücht von seiner Annäherung hatten sie Brandenburg verlassen und sich eine Stunde vor seinem Einttreffen über Nauen zurückgezogen. Er verfolgte sie heftig und erfuhr durch die Aussage von Gefangenen und Deserteuren, daß das Korps auf Fehrbellin marschiere, wo es mit dem von Havelberg zusammentreffen wollte.

Das brandenburgische Heer bestand aus 5 600 Reitern. Es hatte kein Fußvolk, führte aber zwölf Kanonen mit sich. Die Schweden ihrerseits waren 10 Infanterieregimenter und 800 Dragoner stark. Trotz dem Unterschied der Zahl und der Waffengattungen bedachte sich der Kurfürst nicht, auf den Feind loszugehen, um ihn zu schlagen.

Am 28. Juni marschiert er gegen die Schweden. 1 600 Reiter, den Vortrab, vertraut er dem Landgrafen von Homburg75-4 an, mit dem Befehl, sich auf keinen Kampf einzulassen, sondern nur zu rekognoszieren75-5. Der Landgraf geht vor. Nachdem<76> er einen Wald durchritten, sieht er die schwedischen Truppen zwischen den Dörfern Hakenberg und Tarmow lagern, einen Sumpf im Rücken, die Fehrbelliner Brücke zu ihrer Rechten und eine kahle Ebene vor sich. Er wirft ihre Feldwachen zurück, verfolgt sie und schlägt sie bis auf die Hauptmacht ihres Korps zurück. Gleichzeitig verlassen die Truppen das Lager und stellen sich in Schlachtordnung auf. Der Landgraf von Homburg in seiner überschäumenden Kühnheit läßt sich vom Kampfeseifer fortreißen und verwickelt sich in einen Kampf, der einen verhängnisvollen Ausgang genommen hätte, wäre nicht der Kurfürst auf die Meldung von der gefährlichen Lage des Landgrafen schleunigst zur Hilfe herbeigeeilt.

Friedrich Wilhelms Scharfblick war bewundernswürdig, seine Tatkraft staunenswert. Augenblicklich traf er seine Anordnung. Er beutzte einen Sandhügel zur Aufstellung seiner Batterie76-1 und ließ einige Salven auf die Feinde abgeben. Die schwedische Infanterie wurde erschüttert. Als er sah, daß ihre Reihen zu wanken anfingen, stürzte er sich mit seiner ganzen Reiterei auf den rechten Flügel des Feindes, sprengte ihn und machte ihn nieder. Das schwedische Leibregiment76-2 und das Regiment Ostgotland wurden vollkommen zusammengehauen. Die wilde Flucht des rechten Flügels riß den linken mit fort. Die Schweden warfen sich in die Sümpfe, wo sie von den Bauern erschlagen wurden. Die, welche sich retten konnten, flüchteten über Fehrbellin hinaus und brachen die Brücke hinter sich ab.

Es entspricht nur der Würde der Geschichte, wenn auch die schöne Tat hier berichtet wird, die ein Stallmeister des Kurfürsten während der Schlacht vollbrachte. Der Kurfürst ritt einen Schimmel. Sein Stallmeister Froben merkte, daß die Schweden mehr nach diesem Pferd schossen, das durch seine Farbe in die Augen stach, als nach den anderen. Daher bat er seinen Herrn, es mit dem seinen zu vertauschen. Als Grund gab er an, das Roß des Kurfürsten scheue. Kaum hatte der treue Diener den Schimmel ein paar Augenblicke geritten, als er selber tödlich getroffen ward. So rettete er durch seinen Tod dem Kurfürsten das Leben.

Da Friedrich Wilhelm keine Infanterie zur Hand hatte, konnte er weder die Fehrbelliner Brücke nehmen noch den Feind auf seiner Flucht verfolgen. Er ließ es sich genug sein, auf dem Schlachtfeld, wo er so hohen Ruhm erworben hatte, sein Lager aufzuschlagen. Dem Landgrafen von Homburg verzieh er, daß er so leichtherzig das Schicksal des ganzen Staates aufs Spiel gesetzt hatte. Er sprach zu ihm: „Wenn ich Euch nach der Strenge der Kriegsgesetze richtete, hättet Ihr das Leben verwirkt. Aber verhüte Gott, daß ich den Glanz eines solchen Glückstages beflecke, indem ich das Blut eines Fürsten vergieße, der ein Hauptwerkzeug meines Sieges war!“

Die Schweden verloren in dieser berühmten Entscheidungsschlacht zwei Standarten, acht Fahnen, acht Kanonen, 3 000 Mann und viele Offiziere.

<77>

Skizze der Schlacht bei Fehrbellin

<78>

Derfflinger kam mit der Infanterie nach, verfolgte tags darauf die Flüchtigen, machte viel Gefangene und eroberte mit ihrem Gepäck einen Teil ihrer Beute aus den märkischen Landen zurück. Das schwedische Heer, das auf 4 000 Streiter zusammengeschmolzen war, zog über Ruppin und Wittstock nach Mecklenburg ab.

Wenige Heerführer können sich rühmen, eine ähnliche Kriegstat wie die von Fehrbellin vollbracht zu haben. Der Kurfürst entwirft einen Plan, der ebenso groß wie kühn ist, und führt ihn mit erstaunlicher Geschwindigkeit aus. Er Hebt ein Quartier der Schweden auf, während Europa ihn noch in Franken glaubt. Im Flug erreicht er die Ebene von Fehrbellin, wo die Feinde sich sammelten. Er führt einen Kampf glücklich durch, der mit mehr Mut als Klugheit begonnen war. Und er bringt es fertig, mit einem numerisch schwächeren und vom langen Marsche erschöpften Kavalleriekorps zahlreiche und ansehnliche Infanterie zu schlagen, die durch ihre Tapferkeit das Reich und Polen bezwungen hatte. Die Fähigkeiten, die er hierbei an den Tag legte, lassen erkennen, was er geleistet hätte, wäre er im Elsaß sein eigner Herr gewesen. Dieser kühne und glänzende Kriegszug verdient es, Cäsars Veni, vidi, vici auf ihn anzuwenden. Selbst seine Feinde rühmten Friedrich Wilhelm, seine Untertanen segneten ihn. Und seine Nachkommen datieren von diesem ruhmreichen Tage den hohen Aufschwung, den das Haus Brandenburg in der Folge genommen hat.

Als die Schweden vom Kurfürsten geschlagen waren, wurden sie zu Feinden des Reichs erklärt, weil sie eines seiner Mitglieder angegriffen hatten. Hätten sie Glück gehabt, vielleicht hätten sie statt dessen Bundesgenossen gefunden.

Der Kurfürst, der nun die Unterstützung der Kaiserlichen und der Dänen hatte, griff darauf seinerseits die Schweden in ihrem Lande an. Er drang in Pommern ein und bemächtigte sich der drei wichtigsten Übergänge über die Peene. Die Brandeburger nahmen die Stadt Wolgast und die Insel Wollin. Wismar ergab sich den Dänen erst, als der Landgraf von Homburg ihnen eine Verstärkung durch kurfürstliche Truppen zugeführt hatte.

Der gemeinsame Krieg gegen Schweden war ein Band, das den König von Dänemark und den Großen Kurfürsten miteinander verknüpfte. Sie gestalteten es noch inniger durch eine Allianz, die sie zu Beginn des Jahres 1676 eingingen78-1.

Die starke schwedische Besatzung in Stralsund fühlte sich durch die Nachbarschaft der brandenburgischen Truppen belästigt und suchte diese während des Winters von der Insel Wollin zu vertreiben. Mardefeld führte ein Korps dorthin und belagerte die kurfürstlichen Truppen, die die Hauptstadt der Insel verteidigten. Aber dank der Wachsamkeit des Feldmarschalls Derfflinger mußten die Schweden ihren Versuch recht teuer bezahlen. Er raffte Mannschaften aus seinen Quartieren zusammen, setzte nach der Insel Wollin über, schlug Mardefeld und hätte ihn völlig zusammengehauen,<79> wenn der Schwede nicht schleunigst seine Schiffe bestiegen und sich nach Stralsund gerettet hätte.

Zu Anfang des Feldzugs 1676 erschienen in der Ostsee zwei mächtige Flotten, blockierten die Schweden in ihren Häfen und hinderten sie, Hilfstruppen nach Pommern zu schicken. Die eine war von den holländischen Bundesgenossen zu Hilfe gesandt worden; ihr Befehlshaber war Admiral Tromp, der größte Seeheld seines Jahrhunderts. Die andere kam vom König von Dänemark; sie stand unter dem Befehl des Admirals Juel, der sich kaum geringeren Rufes erfreute. Auch die brandenburgischen Kaperschiffe zeichneten sich in diesem Kriege aus und gewannen den Schweden manche Prise ab.

Die schwedische Nation sah, daß sie unmöglich all den Feinden widerstehen könnte, die sie sich auf den Hals gezogen hatte. Sie versuchte es daher mit einigen Friedensvorschlägen, um den Kurfürsten von seinen Verbündeten zu trennen und ihn vielleicht gar mit ihnen zu überwerfen. Folgendermaßen ging Schweden zu Werke.

Wangelin, der in Rathenow gefangen genommen war, machte etliche Eröffnungen, versprach Großes und suchte mit allen Mitteln, wie die Staatskunst sie an die Hand gibt, den Kurfürsten zur Aussöhnung mit Schweden zu verlocken. Allein Friedrich Wilhelm ließ sich auf keine Verhandlung ein, sondern verwarf jene Vorschläge, die seinem Ruhm so zuwiderliefen. An der Spitze seiner Truppen eroberte er Anklang trotz dem Widerstand des Generals Königsmark. Darauf wandte er seine siegreichen Waffen gegen Stettin, begnügte sich aber mit einer Blockade, da die Jahreszeit zu weit vorgeschritten war, um eine förmliche Belagerung zu eröffnen.

Der folgende Feldzug setzte mit einer Seeschlacht ein, in der die schwedische Flotte durch die dänische besiegt wurde79-1 Karl XI., der bis dahin noch unter Vormundschaft gestanden hatte, war nun volljährig geworden und begann als König aufzutreten. Er stellte sich an die Spitze seines Heeres und machte sein Probestück, indem er die bekannte Schlacht bei Lund in Schonen gewann79-2. Christian V. ward in die Flucht geschlagen, nachdem er 6 000 Mann auf dem Platz gelassen hatte.

Das Glück, das die Schweden gegenüber dem König von Dänemark hatten, hielt dem Kurfürsten gegenüber nicht stand. Der Feldzug in Pommern wurde für die Schweden einer der unglücklichsten.

Der Kurfürst, der während des Winters Stettin eingeschlossen gehalten hatte, ließ am 6. Juni 1677 die Laufgräben vor der Stadt eröffnen. Die Brandenburger griffen vom linken Oderufer aus an. Die Lüneburger, die sich dem Kurfürsten angeschlossen hatten, schoben ihre Gräben vom rechten Ufer aus vor. Die Belagerung dauerte von der Eröffnung der Laufgräben ab sechs Monate. Die Befestigungen von Stettin bestanden aus Erdwällen, die von einem Graben umgeben und durch einen schlechten<80> Gegenwall geschützt waren. Ein paar Schanzen waren die einzigen Außenwerke. Bei der heutigen Methode wäre eine so elende Festung nicht imstande gewesen, langen Widerstand zu leisten. Doch nur an Feldkriege gewöhnt, besaßen die kurfürstlichen Truppen damals keine Erfahrung im Belagerungswesen. Sie eigneten sich trefflich für Handstreiche, führten aber zu wenig grobes Geschütz, zu wenig Mörser mit sich, und vor allem fehlte es ihnen an geschickten Ingenieuren.

Stettin kapitulierte am 24. Dezember. Die Besatzung war auf 300 Mann zusammengeschmolzen, und die Berichte aus jener Zeit versichern, die Belagerer hätten vor Stettin 10 000 Mann verloren. Es liegt aber auf der Hand, daß diese Zahl übertrieben ist. Entweder glaubten die Chronisten, eine Belagerung könne nur nach Maßgabe der Menschenzahl, die sie koste, berühmt werden, oder sie wurden selber durch falsche Angaben getäuscht. Die größten Festungen, die mit Mauern, Kasematten und Minen versehen sind und von großen Heeren belagert werden, kommen den Fürsten, die sie erobern, nicht so teuer zu stehen wie dies schlechte Bollwerk den Brandenburgen, wenn jene Chronisten recht hätten. Nach der Einnahme der Stadt zogen die Lüneburger sich in ihr Land zurück.

Die glänzenden Erfolge, die der Kurfürst über seine Feinde errang, riefen am kaiserlichen Hofe nicht den günstigen Eindruck hervor, den man hätte erwarten sollen. Der Kaiser wünschte sich schwache Vasallen und bescheidene Untertanen, nicht reiche Fürsten, machtvolle Kurfürsten. Da das Ziel seiner Politik war, ein despotisches Regiment zu errichten, durfte die Macht der Fürsten ein bescheidenes Maß nicht übersteigen. Sie mußten also in ihrer Ohnmacht erhalten werden. Seine Ratgeber, unter anderen ein gewisser Hocher80-1, hatten sogar die Unverschämtheit, zu sagen: „Man sieht zu Wien mit Kummer, daß ein neuer König der Wandalen am Ufer der Ostsee emporkommt.“ Man hätte entweder dies Wachstum dulden und dazu schweigen oder aber Mittel und Wege finden müssen, um es zu hindern.

Während so die militärischen Unternehmungen des Kurfürsten eine einzige Folge von Glücksfällen und Triumphen darstellten, gab Ludwig XIV. ganz Europa Gesetze und schrieb ihm Friedensbedingungen vor. Durch den Frieden zu Nymwegen (1678) blieb Frankreich im Besitz der Franche-Comté, die ihm nun für immer angegliedert wurde, eines Teiles von Spanisch-Flandern und der Festung Freiburg. Nachdem der Friede unterzeichnet war, suchte der Prinz von Oranien vergeblich ihn zu brechen. In dem nutzlosen Kampf bei St. Denis triumphierte der Marschall von Luxemburg trotz der List und Treulosigkeit seines Gegners80-2. Als die Holländer diesen Frieden schlossen, hatten sie nur an sich gedacht und keineswegs an ihre Verbündesten. Friedrich Wilhelm warf ihnen Undank vor. Aber der Sache wurde danach nicht abgeholfen.

<81>

Frankreich mutete dem Kurfürsten zu, er solle den Schweden zurückgeben, was er im Kampfe gegen sie erobert hatte, und ihnen die Kriegskosten wiedererstatten. Es würde Ludwig XIV. schwer gefallen sein, einem Fürsten, der durch Niederlagen bereits gedemütigt gewesen wäre, kränkendere Bedingungen vorzuschreiben. Der Kurfürst wollte denn auch nichts davon wissen. Seine Wünsche erhoben sich höher, und er hoffte, durch Verträge festzuhalten, was er durch Kämpfe erworben hatte. Beim Westfälischen Frieden hatte er durch seine Unterhandlungen mehr gewonnen, als er im ganzen Verlauf seines Lebens durch die Waffen, durch all seine Siege errang.

Der Krieg dauerte in Pommern fort. Die Schweden hoben auf der Insel Rügen zwei Detachements auf, ein dänisches und ein brandenburgisches, deren jedes 60 Mann stark war. Der König von Dänemark verlor Christiania und die Provinz Blekingen.

Das Glück des Kurfürsten oder, besser gesagt, seine Fähigkeiten, die keinem Zufall unterworfen waren, behaupteten sich in diesem Krieg unveränderlich. Er erhielt einen Zuzug von 4 000 Lüneburgern. Mit ihnen und mit Hilfe der dänischen Schiffe setzte er auf die Insel Rügen über, verjagte dort die Schweden und erstürmte ihre Stellung bei Alten-Fähre (24. September). Darauf bemächtigte er sich der Insel Dänholm, fuhr nach Stralsund und ließ die Stadt mit solcher Heftigkeit bombardieren, daß sie sich nach zwei Tagen ergab (25. Oktober). Mit der Eroberung von Greifswald endlich schloß er den ruhmvollen Feldzug ab.

Es scheint, daß es dem Schicksal gefiel, dem Kurfürsten Gelegenheiten zu verschaffen, bei denen er seine großen Gaben entfalten konnte. Kaum hatte er seinen Feldzug beendet, als er erfuhr, daß General Horn mit 16 000 Schweden aus Livland in Preußen eingedrungen sei und das Land überschwemme. Ohne Erstaunen nahm er die Nachricht auf, und ohne in Verlegenheit zu geraten, schuf er Abhilfe. Sein erfindungsreicher Geist hatte Pläne in Fülle bereit. Er brauchte bloß die geeigneten auszuwählen und anzuwenden. Gedanke und Ausführung waren bei ihm eins.

General Görtzke81-1 wurde mit 3 000 Mann nach Preußen entsandt. Er erreichte Königsberg glücklich, vereinigte sich dort mit Hohendorff81-2 und verhielt sich bis zur Ankunft des Kurfürsten untätig. Um sich Verstärkung zu beschaffen, schloß Friedrich Wilhelm ein Schutzbündnis mit denselben Holländern, die ihn so feige im Stich gelassen hatten. Er verzichtete auf die rückständigen Subsidien und trat ihnen überdies Schenkenschanz ab. Zum Dank erhielt er lediglich nichtige Zusicherungen, die von den undankbaren Republikanern in keiner Welse verwirklicht wurden.

Mittlerwelle drangen die Schweden immer tiefer in Preußen ein. Unterwegs hatten sie die Vorstadt von Memel niedergebrannt, Tilsit und Insterburg in ihre Gewalt gebracht. Ihre Truppen hatten sich ausgebreitet, ihre Streifkorps durchzogen das ganze Land.

<82>

Des Kurfürsten wunderbare Rührigkeit machte die Verluste bald wert. Am 9. Januar 1679 bricht er von Berlin auf und setzt sich an die Spitze der 9 000 Mann, mit denen Derfflinger vorausmarschiert war. Am 20. überschreitet er die Weichsel. Vor ihm her geht der Schrecken seines Namens, der den Schweden furchtbar geworden. Bei seinem Nahen gerät Horn in Verwirrung. Er gibt die Hoffnung auf, dem Sieger von Fehrbellin zu widerstehen, zieht sich zurück, und seine Truppen verlieren den Mut. Görtzke nutzt diese Verwirrung aus, folgt ihm, beunruhigt ihn, hält ihn auf. Die einreißende Unordnung kostet den Schweden 8 000 Mann. Bauern, die sich dem Görtzkeschen Korps in großer Zahl angeschlossen hatten, fielen über die Nachzügler und über alle her, die sich vom schwedischen Heer entfernten, machten sie zu Gefangennen oder schlugen sie tot.

Der Kurfürst, der keinen Augenblick müßig blieb, stand am Ufer des Frischen Haffs. Er hatte Schlitten herrichten lassen, auf die er seine ganze Infanterie in der Schlachtordnung, in der sie kämpfen sollte, verlud. Zu beiden Seiten ritt die Kavallrie, dem Kurfürsten folgend, der auf diese seltsam neue Art täglich sieben deutsche Meilen zurücklegte. Der Schlittenzug eines Heeres über das glatte Eis eines Meerbusens, den noch zwei Monate vorher Schiffe aller Länder — von Preußens Handel herbeigezogen—durchkreuzt hatten, bot einen verblüffenden Anblick. Der Marsch des Kurfürsten mit seinem Heer glich dem Schauspiel eines prachtvollen galanten Festes: auch die Kurfürstin und ihr ganzer Hof fuhren auf Schlitten mit. An allen Orten, die der Kurfürst berührte, wurde er als der Befreier des Vaterlandes begrüßt.

In Labiau angekommen, entsandte er Oberst Treffenfeld82-1 mit 5 000 Reitern, um die Schweden festzuhalten, bis der Kurfürst sie einholen konnte. An ein und demselben Tage legte Friedrich Wilhelm den bedeutenden Weg über das Kurische Haff zurück. Am 30. Januar stand er mit seiner Infanterie drei Meilen von Tilsit, wo die Schweden im Quartier lagen. Noch am gleichen Tage erfuhr er, daß Treffenfeld zwei feindliche Regimenter bei Splitter geschlagen und ihnen 28 Fahnen82-2 und Standarten, 2 Paar Pauken und 700 Troßwagen entrissen hatte82-3.

Von Treffenfeld geschlagen, von Görtzke beunruhigt, durch die Nähe des Kurfürsten eingeschüchtert, ließen die Schweden Tilsit im Stich und zogen sich auf Kurland zurück. Görtzke holte ihre 1 400 Mann starke Nachhut zwischen Schanzenkrug und Coadjuten ein und vernichtete sie völlig82-4. Er kehrte von der einen, Treffenfeld von der anderen Seite zum Kurfürsten zurück, beide mit Trophäen beladen. Sie brachten die Beute des Feindes wieder und führten viele Gefangene mit sich.<83> Der Rückzug der Schweden glich einer Auflösung. Von ihren 16 000 Mann kamen kaum 3 000 nach Livland zurück. Wie Römer waren sie in Preußen eingedrungen; wie Tartaren zogen sie ab.

So endete dieser einzigartige Feldzug, in dem das Genie des Kurfürsten seine ganze Größe entfaltete. Nicht die Strenge der Jahreszeit in dem rauhen Klima, nicht die Länge des Weges von der Oder bis zu den Grenzen Livlands, nicht Mühsale noch die Zahl der Feinde — nichts vermochte ihn aufzuhalten. Und der ganze Feldzug, der so trefflich geplant und ebenso trefflich durchgeführt wurde, brachte dem Kurfürsten weiter keinen Gewinn als den Ruhm. Das ist die Münze der Helden. Aber die Fürsten sind mit dieser Art Münze nicht immer zufrieden.

Friedrich Wilhelms Feinde hatten ihn aus dem Elsaß in die Mark genötigt, aus Pommern nach Preußen. Kaum hatte er dort die Schweden vertrieben, als neue Hilferufe seiner Untertanen ihm kundtaten, daß 30 000 Franzosen unter Calvo in das Herzogtum Kleve eingedrungen waren.

Ludwig XIV. bestand darauf, daß Schwedens Besitzstand vollkommen wiederhergestellt werde; nichts konnte ihn davon abbringen. Voller Hochmut verwarf Colbert alles, was des Kurfürsten Bevollmächtigter ihm vorschlug. Das Spiel war allzu ungleich. Der Kurfürst von Brandenburg und der König von Dänemark, die einzigen Streiter, die auf dem Kampfplatz übrig geblieben, konnten sich nicht gegen die vereinten Kräfte Karls XI. und Ludwigs XIV. behaupten. So tief es dem Kurfürsten widerstrebte, seine Eroberungen wieder abtreten zu sollen, er vereinbarte doch einen vierzehntägigen Waffenstillstand mit den Franzosen und lieferte ihnen die Städte Wesel und Lippstadt bis zum Abschluß eines endgültigen Friedens aus.

Da der Termin ablief, ohne daß eine Einigung erzielt werden konnte, drang Crequi mit 10 000 Mann in das Fürstentum Minden vor. Die Lüneburger vereinigten sich mit ihm. Gemeinsam mit ihnen schlossen die Franzosen zwischen sich und der Weser ein brandenburgisches Korps ein, das General Spaen83-1 befehligte. Es war dasselbe Dragonerregiment, das schon einmal im Elsaß gefangen worden war83-2; nun geriet es bei Minden zum zweitenmal in Gefangenschaft. Der Kurfürst ließ es gänzlich eingehen.

Friedrich Wilhelm sah sich vom Kaiser im Stich gelassen; von den Holländern, die garnicht daran dachten, ihre Bürgschaft zu erfüllen, erhielt er nur Absagen. So mußte er sich schließlich zum Nachgeben entschließen. Er sandte den Baron Meinders83-3 nach St. Germain en Laye, wo der französische Hof sich aufhielt. Dort einigte man sich nach vielen Schwierigkeiten auf folgende Bedingungen: der Westfälische Frieden sollte als Grundlage des Friedens dienen. Der Kurfürst sollte das Eigentumsrecht auf alle hinterpommerschen Seezölle nebst den Städten Kammin, Garz, Greifenhagen und Wildenbruch erhalten. Seinerseits sagte er den Schweden die Rückgabe<84> alles dessen zu, was er von ihnen erobert hatte, und erklärte, dem König von Dänemark weiterhin keinen Beistand mehr zu leisten. Dafür räumte Frankreich die westfälischen Landesteile und bezahlte ihm 300 000 Taler zur Vergütung des Schadens, den Crequis Truppen in den Staaten des Kurfürsten verursacht hatten.

Der solchermaßen vereinbarte und bestätigte Friede84-1 wurde ohne irgend eine Störung durchgeführt. Der König von Dänemark versäumte nicht, dem Beispiel des Kurfürsten zu folgen: in Fontainebleau schloß auch er Frieden mit Frankreich und Schweden. Es ergab sich freilich der Unterschied, daß der Kurfürst bei seinem Abkommen wenigstens etliche Vorteile rettete, während der König von Dänemark, da er zu lange gezögert hatte, in seinem Friedensvertrag garnichts gewann.

Der Friede von St. Germain beendete die kriegerischen Unternehmungen Friedrich Wilhelms. Seine letzten Lebensjahre verliefen friedlich und erregten kein besonderes Aufsehen mehr. Seine Geistesgröße aber gab sich dauernd auch in den geringfügigsten Handlungen seines Lebens kund.

Seine hervorragenden Fähigkeiten paßten sich immer den jeweiligen Umständen an, sodaß sein Wesen bald heldenhaft-erhaben, bald milde und hilfreich erschien. Es ist nur ein Vorurteil, ein recht verbreitetes freilich, wenn die meisten Menschen vor der erfolgreichen Verwegenheit ehrgeiziger Naturen auf den Knien liegen. Der strahlende Glanz kriegerischer Tugenden verdunkelt in ihren Augen die unscheinbare Art bürgerlicher Tüchtigkeit. Sie ziehen einen Herostratos, der den Tempel verbrennt, einem Amphion vor, der Städte erbaut84-2. Die Siege Oktavians gelten ihnen mehr als die Regierung des Augustus. Friedrich Wilhelm war ebenso bewundernswert an der Spitze seiner Heere, wenn er als Befreier des Vaterlandes erschien, wie an der Spitze seines Geheimen Rates, wenn er seinem Volke Recht sprach.

Seine edlen Eigenschaften gewannen ihm das Vertrauen der Nachbarn. Seine gerechte Denkweise erhob ihn gleichsam zur Würde eines obersten Richters, der über die Grenzen seines Landes hinaus wirkte, der über Könige und Fürsten urteilte oder sie zur Einigung bewog. So wurde er auch zum Vermittler zwischen dem Dänenkönig und Hamburg gewählt (1679)84-3. Christian V. erhielt 125 000 Taler von der Hansestadt. Sie war den Dänen ein Schwamm, den sie im Bedarfsfall ausdrückten. Ohne Friedrich Wilhelms Beistand wäre sie völlig ausgepreßt worden.

Selbst der Orient huldigte dem Kurfürsten, dessen Ruhm bis zu den Grenzen Asiens gedrungen war. Der Tartaren-Khan Murad Geray bat ihn durch eine Gesandtschaft um seine Freundschaft. Ihr Dolmetscher hatte eine Holznase und keine Ohren. Bevor man den Gesandten bei Hofe zulassen konnte, mußte man ihn bekleiden, da seine Lumpen seine Nacktheit nicht verhüllten.

<85>

Der Kurfürst, den die Tartaren aufsuchten, wußte sich auch bei den Spaniern in Respekt zu setzen (1680). Der spanische Hof schuldete ihm noch Subsidien. Da er auf keine Welse zur Zahlung zu bewegen war, entsandte Friedrich Wilhelm neun kleine Schiffe, die er sonst in der Ostsee verwendete, nach Guinea. Und das mäßige Geschwader nahm ein großes spanisches Kriegsschiff weg und brachte es in den Hafen von Königsberg.

Ungefähr zur selben Zeit gelangte Friedrich Wilhelm, nach dem Tode des letzten Administrators, eines sächsischen Prinzen, in den Besitz des Herzogtums Magdeburg85-1. Es wurde dem Kurfürstentum Brandenburg auf immer einverleibt.

Ferner hatte der Kurfürst als Direktor des westfälischen Kreises im Auftrag des Kaisers die Stände von Ostfiesland gegen ihren Fürsten zu beschützen, der ihnen ihre Privilegien streitig machte. Da er das Eventual-Erbfolgerecht für das friesische Fürstentum besaß85-2 nützte er die Gelegenheit aus und legte eine brandenburgische Besatzung nach Greetsyhl (1681). In Emden gründete er eine Kompagnie (1682), die Handel nach Guinea betrieb und dort die Feste Groß-Friedrichsburg anlegte (1683).

Diese bescheidenen Erfolge waren mit denen Ludwigs XIV. nicht zu vergleichen. Der französische Monarch hatte den Frieden zu einer Ära der Eroberungen gemacht. Er hatte Reunionskammern eingesetzt, die in alten Urkunden und Dokumenten forschten und daraufhin dem König Städte und Herrschaften zuerkannten. Unter dem Vorwand, es seien ursprünglich Lehen oder Dependenzen der Vogtei Straßburg und des Elsaß gewesen, ergriff der König von Frankreich Besitz von diesen Gebieten.

Das Reich war durch den langen Krieg so erschöpft, daß es sich damit begnügte, Ludwig XIV. schriftlich Vorwürfe über sein Verhalten zu machen. Der Kurfürst aber, der in den Frieden von Nymwegen nicht einbegriffen war, weigerte sich, dies Schriftstück zu unterschreiben. Mit dem Kurfürsten von Sachsen und dem Herzog von Hannover schloß er ein Bündnis zur Aufrechterhaltung des Westfälischen Friedens und des Friedens von St. Germain85-3.

Ludwig XIV. wollte sich durch Kaiser und Reich nicht in seinen friedlichen Eroberungen stören lassen. Er setzte seine Hebel im Orient in Bewegung, und bald geriet Leopold I. in die ärgste Not. Es fehlten noch zwei Jahre bis zum Ablauf des Waffenstillstandes, den die Ungläubigen mit den Christen geschlossen hatten85-4. Nichtsdestoweniger zogen die Türken, herbeigerufen von den Protestanten Ungarns, die sich gegen das Haus Österreich empört hatten, mit einem gewaltigen Heer bis vor die Tore Wiens (1683).

<86>

Gleich den übrigen Fürsten seines Hauses war Leopold kein Kriegsmann. All seinem Hochmut zum Trotz flüchtete er nach Linz. Wien aber wurde befreit durch König Johann Sobieski von Polen, einen der großen Männer seines Zeitalters. Mit weniger Ruhm als Glück kehrte der Kaiser nach Wien zurück. Weder vor den Franzosen, die Luxemburg einschlossen, noch vor den Türken, die seine Hauptstadt belagert hatten, wollte er klein beigeben, ungeachtet seiner Ohnmacht, die keinen Widerstand gegen einen seiner Feinde zuließ. Durch die Vorstellungen des Papstes86-1, der Kurfürsten von Brandenburg und Bayern und der übrigen führenden Fürsten Deutschlands ließ er sich endlich zum Abschluß eines Waffenstillstands mit Frankreich bewegen, der am 15. August 1684 unterzeichnet ward.

Im selben Jahre verbündete sich der Kurfürst mit dem niedersächsischen und dem westfälischen Kreise zum Zwecke gemeinsamer Verteidigung86-2. Es wurde dabei die Bestimmung getroffen, daß die Fürsten bei der Zusammenziehung der verbündeten Truppen den Nachbarstaaten Kriegssteuern auferlegen sollten. Solche Züge sind zu charakteristisch für die Sitten jener Zeit, als daß wir sie übergehen dürften.

Der Kurfürst hatte Ansprüche auf die schlesischen Herzogtümer Jägerndorf, Ratibor, Oppeln, Brieg, Wohlau und Liegnitz86-3. Von Rechts wegen mußten diese Lande ihm zufallen, da mit den Fürsten, die sie besessen hatten, Erbverträge bestanden, die von den böhmischen Königen bestätigt waren. Er glaubte schon, er habe einen günstigen Zeitpunkt getroffen, um den Kaiser zu ersuchen, daß er seinen Ansprüchen gerecht werde. Zugleich beantragte er die Belehnung mit Magdeburg. Leopold aber kannte keine anderen Rechte als seine eigenen, keine Ansprüche außer denen des Hauses Österreich und keinen Rechtsgrundsatz als seinen Hochmut. Er bewilligte nur so viel, wie er nicht verweigem konnte, d. h. die Belehnung mit dem Herzogtum Magdeburg (1685). Er machte dabei noch einen Versuch, 2 000 Mann brandenburgischer Truppen zu erlangen, die er im Türkenkrieg verwenden wollte. Aber der Kurfürst war allzusehr verstimmt gegen ihn, um sie ihm zu bewilligen. Vielmehr stießen die Brandenburger zu Sobieskis Truppen und halfen den Polen, die Angriffe der Türken zurückzuschlagen.

Im übrigen schienen alle Ereignisse zum Vorteil des Kurfürsten auszuschlagen. Ludwig XIV., der aus politischen Gründen die deutschen Protestanten gegen den Kaiser in Schutz genommen hatte, verfolgte die Protestanten in seinem eignen Land, da sie unruhig und rebellisch waren, und störte Frankreichs Ruhe durch die Aufhebung des berühmten Edikts von Nantes (1685)86-4. Infolgedessen vollzog sich eine Auswanderung, die in der Geschichte kaum ihresgleichen hatte. Ein ganzes Volk<87> verließ das Königreich, aus Parteigeist, aus Haß gegen den Papst und um unter anderem Himmel das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu empfangen. 400 000 Seelen gaben so ihr Vaterland auf und ließen all ihre Güter im Stich, um in anderen Tempeln die alten Psalmen Clement Marots kunstlos zu singen. Viele bereicherten mit ihrem Gewerbfleiß England und Holland. 20 000 Franzosen ließen sich in den Staaten des Kurfürsten nieder. Durch ihre Zahl glichen sie einigermaßen den Menschenverlust aus, den der Dreißigjährige Krieg verursacht hatte. Friedrich Wilhelm empfing sie mit all der Teilnahme, die wir Unglücklichen schulden, und mit aller Freigebigkeit eines Fürsten, der zum Heil seines Volkes die Träger nutzbringender Künste fördert. Die Kolonie erfreute sich dauernden Gedeihens und belohnte ihren Wohltäter für seinen Schutz. Das Kurfürstentum Brandenburg brachte seitdem selbst eine Unmenge Waren hervor, die es vorher im Ausland hatte kaufen müssen.

Friedrich Wilhelm merkte wohl, daß seine Barmherzigkeit zur Entzweiung mit Ludwig XIV. führen werde. Da man in Frankreich scheelen Auges sah, daß er den Ausgewanderten eine Freistatt eingeräumt hatte, trat er wieder in engere Beziehungen zum Kaiser und sandte ihm für den Türkenkrieg in Ungarn noch 8 000 Mann unter General Schöning87-1. Sie beteiligten sich in hervorragendem Maße an der Eroberung von Ofen (1686). Beim allgemeinen Sturm auf die Stadt drangen sie zuerst ein und erwarben sich so einen ausgezeichneten Ruf. Trotzdem gewährte ihnen der Kaiser nach diesem Feldzug keine Quartiere in Schlesien; sie kehrten zurück, um in der Mark Brandenburg zu überwintern. Für die Beihilfe überließ der Kaiser darauf dem Kurfürsten den Kreis Schwiebus, als Entschädigung für seine gerechten Ansprüche87-2.

Die Aufnahme der Franzosen in Berlin und die Unterstützung des Kaisers durch den Kurfürsten brachten Ludwig XIV. vollends gegen ihn auf, sodaß er sich weigerte, die jährlichen Subsidien weiterzuzahlen, die er seit dem Frieden von St. Germain entrichtete.

Ganz offen verletzte Ludwig XIV. indessen den Waffenstillstand, den er mit dem Kaiser geschlossen hatte. Zur Rechtfertigung seines Vorgehens behauptete er, es gelte nun den Geist des Vertrags von Nymwegen zu erfüllen. Er bemächtigte sich vieler Städte in Flandern. Er nahm Trier und schleifte die Festungswerke. In Hüningen dagegen ließ er den Ausbau der Befestigungen kräftig betreiben. Die Ansprüche der pfälzischen Prinzessin Elisabeth Charlotte, der Gemahlin des Herzogs von Orleans, auf einige pfälzische Ämter87-3 hielt er aufrecht, obwohl die Prinzessin in ihrem Ehevertrag auf diese Anrechte verzichtet hatte. Ein so unternehmender<88> Nachbar mußte Deutschland schließlich aus seiner Ruhe aufschrecken. Der schwäbische,fränkische und niederrheinische Kreis schlossen zu Augsburg ein Bündnis, um sich gegen die unaufhörlichen Anschläge des ehrsüchtigen Monarchen zu sichern (1686).

All diese Ursachen zu Beschwerden vermochten den Kaiser nicht zu Taten der Vergeltung aufzureizen. Der Türkenkrieg legte ihm Zurückhaltung auf. Auch die schwache spanische Regierung erwachte nicht aus ihrer Lethargie. Wir werden jedoch bald sehen, daß die Wahl des Fürsten von Fürstenberg zum Kurfürsten von Köln88-1, die durch französische Ränke zustande kam, den Kaiser endlich nötigte, mit einem Nachbar zu brechen, der seine Unternehmungen maßlos ausdehnte und keine Grenzen seiner Macht mehr anerkannte. Der Kurfürst erlebte den Anfang des neuen Krieges nicht mehr.

Zum zweitenmal ließ er der Stadt Hamburg, die der König von Dänemark persönlich belagerte, seinen Schutz angedeihen. Die kurfürstlichen Abgesandten, Paul von Fuchs und Schmettau, bewogen Christian V., sein Lager vor der Stadt aufzuheben und alles wieder auf den vorigen Stand der Dinge zu bringen (1686)88-2. Etwa um dieselbe Zeit verständigte sich der Herzog von Weißenfels mit dem Kurfürsten über die vier Ämter, die vom Herzogtum Magdeburg abgetrennt und im Besitz des Herzogs von Weißenfels waren88-3. Der Kurfürst kaufte das Amt Burg für 34 000 Taler und begab sich seiner Ansprüche auf Querfurt, Jüterbog und Dahme.

Durch Zwistigkeiten zwischen dem König von Dänemark und dem Herzog von Gottorp geriet der Norden unvermutet wieder in die Gefahr kriegerischer Verwicklungen. Es handelte sich dabei um den Frieden von Roeskilde (1658), durch den der schwedische König Karl Gustav dem Herzog die volle Souveränität über sein Gebiet verschafft hatte. Den Dänen war dieser Vertrag verhaßt. Sie verjagten den Herzog aus Schleswig und erklärten, sie seien entschlossen, sich den Besitz des Herzogtums Schleswig, wie den von Dänemark selbst zu erhalten. Kaiser Leopold wollte sich in den Streit mischen. Allein der König von Dänemark ließ sich nicht darauf ein, sondern vertraute die Wahrung seiner Interessen dem Kurfürsten von Brandenburg an. Zu Hamburg und Altona wurden Unterhandlungen gepflogen. Christian V. bot dem Herzog die Abtretung einiger Grafschaften an, deren Erträgnisse den Einkünften aus Schleswig gleichkämen; nur die Souveränität wollte er sich vorbehalten. Der Herzog lehnte ab. Der Kurfürst hatte nicht mehr die Genugtuung, den Vergleich zum Abschluß zu bringen88-4. Der Tod beendete seine ruhmreiche Regierung.

<89>

Friedrich Wilhelm litt seit langem an der Gicht. Mit der Zeit artete die Krankheit in Wassersucht aus. Er fühlte, wie sein Leiden fortschritt, und mit unerschütterlicher Festigkeit sah er dem nahenden Tod entgegen. Zwei Tage vor seinem Ende ließ er den Geheimen Rat zusammentreten. Er nahm an den Beratungen teil und entschied alle Fragen mit ungeschwächter Urteilskraft, in voller Geistesfrische. Hierauf richtete er eine Ansprache an seine Minister, dankte ihnen für die treuen Dienste, die sie ihm geleistet hatten, und ermahnte sie, seinem Sohn mit derselben Ergebenheit zu dienen. Dann wandte er sich an den Kurprinzen, setzte ihm die Pflichten eines guten Fürsten auseinander und gab ihm einen kurzen Überblick über den Zustand, in dem er die Staatsgeschäfte zurückließ. Er riet ihm aufs wärmste, den Prinzen von Oranien bei dem Zuge, den er gegen England plante89-1, zu unterstützen. Vornehmlich verweilte er bei der liebevollen Gesinnung und Fürsorge für die Völker, die der Sohn fortan regieren sollte, und empfahl ihm ihr Wohlergehen an, wie nur ein guter Vater im Sterben seine Kinder anempfehlen kann. Dann vollzog er noch einige fromme Handlungen und erwartete ruhig den Tod. Am 9. Mai 1688 hauchte er seine Seele aus, mit demselben heldenhaften Gleichmut, den er im Glückslauf seiner Siege so oft bewiesen hatte.

Er hatte sich zweimal vermählt. Luise Henriette von Oranien war die Mutter Friedrichs III., seines Nachfolgers. Dorothea von Holstein war die Mutter der Markgrafen Philipp Wilhelm, Albrecht und Ludwig, der Prinzessinnen Maria Amalie und Elisabeth Sophie89-2.

Friedrich Wilhelm besaß alle Vorzüge, die den großen Mann ausmachen, und die Vorsehung bot ihm jede Gelegenheit, sie zur Entfaltung zu bringen. Im jugendlichen Lebensalter, das sich in der Regel nur durch Verirrungen kennzeichnet, gab er Proben kluger Umsicht. Niemals mißbrauchte er seine Heldentugend. Seine Kühnheit ging immer nur darauf aus, seine Staaten zu verteidigen oder seinen Verbündeten beizustehen. Durch weiten Blick und tiefe Einsicht ward er ein großer Staatsmann. Durch sein arbeitsames und menschenfreundliches Wesen ward er ein guter Fürst. Den gefährlichen Verlockungen der Liebe war er nicht zugänglich; zärtliche Schwäche kannte er nur gegenüber der eigenen Gattin. Wein und Geselligkeit liebte er, doch gab er sich niemals der Schlemmerei hin. Sein lebhaftes, gern aufbrausendes Temperament konnte ihn fortreißen. Aber wenn er der ersten Aufwallung nicht Herr wurde, so meisterte er sicher doch die zweite, und sein Herz machte überreichlich wieder gut, was sein allzu hitziges Blut etwa verschuldet hatte. In seiner Seele wohnte die Tugend. Glück vermochte ihn nicht zur Überhebung zu verleiten, Schicksalsschläge konnten ihn nicht niederdrücken. Sein hochherziger, gütiger, edler, menschlicher Charakter verleugnete sich niemals. Er ward der Neubegründer und Verteidiger seines Vaterlandes, der Schöpfer von Brandenburgs Macht, der Schiedsrichter<90> für seinesgleichen, der Stolz seines Volkes. Mit einem Wort: sein Leben bedeutet seinen Ruhm.

Im siebzehnten Jahrhundert zogen drei Männer die Aufmerksamkeit ganz Europas auf sich: Cromwell, der sich die Herrschaft über England anmaßte und den Mord an seinem König90-1 zu verschleiern suchte, indem er sich den Schein des Maßvollen gab und eine großzügige Politik führte; Ludwig XIV., der Europa vor seiner Macht erzittern ließ, alle Talente unter seinen Schutz nahm und seiner Nation die Achtung der ganzen Welt erzwang, und Friedrich Wilhelm, der mit geringen Mitteln Großes vollbrachte, sein eigener Minister und Feldherr war und einen unter Trümmern begrabenen Staat zu blühendem Dasein erweckte. Der Name des Großen gebührt nur heldenhaften und fleckenlosen Charakteren. Cromwell hat aus Ehrsucht seine tief angelegte Politik durch Verbrechen entehrt. Es hieße daher das Andenken Ludwigs XIV. und Friedrich Wilhelms erniedrigen, wollte man ihr Leben dem eines erfolgreichen Tyrannen gegenüberstellen90-2.

Beide Fürsten galten, jeder in seiner Sphäre, als die größten Männer ihres Jahrhunderts. In ihrem Leben gibt es Erscheinungen von verblüffender Ähnlichkeit und wiederum andere, bei denen die begleitenden Umstände keine Übereinstimmung aufkommen lassen. Vergliche man beide Fürsten miteinander im Hinblick auf die Machtfülle, so wäre das nicht anders, als wenn man Jupiters Blitze und die Pfeile des Philoktet einander gegenüberstellen wollte. Prüft man aber ihre persönlichen Eigenschaften und läßt die politische Macht aus dem Spiel, so tritt es klar zutage, daß die Seele des Kurfürsten und seine Taten dem Geist des Königs und seinen Leistungen nicht nachstanden.

Beide hatten eine einnehmende, glückliche Gesichtsbildung, ausdrucksvolle Züge, eine Adlernase und Augen, in denen sich ihre seelischen Regungen spiegelten. Leutseliges Wesen vereinigte sich bei ihnen mit majestätischer Miene und Haltung. Ludwig XIV. war von höherem Wuchs, in seinem Gebaren lag mehr Anmut, sein Aus druck war bündiger und kraftvoller. Friedrich Wilhelm hatte während seiner Lehrjahre in Holland eine kühlere Miene, eine weiter ausholende Beredsamkeit angenommen. Beide waren von gleich alter Abkunft. Doch zählten die Bourbonen unter ihren<91> Ahnen mehr Herrscher als die Hohenzollern. Sie waren das Königsgeschlecht einer großen Monarchie, hatten seit langem Fürsten zu Vasallen. Die Hohenzollern waren Kurfürsten eines wenig umfangreichen Landes und damals teilweise von den Kaisern abhängig.

Die Jugend beider Fürsten stand unter einem annähernd gleichen Schicksal. Während seiner Minderjährigkeit war der König von der Fronde und den Prinzen von Geblüt verfolgt worden. Von einer entfernten Anhöhe aus sah er dem Kampfe zu, den seine rebellischen Untertanen mit seinen Truppen in der Vorstadt St. Antoine ausfochten (1652). Der Kurprinz, dessen Vater durch die Schweden seiner Staaten beraubt war, lebte als Flüchtling in Holland, machte seine Lehrzeit als Kriegsmann unter dem Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien durch und zeichnete sich bei der Belagerung von Schenkenschanz und Breda aus. Als Ludwig XIV. zur Regierung gelangte, unterwarf er sich sein Reich durch die Wucht der königlichen Autorität. Als Friedrich Wilhelm in dem vom Kriege heimgesuchten Lande seinem Vater nachfolgte, erwarb er sich durch politische Unterhandlungen den Besitz seines Erbes.

Richelieu, Ludwigs XIII. Minister, war ein Genie ersten Ranges. Von langer Hand her vorbereitete und mutig durchgeführte Pläne schufen die gediegenen Grundlagen der Größe; Ludwig XIV. brauchte nur auf ihnen aufzubauen. Schwarzenberg dagegen, der Minister Georg Wilhelms, war ein Verräter; durch seine schlechte Geschäftsführung trug er viel dazu bei, daß der brandenburgische Staat in den Abgrund stürzte, worin Friedrich Wilhelm ihn bei seinem Regierungsantritt fand. Der französische Monarch ist des Lobes wert, da er den Ruhmesweg ging, den Richelieu ihm bereitet hatte. Der deutsche Held tat mehr: selber bahnte er sich den Weg.

Beide Fürsten befehligten ihre Heere. Der eine hatte die berühmtesten Heerführer Europas unter sich. Bei seinen Erfolgen konnte er sich auf einen Turenne, einen Condé, einen Luxemburg stützen, brauchte nur Kühnheit und Begabung anderer zu fördern; die Begierde, des Königs Anerkennung zu ernten, rief verdienstvolle Taten hervor. Ludwig liebte den Ruhm mehr als den Krieg. Um groß zu erscheinen, unternahm er Feldzüge. Er belagerte Städte, mied aber die Schlachten. Er nahm an dem berühmten Kriegszug teil, in dem seine Feldherren den Spaniern alle Plätze Flanderns entrissen, ebenso an dem schönen Feldzug, durch den Condé in weniger als drei Wochen die Franche-Comté für Frankreich eroberte. Durch seine Gegenwart ermutigte er die Truppen, als sie durch die berühmte Furt am Tolhuys über den Rhein gingen91-1. Liebedienerische Höflinge und begeisterte Poeten stellten das Unternehmen als eine Wundertat hin.

Der andere hatte kaum Truppen, ihm fehlte es an tüchtigen Heerführern, aber er allein ersetzte durch seinen mächtigen Geist die Hilfsmittel, deren er entbehrte. Er selbst entwarf die Kriegspläne und führte sie aus. Er dachte als Heerführer und<92> kämpfte als Soldat, und da seine Lage es erforderte, betrachtete er die Kriegführung als seinen Beruf. Dem Rheinübergang stelle ich den Sieg bei Warschau gegenüber, dessen Hauptwerkzeug der Große Kurfürst war. Der Eroberung der Franche-Comté stelle ich die Überrumpelung Rathenows entgegen und die Schlacht bei Fehrbellin, in der unser Held mit 5 000 Reitern die Schweden aufs Haupt schlug und aus dem Lande jagte. Und wenn diese Tat noch nicht zureichend scheinen sollte, so füge ich noch den Zug nach Preußen hinzu, den Eilmarsch über ein zugefrorenes Meer, wobei in acht Tagen 40 Meilen zurückgelegt wurden und der bloße Name des großen Fürsten die Schweden nahezu kampflos aus ganz Preußen vertrieb.

Die Taten des französischen Monarchen blenden durch den großartigen Aufwand, den er dabei zur Schau stellte, durch die große Zahl der Truppen, die für seinen Ruhm stritten, durch seine Überlegenheit über die anderen Könige und durch die Bedeutung der Streitfragen, an denen ganz Europa Anteil nahm. Die Taten des brandenburgischen Helden verdienen um so höhere Bewunderung, weil sein Mut und sein Genie alles vollbrachten, weil er mit wenig Mitteln die schwersten Unternehmungen durchführte und die Ergiebigkeit seines Geistes sich im selben Maße steigerte, in dem die Hindernisse sich mehrten.

Ludwigs XIV. Stern glänzte nur so lange, als Colbert, Louvois und die großen Heerführer Frankreichs am Leben waren. Friedrich Wilhelms Glück blieb sich jederzeit gleich; es war ihm treu, so oft er an der Spitze seiner eignen Heere stand. Es scheint also, die Größe des einen war das Werk seiner Minister und Generale, das Heldentum des anderen gehörte einzig ihm selbst.

Der König hat durch seine Eroberungen Flandern, die Franche-Comté, das Elsaß und in gewissem Sinne auch Spanien seinem Reich angegliedert und so die Eifersucht aller europäischen Fürsten erregt. Der Kurfürst hat durch seine Verträge Pommern, Magdeburg, Halberstadt und Minden erworben und dem Kurfürstentum Brandenburg einverleibt. Dazu bediente er sich des Neides, der an seinen Nachbarn zehrte, und machte sie zu Werkzeugen seiner Größe.

Ludwig XIV. war Europas Schiedsrichter durch seine Macht, die auch den mächtigsten der übrigen Könige fühlbar wurde. Friedrich Wilhelm erwuchs zum Orakel Deutschlands kraft seiner Tugend, die ihm das Zutrauen der mächtigsten Fürsten erwarb. Während so viele Herrscher mit Ungeduld das Joch des Despotismus trugen, das der König von Frankreich ihnen auferlegt hatte, unterbreiteten der König von Dänemark und andere Fürsten ihre Zwistigkeiten dem Tribunal des Kurfürsten und achteten seine gerechten Schiedssprüche.

Vergebens hatte Franz I. versucht, die schönen Künste nach Frankreich zu ziehen92-1. Ludwig XIV. machte sie dort heimisch. Unter seinem Schutz entwickelten sie sich glänzend. Attischer Schönheitssinn und römische Eleganz erlebten in Paris ihre<93> Wiedergeburt. Urania hatte einen goldenen Zirkel in Händen. Kalliope klagte nicht mehr über Unfruchtbarkeit ihrer Lorbeeren; prachtvolle Paläste dienten nunmehr den Musen zur Heimstatt. Georg Wilhelm mühte sich vergeblich um den Wiederanbau des Landes; wie ein vernichtender Strom verheerte der Dreißigjährige Krieg ganz Norddeutschland. Friedrich Wilhelm bevölkerte seine Staaten wieder. Aus Sümpfen schuf er Wiesen, aus Wüsteneien Dörfer, aus Ruinen Städte. Zahlreiche Herden weideten, wo zuvor nur Raubtiere gehaust hatten. Die nützlichen Künste sind älter als die schönen; sie müssen also notwendigerrmaßen früher als diese erscheinen.

Ludwig XIV. verdiente Unsterblichkeit, da er den Künstlern seinen Schutz angedeihen ließ. Das Andenken des Kurfürsten wird seinen spätesten Enkeln teuer sein, weil er an seinem Vaterland nicht verzweifelte. Dem einen sind die Wissenschaften Bildsäulen schuldig; denn seine freigebige Schirmherrschaft förderte die Aufklärung der Welt. Dem anderen schuldet die Menschlichkeit Altäre; sein hochherziges Schaffen bevölkerte die Erde aufs neue.

Der König vertrieb die Reformierten aus seinem Reich, der Kurfürst aber nahm sie in seine Staaten auf. In diesem Betracht steht der abergläubische und harte Fürst tief unter dem toleranten und mildtätigen. Politik und Menschlichkeit bekunden hier übereinstimmend, daß den Tugenden des Kurfürsten durchaus der Vorzug gebührt.

Was die Galanterie, den feinen Schliff, die Freigebigkeit, die Prachtliebe betrifft, so ist das französische Luxuswesen der deutschen Genügsamkeit überlegen. Darin hatte Ludwig XIV. so viel vor Friedrich Wilhelm voraus wie Lukullus vor Mithridates.

Der eine gab Subsidien her, während er sein Volk bedrückte. Der andere empfing sie und unterstützte damit sein Volk. In Frankreich machte Samuel Bernard Bankrott93-1, weil er den Kredit der Krone retten wollte. In der Mark bezahlte die Ständekasse, trotz dem Einfall der Schweden, Entschädigungen für die Plünderung der Österreicher und das Unheil, das die Pest über das Land gebracht hatte.

Alle beide schlossen und brachen Verträge. Aber der eine tat es aus Ehrsucht, der andere aus Notwendigkeit. Mächtige Fürsten setzen sich freien, unabhängigen Willens darüber hinweg, Sklaven ihres Wortes zu sein. Fürsten mit geringen Kräften kommen ihren Verpflichtungen nicht nach, weil sie sich oft den Zeitumständen fügen müssen.

Der Monarch ließ sich gegen Ende seiner Regierung von seiner Mätresse93-2 beherschen, der Held von seiner Gattin. Die Eigenliebe der Menschheit würde allzusehr gedemütigt, wenn wir nicht aus den Gebrechen dieser Halbgötter ersähen, daß sie Menschen sind wie wir.

Beide Fürsten endeten als große Männer, wie sie gelebt hatten. Mit unerschütterlicher Festigkeit sahen sie den Tod nahen. Mit stoischem Gleichmut schieden sie von<94> Glück und Freuden, vom Ruhm und vom Leben. Mit sicherer Hand lenkten sie das Staatsruder bis zur Stunde ihres Todes. Ihre letzten Gedanken galten ihrem Volk; mit väterlicher Liebe legten sie es ihrem Nachfolger ans Herz. Durch ein ruhmreiches Leben voll wunderbarer Taten haben sie sich den Beinamen des Großen verdient, den sie von ihren Zeitgenossen empfingen und den die Nachwelt ihnen einstimmig bestätigt.


55-1 Graf Adam Schwarzenberg starb im Besitz aller seiner Würden am 14. März 1641 in Spandau.

56-1 Konrad von Burgsdorff( vgl. S. 48).

56-2 Oberst Moritz August von Rochow entzog sich durch Flucht seiner Bestrafung.

56-3 Anmerkung des Königs: „Nach unserem Gelde an 200 000 Taler.“

57-1 Vgl. S. 49. Dieser starb 1680.

57-2 Erst 1653 räumten die Schweden Hinterpommern.

57-3 Freiherr Otto Christoph von Sparr.

58-1 Anmerkung des Königs: „Die Herzogtümer Kleve, Mark und Ravensberg fielen an den Kurfürsten, Jüöich, Berg und Ravenstein an den Pfalzgrafen.“

58-2 Marchese Giovanni Monaldeschi, Diplomat, dann im persönlichen Dienste der Königin Christine, die er auf ihren Reisen begleitete, wurde 1637 wahrend ihres Aufenthalts am französischen Hofe, wie es heißt, auf ihr Anstiften ermordet.

58-3 Vgl. S. 41.

58-4 Die Ansprüche gingen auf Sigismund III. zurück, der der Sohn König Johanns III. von Schweden war (vgl. S. 41).

59-1 Vgl. S. 43

60-1 Vielmehr in Rinsk, am 12. November 1655.

60-2 Alexei Michailowitsch.

60-3 Am 17. Januar 1656.

60-4 Am 25. Juni 1656.

60-5 Anmerkung des Königs: „Sie hatten 40 000 Streiter.“

62-1 Der Bialolenka-Wald.

62-2 In Berichten nur „die Colline“ genannt.

62-3 Karl Gustav marschierte mit dem rechten Flügel hinter dem linken Flügel, den der Große Kurfürst kommandierte, vorbei und neben diesem links auf, sodaß der bisherige linke nunmehr den rechten Flügel der Auf-
     stellung bildete.

63-1 Das Wäldchen von Praga.

63-2 Es handelt sich um nördlich von dem Wäldchen von Praga sich hinziehende Dünenhügel.

63-3 Luise Marie.

64-1 Geschlossen am 20. November 1656.

64-2 Friedrich M. (1648—1670).

64-3 Am 19. September 1657.

64-4 Erst 1698 wurde Elbing, zu dessen Abtretung Polen sich 1657 verpflichtete (unter Vorbehalt der Einlösung gegen Zahlung von 400 000 Talern), von Kurfürst Friedrich III. in Besitz genommen.

64-5 Durch den Bromberger Vertrag vom 6. November 1657.

65-1 Mit Leopold I., dem Nachfolger des 1657 gestorbenen Kaisers Ferdinand III., am 14. Februar 1658, mit Friedrich III. von Dänemark am 30. Oktober 1657.

65-2 Leopold I. (vgl. Anm. 1).

65-3 Nicht Leopold, sondern sein 1654 gestorbener älterer Bruder Ferdinand war gewählt worden.

65-4 Fürst Johann Georg († 1693).

65-5 Anmerkung des Königs: „Graf Dohna Christian Albrecht führte die Truppen des Kurfürsten.“

65-6 Graf Rüdiger von Starhemberg, der spätere Verteidiger Wiens.

66-1 Oberst Georg Albrecht von Potenz.

66-2 Vielmehr erst 1668.

66-3 Fürst Michael Wisnowiecki. Er leitete seine Abstammung von Koribut, einem Bruder König Jagellos, her.

66-4 Am 3. Mai 1660.

66-5 Der Königsberger Schöppenmeister Hieronymus Roth, das Haupt der städtischen Opposition, 1662 vergaftet starb 1678 als Staatsgefangener auf der Festung Peitz.

67-1 Der Friedrich-Wilhelms-Kanal.

67-2 Generalmajor Herzog August von Holstein-Plönn.

67-3 Es handelt sich um die Erbteilung des Herzogtums Lüneburg-Celle.

67-4 Philipp Wilhelm (1653 — 1690).

67-5 Die bisherige Landesteilung (vgl. S. 58, Anm. 1) wurde von beiden Seiten anerkannt.

68-1 Ludwig XIV. erhob im Namen seiner Gemahlin Maria Theresia, der Tochter König Philipps IV. von Spanien, nach dessen Tode (1665) Erbansprüche auf die spanischen Niederlande, indem er den von ihr bei ihrer Vermählung geleisteten Erbverzicht wegen Nichtauszahlung ihrer Mitgift für hinfällig erklärte. Daraus entsprang der sogenannte Devolutionskrieg.

68-2 DurchVertrag vom 15. Dezember 1667.

69-1 Der kurkölnische Domherr und Minister Graf Wilhelm von Fürstenberg, der im Namen seines Hofes und im Unverständnis mit Frankreich ein förmliches Teilungsprojekt der Niederlande überbrach e.

69-2 Kurfürst Maximilian Heinrich.

69-3 Christoph Bernhard von Galen.

69-4 Am 6. Mai 1672.

70-1 Am 8. Juli 1672 wurde Wilhelm III. von Oranien zum lebenslänglichen Generalkapitän und Statthalter der Republik gewählt, am 20. August wurden Jan und Cornelis de Witt vom tobenden Haager Pöbel umgebracht.

70-2 Vgl. S. 65.

71-1 Diese Mitteilung stammt vom Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, dem Sohn Johann Georgs, den der König am 2. März 1747 um Nachrichten über die brandenburgisch-preußische Armee gebeten hatte.

71-2 Am 6. Juni 1673.

71-3 Die Höfe von Wien und Madrid.

72-1 Karl Ludwig.

72-2 Das Offensivbündnis mit dem Kaiser, Spanien und den Niederlanden gegen Frankreich wurde am 1. Juli 1674 in Berlin unterzeichnet.

72-3 11. August 1674.

72-4 Herzog Karl und Caprara wurden am 16. Juni 1674 gemeinsam bei Sinzheim besiegt.

72-5 4. Oktober 1674.

73-1 Vgl. Bd. III, S. 124.

73-2 Anmerkung des Königs: „Das Regiment Spaen.“

73-3 29. Dezember 1674

73-4 Schlacht bei Türkheim, 5. Januar 1675.

73-5 Anmerkung des Königs: „Als Kardinal Richelieu eines Tages dem Herzog Bernhard von Weimar auf einer Karte die Stelle zeigte, wo er über einen Fluß gehen sollte, gab ihm dieser eins auf die Finger und sagte trocken: »Herr Kardinal, Ihr Finger ist keine Brücke« .“

75-1 Anmerkung des Königs: „Er war Landrat und dem Kurfürsten sehr ergeben.“

75-2 Diese Anekdote ist nicht begründet.

75-3 Feldmarschall Freiherr Georg von Derfflinger.

75-4 Landgraf Friedrlch II. von Hessen-Homburg.

75-5 Die Darstellung des Königs beruht auf Irrtum. Der Kurfürst plante eine Entscheidungsschlacht. Was von einer Verstimmung Friedrich Wilhelms gegen den Landgrafen von Hessen wegen seines raschen Vorbringens am Morgen bei Linum weiter unten erzählt wird, ist ebenso historische Legende wie der Opfertod des Stallmeisters Froben.

76-1 Es handelt sich um eine Reihe von Sandhügeln in der rechten Flanke der Schweden. Hier fiel die Entscheidung.

76-2 Das Regiment Dalwig.

78-1 Das Offensivbündnis mit König Christian V. von Dänemark (1670 — 1699) wurde am 25. September 1675 abgeschlossen.

79-1 Die Seeschlacht bei Oland hatte schon am 11. Juni 1676 stattgefunden; eine neue schwedische Niederlage folgte am 20. Juli 1677 in der Kjöger Bucht.

79-2 14. Dezember 1676.

80-1 Der Hofkanzler Hocher.

80-2 Vier Tage nach der Unterzeichnung des Friedens, am 14. August 1678, hatte Wilhelm III. von Oranien bei St. Denis Luxemburg angegriffen.

81-1 Joachim Erwin von Görtzke.

81-2 Oberst Kaspar von Hohendorff.

82-1 Joachim Hennigs, nach der Schlacht bel Fehrbellin mit dem Namen Hernigs von Treffenfeld in den Adelsstand erhoben.

82-2 Anmerkung des Königs: „Entweder waren die Schweden äußerst zusammengeschmolzen, da sie soviel Fahnen bei einem so schwachen Korps hatten, ober es hat sich ein Rechenfehler eingeschlichen. Ich hätte Bedenken getragen, diese Tatsache zu berichten, wäre sie nicht durch mehrere Berichte in dem Königlichen Archiv bestätigt.“

82-3 30. Januar 1679.

82-4 Gefecht bei
     Telcze, 7. Februar 1679.

83-1 Generalleutnant Freiherr Alexander von Spaen.

83-2 Vgl. S.73.

83-3 Franz von Meinders.

84-1 Am 29. Juni 1679 unterzeichnet.

84-2 Vgl. Bd. S. 59.

84-3 Christian V. forderte als Herzog von Holstein die Lehnshuldigung.

85-1 Vgl. S. 57.

85-2 Dem Großen Kurfürsten war 1686 der künftige Pfandbesitz nach Aussterben der Cirksena zugesagt; erst Friedrich III. erhielt 1694 die Anwartschaft auf die Erbfolge.

85-3 Ein Irrtum des Königs. Vielmehr schloß der Kurfürst am 11. Januar 1681 ein zehnjähriges Defensivbündnis mit Frankreich, das am 22. Januar 1682 bestätigt und noch erweitert wurde.

85-4 Anmerkung des Königs: „Nach der Schlacht bei St. Gotthard“ (1664).

86-1 Innozenz XI.

86-2 Die Angabe beruht auf Irrtum.

86-3 Für Jägerndorf vgl. S. 37. Mit den Plasten von Liegnitz hatte Kurfürst Joachim II. 1537 eine Erbverbrüderung geschlossen. Trotzdem waren nach dem Tode des letzten Piastenherzogs (1675) die Herzogtümer Liegnltz, Brieg und Wohlau vom Kaiser als heimgefallene böhmische Lehen eingezogen worden.

86-4 Dagegen erhob der Kurfürst Einspruch durch das Potsdamer Edikt vom 8. November 1685.

87-1 Feldmarschall Hans Adam von Schüning.

87-2 Die Abtretung von Schwiebus war von dem Kurfürsten ausbedungen in dem geheimen Defensivbündnls, das er mit Leopold I. am 22. März:686 abschloß. Für die Rückgabe von Schwiebus durch seinen Nachfolger Friedrich III. vgl. S. 100.

87-3 Es handelt sich um den Allodialnachlaß ihres Bruders, des 1685 ohne Erben gestorbenen Kurfürsten Karl von der Pfalz.

88-1 Graf Wilhelm von Fürstenberg (vgl. S. 69), seit 1682 Bischof von Straßburg, war am 7. Januar 1688 zum Koadjutor und am 19. Juli des Jahres zum Erzbischof von Köln gewählt worden; doch die römische Kurie erklärte seine Wahl für ungültig und ernannte seinen Gegenkandidaten, Prinz Joseph KlemenS von Bayern, zum Erzbischof.

88-2 Vgl. S. 84.

88-3 Vgl. S. 49.

88-4 Durch den Vergleich von Altona vom 20. Juni 1689 erhielt Herzog Christian Albrecht von Holstein-Gottorp seine seit 1684 von den Dänen besetzten Länder zurück und außerdem eine Geldentschädigung.

89-1 Vgl. S. 97.

89-2 Nicht alle Kinder des Großen Kurfürsten sind aufgezählt.

90-1 Karl I. († 1649).

90-2 In der ersten Fassung lautet dieser Absatz und das Urteil des Königs über Cromwell: „Drei Machthabern, die fast gleichzeitig regierten, hat Europa den Namen des Großen verliehen: Cromwell, Ludwig XIV. und Friedrich Wilhelm: Cromwell, well er alle Bürgerpflichten dem Ruhme opferte, über England zu herrschen, weil er seine Talente in eine falsche Bahn drängte, da sie, statt seinem Vaterlande zu nützen, nur seinem Ehrgeiz dienten weil er seinen Trug unter der Maske des Fanatismus verbarg und sein Volk knechtete, während er für seine Freiheit focht; well er zum Henker seines Königs ward, den er seiner Herrschsucht zum Opfer brachte. Cromwell war kühn, ränkesüchtig, leidenschaftlich, aber auch ungerecht, gewalttätig und ohne Tugend. Er besaß große, aber keine guten Eigenschaften. Er verdient also den Namen des Großen nicht, der allein der Tugend gebührt. Es hieße Ludwig XIV. und Friedrich Wilhelm unrecht tun, wollte man ihnen einen solchen Nebenbuhler entgegenstellen.“

91-1 Durch den Übergang über den Niederrhein bei Tolhuys eröffneten die Franzosen 1672 den Krieg gegen Holland (vgl. Bd. VII, S. 90).

92-1 Vgl. Bd. VIII, S. 60. 77. 306. 310.

93-1 Diese Angabe trifft nicht zu. Doch borgte der Bankier Bernard, der bei seinem Tode (1739) 33 Millionen Livres hinterließ, dem Staate größere Summen, als von ihm gefordert wurden.

93-2 Die Marquise von Maintenon, mit der Ludwig XIV. indessen 1685 eine heimliche Ehe eingegangen war.