<127>Da blühten Wünsche auf, töricht, vermessen —
Der Wahrheit Schüler hat sie längst vergessen,
Erkenntnisreife machte sie zunicht,
Zeno hat Wert und Unwert mich gelehrt,
Und längst hab' ich's gelernt, mich zu bescheiden,
Den Giftpokal der Eitelkeit zu meiden.
Auch ihr, der Liebe Seligkeiten,
Fahrt hin, fahrt hin!
Die ihr umschmeicheltet zuzeiten
Den zärtlichen, verwöhnten Sinn;
Du Reigen süßer Huldgestalten,
Der Blumenketten um mich wand,
Solang ich selbst im Lenze stand,
Allzeit in Lust zu mir gehalten —
Doch ach, gar bald mein Blühen schwand!
Das leidige Alter stellt sich ein,
Hinfällig, frostig, unerquicklich:
Und von mir gingt ihr augenblicklich.
Nun, Amor wird nicht allzu böse sein:
Neun Lustren gingen hin, mein Herbst ist nah,
Wie leicht sagt sich's Valet der Liebe da;
Weiß ich doch selber kaum, wer von uns beiden
Es eil'ger hatt', vom anderen zu scheiden.
Doch still, wohin
Schweift noch dein Sinn!
Was gilt mir alle Lust der Welt,
Zum Tode traurig, wie ich bin?
Wer mag, wenn ihn in grimmen Fängen
Ein Geier hält,
Nach Philomeles Liebe fragen
Und ihren zärtlichen Gesängen,
Der Turteltaube Girrn und Klagen?
Wie lange schon in diesen trüben Tagen
Bringt jedes Morgenlicht mir neue Plagen,
Wie lang rann mir lein Körnlein Mohnes nieder
Aus Morpheus' karger Hand auf meine Lider.
Den Morgen fragt mein Auge tränenschwer: