<156>Mylord, was nutzt mir denn der finstre Glaube
An jene Hand, die mich ins Elend stößt,
Wenn nur des Leidens Ende mich erlöst?
Doch kämpfen soll der Mensch auch noch im Staube;
Denn stoische Vernunft hat mich gelehrt,
Mich gegen die gemeine Not zu steifen,
Und wenn ein Unheil gegen mich sich kehrt,
Das Grausen von der Seele abzustreifen.
Wir wissen wohl, wie mancher hehre Mann
Verächtlich sich von Glück und Größe wandte,
Des irdischen Wesens Nichtigkeit erkannte
Und ruhig sah, wie sein Besitz zerrann.
Durch Trug, Verrat und Arg auf allen Wegen
Schritt klaren Augs er seinem Sturz entgegen.
Wähnt bitte nicht, Mylord, daß meine Rede
Aus Platos Traumen sich den Ton erschlich;
Mit falschem Pathos lieg' ich stets in Fehde.
Nein, hart erzogen, spricht mein eigen Ich!
Ich sah die Feinde mir mein Land verwüsten,
Oft lähmte mir Fortuna Schwert und Arm;
Die sich die Nächsten nennen müßten,
Sah schweigend ich in meiner Gegner Schwarm; 1
Wie oft der Tod mir nahte, wild erbittert,
Ich bebte niemals in der tiefsten Brust,
Und aller Gram, den ich ertragen mußt',
Er hat doch nie mein standhaft Herz erschüttert.
Selbst Glanz und Pomp und unumschränkte Macht,
Mein stolzer Sinn hat sie wie Tand verlacht.
Wie oft stand Land und Leben auf dem Spiel,
Fürsien bekämpften mich unzählig viel,
Und doch sah mich das Schicksal nie gebrochen,
Nur, wenn die Freundschaft ihm zum Opfer fiel,
Dann hat es mich ins tiefste Herz gestochen ...
Für ewig, Schwester, sankst du mir in Schlaf,
Und Gottes hatte Hand ob meinem Haupt,
1 Vgl. S. 115.