<157>Die oft mich schlug und mir soviel geraubt,
Sie wußte, wo sie mich am schlimmsten traf.
Geliebter Schatten, tausendmal gerufen,
Was mahnst du mich an meiner Jugend Land?
Seit ich erklomm des Lebens erste Stufen,
War treue Liebe uns ein einend Band.
Gemeinsam zog uns ein beglücktes Fühlen
Zum heiligen Licht der hehren Tugend hin;
Selbst die Vernunft mit ihren ernsten, kühlen
Händen verband noch fester unfern Sinn.
So einte immer uns die Kraft der Liebe;
Schon an der Wiege sproßten ihre Triebe.
Erhabner Eltern treugemeintes Sorgen
Wies uns, wie man die wahre Pflicht erkennt.
Der eine hielt dem andern nichts verborgen,
Als schlügen unsre Herzen ungetrennt.
Wie oft, ihr treuen Hände, barg ich nicht
In euch mein tränenfeuchtes Angesicht.
Wie zarte Pflanzen in des Gartens Grün
Die jungen Stiele aneinander stützen,
Um vor den Winden klammernd sich zu schützen,
Sah man uns zärtlich zueinander fliehn.
Wie oft seitdem in ärgrer Sturmesnot
Hat sich mein Mut an ihrem aufgerichtet,
Wie oft, wo List und Fallstrick mich bedroht,
Hat sie mir wieder meinen Weg gelichtet.
Das Laster selbst, dem ich mich fast verpflichtet,
Verlor vor ihrem Blick sein arges Spiel;
Denn nur die Tugend war^s, die ihr gefiel ...
Sie starb. Verhaßt ward mir des Tages Licht!
Schon wollt' ich Hand ans eigne Leben legen,
Doch da, 0 höchstes Leid! gebot die Pflicht,
Aufs neu zu trotzen des Geschickes Schlägen.
Du eitler Traum von Stolz und Majestät!
Ist freier doch ein Volk als sein Gebieter.
Mein schwacher Arm ist jetzt der einzige Hüter
Des schwanken Staats, der hart am Abgrund sieht.
Von ganz Europa wurden wir bedroht,